Una Chin-Riley ist verhaftet worden, Captain Pike versucht, ihre Freilassung zu erwirken.

Eine Story über, aber ohne Nummer Eins

Captain Pikes Nummer 1 steht unter Arrest, weil sie bei ihrer Bewerbung für die Sternenflotte falsche Angaben gemacht hat. Sie ist Illyrianerin und da alle Vertreter ihrer Spezies genetisch verändert sind, fallen sie unter den Föderationsparagrafen, welcher gentechnische Manipulationen verbietet. Pike muss also ohne Una Chin-Riley auskommen, weshalb er Spock vorübergehend zum E rsten Offizier befördert hat.

Es mutet schon fast wie eine Kollektivstrafe an, dass die Enterprise auf eine Routinemission geschickt wird, bei der sie Müllschlucker an eine Koloniewelt liefern muss. Danach soll die Besatzung Urlaub erhalten, was einer Ruhigstellung gleichkommt. Der Captain lässt sich jedoch zu einem kleinen Abstecher in die delphische Ausdehnung überreden, um dort die illyrische Koloniewelt Pryllia aufzusuchen. Dort erhoffen sich alle Beweise für die Harmlosigkeit der genetischen Veränderungen.

Stattdessen wird die Enterprise vom illyrischen Captain Da’Kil in eine Falle gelockt, der sie jedoch entkommen kann. Da’Kils Raumschiff ist der Enterprise zudem unterlegen, weshalb er sich auf Verhandlungen einlässt. Diese nutzt er abermals, um Spock in eine Falle zu locken. Er lässt Captain Pike zurück auf die Enterprise beamen und entführt den Vulkanier. Diesen lässt er genetisch verändern, damit er dem Säureregen auf der toten Heimatwelt der Illyrianer widerstehen kann. Dort soll der Entführte sich Zugang zu einem Gebäude vulkanischen Ursprungs verschaffen.

Kaum hat Spock das Gebäude betreten, wird er Zeuge der Ankunft dreier Vulkanier auf Illyria. Er selbst schlüpft in die Rolle des Vulkaniers Skalan, der die Aufzeichnung in grauer Vorzeit angefertigt hat. Schon damals zeichnete sich ab, dass Illyria allmählich unbewohnbar wird, und die Vulkanier boten ihre Hilfe an. Doch gerade als es spannend wird, bricht die Illusion zusammen und das Gebäude stürzt ein. Im letzten Moment kann Captain Pike seinen neuen Ersten Offizier mit einem Shuttle retten. Der konnte immerhin einen Datenkristall bergen.

Überrascht von der Verbindung der Vulkanier zu den Illyrianern, die noch vor der Durchsetzung von Suraks Lehren datiert, fliegt die Enterprise als nächstes die vulkanische Heimatwelt an. Dort finden Spock, Pike und Da’Kil im Haus einer Nachfahrin von Skalan ein altes Abspielgerät, in welches der Datenkristall passt. Die Aufzeichnung beweist, dass es die Vulkanier waren, die grausame gentechnische Experimente an den Illyrianern durchgeführt haben. Da’Kil ist davon dermaßen schockiert, dass er die Veröffentlichung dieser Wahrheit unbedingt verhindern möchte. Da die Informationen für die Föderation ebenfalls unvorteilhaft sind, entschließt sich Pike, sie nicht als Entlastungsbeweis im Prozess gegen Una einzusetzen.

Rezension von Das illyrische Enigma

Im ersten Pilotfilm der Classic-Serie ist Captain Pikes Nummer 1 eine noch namenlose Menschenfrau. Dies wird in der Serie Strange New Worlds komplett über den Haufen geworfen. In dieser erhält Nummer 1 nicht nur den Namen Una Chin-Riley, sondern soll plötzlich eine Illyrianerin sein. Dabei sieht sie nicht einmal annähernd wie eine Illyrianerin aus. Dies wird aber durch ihre gentechnische Veränderung erklärt, denn darin sind die Illyrianer Meister. Da’Kil gibt am Ende sogar zu, dass es noch mehr verdeckte Agenten seiner Spezies in der Sternenflotte gibt. Was die Illyrianer mit dieser Infiltration bezwecken, wird nicht erklärt und wäre auch nicht hilfreich bei der Entlastung von Una.

Die kommt im gesamten Comic überhaupt nicht vor, obwohl sich alles um sie dreht. Da der Comic hier auf Ereignissen der Serie aufbaut, ist er ohne Vorwissen nur schwer zugänglich. Die schockierenden Enthüllungen über die Vulkanier bleiben derweil unter Verschluss, womit der Comic wiederum keinen Einfluss auf die Serie nimmt. Die ganze Handlung ist also Schall und Rauch. Ein in sich abgeschlossenes Abenteuer wäre als Auftakt der Strange New Worlds-Comicreihe definitiv geeigneter gewesen.

So müssen die Leser gleich mit dem ersten Band ein paar hässliche Kröten schlucken. Wobei „hässlich“ sehr treffend den Zustand beschreibt, in den die Illyrianer Spock versetzen. Sie verändern seine Gene derart, dass seine Haut zu Stein wird, um dem Säureregen auf ihrer Heimatwelt standzuhalten. Das ist nicht nur wissenschaftlich totaler Unfug, Spock ähnelt damit obendrein Ben Grimm alias das Ding aus Marvels Fantastic Four. Und das passenderweise auch noch in Comicform.

Zumindest macht es am Ende wenigstens Sinn, dass sie ausgerechnet Spock auswählen. Im Prinzip hätten sich die Illyrianer auch selbst an die Umwelt ihrer toten Heimat anpassen können. Es geht jedoch um den Zugang zu einem vulkanischen Gebäude und das lässt eben nur Vulkanier ein. Warum es das einzige verbliebene Gebäude auf Illyria ist, ergibt wiederum überhaupt keinen Sinn. Angeblich widersteht nur Stein der Säure, was schon mal kompletter Unfug ist. Zum einen greift Säure Stein sehr wohl an und zum anderen fragt man sich, woraus die illyrianischen Gebäude bestanden. Haben die Illyrianer in ihrer gesamten Geschichte nie umliegendes Gestein zum Bau ihrer Häuser verwendet? Warum der vulkanische Tempel ausgerechnet einstürzt, nachdem Spock ihn betreten hat, fragt man besser gar nicht erst. Ein unglaublicher Zufall allein für den dramatischen Effekt.

Was Spock in dem Tempel entdeckt, ist eine entsetzliche Wahrheit. Die Vulkanier haben auf eine Art und Weise an den Illyrianern herumexperimentiert, die an Josef Mengele erinnert. Zumindest war das noch in der Zeit vor Surak, sodass dieses unlogische Verhalten nicht komplett im Widerspruch zur vulkanischen Philosophie steht. Das heißt aber nicht, dass es irgendwie zu rechtfertigen sei oder einen Sinn ergäbe. Ebenso ungeheuerlich ist, dass Da’Kil und Captain Pike die entdeckten Informationen geheim halten, zumal Letzterer zuvor noch meinte, dass die Galaxis ein Anrecht darauf hätte. Aber der Comic darf ja keinen Einfluss auf den Serienkanon nehmen.

Der hat aber seinerseits mit dem Kanon der alten Serie wenig zu tun. Ja, es gab da einen Paragrafen gegen genetische Veränderungen am Menschen, aber dafür wurden eigentlich nur die Verantwortlichen belangt und nicht die genetisch Aufgewerteten. So geschehen im Falle von Julian Bashirs Eltern. Dr. Bashir selbst durfte sein Offizierspatent ebenso wie seine Freiheit behalten. Bei Una Chin-Riley scheint der Fall zwar etwas anders gelagert zu sein, aber sie gehört einer Spezies an, bei der genetische Veränderungen nicht unter Strafe stehen. Sie dürfte daher lediglich wegen Angabe falscher Daten sowie möglicher Spionage angeklagt werden. Wenn Letzteres zuträfe – und danach sieht es aus – wäre der Einsatz der Enterprise-Crew für ihre Kameradin völlig fehl am Platz. Was wissen Pike und Co. schon über Una? Möglicherweise hat sie die ganze Zeit über ein falsches Spiel mit ihnen gespielt und darin sind Agenten bestens geschult.

Mit der Person, die man aus Der Käfig sowie Talos IV – Tabu kennt, hat Una Chin-Riley jedenfalls nicht viel zu tun. Und auch sonst pfeift Strange New Worlds auf den Kanon der Classic-Serie. Das beginnt schon damit, dass die Enterprise deutlich anders aussieht und auch die Besatzung weicht stark von der der Vorlage ab. Dr. Boyce, eigentlich ein enger Freund von Captain Pike, sucht man vergebens. Dafür ist Dr. M’Benga bereits an Bord, der später nur noch Assistenzarzt unter Dr. McCoy sein wird. Krankenschwester Chapel und Uhura gehören ebenfalls schon zur Besatzung, womit zumindest Chapel später unter Captain Kirk etwas älter wäre, als in der Classic-Serie, da damals Majel Barrett zwei Rollen im gleichen Alter auf zwei Zeitebenen verkörpert hat.

Obwohl sich der Comic mit den Illyrianern direkt auf den Kanon von Enterprise bezieht, ist und bleibt Strange New Worlds ein Reboot, genau wie Discovery und die letzten drei Kinofilme. Das wird spätestens an Admiral Robert April offensichtlich, der im alten Kanon ein weißer Amerikaner war und nun schwarz ist. Das lässt sich nicht einmal mit alternativen Zeitlinien erklären. Die Versuche, an die alten Serien anzuknüpfen und damit alles im selben Universum anzusiedeln, sind kläglich und zum Scheitern verurteilt. Da war man bei Battlestar Galactica weitaus konsequenter.

Klassische Comic-Optik

Der Zeichenstil ist durchaus angemessen, obwohl er an einigen Stellen durchaus etwas detaillierter und flüssiger hätte sein können. So sind die Charaktere zwar gut getroffen, wirken aber irgendwie steif. Die teils verkrampften Stellungen der Hände, bei denen Ring- und Mittelfinger häufig miteinander verwachsen zu sein scheinen, macht die Sache nicht besser. Wenigstens sehen die Illyrianer so aus, wie man sie aus Enterprise kennt, und sind nicht wie die Gorn völlig neu interpretiert worden.

Die Enterprise hätte ebenfalls etwas mehr Detailtiefe vertragen können, sieht aber meist ganz gut aus. Was überhaupt nicht passt, sind die schematischen Darstellungen der Enterprise auf sämtlichen Computerdisplays. Diese passen überhaupt nicht zur äußeren Erscheinung, da es sich um Darstellungen des alten Modells aus der Classic-Serie handelt. Das ist schon ein peinlicher Fauxpas! Die Innenarchitektur entspricht zum Glück wieder dem Reboot.

Die Farben sind ziemlich knallig und oft vollflächig aufgetragen. Verläufe gibt es nur wenige, meist trennt eine klare Kante Licht und Schatten. Das wirkt nicht besonders naturalistisch und entspricht in etwa dem Niveau der 1990er. Immerhin die Beleuchtungseffekte sind gelungen. Leuchteffekte im Weltraum gibt es allerdings nur bei nahen Sternen. Alle weiter entfernten Sterne sind weiße Kleckse und Nebelschleier wirken aufgrund ihrer kantigen Form sowie vollflächigen Einfärbung äußerst unnatürlich. Da wäre ein durchgängig schwarzer Hintergrund besser gewesen. Planeten haben schlussendlich dicke schwarze Außenlinien und keine leuchtende Atmosphäre, womit sie geradezu cartoonhaft aussehen.

Die Covergestaltungen, die ebenfalls von Megan Levens stammen, entsprechen dem Inhalt. Um wie viel besser dieser hätte sein können, zeigen die alternativen Cover von Jake Bartok, Malachi Ward und Andy Price, die neben anderen zwischen den Kapiteln sowie in der Galerie abgebildet sind. Eines der Motive von Bartok ziert den Einband der deutschen Ausgabe und vermittelt damit einen falschen, wenn auch hervorragenden Eindruck.

Fazit: „Strange“ trifft es ganz gut

Der erste Band der Strange New Worlds-Comicreihe wirft die Leser in eine Rahmenhandlung, die Serienwissen voraussetzt. Auf der anderen Seite spielen die Ereignisse des Comics aber keine Rolle für die Serie. Die Handlung strotzt nur so vor Logikfehlern und ungeheuerlichen Enthüllungen, die einem das gewohnte Trek-Universum ein Stück weit madig machen. Grafisch ist der Band, der als Softcover erschienen ist, durchaus gelungen, wenn auch nicht ausgezeichnet. Wer Strange New Worlds mag, wird damit sicherlich warm werden. Für alteingesessene Fans gibt es dagegen lohnenswertere Star Trek-Comics.

Info

Autoren: Kirsten Beyer & Mike Johnson
Zeichner: Megan Levens
Farben: Charlie Kirchoff
Verlag: Cross Cult
Sonstige Informationen: Produktseite

 


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  • Story
    3/10
  • Zeichenstil
    7/10
  • Kolorierung
    7/10
4/10
Total Score

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