Der erste Schritt führt zum Beginn von Tomb Raider: The Legend of Lara Croft.
Ein erneuter animierter Auftritt einer Ikone
Es ist kaum zu glauben, dass es mittlerweile 28 Jahre her ist, dass mit dem Spiel Tomb Raider Lara Croft die Bühne der Welt eroberte. Von Anfang war sie eine Ikone, die erste moderne weibliche Spielfigur, die sowohl sexy wie auch tough wirkte und ihre Abenteuer ohne einen starken Mann an ihrer Seite erlebte. Weshalb sie ebenfalls für Feministen wichtig war und ist.
Seit damals hat sie mehrere Wandlungen durchmacht. Vor allem die letzten drei Spiele ihrer Kernreihe interpretierten die Figur neu. Als Prequel konzeptioniert, präsentierten sie eine Lara Croft als junge Erwachsene, ehe sie diese berühmte Archäologin wurde. Und alle drei Titel, Tomb Raider, Rise of the Tomb Raider, Shadow of the Tomb Raider, waren sehr gute Spiele.
Natürlich trat die Figur bei all diesem Ruhm eben nicht nur in den Videospielen auf. Im Gegenteil: Sie erlebte ihre Abenteuer in Comics, in Kinofilmen („Unvergesslich“ die Filme mit Angelina Jolie in der Hauptrolle) und auch in animierter Version. Interessanterweise gab es in ihrer langjährigen Karriere nur zwei Animationsserien. Zum einen Revisioned: Tomb Raider, die 2007 herauskam. Und jetzt eben Tomb Raider: The Legend of Lara Croft.
Prominente Namen
Die Serie wurde unter anderem von den Firmen Powerhouse Animation Studios und Legendary Television produziert und sollte die Lücke zwischen Shadow of the Tomb Raider und dem ursprünglichen ersten Teil schließen. Dabei konnte die Reihe auf prominente Sprecher zurückgreifen. Hayley Atwell kennt man unter anderem als Sharon Carter aus dem MCU, eine Rolle, die sie unter anderem im ersten Captain America-Film, einer kurzlebigen Fernsehserie und Auftritten in der What If…?-Animationsserie verkörperte. Sie wurde in der Titelrolle gecastet. Richard Armitage kennt man hingegen vor allem als Thorin Eichenschild aus den Hobbit-Verfilmungen. Er selbst erhielt den Zuschlag für Charles Devereaux, einen Söldner, der in der Serie zum Gegenspieler wurde.
Mit Der erste Schritt debütierte die Reihe am 10. Oktober. Wie es bei Netflix üblich ist, wurden gleich alle acht Folgen auf ein Mal herausgebracht. Und geplant ist, dass Tomb Raider: The Legend of Lara Croft mindestens zwei Staffeln haben soll.
Vor den Ereignissen des Tomb Raider-Spiels aus dem Jahr 2013 begibt sich Lara (Hayley Atwell) mit ihrem väterlichen Freund und Leibwächter Conrad Roth (Nolan North) auf eine Expedition nach Chile. Tatsächlich finden sie dort eine uralte Box, vor deren Entfernung Petroglyphen warnen. Doch diese Warnung wird ignoriert, unter anderem, weil die zwei auf ein Mal von einigen Leuten angegriffen werden.
Das Gegenteil von gut gemacht
Drei Jahre später bereist Lara die Welt, um zu vergessen. Sie schlägt sich, besäuft sich, alles nur, um sich nicht an früher zu erinnern. Bis sie den Entschluss fasst, alles aus dem Anwesen ihrer Familie zu verkaufen und dieses niederzubrennen, um einen Neuanfang zu wagen, sehr zum Entsetzen ihrer Freunde. Doch dann stiehlt ein Dieb die Box und Lara bricht in ein neues Abenteuer auf.
Wie heißt es so schön? Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint. Das merkt man Der erste Schritt deutlich an. Man merkt, dass die Verantwortlichen der Reihe das Beste wollten. Das Ergebnis entspricht allerdings nicht dem Gewollten.
Es ist keine schlechte Folge. Es gibt jetzt auch keine definitive Lowlights. Aber am Ende der Episode bleibt man einfach mit einem Gefühl zurück, dass hier deutlich zu kurz gesprungen wurde.
Vorkenntnisse nötig
Vorab muss man betonen, dass wenn man die Prequel-Trilogie nie gespielt hat, einige Szenen und Figuren einem nichts sagen werden. Hier setzt Der erste Schritt wirklich voraus, dass man die Spiele gespielt hat, weil man ansonsten aufgeschmissen ist. Was insofern schade ist, weil garantiert nicht jeder dieses Vorwissen hat. Ebenso dürfte es einige Zuschauer geben, die noch mit der „alten“ Lara Croft aufgewachsen sind, dem Sexsymbol der Anfangszeit.
Wer allerdings dieses benötigte Wissen besitzt, der wird mit vielen Aha-Momenten belohnt, sowie einem Wiedersehen mit bekannten Figuren, wie beispielsweise Lara Sidekick Jonah Maiava, der in der Prequel-Trilogie immer mehr zu einer Stimme der Vernunft wurde. Aber ebenso werden neue Charaktere eingeführt, wie der mysteriöse Charles Devereaux, bei man natürlich noch nicht weiß, was er vorhat. Doch es wird angedeutet, dass es nichts Gutes ist.
Lara Croft selbst wird in Der erste Schritt als herrlich unangepasst dargestellt. Als eine Frau, die während einer Versteigerung ihres eigenen Hab und Guts nicht bei den Leuten desselben sozialen Standes wie ihre Familie zu finden ist. Sondern mit der Bedienung zusammensitzt und ohne zu Zögern aus der Flasche trinkt. Gleichzeitig wird sie jedoch auch von den Dämonen der Vergangenheit geplagt. Sie hat nachts Alpträume, in denen sie den Tod von Conrad Roth wieder und wieder erlebt.
Der Funke will nicht überspringen
Ebenso wird sie als eine impulsive Figur dargestellt, die, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, es bis zum Ende verfolgt. Sei es, dass sie das Anwesen niederbrennen will, um einen Neuanfang zu machen. Oder aber, als sie die Verfolgungsjagd von Deveraux aufnimmt und dabei ohne zu Zögern einen Sportwagen stiehlt.
Und doch will in Der erste Schritt der Funke nicht überspringen. Es ist durchaus eine gut gemachte Folge, mit einigen netten Momenten. Aber sie schafft es nicht, die Hauptfigur dem Zuschauer näher zu bringen. Es reicht einfach nicht aus, sie als stur und willensstark zu präsentieren, als jemand, der noch nicht mal auf seine eigenen Freunde hört, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Im Vergleich zu ihren Begleitern wirkt sie einfach in ihrer Entwicklung stehengeblieben, derweil diese seit den Geschehnissen der Prequel-Trilogie die Ereignisse verarbeitet haben und sich weiterentwickelt haben.
Es hilft auch nicht, dass die Animationen der Serie stellenweise hölzern und der Stil der Serie rückständig wirken. Ich war nicht eben wenig verdutzt, als ich bei meiner Recherche herausfand, dass Powerhouse Animation Studios, die die Serie zum Leben erwecken, auch hinter Castlevania: Nocturne stecken. Der Unterschied zwischen den beiden Reihen ist der, wie zwischen Tag und Nacht. Nur in den Actionszenen bemerkt man, dass hier dasselbe Studio zu Gange ist.
Der erste Schritt ist ein netter Auftakt, mehr aber auch nicht.
Info
Drehbuch: Tasha Huo
Showrunner: Tasha Huo
Regie: Giselle „Faragon“ R.
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