Angeblich ist ein rotes Hemd ein schlechtes Omen, das den baldigen Tod des unglückseligen Trägers ankündigt. Doch stimmt das wirklich?
Zunächst einmal muss diese These auf die Classic-Serie eingegrenzt werden, denn in dieser tragen die Techniker und Sicherheitskräfte rote Uniformen, während es in den späteren Serien die Kommandooffiziere sind, die in der Classic-Serie noch gelb tragen. Das erklärt eigentlich auch schon, warum zu Kirks Zeiten satte 27 Rothemden dran glauben müssen. Insbesondere das Sicherheitspersonal hat schlichtweg ein höheres Berufsrisiko.
Eine andere Hemdfarbe schützt allerdings keineswegs vor einem vorzeitigen Ableben. Das zeigt sich schon im zweiten Pilotfilm Die Spitze des Eisbergs, denn zu diesem Zeitpunkt gibt es noch überhaupt keine roten Hemden. Dr. Elizabeth Dehner trägt als Ärztin blau, Gary Mitchell und Lee Kelso tragen gelb. In der restlichen ersten Staffel führen die Gelbhemden die Todesliste weiterhin an. Insgesamt sterben in der Serie acht von ihnen. Die Blauhemden liegen mit ebenfalls acht Opfern gleich auf. Damit sind es insgesamt immer noch weit weniger als tote Rothemden, aber den Hinterbliebenen dürfte das kaum ein Trost sein.
Hinzu kommen unzählige Todesfälle, bei denen die Hemdfarbe nicht zugeordnet werden kann. Allein von der Enterprise-Besatzung sterben fünf Crewmitglieder in Freizeit- oder Spezialkleidung. Hinzu kommen ganze Besatzungen anderer Föderationsraumschiffe. Bei den jeweils rund 400 Crewmitgliedern der U.S.S. Constellation, U.S.S. Intrepid, U.S.S. Exeter, U.S.S. Excalibur und U.S.S. Defiant müsste man schon den Personalschlüssel kennen, um eine Zuordnung vornehmen zu können. Ebenso ist bei den 53 Toten auf der U.S.S. Lexington keine Zuordnung möglich. Lediglich Commodore Matt Decker von der Constellation sowie einige tote Besatzungsmitglieder der Exeter sind direkt zu sehen.
Die Auslöschung kompletter Besatzungen macht jedoch eines deutlich: Der Dienst in der Sternenflotte ist generell lebensgefährlich. Die Enterprise kommt dabei mit rund 40 Todesopfern noch relativ glimpflich davon. Für den Bordarzt Dr. McCoy bedeutet dies nichtsdestotrotz Überstunden. Insgesamt sechsmal sagt er seinen berühmtberüchtigten Satz: „Er ist tot, Jim!“
Dr. McCoy verkündet dabei allerdings nicht nur den Tod von Sternenflottenpersonal, sondern auch von Zivilisten. Diese stellen eine absolut unterschätzte Opfergruppe dar. Insgesamt 90 Zivilpersonen finden innerhalb der drei Staffeln den Weg ins Jenseits. Allein 50 davon hat die Siliziumlebensform Horta auf dem Gewissen, wobei in Säure aufgelöst zu werden sicherlich eine besonders hässliche Art zu sterben darstellt.
Nun könnte man meinen, dass 90 Zivilisten gegenüber 2101 Sternenflottenmitgliedern eine Minderheit darstellen, allerdings sind noch nicht jene eingerechnet, die außerhalb des Handlungsverlaufs das Zeitliche segnen. So erfahren wir, dass James T. Kirk in seiner Kindheit miterleben musste, wie auf Tarsus IV rund 4.000 Menschen von Kodos dem Henker abgeschlachtet wurden. Auf Cestus III wurde derweil eine ganze Kolonie von den Gorn massakriert, bevor die Enterprise eintrifft, wobei die genaue Opferzahl unerwähnt bleibt.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Rothemden zwar einen höheren Blutzoll leisten, weil das Sicherheitspersonal an vorderster Front kämpft. Stammcharaktere wie Scotty und Uhura sind durch ihre roten Uniformen dagegen nicht gefährdet. Und wenn sich doch einmal ein Hauptcharakter wie Spock für die anderen opfert, gibt es immer noch Hintertürchen, durch die sie ins Leben zurückgeholt werden können. Spock trägt in Der Zorn des Khan übrigens auch eine rote Uniform, aber in dieser Ära sind schlichtweg alle Uniformen rot, sodass eine Differenzierung in den Kinofilmen überhaupt keinen Sinn macht.
In The Next Generation kehrt sich das Ganze schließlich um, da das Sicherheitspersonal nunmehr gelb trägt. Neu ist dabei, dass auch Stammcharaktere wie Tasha Yar ein verfrühtes Ende finden können, was sich in den Folgeserien u.a. mit dem Tod von Jadzia Dax fortsetzt. In Deep Space Nine spielt zudem scheinbar weniger die Uniformfarbe eine Rolle als vielmehr die Spezies. Vor allem in der fünften Staffel werden in Episoden wie Das Schiff und Empok Nor mit Vorliebe exotische Aliens abgemurkst, darunter ein Benzite und ein Bolianer. Je außergewöhnlicher ein außerirdischer Offizier, desto schneller verschwindet er von der Bildfläche. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man das fast schon als rassistisch missverstehen. Oder vielleicht auch als Methode, aufwendiges Makeup einzusparen.
Insgesamt gehen die Opferzahlen der anderen Serien in die Zehntausende, was die Ära der Classic-Serie ziemlich friedlich wirken lässt. Man denke nur an die über 11.000 Opfer der Schlacht von Wolf 359, wobei sich später herausstellt, dass einige durchaus überlebt haben und von den Borg assimiliert worden sind. Der anschließende Dominionkrieg dürfte in seiner Gänze sogar Millionen Angehörigen der verschiedensten Spezies das Leben gekostet haben. Hinzu kommen die ungezählten Opfer fremder Lebensformen und Naturkatastrophen.
Das Star Trek-Universum ist unterm Strich weit weniger friedlich als sein Ruf. Egal welche Hemdfarbe man trägt oder ob man nur Zivilist ist, wenn man den Borg, einer kristallinen Entität oder einem Planetenkiller in die Quere kommt, wars das. Im Vergleich zu anderen Serien schneidet Star Trek aber dennoch recht gut ab. In Star Wars haben Konflikte z. B. prinzipiell galaktische Ausmaße, wobei ganze Planeten mit einem Schlag ausradiert werden. In Stargate werden derweil ganze Galaxien von Goa’uld versklavt, von Replikatoren verwüstet oder von Wraith ausgedünnt. Doch nichts davon kann die Realität auf der Erde toppen, denn all die Verwüstungen, Kriege, Gewaltorgien und Genozide auf diesem Planeten sind leider keine Fiktion.
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