Captain Kirk gibt seinen Rachegefühlen nach und verliert sich in seiner eigenen Besessenheit, ein Wesen zu jagen und zu vernichten.
Staffel 2, Folge 13 – Sternzeit 3619,2 – 3620,7
„Tödliche Wolken“ – „Obsession“
Die Handlung
Ein merkwürdig vertrauter Duft erinnert Captain Kirk an ein schreckliches Erlebnis. Als junger Fähnrich diente er auf der USS Farragut, dessen Besatzung von einem wolkenartigen, blutzellenfressenden Wesen angegriffen wurde. Dabei kam ein Großteil der Besatzung ums Leben, unter anderem Captain Garrovick.
Kirk gibt sich die Schuld an dem Unglück, da er seiner Meinung nach zu spät reagiert und die Waffen nicht sofort abgefeuert hatte. Nun sieht er eine Chance, das Wesen zu bekämpfen. Damit sind Spock und McCoy überhaupt nicht einverstanden. Beide machen sich Sorgen um Kirk.
Der Captain beamt mit Sicherheitsoffizier Garrovick (Sohn des ehemaligen Captains der Farragut) sowie einem vierköpfigen Sicherheitsteam auf den Planeten Argus X. Dabei werden zwei Sicherheitsbedienstete von der Wolke getötet. Garrovick gibt sich die Schuld, wie einst Kirk. Dieser suspendiert den jungen Offizier augenblicklich.
Spock und McCoy heißen Kirks Vorgehen nicht gut, zumal ein Rendezvous mit dem Schwesternschiff Yorktown stattfinden soll. Wichtige Medikamente sollen übergeben werden. Kirk jedoch ist von der Jagd besessen.
Schließlich stellt sich heraus, dass das Wesen nicht mit den üblichen Waffen bekämpft werden kann. Sie sind wirkungslos. Stattdessen gelangt das Wesen an Bord und tötet mehrere Besatzungsmitglieder. Anschließend verschwindet es Richtung Tycho IV, wo Kirk vor Jahren das erste Mal auf die Wolke gestoßen war. Kirk setzt den Kurs und fliegt hinterher. Mittels Antimaterie will er das Wesen endgültig vernichten.
Rezension von Tödliche Wolken
Die Episode ist eine Anlehnung an den 1851 erschienenen Klassiker „Moby Dick“ von Herman Melville. In diesem jagt Kapitän Ahab den weißen Wal, der ihn einst verkrüppelte.
Kapitän Ahab jagt den weißen Wal
Getrieben von Rachedurst, aber auch Schuldgefühlen, jagt Captain Kirk seinen Wal. In diesem Fall ist es eine Wolke, welche seinen einstigen Captain sowie viele Crewmitglieder der Farragut getötet hatte.
Es muss ein traumatisches Erlebnis gewesen sein. Dass die Waffen wirkungslos sein würden, wusste Kirk zu dem Zeitpunkt nicht. Er glaubte und glaubt immer noch, es sei sein Fehler gewesen und trägt jahrelang Schuldgefühle mit sich herum. Kapitän Ahab verlor durch den Wal seinen Unterschenkel und wurde zum „Krüppel“.
Vergleichbar dazu hat auch der junge Fähnrich Kirk eine Verletzung erlitten, wenn auch keine körperliche. Verlust und Schuldgefühle haben Kirks Seele verletzt. Diese Narbe trägt er seitdem mit sich herum, so wie Ahab durch sein Holzbein beständig an sein Unglück erinnert wird.
Und wie Ahab treibt ihn alleine das Verlangen nach Rache dazu, dem Wal, der Wolke hinterher zu jagen und sie zu vernichten.
Dieser Durst nach Rache ist bereits bekannt aus „The Doomsday Machine“, wo Commodore Decker, blind vor Besessenheit, eine Maschine zerstören will. Auch später begegnet uns das Thema erneut. Niemand anderes als Captain Jean-Luc Picard wird von seinem eigenen Trauma und Gefühlen übermannt. Der Durst nach Vergeltung für das, was die Borg ihn angetan haben, lassen ihn in „Star Trek VII – First Contact“ die Haltung verlieren: „Ich werde Sie bezahlen lassen für Ihre Taten!“. Lily weicht zurück und wünscht ihm lakonisch viel Glück, denn „Kapitän Ahab ist ja auf der Jagd nach seinem Wal.“ Passenderweise spielt Sir Patrick Stewart tatsächlich in einer Verfilmung des Klassikers den rachsüchtigen Kapitän. Aber zurück zu „Tödliche Wolken“.
Freundschaft
Hier wird die Freundschaft zwischen McCoy und Spock auf der einen Seite und Kirk auf der anderen sehr belastet. McCoy und Spock erkennen, dass Kirk etwas umtreibt und können ihm nicht helfen. Er will sich nicht helfen lassen, da er sich im Recht sieht. Kirk ist völlig von seiner eingeschränkten Sicht überzeugt. Dass Spock und McCoy dabei tatsächlich einmal einer Meinung sind, hat Seltenheitswert.
Schlichtweg Mord
Etwas anderes ist es nicht. Die Frage, ob das Wesen intelligent ist oder nicht, stellt sich Kirk nicht. Auch an einer Kontaktaufnahme ist er nicht interessiert. Es geht ihm rein um „Jagd und Abschuss“.
Allerdings ist der Köder etwas seltsam. Das Wesen „frisst“ Blutzellen bzw. rote Blutkörperchen. Angelockt wird es jedoch mit Blutplasma. Das ist etwas völlig anderes und dürfte eigentlich nicht funktionieren.
Ich muss sagen, dass Kirks Trauma durchaus verständlich ist. Was nicht nachvollziehbar ist, ist der Umstand, dass ein Sternenflottenoffizier sich in diesem Ausmaß hinreißen lässt. Allein die Erinnerung an Commodore Decker hätte Kirk innehalten lassen müssen.
Arme Redshirts
In „Tödliche Wolken“ werden sie regelrecht hinweg gemeuchelt. Insgesamt fünf Todesopfer habe ich gezählt. Manchmal frage ich mich halb im Scherz, wie schnell eigentlich für Ersatz gesorgt wird und ob die Position des Sicherheitsbediensteten auf der Enterprise überhaupt beliebt ist.
Fazit
Zwar ist die eigentliche Kernhandlung (Jagd auf ein Wesen und es zur Strecke bringen) etwas wenig, aber dafür bekommt der Zuschauer eine gute Charakterstudie. Kirks Reaktionen und Sichtweise werden gut beleuchtet. Ebenso zeigt sich, dass ausgerechnet Spock sich erstaunlich gut in einen Menschen hineinversetzen kann.
Fun Facts
- Dem Drehbuchautor Art Wallace kam die Idee zu dieser Episode bei einem gemeinsamen Abendessen mit Gene Roddenberry. Wallace sagte später dazu: „Dabei kam mir die Idee, dass es gut wäre, eine Version der Moby-Dick-Geschichte für Star Trek zu schreiben. Das wurde „Obsession“. Ich habe lediglich den Wal durch eine Wolke ersetzt.“ (Captains Logbuch)
Der deutsche Titel
Mal wieder typisch einfallslos zeigt sich die deutsche Betitelung „Tödliche Wolken“. Es ist eine Wolke. Und sie ist tödlich. Ich finde den englischen Titel eindeutig besser. „Obsession“ (zu Deutsch: Besessenheit) beschreibt Kirks Handlungen und die Geschehnisse treffender und etwas poetischer.
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