Star Trek ist berühmt dafür, gesellschaftlich voranzugehen und dabei immer wieder auch durchaus unbequeme Thematiken aufzugreifen. Doch bei einem Thema blies Star-Trek-Schöpfer Gene Roddenberry ein derartiger Wind entgegen, dass sämtliche Versuche scheiterten, den Stoff als Film, Serienepisode oder Roman zu veröffentlichen. Die Rede ist von „Star Trek: The God Thing“ und der Frage, ob der jüdisch-christliche Gott aus dem Weltraum kam.

The God Thing
Coverentwurf von Pocket Books

Religion in Gene Roddenberrys Star Trek

Das Thema Religion in Star Trek ist viel zu komplex, um es hier angemessen besprechen zu können. Nichtsdestotrotz müssen wir ein paar Grundtendenzen festhalten, in deren Kontext dann auch „The God Thing“ einzuordnen ist.

Wie wir bereits im Artikel zur Definition von Science Fiction besprochen haben, ist es für dieses Genre üblich, scheinbar übernatürliche Dinge wie Götter oder Magie wissenschaftlich-rational zu erklären. Dies gilt auch für „Star Trek: The Original Series“.

Schauen wir uns z.B. die TOS-Episode „The Paradise Syndrom“ an. Hier besucht die Enterprise einen Planeten, auf dem Menschen leben, die stark an American Natives erinnern. Das technologische Niveau ist sehr niedrig, doch verehren die Bewohner des Planeten einen geheimnisvollen Obelisken. Wie sich herausstellt, stammt der Obelisk von Besuchern von einem anderen Planeten und ist in Wahrheit eine Asteroiden-Abwehreinrichtung. Aus nachvollziehbaren Gründen hielt die lokale Bevölkerung die fortschrittliche Technologie für etwas Übernatürliches und die Besucher dementsprechend für Götter. (Vgl. hierzu das dritte Clarkesche Gesetz.)

Auf ein ähnliches Phänomen stoßen wir in einer anderen TOS-Episode. In „Who mourns for Adonais“ trifft die Enterprise auf einem fremden Planeten auf den Gott Apollon. Wie sich herausstellt, kamen Apollon und mehrere seiner Gefährten einst als außerirdische Besucher nach Griechenland. Die antiken Griechen verstanden die sehr fortschrittliche Technologie ihrer Besucher nicht und hielten sie daher für Götter.

In beiden Fällen erklärt „Star Trek: TOS“ den Ursprung von Religionen auf sehr ähnliche Weise. Eine Zivilisation wird mit etwas konfrontiert, das sie aufgrund der eigenen Entwicklung noch nicht verstehen kann. Daher weiß sie sich nicht anders zu helfen, als das Geschehen religiös zu erklären. Die Aussage ist dementsprechend klar. Religion ist ein Hilfsmittel, um Wissenslücken zu füllen. Ist die eigene Zivilisation ausreichend weit fortgeschritten, werden Religionen – zumindest in dieser Funktion – überflüssig.

Nun ist eine Sache, eine erfundene außerirdische Religion auf diese Weise zu erklären. Auch wird sich kaum jemand auf die Füße getreten fühlen, wenn sich der Gott Apollon als außerirdischer Besucher zu erkennen gibt. Was ist aber, wenn man den Gedanken konsequent weiterdenkt? Was ist, wenn man den jüdisch-christlich-islamischen Gott zu einem Außerirdischen erklärt?

Star Trek: The God Thing

Nachdem Star Trek: TOS zwar eingestellt war, sich aber weiterhin einer großen Beliebtheit erfreute, kamen schnell Ideen zu einem Kinofilm auf. In diesem Film sollte ein Raumschiff auf die Erde zusteuern und unterwegs verschiedene andere Raumschiffe vernichten. Im Laufe der Geschichte erfahren wir, dass sich hinter diesem Raumschiff ein Wesen verbirgt, das sich als der jüdisch-christlich-islamische Gott ausgibt und auch als Jesus in Erscheinung tritt.

Es stellt sich heraus, dass das Wesen aus einer anderen Dimension stammt und sich zum Ziel gesetzt hat, „rückständigen“ Zivilisationen Gesetze und Werte zu vermitteln. Dazu gründet es auf verschiedenen Planeten Religionen, um den jeweiligen Lebensformen diese Gesetzte leichter vermitteln zu können. Jedoch weist das Raumschiff nun eine Fehlfunktion auf, weshalb es Kirk, Spock etc. reparieren müssen, damit es sich dann wieder auf seinen Weg machen kann.

Der Film hätte also die oben ausgesprochenen Tendenzen konsequent fortgeführt und den jüdisch-christlich-islamischen Gott zu einer Erfindung eines außerirdischen Wesens erklärt. Dieser Gedanke ist keineswegs revolutionär, finden wir doch schon bei griechischen Denkern des 5. Jahrhunderts v.Chr. die Vermutung, dass ein schlauer Mann die Göttinnen und Götter erfunden habe, damit sich die Menschen auch dann an Gesetze halten, wenn gerade niemand hinschaut. Wie das aber manchmal so ist, kann man Dinge, die man im 5. Jahrhundert v.Chr. bereits aufschreiben konnte, nicht zwingend in den 1970er Jahren ins Kino bringen. Genau genommen geht das scheinbar bis heute nicht.

Das wiederholte Scheitern des Projekts

Gene Roddenberry, ein überzeugter Atheist, machte die religiösen Ansichten verschiedener Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus dem Hause Paramount Pictures dafür verantwortlich, dass sein Drehbuch – Überraschung! – nicht genehmigt wurde. Doch so schnell gab er nicht auf. Wenn „The God Thing“ nicht ins Kino kommt, könnte man es ja immer noch im Fernsehen zeigen. So sollte die Geschichte dann unter dem Titel „In Thy Image“ als Pilot für die geplante Serie „Star Trek: Phase II“ dienen, die jedoch bekanntlich ebenfalls nie produziert wurde.

Produktionen für Kino oder Fernsehen waren also gescheitert, doch blieb ja immerhin noch das Medium Buch. Also begann Gene Roddenberry einen Roman zu schreiben, an dem u.a. auch der Chekov-Darsteller Walter Koenig mitarbeitete. Auch hier gab es bis in die 1990er Jahre mehrere Publikationsversuche, doch ließ sich letztlich keiner realisieren. Die Thematik erschien wohl schlichtweg zu problematisch, wobei allerdings auch zwischenmenschliche Zerwürfnisse eine wesentliche Rolle gespielt zu haben scheinen.

Das Erbe einer Idee

Wie sich jetzt sicherlich schon manche von Euch gedacht haben, konnten zumindest einzelne Elemente der Geschichte für zwei andere Star-Trek-Filme übernommen werden. Zunächst einmal handelt es sich dabei natürlich um „Star Trek: The Motion Picture“, für den man die Grundidee allerdings derart entschärfte, dass sie keine größeren Bezüge zur Religion mehr aufweist.

Der zweite Film ist „Star Trek: The Final Frontier“, der Roddenberry womöglich deshalb nicht so recht gefallen wollte, weil das Wesen in diesem Film letztlich eben doch nicht der Gott der drei großen monotheistischen Buchreligionen ist, sondern dies nur vorgibt, wodurch weiterhin möglich bleibt, dass es diesen Gott wirklich gibt. Hinzu kam wohl auch Ärger darüber, dass William Shatner, dem Roddenberry einmal das Drehbuch gezeigt hatte, einfach Ideen aus „The God Thing“ für „The Final Frontier“ übernommen hatte.

Vielleicht wird diese spannende Geschichte eines Tages ja doch noch verfilmt oder zumindest in Buchform veröffentlicht. Terry Gilliams Don Quixote-Verfilmung mag als bestes Beispiel dafür dienen, dass man manche Projekte nicht zu früh abschreiben sollte.

Es gibt übrigens noch weitere spannende Geschichten aus dem Star-Trek-Universum, die es nie zu einer Veröffentlichung brachten. Eine davon werde ich Euch im nächsten Artikel vorstellen.

weiterführende Literatur (englisch)

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Michael Kleu
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