In Star Trek Nemesis bekommt es die Föderation mit den Romulanern zu tun, die nach einem Putsch von einem Klon Picards regiert werden.
Was passiert?
Vier Jahre sind vergangen, seit Picard und seine Crew im Briar Patch gegen die Föderation aufbegehrten. Wir schreiben das Jahr 2379 und endlich haben sich Captain William Riker und Deanna Troi entschlossen, zu heiraten. Nach den Feierlichkeiten, zu denen alle Freunde der Enterprise eingeladen sind, soll Riker das Kommando über das Forschungsschiff U.S.S. Titan übernehmen. Das rauschende Fest wird jedoch von einer Nachricht Admiral Janeways an Captain Picard jäh unterbrochen. Große Änderungen kündigen sich an der Föderationsgrenze an, denn der romulanische Senat wird nun von einem Unbekannten namens Shinzon angeführt. Der neue Prätor ist Remaner, ein Mitglied jener Rasse, die von den Romulanern seit Jahrhunderten geknechtet wurde.
Mit der Unterstützung ihrer alten Crew macht sich die Enterprise auf den Weg nach Romulus. Picards Überraschung ist schier grenzenlos, als sich der neue Prätor als Mensch herausstellt. Shinzon berichtet, dass er als Picards Klon gezüchtet wurde, um diesen dereinst zu ersetzen und so Chaos innerhalb der Föderation stiften zu können. Doch dies ist nicht das einzige Geheimnis, das den wütenden jungen Mann umgibt. Schon bald wird die U.S.S. Enterprise E-Mannschaft zu spüren bekommen, dass Shinzon nicht weniger im Sinn hat, als alles zu zerstören, woran jeder einzelne von ihnen glaubt.
Finanzieller Flop
Seit die Ankündigung von Star Trek Picard die Fanwelt durchgeschüttelt hat, ist auch wieder Star Trek Nemesis in aller Munde. Diese Tatsache verwundert kaum, setzt doch die neue Serie mit Patrick Stewart alias Captain (bzw. Admiral a.D.) Jean-Luc Picard 20 Jahre nach den Geschehnissen von Nemesis an. Es ist also nur logisch, dass eine Art Renaissance eingesetzt hat, die dazu führte, dass der Streifen bisweilen wesentlich positiver betrachtet wird, als noch zu seiner Entstehungszeit. Neben Star Trek V: Am Rande des Universums gilt Nemesis nämlich mit Produktionskosten von rund 60 Millionen Euro und einem Einspielergebnis von nur 67,31 Millionen US-Dollar als der größte Flop der Reihe. Man kann es drehen und wenden wie man will: Rechnet man das nicht unerhebliche Marketing-Budget dazu, hatte Paramount 2002 einen schmerzhaften finanziellen Verlust zu beklagen. Doch woran lag dies?
Stuart Baird: Eine schlechte Wahl
Der eigentliche Plot um einen remanischen Klon, der sich an Picard und der Föderation für – was auch immer – rächen will, ist zwar simpel, grundsätzlich aber durchaus spannend geschrieben. Immerhin verfügt der Antagonist Shinzon über so manche Fähigkeit, die der Enterprise-Crew das nackte Entsetzung lehrt. Mit Stuart Baird, der zuvor an Filmen wie Das Omen, Superman und Outland mitgewirkt hatte, fand man zudem einen Regisseur, dem ohne Weiteres eine gewisse Genre-Affinität zuzutrauen war. Leider jedoch reichte diese Leidenschaft nicht dazu, sich auch nur einen Hauch für Star Trek zu interessieren. Im Gegenteil, der Brite betonte immer wieder, kein Fan zu sein und daher einen ganz eigenen Film machen zu wollen.
Aus der erhofften Erneuerung des Franchise wurde dann leider ein Film, der sich nicht im Geringsten um seine Figuren schert. Obwohl das Drehbuch mit der lange erwarteten Hochzeit von Riker und Troi gute Ansätze zeigte, ließ Baird entscheidende Szenen herausschneiden und zerstückelte viele Charakter-Sequenzen zugunsten einer völlig unnötigen und überzogenen Action. Die Ur-Fassung war rund 45 Minuten länger. Wer sich heute auf der Blu-Ray oder Doppel-DVD die geschnittenen Szenen zu Gemüte führt, wird sofort verstehen, was gemeint ist.
Die Idee, die Trauungsszene des neuen U.S.S. Titan-Captains und seiner Counselor-Ehefrau in eine Suche nach positronischen Signalen zu verwandeln, mag zunächst einmal praktisch und klug erscheinen. Immerhin kann man so eine ehemalige Mannschaft noch einmal zu einem Abenteuer zusammenführen. Die Inszenierung eines vergnügungssüchtigen Picard, der mit einem Buggy über die Planetenoberfläche jagt und mit einer Bande unbekannter Gangster konfrontiert wird, die eher an Filme wie Mad Max als Star Trek erinnert, wirkt dann doch etwas übermotiviert. Der Plot wird so im Endergebnis zwar entscheidend vorangebracht, der Zuschauer jedoch ebenso aus dem guten alten Trek-Feeling gerissen, das ihn gerade erst so wohlig umgeben hat.
Ein Fauxpas macht noch keinen schlechten Film, aber…
Ein Fauxpas macht noch keinen schlechten Film. Wir freuen uns, als wir endlich mehr über die romulanische Kultur zu erfahren scheinen und die Remaner kennenlernen. Das große Potenzial dieser Idee wird allerdings wiederum verschenkt und beschränkt sich auf viel zu kurze Einblicke und Dialoge, die in der Ermordung des Senats münden. Von nun an beschränken sich die folgenden Minuten darauf, auf das große Finale hinzuarbeiten, das dann allerdings mit einem riesigen und beeindruckenden Knall endet. Immerhin wird das Ganze durch einen spannenden Twist eingeleitet, der die Romulaner Donatra und Suran zu Picards Verbündeten macht.
Die gute Seite
Wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Star Trek: Nemesis punktet mit beachtlichen Schauwerten und einem Tom Hardy, der seine Rolle besser ausfüllt, als ihm nachgesagt wird. Dasselbe gilt für die Enterprise-Besatzung, die ihre tiefe freundschaftliche Verbundenheit in manch schöner Szene zu präsentieren vermag. Alterserscheinungen kann man allerdings nicht absprechen. Ebenfalls punktet die Musik des großartigen Jerry Goldsmith, zu dessen letzten Arbeiten der zehnte Star Trek Film zählt. Goldsmiths Können, das für viele Jahrzehnte die Filmmusik-Landschaft geprägt hat, klingt in jeder Szene durch. Es lässt uns den großen Musiker auch 15 Jahre nach seinem Tod noch schmerzlich vermissen.
Fazit
Star Trek X: Nemesis hat durchaus seine Schauwerte und erinnerungswürdigen Momente, keine Frage. Insgesamt jedoch bleibt es ein von einem lustlosen Anti-Fan zusammengestückeltes Werk, das auf Action, statt Interaktion der Figuren setzt. So bleibt der Eindruck eines leider mittelmäßigen Films, der für mich der schlechteste der Reihe ist.
Lust, unser Team zu unterstützen? Dann schaut doch mal auf unsere MITMACHEN Seite.
- Doctor Cyclops (1940) – Ein frühes Spezialeffektgewitter der King Kong-Macher - 20. Oktober 2023
- Review: Phase IV (1974) – Ein fast vergessener Klassiker - 3. September 2023
- Review: The Andromeda Strain (1971): Öko-Sci-Fi mit Sinn und Verstand von Altmeister Robert Wise - 17. August 2023
Guter und treffender Text, der sich mit meiner Meinung zum Film im Wesentlichen deckt. Es wäre besser gewesen, wenn wieder Jonathan Frakes anstatt Stuart Baird auf dem Regiestuhl Platz genommen hätte, denn der weiß wenigstens worum es bei Star Trek geht.
Apropos enthält der Text aber einen groben Fehler: Der Autor behauptet Baird hätte „Das Omen“, „Superman“ und „Outland“ inszeniert, was aber nicht stimmt. Er hat bei den genannten Filmen nur als Cutter fungiert. Regie führte jeweils jemand anderes.
Danke für den Hinweis. Ich habe es korrigiert.