Achtung. Dieser Beitrag enthält Spoiler zu Star Trek Enterprise. Bitte nicht weiterlesen, wenn ihr die Serie noch nicht gesehen habt.
Die erste Prequel Serie Star Trek Enterprise wurde in meinem Artikel zu Star Trek Disovery mehrfach erwähnt. Deswegen schauen wir uns heute mal an, was Enterprise von Discovery trennt, bzw. was Enterprise gut und was schlecht macht.
Die Uniformen
Schauen wir uns mal die Uniformen an. Dies ist das erste Schiff, dass die Tiefen des Weltraums erkunden soll, die Anzüge erinnern also mehr an Astronauten, als an die späteren Raumfahrer. Gleichzeitig wird der bei TOS eingeführte Farbcode aufrecht gehalten. Gewöhnungsbedürftig, da es eben veraltet wirkt für eine relativ neue Serie im Vergleich zu z.B. TNG, aber passend zum Canon und zur Zeit in der die Serie spielt.
Das Schiff
Die NX-01 ist das erste Schiff der noch jungen Sternenflotte das Warp 5 erreichen kann. Es folgt dem üblichen Design mit den Warpgondeln und der Untertasseneinheit, besteht aber eigentlich nur daraus. Zum Serienstart wurde das Design kritisiert, da es zu sehr an die Akira-Klasse erinnert.
Die Ähnlichkeit sehe ich durchaus, war auch mein erster Gedanke, aber ich sehe das als nicht so tragisch an. Es ist durchaus denkbar, dass die Raumschiffdesigner der Föderation bei Planung der Akira-Klasse sich beim ersten Warp-5-Schiff der Sternenflotte inspirieren ließen.
Beim Namen des Schiffes hat man aber einen Fehler gemacht – ich verstehe zwar, was man versucht hat (die Serie hieß zu Beginn einfach nur Enterprise), aber es war nicht clever. Man hätte dem Schiff jeden möglichen Namen geben können und die Serie dann auch Star Trek: … nennen können. Aber mit Enterprise passt es eben nicht.
Im ersten Kinofilm gibt es eine Szene in einer Art Aufenthaltsraum, in dem Bilder von allen Schiffen mit dem Namen Enterprise hingen. Die NX-01 war nicht dabei, dafür aber die XCV-330. (Frühes 22. Jahrhundert – Enterprise spielt später)
Ironischerweise hängt aber ein Bild der XCV-330 im Club 602, einer Art Sternenflottenbar.
Die Technologie
Hier macht Enterprise vieles richtig. Der Transporter wird noch nicht so prominent eingesetzt wie in früheren Serien, Schilde, Phaser und Traktorstrahl gibt es noch nicht. Stattdessen ist die Rede von Phasenkanonen, die Hülle kann polarisiert werden und die Enterprise hat einen Greifhaken. Der Replikator kann nur Getränke zaubern, gegessen wird, was der Koch serviert. Man fühlt sich heimisch, aber man sieht deutlich, wie rückständig die NX-01 im Vergleich zu den Schiffen die wir vorher kannten ist.
Die gegnerischen Schiffe folgen vom Design eher dem Vorbild aus TNG und späteren Serien, als TOS, was angesichts des sehr limitierten Budgets für TOS auch verständlich ist.
Die Charaktere
Star Trek Enterprise wartet wieder mit einem Dreiergespann auf, zentriert sich aber nicht so sehr auf dieses wie die klassische Serie. Wir haben mit Archer (Scott Bakula) einen Captain, der nicht zimperlich ist, wenn es um eine Auseinandersetzung geht, aber auch diplomatisch vorgeht. Die vulkanische Wissenschaftsoffiizierin T’Pol (Jolene Blalock) dient quasi als mahnende Stimme im Hintergrund und Trip (Connor Trinneer) als alter Freund von Archer und „Widersacher“ von T’Pol bringt einige lustige Szenen zum besten. Die Qualität des klassischen Dreiers – Kirk (William Shatner), Pille (DeForest Kelley), Spock (Leonard Nimoy) – bleibt aber unerreicht.
Daneben gibt es aber noch zahlreiche andere Charaktere – die Sprachexpertin Hoshi Sato (Linda Park), der Waffenoffizier Malcom Reed (Dominic Keating), der Steuermann Travis Mayweather (Anthony Montgomery) und Dr. Phlox (John Billingsley), der Denobulaner. Die Crew ist genauso bunt gemischt wie in jeder anderen Trek-Serie auch, von jedem erfahren wir etwas über ihre Vergangenheit. So ist der Steuermann Travis Mayweather an Bord von Frachtschiffen groß geworden und hat schon Ecken der Galaxie gesehen, die kein anderer aus der Crew gesehen hat. Dr. Phlox ist ein Mitglied eines medizinischen Austauschprogramms, welches von den Vulkaniern angestoßen wurde. Dies alles erfahren wir übrigens im Pilotfilm.
Die Zeichnung von T’Pol als Eyecandy kann man hier aber kritisieren. In einer Folge sieht man sie in Unterwäsche wie sie und andere Crewmitglieder sich in der Dekontamination mit Gel einreiben. Ein wenig zuviel des Guten, wie ich finde.
Die Aliens
Neben der Vulkanierin T’Pol ist mit Dr. Phlox nur noch ein anderer Außerirdischer mit an Bord. Die Vulkanier leuchten ein, denn immerhin haben wir unseren Erstkontakt mit ihnen. Die Denobulaner sind allerdings ein Rätsel, denn bisher hatte man noch nie etwas von ihnen gehört. Aber da gibt es etliche mögliche Erklärungen, angefangen bei „Nur wenige reisen zu den Sternen“ bis hin zu „Ausgestorben“.
Bei den Aliens, die wir unterwegs treffen, stechen vor allem Suliban und Xindi heraus. Eine Auseinandersetzung mit den Suliban kann Jahrhunderte später als „belanglos“ abgetan werden, die Auseinandersetzung mit den Xindi meine ich, ist aber eine eher größere Sache. Doch dazu gleich mehr.
Ansonsten treffen wir fast nur auf bekannte Völker. Orions, Andorianer, Tellariten, Klingonen. Man hat auch die Romulaner reingebracht, aber sich daran erinnert, dass man die Romulaner nicht zeigen darf. Einzig die Anwesenheit der Ferengi und der Borg stört ein wenig. Obwohl beide Folgen sehr unterhaltsam waren, stören sie irgendwie.
Die Story
Die Geschichte von Star Trek Enterprise ist relativ einfach zusammengefasst – die Menschheit ist bereits ein wenig ins All aufgebrochen, hat aber ohne einen leistungsstarken Antrieb noch nicht viel vom All gesehen. Das erste Schiff, das Warp 5 erreichen kann, ändert dieses nun. Es sind also die Pioniertage der Sternenflotte, noch vor der Gründung der Föderation.
Das alleine bringt eine Menge Stoff für Geschichten mit sich. Wie verhält sich der Erstkontakt zu anderen, bekannten Völkern, wie den Klingonen? Welche neuen Rassen sehen wir vielleicht?
Leider kommen solche Folgen aber nur zu selten vor. Stattdessen bekommen wir einen „Temporalen Kalten Krieg“ als Handlungsbogen in den ersten Staffeln und später die sogenannte Xindi-Krise, die ebenfalls aus der Zukunft ausgelöst wird. Es ist also fraglich, ob Enterprise überhaupt in „unserer“ Zeitlinie spielt, oder nicht eine neue auslöst. Immerhin, die Borg, die in Der erste Kontakt in der Zeit zurückgereist sind, kommen auch kurz vor.
Während der „Temporale Kalte Krieg“ durchaus als Verschlusssache eingestuft werden könnte, hat die Xindi-Krise 7 Millionen Tote auf der Erde gefordert. Das wäre sicherlich mal irgendwo erwähnt worden, wenn z.B. über die schlimmsten Ereignisse der Vergangenheit gesprochen wird. Generell ist der Anteil an Zeitreisen in Enterprise einfach zu hoch.
Das Ende der Reise von Enterprise war absehbar. 2151 startet die NX-01 und 2161 wird die Föderation gegründet. Ein deutlicher Fokus auf die vier Gründungsvölker (Menschen, Vulkanier, Andorianer, Tellariten) und warum sie sich am Ende zusammenschließen wäre ein überzeugenderer Handlungsbogen, zusammen mit dem Irdisch-Romulanischen-Krieg, der zwar in Enterprise thematisiert wird, aber leider nicht allzu prominent.
Die Erzählweise
Star Trek Enterprise ist die letzte Serie der „klassischen“ Erzählweise – neue Folge, neuer Planet, neues Problem. Trotzdem läuft im Hintergrund ein Handlungsbogen mit, der von Zeit zu Zeit aufgegriffen wird. Und das ist eben nicht nur sowas wie der „Temporale Kalte Krieg“ sondern auch das Verhältnis zwischen Vulkaniern, Andorianern und Menschen.
Dies ist prinzipiell nicht verkehrt, die Füllerepisoden zwischen dem eigentlichen Handlungsbogen dürfen dann auch seichter sein, aber eben nicht zu seicht.
Es gibt einige echt gute Episoden, die man als Fanservice ansehen kann, wie Raumpiraten (19) und Regeneration (49) und einige Folgen gerade in den ersten beiden Staffeln, die sehr hinter den Erwartungen zurückbleiben. Schade, dass die Serie erst mit der Xindi-Krise richtig Fahrt aufnimmt, was auch einen Wechsel in der Erzählweise mit sich bringt. Jede Folge dient dort der Entwicklung des Konfliktes, auch wenn es wieder „Eine Folge, ein Problem“ heißt.
Wie ich schon unter „Die Story“ sagte, ist mir die Gründung der Förderation als Ziel und damit das Verhältnis der Menschen zu den anderen Völkern leider nicht genug im Fokus – dabei gibt es einige echt gute Ansätze – Folge 7 (Doppeltes Spiel) und 15 (Im Schatten von P’Jem) bauen aufeinander auf und zeigen eine deutliche Entwicklung der Beziehungen zwischen Vulkaniern, Menschen und Andorianern.
Fazit
Als erste Prequel-Serie kurz vor der Gründung der Föderation hätte Enterprise so viele Möglichkeiten gehabt – stattdessen erfand man neue Ereignisse, die das, was wir wissen, erweitert haben. Bis zu einem gewissen Grade ist das auch okay, denn immerhin wird nicht jede kleine Begegnung später von Bedeutung sein.
Storytechnisch macht Star Trek Enterprise den gleichen Fehler wie Discovery, technologisch merkt man der Serie aber die Bemühung an, nicht zu fortschrittlich zu wirken.
Absolut unmöglich ist aber das Serienfinale. Ich war vom Voyager Finale schon alles andere als begeistert, aber „Dies sind die Abenteuer“ ist quasi ein Schlag ins Gesicht der Serie. Ein Sprung in die Zukunft zur Gründung der Föderation ist ja okay, kann man machen, die Serie wurde ja eher abgesetzt als geplant. Aber muss da bitte ein Bezug zu TNG künstlich hergestellt werden? Als simple Holodeck-Simulation? Und warum dürfen wir bei der Gründung nicht dabei sein, sondern werden kurz vorher abgeschnitten? Bitte nicht nochmal so.
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Die Kritik von Marco Golüke finde ich zutreffend. Zuträglicher wäre der Serie ‚Enterprise‘ ein Handlungsrahmen näher an der klassischen Startrekerzählung (vor den Abenteuern von Kirk, Scotty, Spock, Pille, Tchekow & Uhura) mit Schwerpunkten auf die Föderationsgründung, Kolonisierungen, Technologisierung und konsistent bekannte Aliens gewesen. Ein stimmiges Prequel für die Serie zu schreiben war anspruchsvoll.