Nana Visitor schreibt mit Star Trek: Open A Channel – A Woman’s Trek ein eindrucksvolles Sachbuch.
Was hinter den Kulissen stattfand
Jeder Star Trek-Fan hat sein Idealbild von diesem Franchise. Dass es ein Progressives ist, dass seinen Zeiten immer weit voraus war. Und gleichzeitig sich auch nicht zu Schade war, heiße Themen anzufassen. Und doch ist das nur ein Teil der Wahrheit. Denn hinter den Kulissen war Star Trek vor allem im Umgang mit den weiblichen Schauspielern ein Kind seiner jeweiligen Zeit.
Das ist die große Erkenntnis, die man beim Lesen von Nana Visitors Buch Star Trek: Open A Channel – A Woman’s Trek erhält. Eine, die auch das Bild von „Star Trek“ und seinen jeweiligen Serien radikal verändert. Und die zeigt, wie sehr die Gesellschaft und die Film- und Fernsehwelt sich im Laufe der Jahre verändert hat. Und wie leicht dieser Fortschritt wieder leichtfertig verloren gehen kann.
Dabei ist das, wie Nana Visitor im Vorwort schreibt, jetzt weniger ein Buch über Star Trek an sich. Sondern vielmehr ein Abbild der Historie der Frauenrepräsentation im Fernsehen anhand von den Darstellerinnen, die im Laufe der Jahre im Franchise gearbeitet haben. Und dies geschieht dadurch, dass sie die jeweiligen Schauspielerinnen vorstellt und auch teilweise interviewt.
Wenn eine Frau als Offizierin zu progressiv ist
Von Anfang spricht sie in Open A Channel dabei an, dass wirklich lange Zeit Frauen in bestimmte Schubladen gesteckt wurden. Dass eine Majel Roddenberry in dem ersten Pilotfilm von Star Trek der erste Offizier war, war damals bahnbrechend. Auch wenn sie im Vergleich zu den anderen Offizieren als schwach dargestellt wurde. Trotzdem war dies für die damalige Zeit zu progressiv, weshalb sie dann zu TOS-Zeiten in die Rolle von der Krankenschwester Christine Chapel gesteckt wurde, die sich nach einem starken Mann sehnte.
Und das war für damalige Zeiten symptomatisch. Frauen wurden danach bewertet, wie „fuckable“ sie waren, in welche Schubladen sie passten. Das war, wie man in diesem Sachbuch erfährt, auch zu Zeiten von The Next Generation so. Wobei erst die Ankunft von Jeri Taylor Sachen langsam zum Positiven änderte.
Doch selbst dann war es für Frauen immer noch schwer, sich durchzusetzen oder sie mussten absurde Erwartungen erfüllen. So liest man in Open Channel, dass Roxann Dawson, die heute als eine erstklassige Regisseurin bekannt ist, schier unmenschliches leistete, als sie lernte, Regie zu führen. Und gleichzeitig musste sie bei dieser Arbeit so perfekt wie möglich sein, weil man ihr als Frau keinen Fehler verziehen hätte.
Freie Bahn für starke Frauenfiguren
Interessant ist außerdem eine Anekdote, die Nana Visitor von Star Trek – Deep Space Nine erzählt: Dass einer der großen Leute, die damals das Sagen hatten, zu Ira Steven Behr, dem damaligen Showrunner der Serie kam und sich bei ihm entschuldigte. Denn mit Voyager erschuf man eine neue Star Trek-Reihe und diese sollte die ganze Aufmerksamkeit von Paramount erhalten. Was Behr jedoch insgeheim feierte, weil dies bedeutete, dass er quasi Narrenfreiheit genoss. Was man eben daran sieht, dass Deep Space Nine einige wunderbar komplexe Frauenrollen hatte und den Schauspielerinnen Möglichkeiten bot, die sie sonst nicht hatten.
Nana Visitor erzählt in Open A Channel jedoch nicht nur von Fortschritten, sondern auch von Rückschritten. Wie etwa, als in Star Trek – Enterprise die Frauenrollen im Vergleich zu Star Trek – Voyager einen deutlichen Schritt zurückmachte. Mit der Begründung der überwiegend männlichen Produzenten, dass man ja in der Vorgängerserie Frauen ausreichend repräsentiert habe. Was natürlich eine absolut hanebüchene Begründung ist.
Es sind solche Anekdoten, die sich dem Leser förmlich einbrennen und seine Sicht auf viele Dinge verändern. Mindestens ebenso, wie, als Nana Visitor in ihrem eigenen Kapitel davon erzählte, wie sie 1994 in ihrem Zuhause ausgeraubt und vergewaltigt wurde. Oder wie die schwanger von Gates McFadden verstecket werden musste, weil man bei Deep Space Nine Nana Visitors Schwangerschaft in die Serie einbaute und das wohl nur ein Mal im Franchise ging. Oder wie von ihr erwartet wurde, dass sie nach der Geburt sich sowohl um ihr Kind, ihren Mann und ihre Arbeit kümmerte.
Dinge haben sich gebessert und sind gefährdet
Und dann liest man Open a Channel, wie sich in der Gegenwart Dinge gebessert haben. Dass in den aktuellen Star Trek-Serien die Schauspielerinnen eben nicht das erfahren mussten, was ihre Vorgängerinnen erfahren musste. Dass sie sogar selbstbewusst auftreten konnten, wie Sonequa Martin-Green in Star Trek – Discovery.
Es sind diese Interviews, die dieses Buch so lesenswert machen. Wobei Nana Visitor nicht jede Frau in ihrem Band interviewen konnte, wie Jennifer Lien beispielsweise. Über deren tragisches Schicksal man ja genügend gelesen hat.
„Open a Channel“ ist Must-Read für jeden Star Trek-Fan. Es öffnet die Augen für all das, was Frauen durchmachen mussten und was jetzt auch wieder auf dem Spiel steht. Das einzige „Manko“, was man anbringen muss, ist die Tatsache, dass Nana Visitor eben nicht jede Frau, die in „Star Trek“ mitgewirkt hat, interviewt hat. Man vermisst Namen wie Diana Muldaur, die in zwei verschiedenen Star Trek-Äras aufgetreten ist. Auch eine Michelle Yeoh wäre interessant gewesen, ebenso, wie die Frauen von Star Trek – Picard, die Nana Visitor bis auf Jeri Ryan komplett außen vor lässt. Aber das ist am Ende Meckern auf hohem Nivea.
Info
Autor: Nana Visitor
Titel: Star Trek: Open A Channel – A Woman’s Trek
Verlag: Insight Editions
Erschienen: 10/2024
Einband: Hardcover
Seiten: 270
ISBN: 978-8-88663-301-6
Sonstige Informationen: Produktseite
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