Rückblick auf die erste Staffel von Star Trek Discovery.

Die erste Staffel von Star Trek Discovery ist also rum. Viele Fragen wurden nicht beantwortet, aber wir haben ja auch noch mehr Staffeln (wenigstens eine) vor uns. Das Fandom ist jedenfalls gespalten, die einen lieben die Serie, die anderen hassen sie und dann gibt es noch Leute wie mich, die sie toll finden, aber nicht wirklich als Star Trek ansehen. Zu groß sind die Änderungen an der bisherigen Geschichte, zu groß ist der Unterschied zu dem, was wir kennen.

In diesem Artikel möchte ich auf einige der Punkte genauer eingehen.

Die Uniformen

Wir alle kennen die Uniform von Captain Kirk (William Shatner) oder Spock (Leonard Nimoy), ein einfaches, farbiges  Oberteil.
Beim ersten Prequel, Enterprise, folgte man dem klassischen Farbcode, die Uniformen waren aber robuster und waren eher Overalls mit farblichen Akzenten als eine klassische Uniform.

Bei Discovery warf man die Farbcodes über Bord und schuf zwar eine Uniform, die durchaus als Weiterentwicklung der Enterprise Uniform durchgehen könnte, aber eben das nur 10 Jahre später angesiedelte TOS und The Cage, welches zur gleichen Zeit spielt, komplett ignoriert.

Erinnert fast schon an das Durcheinander als TNG und DS9 zeitgleich lief.

Star Trek Discovery
Chronologische Reihenfolge der Uniformen

Entschuldigt bitte die Qualität der Collage, meine Skills sind da quasi nonexistent. 🙂

Die Technologie

Natürlich ist eine Serie aus 2017 technisch zu weit mehr in der Lage als eine Serie, die 50 Jahre vorher produziert wurde, erst recht, wenn diese mit einem höheren Budget ausgestattet ist. Es muss also nicht alles aussehen wie aus Pappmaché und Holz gebaut, das sind Dinge, über die man locker hinwegsehen kann. Das meine ich auch nicht mit Technologie. Viel mehr meine ich das, zu was die Föderation imstande ist.

Neben dem Sporenantrieb der Discovery, mit dem sie Sprünge an jeden Punkt der Galaxie machen kann, hat sie auch holographische Kommunikation. Während der Antrieb am Ende der ersten Staffel quasi auf Eis gelegt wird und theoretisch als Verschlusssache eingestuft werden könnte während dem Verlauf der Serie, macht das bei holographischer Kommunikation keinen Sinn. Obendrein, während DS9 wird an Bord der Defiant zum „ersten Mal“ holographische Kommunikation genutzt.

Warum also kann die Föderation etwas und gibt es dann am Ende wieder auf um auf vergleichsweise primitive Videokommunikation zurück zu wechseln, nur um dann über 100 Jahre später wieder zum alten System zu wechseln?

Die Klingonen

Wie oben schon mal erwähnt, TOS wurde mit wenig Geld produziert, deswegen waren fast alle Aliens sehr menschlich. Auch die Klingonen, die im Prinzip nur mehr Haare und dunklere Haut hatten. Mit TNG bzw. dem ersten Film erhöhte sich das Budget und man konnte die Klingonen so zeigen, wie sich Roddenberry sie damals schon vorgestellt hatte. In Enterprise sahen die Klingonen nun aus wie in TNG und den Nachfolgern. Wulstige Stirn, lange Haare.

Mir persönlich hätte schon damals die logische Erklärung „Enterprise hat ein höheres Budget und spielt zwar vor TOS, wurde aber 40 Jahre später produziert“ gereicht – trotzdem entschied man sich in Enterprise eine Erklärung zu liefern.

Bei Discovery entschied man sich nun, die Klingonen, die eine sehr zentrale Rolle in der ersten Staffel haben, erneut zu überarbeiten. Sie haben nun eine Glatze und wieder Wülste auf der Stirn, aber nicht nur da, sondern auch an den Seiten des Kopfes sieht man deutliche Wülste. Zwar wurde von Mary Chieffo (L’Rell) auf einer Convention gesagt, dass dies alles am Ende in den Kanon passen wird, aber nur weil es irgendwann in der Serie eine Erklärung gibt, warum die Klingonen nun wieder anders aussehen, macht es das nicht gut.

Und nicht nur das Aussehen wurde überarbeitet, auch die Kultur, das Schiffsdesign und sogar der technologische Stand – das Schiff von T’Kuvma besitzt bereits eine Tarnvorrichtung, die die Klingonen aber erst 10 Jahre später erhalten.

Star Trek Discovery
Chronologisches Aussehen der Klingonen

Überhaupt ist, wir nehmen die Klingonen als Gegner mal wieder einfach nur langweilig. Es passt zwar in die Zeit, da damals das Verhältnis zu den Klingonen nicht gerade gut war, aber man hätte auch einfach eine andere Spezies nehmen können.

Die Charaktere

Wir erfahren über etliche Charaktere kaum etwas. Während in allen anderen Star-Trek-Serien, die Handlung zwar klar auf die Hauptfigur (in der Regel der Captain) ausgelegt ist, erfahren wir aber trotzdem in einzelnen Episoden immer viel über einzelne Charaktere. In TNG z.B. erfahren wir viel über Data (Brent Spiner) und seine Entstehung, die Klingonen, Tasha Yar (Denise Crosby), Deanna Troi (Marina Sirtis) und natürlich über fremde Völker. In DS9 erfahren wir natürlich viel über die Bajoraner und Cardassianer, da sie die beiden zentralen Völker sind, aber auch über andere Völker erfahren wir nach und nach mehr und natürlich auch über einzelne Charaktere wie Dr. Bashir (Alexander Siddig), Chief O’Brien (Colm Meaney) oder Jake Sisko (Cirroc Lofton). Das lässt sich so auch auf Voyager und Enterprise übertragen.

In Disovery dreht sich natürlich auch alles um die Hauptfigur Michael Burnham (Sonequa Martin-Green), die zum ersten Mal nicht der Captain ist. Nur vergisst man dabei, dass die anderen Charaktere auch noch da sind. Wir erfahren über den Rest der Crew und sonstige Charaktere nicht besonders viel, immer nur soviel, wie wir es gerade brauchen, damit Burnham bzw. die Discovery ihre Mission erfüllen kann.

So ist der Doktor, Hugh (Wilson Cruz), lediglich der Partner von Stamets (Anthony Rapp) und stirbt dann, damit Ash Tyler/Voq (Shazad Latif) richtig böse dargestellt werden kann. Generell kann man manche Entscheidungen nicht so recht nachvollziehen – wie wird der monatelang gefolterte und unter postraumatischen Stress leidende Ash Tyler zum Sicherheitschef? Im Nachhinein kann man sagen, dass das sicherlich mit Spiegel-Lorca (Jason Isaacs) zusammenhängt, während der Staffel fand man aber nichts als Fragezeichen über den Köpfen der Zuschauer – wie bei vielen Ereignissen.

Die Aliens

In Star Trek gibt es viele Alienvölker, immerhin ist die Prämisse, neue Zivilisationen und neue Lebensformen zu entdecken. Es ist also nicht ungewöhnlich auch in Discovery neue Rassen zu sehen. Auch das andere Prequel Enterprise führte schließlich neue Völker ein, von denen man dann nie wieder was gehört hat. Über so etwas kann man hinwegsehen. Und auch wenn dieser Artikel sich hauptsächlich mit den Kritikpunkten befasst, erklärt Discovery wirklich gut, warum wir bisher nichts von den Kelpianern gehört haben – es gibt einfach nur noch sehr wenige von ihnen. Was genau mit Airam (Sara Mitich) ist, das wissen scheinbar nicht mal die Produzenten, Memory Alpha hat die Aussagen dazu zusammengefasst. Ist dann wohl eher ein Problem der Charaktergestaltung.

Star Trek Discovery
Szenenfoto: Saru und Airiam © CBS

Das Schiff

Die USS Discovery NCC-1031 sieht nicht nach typisch Sternenflotte aus. Erst recht nicht, nachdem am Ende der ersten Staffel die Enterprise ein Rendezvous mit ihr hat. Es ist schwer zu glauben, dass die Föderation inmitten der üblichen „Constitution“ Bauweise, derartig experimentiert hat. Das ist allerdings reine Geschmackssache von mir. Das Design geht übrigens auf ein Konzept für den ersten Star Trek Film zurück.

Die Handlungen

Neben der Hauptstory, der Krieg mit den Klingonen und die Rolle von Burnham darin, gibt es natürlich noch Nebenhandlungen. Das erste Auftreten von Harry Mudd (Rainn Wilson) und „seine Folge“ (T=Mudd²) ist ein Glanzstück der ersten Staffel. Die Verwandlung von Voq zu Ash Tyler ist eine über mehrere Episoden gestreckte Nebenhandlung, die allerdings wieder nur Burnham dient. Auch der Trip in das Spiegeluniversum ist zwar sehr unterhaltsam, dient aber letzten Endes nur dazu, Burnham eine Art Abschluss mit Captain Georgiou (Michelle Yeoh) zu geben.

Hier wirkt Star Trek Discovery als würden die Produzenten zu viel wollen. Weniger wäre hier einfach mehr gewesen, weniger drumherum und Fokus auf das Wesentliche.

Die Story

Eigentlich gehört dies unter Handlungen, aber es geht immerhin um die Haupthandlung. Obwohl Star Trek Discovery nach einem Schiff benannt ist, dreht sie sich hauptsächlich nur um Michael Burnham. Von ihr erfahren wir sehr viel, die Figuren neben ihr bleiben eher blass. Das ist auch soweit in Ordnung, denn man muss ja nicht immer dem alten Schema folgen, ganz im Gegenteil, ich begrüße sogar den Mut der Produzenten, einen neuen Weg zu gehen.

Aber muss man Burnham so überzeichnen? Sie ist das Adoptivkind von Sarek (James Frain) und somit auch Adoptivschwester von Spock. Wurde natürlich noch nie vorher erwähnt, aber okay, Spocks Bruder Sybok wurde ja auch vor Star Trek V nie erwähnt. Sie widersetzt sich einem Befehl, sorgt für den Tod von 8186 Menschen und ihrem Captain, die eine Mentorin für sie war. Sie wird verurteilt und muss ins Gefängnis, wird auf einem Gefangenentransport aber angegriffen und von der Discovery gerettet und bekommt von Captain Lorca einen Posten auf dem Schiff angeboten.

15 Episoden später ist ihre Akte wieder sauber, denn ihre Meuterei wurde gelöscht. Weil sie den Krieg, den sie verursacht hat und der neben den anfänglichen Toten sicherlich noch ein paar mehr gefordert hat, beendet hat. Indem sie den Klingonen bzw. L’Rell (Mary Chieffo) eine mächtige Waffe zugespielt hat und Spiegel-Georgiou, die eine eiskalte Imperatorin war, hat laufen lassen.

Genau das ist mein Hauptkritikpunkt. Es ist vollkommen okay, wenn Discovery einen düstereren Ton anschlägt als andere Serien. Aber diese unglaubliche Überzeichnung von Burnham, daneben muss einfach alles andere abstinken. Muss sie unbedingt das Adoptivkind von Sarek sein? Worf (Michael Dorn) war ja auch nicht das Adoptivkind von James Kirk sondern einfach von zwei Menschen. So bedeutend wurde noch nie eine Hauptfigur dargestellt, mit Ausnahme vielleicht von Sisko (Avery Brooks), der immerhin als „Abgesandter der Propheten“ verehrt wurde. Trotzdem war er bei weitem nicht so überzeichnet wie Burnham.

Darüber hinaus: In TOS wird genau gesagt, dass es noch nie eine Meuterei an Bord eines Sternenflottenschiffs gab. Das wird zwar in Enterprise bereits gebrochen, die allerdings haben als Ausrede, dass sie die irdische Sternenflotte sind und nicht die der Föderation. Diese Ausrede hat Discovery nicht. Und Michael Burnham ist offenbar überall bekannt, wenn sogar Gefangene und Kadetten von ihr gehört haben.

Die Erzählweise

Star Trek Discovery ist eine Serie aus 2017. Das merkt man am deutlichsten an der Erzählweise. Während in allen vorherigen Serien hauptsächlich episodisch erzählt wird, d.h. jede Episode hat eine Handlung die auch abgeschlossen wird. Nebenhandlungen wie der Wahlkampf für die neue Kai laufen aber auch mal über mehrere Folgen im Hintergrund.

Die Änderung zu einer großen Story in der gesamten ersten Staffel ist gewöhnungsbedürftig, aber kein Problem, denn viele Serien sind heutzutage so aufgebaut. Wir bekommen zwar immer noch Episoden, die mit der großen Handlung wenig zu tun haben (die angesprochene Mudd-Folge z.B.), aber der Großteil kümmert sich um Michael Burnham und ihren Weg zur Erlösung. Dass dabei Charaktere wie die Fliegen sterben, haben wir sicherlich auch der aktuellen (Fernseh-)Zeit zu verdanken, Game of Thrones und Walking Dead haben vorgemacht, dass man auch ohne „jeder ist in Sicherheit“ eine Serie produzieren kann.

Fazit über Star Trek Discovery Staffel 1

Falls bis hierhin nicht genug Lob war und ich deshalb nun für einen Hater gehalten werde – dem ist nicht so. Ich mag Star Trek Discovery wirklich, es fällt mir nur schwer, sie in der Gesamtgeschichte einzusortieren. Zu weit entwickelt ist die Discovery im Vergleich zur Enterprise (von TOS) und der Technik der Föderation, zu groß die Änderungen, die sie vorgenommen haben.

Das einzige echte Problem mit der Serie ist die Zugehörigkeit. Hätte man sie nicht dem Prime Universum sondern einer anderen Zeitlinie (Kelvin) oder einfach ins 25. Jahrhundert gepackt, dann wäre alles gut gewesen. Aber wenn man ein weiteres Prequel macht, nur 10 Jahre vor dem, was wir schon gesehen haben, dann ist der Spielraum nicht besonders groß. Gerade das Design, egal ob Uniform, Klingone oder Technologie, muss da passen. Und das tut es hier nicht.

Da hat die andere Prequel Serie Enterprise bessere Arbeit geleistet, auch wenn da ebenfalls etliche Schnitzer drin waren, die bei einem Prequel nicht hätten vorkommen dürfen. Man denke einmal an die Midi-Chlorianer, die in Star Wars Episode I auch die Geschichte maßgeblich beeinflusst haben.

Es gibt vielleicht eines Tages eine Aufklärung für alles. Warum der Sporenantrieb nicht mehr verwendet wurde, warum die Klingonen so aussehen und warum die Uniformen unterschiedlich sind. Vielleicht muss man in der Tat die Serie noch einmal betrachten, wenn sie komplett abgeschlossen ist. Ich halte es aber für falsch, so viele Löcher zu hinterlassen, um sie dann irgendwann in der Zukunft zu stopfen.

 


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Marco Golüke

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