Zehn Jahre ließ uns Blizzard warten. Jahre in denen Drehbücher verworfen und Regisseure ausgetauscht wurden. 2016 war es letztlich soweit und wir durften den lange erwarteten Warcraft-Film genießen, der zeitweise als Duke Nukem der Spieleverfilmungen galt.
Von Orks…
Widmen wir uns zunächst einmal der Handlung. Hier wurde viel spekuliert ob es sich nun um eine Verfilmung der klassischen Warcraft-Lore handelt oder doch eher der WoW-Lore. Nun, am Ende kann man diese Frage gar nicht komplett beantworten, da der Film sich ein wenig bei allem bedient. Am ehesten sollte man den Film als eigenes Universum betrachten, ähnlich dem Ansatz von Marvel mit seinem Cinematic Universe. Wer also eine 100%ige Adaption von World of Warcraft oder Warcraft 1-3 erwartet könnte enttäuscht werden. Warum wir das direkt zu Beginn schreiben? Um keine falschen Erwartungen aufkommen zu lassen, die möglicherweise das Urteil über den Film negativ beeinträchtigen.
Aber zurück zur Handlung, natürlich spoilerfrei. Die Welt der Orks und Draenei ist am Ende. Das Land stirbt, ist verwüstet und lebensfeindlich geworden. In dieser Not vereint der Orkhexenmeister Gul’dan die verschiedenen Stämme und Clans um sie durch ein magisches Portal in die Welt Azeroth zu führen. Einer dieser Clans ist der Clan der Frostwölfe unter Häuptling Durotan, der nebenbei frischgebackener Papa wird. Damit ist das Motiv der Orks und auch Durotans klar, wenn gleich dieser mit den angewandten Mitteln alles andere als einig mit Gul’dan und Schwarzfaust ist. Auf der anderen Seite, in diesem Fall dank des Portals im wahrsten Sinn des Wortes, leben die Völker der sieben Länder (Menschen, Zwerge, Blutelfen) friedlich vereint. Umso überraschender kommt daher auch der Überfall der Horde. Fortan erobern die Orks unter Hexenmagier Gul’dan und Kriegsmeister Schwarzfaust immer mehr Land. Diesen Umstand verdanken die Orks auch der finsteren Fel-Magie derer Gul’dan sich bedient. Diese Magie schöpft ihre Kraft direkt aus dem Leben selbst und hinterlässt nur verbrannte, tote Erde. Auf Seiten der Menschen stehen neben Anduin Lothar und seinem König Llane Wrynn zum Glück auch der mächtige Wächter, ein Zauberer namens Medivh. Daneben schließen sich noch der Zauberlehrling Khadgar und Halborkin Garona dem Heer an. Der Rest ist neben viel Fanservice, wir kommen später noch einmal darauf zurück, eine Mischung aus Schlachtenepos, Zaubersprüchen, Liebe, Verrat usw.
…und menschlicher Schwäche
Kommt ihr noch mit? Nein? Damit sind wir auch schon bei einem der größten Probleme des Films. Gerade in der ersten halben Stunde werdet ihr mit Namen, Orten und Begriffen im Stakkato bombardiert. Selbst Nerds wie uns, die sich ein wenig mit dem Warcraft-Universum auskennen, schwirrte da fast ein wenig der Kopf. Wer noch nie Kontakt mit Blizzards-Vorzeige-Fantasyspielen hatte wird zunächst einmal auf der Strecke bleiben und sich ein Kompendium zum Nachschlagen wünschen. Zu allem Überfluss springt der Film auch noch von Handlungsort zu Handlungsort und führt nebenbei Charaktere ein. Man kann natürlich verstehen dass die Charaktere alle mehr oder weniger wichtig für die Handlung, auch kommender Filme, sein mögen, aber durch das schlichte Tempo fällt es schwer sich emotional an eine der Figuren zu binden.
Aber keine Angst. Ist dieses Infobombardement erst einmal vorbei und alle wichtigen Dramatis Personae auf der Bühne nimmt Regisseur Duncan Jones das Tempo wieder zurück. Die Sequenzen werden länger, die Charaktere bekommen mehr Tiefe und die Bindung des Zuschauers entwickelt sich.
Wer Blizzard kennt weiß eines: die können CGI. Kommt dann noch die SFX-Schmiede Industrial Light and Magic dazu sollte jedem klar sein, hier wird geklotzt und nicht gekleckert. Dementsprechend dürfte Warcraft hier wirklich fast die neue Referenz in Sachen CGI-Movie werden. Fast ist man geneigt die wenigen echten Darsteller auch nur als Einsen und Nullen zu sehen. Ein besonderes Lob verdienen hier wirklich die Orks. Diese wirken in Statur und Proportion als wären sie direkt den Spielen entsprungen, und das gilt auch für die Allianz. Was zunächst verwundert ist die Tatsache dass es offenbar zwei Arten von Orks in den Reihen der Horde gibt, Grüne und Braune. Wieso und weshalb wird zwar im Film gezeigt, geht aber leider ein wenig unter. Im Prinzip spielt es aber auch keine Rolle ob grün oder braun, die Orks sind echte Kampfmaschinen. Muskeln über Muskeln garniert mit ein paar imposanter Hauer (die sogar eine eigene Engine spendiert bekamen) und als Sahnehäubchen noch Rüstungen aus Knochen und anderem grausigen Kram. Schon beim ersten kleinen Scharmützel zwischen zwei Spähergruppen wird klar: wo diese Bestien hinhauen wächst kein Gras mehr. Ähnlich liebevoll ging man beim Design der Allianz vor, auch wenn Zwerge und Blutelfen nur in einigen wenigen Szenen auftauchen. Bei den Menschenkriegern hat man auch das Gefühl, sie wären direkt dem Spiel entsprungen.
Seien es die prunkvollen Rüstungen, mächtig anmutende Schwerter oder majestätische Greife, alles sieht 1:1 aus wie in den virtuellen Vorlagen. Leider liegt genau da auch ein kleiner, möglicher, Kritikpunkt. In Zeiten einer Herr der Ringe Trilogie und eines Game of Thrones liegen die Maßstäbe was den Look von Fantasy angeht sehr hoch. Warcraft wirkt hier, trotz Detailliebe und 1A-Hochglanz, fast ein wenig altmodisch. Jetzt fragt ihr euch sicher wie dass zusammenpasst. Ganz einfach. Gerade GoT hat gezeigt wie man einen glaubwürdigen und auch schmutzigen Look mit Fantasyelementen verbinden kann. Im direkten Vergleich wirkt die Hochglanzoptik von Warcraft wie aus einem Fantasyfilm der 90er Jahre a la Dungeons & Dragons. Wie gesagt, dies kann man als Kritikpunkt aufführen, wir wollen es an dieser Stelle aber nicht und sehen die Entscheidung für den „Spielelook“ als Fanservice.
Richtig spektakulär wird es dann, wenn die Heere der Horde (die im Film bislang nur aus den Orks bestehen) und die Truppen der Allianz/Menschen aufeinandertreffen und die Zauberer anfangen ihre Sprüche zu weben. Gerade die Zaubereffekte, egal ob Gul’dans Fel-Magie oder Medivhs Zauber, hier feiert Blizzard ganz großes Kino ab. Selbst einer der kultigsten Zaubersprüche darf hier nicht fehlen.
Fazit: Bombast trifft Fanmovie
Das trifft es ziemlich genau. Am Anfang fühlten wir uns angesichts der Flut an Infos, Personen, Namen und Handlungsorte beinah erschlagen. Hat man aber die ersten 30 Minuten überstanden nimmt der Film das Tempo raus, aber an Fahrt auf. Leider bleiben viele Infos die wir uns für „Nichtgamer“ gewünscht hätten unerwähnt. So wird zum Beispiel die Burning Legion mit keinem Wort erwähnt und lediglich auf Dämonen verwiesen. Hier bleibt noch Potential für Teil 2 und 3 die ja bei entsprechendem Erfolg folgen sollten. Was uns sehr gut gefallen hat war der generelle Look des Films, das Design wurde nahezu 1:1 von den Spielen übernommen, das wirkt zwar in Zeiten von realo-Fantasy a la GoT zunächst zu bunt und zu quietischig, aber als Fans wollten wir es rückblickend nicht anders haben. Dementsprechend groß ist auch der Wiedererkennungswert von Stormwind und Co. Fanservice par excellence. Ebenfalls exzellent sind die CGI-Effekte die einen Großteil des Films ausmachen. Die Orks sind furcherregend, allen voran Guld’dan der einem eine Gänsehaut auf die Unterarme jagt. So schafft Blizzard/ILM das Kunststück, dass man selbst zu reinen CGI-Wesen wie Durotan eine emotionale Bindung aufbauen kann. Wir lehnen uns mal weit aus dem Fenster und behaupten: Für Gamer ist Warcraft – The Beginning die bislang beste Videospielverfilmung und ziemlich dicht am Referenztitel was CGI angeht. Für Nichtgamer bleibt ein unterhaltsamer, spannender Fantasyfilm der definitiv das Anschauen wert ist.
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- Warcraft – The Beginning (2016) - 26. Februar 2021