Mit Tank Girl wurde ein Comic verfilmt, der sich vor allem durch seine Punk-Attitüde auszeichnete.
Ein lang gehegter Plan wird wirklich
Heutzutage kennt man Jamie Hewlett vor allem als Mitbegründer der virtuellen Rockgruppe Gorillaz. Dabei ist er auch für ein anderes Werk bekannt: Gemeinsam mit Alan Martin erschuf er 1988 die Comicfigur Tank Girl. Die Strips fielen vor allem durch ihren vom Punk inspirierten Humor und Artstyle auf.
Mindestens genauso alt wie die Figur sind auch die Bemühungen, ihn zu verfilmen. So versuchte das Deadline-Magazin, in dem der Comic erschien, ein Studio zu finden, das eine Verfilmung finanzieren würde. Doch es dauerte, bis sich endlich jemand des Projekts annahm.
Es half sicherlich, dass im Jahr 1991 die Regisseurin Rachel Talalay während der Dreharbeiten zu ihrem Debütfilm Freddy’s Finale – Nightmare on Elm Street 6 von ihrer Stieftochter einen Tank Girl-Comic erhielt. Sie las diesen in den Drehpausen und war davon so angetan, dass sie sich schließlich um den Posten des Filmemachers bemühte, den sie dann auch nach einem Jahr erhielt.
Die Wahl des richtigen Studios
Woraufhin sie begann, ein Studio zu suchen, das die Dreharbeiten finanzieren würde. Sie lehnte ein Angebot von Disney ab, weil sie befürchtete, dass der Konzern den Grad der Gewalt und sexuellen Anspielungen, die für dieses Projekt nötig waren, nicht akzeptieren würde. Stattdessen wurde MGM ausgewählt, wodurch allerdings ihre Arbeit noch nicht erledigt war. Denn die Tatsache, dass sie die damals noch relativ unbekannte Catherine Hardwicke als Produktionsdesignerin auswählte, anstatt bekanntere und erfahrenere Designer, sorgte beim Studio für Missstimmungen. Zum Glück konnte die Regisseurin die Produzenten von der Richtigkeit ihrer Wahl überzeugen.
Es sollte nicht das letzte Mal bleiben, dass MGM sich in die Dreharbeiten einmischte. Doch dazu später mehr.
Der Cast setzte sich schnell zusammen. In der Titelrolle des Tank Girls wurde Lori Petty (Free Willy) gecastet. Die Wahl der Jet-Girl-Darstellerin fiel auf die damals unbekannte Naomi Watts (Flirting – Spiel mit der Liebe). Als T-Saint wurde der berühmte Rapper und Schauspieler Ice-T angeheuert.
Interessant ist die Wahl des Darstellers des Antagonisten. Die fiel auf niemand Geringeren als Malcolm McDowell (Uhrwerk Orange). Der Grund dafür war, dass MGM Deadline eine Liste mit dem idealen Cast zufaxte. Das Magazin wählte daraufhin den bekannten Schauspieler aus, weil sie nicht glaubten, dass das Studio ihn wirklich kontaktieren würde. Was sie aber trotzdem taten und das mit Erfolg. Rachel Talalay, die eng mit den Schöpfern von Tank Girl arbeitete, wollte außerdem noch einige Cameos. Weshalb am Ende Iggy Pop einen Kurzauftritt als der pädophile Rat Face kriegen sollte.
Dystopisch
Im Jahr 2023 traf ein Komet die Erde, was zu einer jahrzehntelangen Dürre führte. Zehn Jahre später ist der Großteil des noch übriggebliebenen Wassers unter der Kontrolle der Firma Water & Power, die von dem bösartigen Kesslee angeführt wird. Dieser will auch die letzte Wasserquelle beherrschen, weshalb seine Truppen die Kommune von Rebecca Buck – Tank Girl genannt – überfallen. Sie töten die Mehrheit der Bewohner und nehmen Tank Girl und die junge Sam mit.
In der darauffolgenden Zeit versucht Kesslee, den Willen der widerborstigen Tank Girl zu brechen. Doch diese zeigt sich als erstaunlich widerstandsfähig und kann eines Tages dank der Mithilfe der unterdrückten Jet Girl fliehen. Ihr Ziel ist es, Sam wiederzufinden und dann an Kesslee Rache zu nehmen.
Ein typischer Kultfilm muss vorher floppen
Als Tank Girl vor 30 Jahre in die Kinos kam, hatte er 25 Millionen US Dollar gekostet. Und leider floppte er am Ende an Kinokassen und spielte nur 6 Millionen ein. Die Kritiken waren in jenen Tagen auch nicht gnädig mit dem Film und vergaben ihm reihenweise schlechte bis mittelmäßige Bewertungen. Dennoch konnte er sich seit damals einen Ruf als Kultfilm erarbeiten.
Tatsächlich muss man sagen, dass der Kinofilm zwar seine Fehler hat, aber man im Großen und Ganzen gut unterhalten wird. Man merkt ihm an, dass alle Beteiligten mit Feuereifer dabei waren. Die Special Effects sind grandios und der Anarchohumor der Comicvorlage wurde bestens übertragen.
Eine selbstbewusste Frau
Im Prinzip kann man bei diesem Film davon ausgehen, dass hier stets das Unerwartete geschieht. Vor allem was die Filmfigur selbst angeht, zeigt sie sich als wunderbar unvorhersehbar. Klar, ihre Motivation ist eindeutig: Sie will Rache und die junge Sam retten. Doch gleichzeitig strahlt die von Lori Petty dargestellte Figur eine unglaubliche Rotzigkeit aus, die wirklich ihresgleichen sucht. Es ist eben auch diese Rotzigkeit, die ihr vermutlich hilft, die ganze Folter im ersten Akt zu überstehen. Gleichzeitig hat sie eine Art an sich, mit der sie es schafft, ungewöhnliche Freunde zu finden, wie eben Jet Girl oder die Ripper, Supersoldaten, die aus einer Mischung aus Känguru- und Menschen-DNA erschaffen wurden.
Die von Naomi Watts dargestellte Jet Girl ist dabei im Vergleich über weite Teile des Films schon fast duckmäuserisch. Was man aber auch gut nachvollziehen kann, wenn man sieht, wie sie bei ihrem Erstauftritt bei ihrer Arbeit für W&P belästigt wird und sich nur selten wehren kann. Sie ist immer eine Art Stimme der Vernunft für Tank Girl, die nie großartig nachdenkt, sondern einfach drauflos agiert. Und doch sieht man, wie Jet Girl im Laufe des Films förmlich auftaut, selbstbewusster handelt. Hier färbt also quasi die Attitüde ihrer Begleiterin ab.
Und natürlich darf Malcom McDowells Kesslee nicht unerwähnt bleiben. Von Beginn an wird er als ein machthungriger und gefährlicher Mann dargestellt. Als jemand, der seine Untergebenen für die geringsten Vergehen bestraft. Und als jemand, der, als er schwer verletzt wird, nur allzu bereit ist, seine Menschlichkeit aufzugeben.
Wenn Dinge nicht wie gewohnt verlaufen
Der Film lebt dabei von seinen Figuren und dem anarchistischen Humor der Story. Man darf sich nicht darauf verlassen, dass Dinge wie gewohnt passieren. Häufig genug gibt es noch etwas, was das Geschehen noch absurder präsentiert, als es schon vorher war. Zum Beispiel die Chuzpe, mit der Tank Girl und Jet Girl für die Rippers Waffen ergaunern und Jet Girl dann doch ein wenig zur sehr Gefallen als Fotografin findet. Oder wenn Sam befreit wird und die Zuhälterin Madame gezwungen wird, ein Lied zu singen, was sie nicht mag. Was dann wiederum zu einer großen Tanzrevue führt, bei der Tank Girl kräftig mittanzt.
Gleichzeitig werden auch immer wieder kleinere Zwischensequenzen eingebaut, in dem Illustrationen von Jamie Hewlett nochmal auf eigene Art bestimmte Ereignisse verdeutlichen. Dabei sind diese herrlich übertrieben. So sieht man beispielsweise, wie Tank Girl einen Raketen-BH anhat und diesen sogar abfeuert. Bescheuert, aber gut.
Wenn das Studio mitmischt
Doch so super es auch ist, dass diese Zeichnungen in den Film eingebaut wurden: An einer Stelle war das keine so gute Idee. Wozu ich allerdings erstmal etwas ausholen muss.
Ein großer Unterschied zwischen Comic und Film ist, dass ersterer deutlich erwachsener ist. So gibt es viele Szenen, in denen Tank Girl nackt ist oder gerade Sex mit ihrem Freund, dem Ripper Booga, hat. Es existieren sogar später Stories, in denen sie schwanger ist.
Rachel Talalay hatte versucht, das umzusetzen. So wurde gezeigt, dass es im Schlafzimmer von Tank Girl lauter Dildos gibt. Ebenso wurde wohl auch eine Szene gedreht, in der man Boogas Penis sehen konnte. Und die Folterszenen wurden drastisch gekürzt, weil das Studio fand, dass die Titelheldin in diesen Momenten „zu hässlich“ sei. Man sieht also, dass MGM sich in den finalen Cut des Films kräftig einmischte. Was sogar so weit ging, dass sie das Ende veränderten. Das sollte zeigen, wie es anfangen würde zu regnen, und mit einem Rülpser von Tank Girl enden. Stattdessen wurde eine animierte Sequenz eingebaut, in der die Protagonistin auf dem frei fließenden Wasser Wasserski fährt und sich darüber freut. Was nicht so wirklich zu dem vorherigen Film passt.
Die Luft ist raus
Wobei man ebenfalls eingestehen muss, dass der auch ohne den Studioeingriff Probleme hat. Denn zur Mitte des Films, als Tank Girl mit Jet Girl Sam befreit, merkt man, dass ihm die Luft ausgeht. Im Prinzip wird hier die ganze Zeit Vollgas gegeben, was den Humor angeht. Es gibt nur wenige Momente, wo er innehält, dem Zuschauer Gelegenheit gibt, Luft zu holen. Weshalb dieser auch ab diesem Abschnitt anfängt, zu ermüden. Es ist dann einfach zu viel des Guten.
Trotzdem ist Tank Girl zu Recht ein Kultfilm. Denn bei aller Kritik ist er eine fantastische Comicadaption und macht jede Menge Spaß beim Zuschauen.
Info
Regie: Rachel Talalay
Drehbuch: Tedi Sarafian
Produzent: Richard B. Lewis, Pen Densham, John Watson
Hauptdarsteller: Lori Petty, Ice-T, Naomi Watts, Malcolm McDowell
Kamera: Gale Tattersall
Schnitt: James R. Symons
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