Countdown erzählt die Vorgeschichte des ersten Reboot-Kinofilms.

Star Trek – Countdown (Mike Johnson & Tim Jones, David Messina)
Star Trek – Countdown

Die gescheiterte Rettung von Romulus

Nero und seine Bergbaucrew sind gerade dabei, ein reiches Decalithium-Vorkommen zu schürfen, als der nahe Hobus-Stern einen heftigen Massenauswurf in ihre Richtung schleudert. Nur knapp können sie mit der Narada entkommen und nehmen dabei die Erkenntnis mit, dass der rote Riesenstern sich seinem Lebensende nähert. Zu diesem Schluss ist auch Spock gelangt, der ebenso wie Nero den romulanischen Senat vor der Katastrophe warnt.

Da der Senat keinen Handlungsbedarf sieht, suchen sich Spock und Nero Hilfe auf Vulkan. Doch auch die vulkanische Führung lehnt ab, da sie den Romulanern zutiefst misstraut. Immerhin: Spock, Botschafter Picard und Captain Data wollen Nero auf eigene Faust helfen. Dieser überlässt ihnen sein gesamtes Decalithium, welches als Basis für rote Materie dient. Mit selbiger hofft Spock, ein schwarzes Loch erzeugen zu können, welches den Hobus-Stern verschlingt, bevor dieser zur Supernova wird.

Nero fliegt unterdessen zurück nach Romulus, wo der Senat endlich den Befehl zur Evakuierung gegeben hat. Allerdings kommt dieser zu spät, sodass nur wenige Romulaner entkommen können. Nero muss unterdessen mit ansehen, wie seine schwangere Frau bei der Zerstörung von Romulus stirbt. Die zu Hilfe eilenden Lazarettschiffe der Föderation zerstört er kurzerhand mit Bomben, die er an Bord beamt. Kurz darauf greift er den romulanischen Senat auf, den er aus Rache exekutiert.

Als nächstes will er sich an Vulkan und der gesamten Föderation rächen. Doch dafür ist sein unbewaffnetes Bergbauschiff nicht ausgelegt. Auf einer geheimen romulanischen Militärstation lässt er die Narada mit Borgtechnologie aufpimpen und zerstört alle Raumschiffe, die ihm in die Quere kommen. Die Klingonen sind davon wenig angetan und schicken eine Flotte, um ihn zu stoppen. Diese zerstört er kurzerhand und nimmt ihren Kommanden General Worf gefangen. Wenig später knüpft er sich die Enterprise vor, der er den schwer verwundeten Worf ausliefert. Doch bevor er das Föderationsschiff zerstören kann, lässt er abdrehen, um Spock abzufangen.

Dieser ist gerade dabei, die sich ausdehnende Supernova mit der roten Materie zu stoppen. Dafür hat er von Geordi LaForge dessen Raumschiffprototypen Qualle erhalten, mit dem er gefahrlos bis zum Hobus-Stern vordringen kann. Da sich der Vulkanier bei dieser Aktion selbst opfern will, muss sich Nero beeilen, um seine Rache zu bekommen. Doch er kommt zu spät und die Narada wird in das schwarze Loch gezogen. Kurz darauf verschwindet die Qualle ebenfalls darin und die Enterprise kann nur noch dokumentieren, dass die Gefahr durch die Supernova wie auch durch die Narada beendet ist. Spock gilt als tot, doch wie der Auftakt der Kelvin-Zeitlinie zeigt, ist er das keineswegs.

Rezension von Countdown

Der Auftakt zum ersten Reboot-Kinofilm enthält genau dieselben hanebüchenen Handlungselemente wie der Film selbst. Angefangen bei der roten Materie, die aus dem McGuffin-Erz Decalithium gewonnen wird. Natürlich ist auch Dilithium ein fiktives Mineral, doch dies ist noch verzeihlich, da es für einen theoretischen Warp-Antrieb benötigt wird. Schwarze Löcher sind dagegen nicht theoretisch, sondern wissenschaftlich erwiesen. Erzeugen könnte man sie mittels eines Teilchenbeschleunigers. Wozu also rote Materie und wozu Decalithium?

Natürlich ist es rein zufällig genau dieses Erz, welches Nero und seine Crew gerade abbauen, als der rote Riesenstern Hobus beginnt, sich zu destabilisieren. Nero wie auch Spock warnen den romulanischen Senat eindringlich vor der drohenden Gefahr, doch niemand will auf sie hören. Es fragt sich, warum sich nicht auch ein Heer von Wissenschaftlern mit dem Problem befasst. Gibt es im romulanischen Reich keine Astrophysiker, dass sich ein Botschafter und ein Bergbaukumpel damit beschäftigen müssen? Und der Senat scheint ebenfalls keine Ahnung von den Auswirkungen einer Supernova zu haben, sodass ihnen die Gefahr schlichtweg egal ist.

Mindestens ebenso ahnungslos sind allerdings auch die Autoren dieses Comics. Die Druckwelle der Hobus-Supernova soll Romulus in nur drei Wochen erreichen? Da müsste sich der Stern schon im selben System befinden. Eine Explosion breitet sich nicht mit Überlichtgeschwindigkeit aus! Ja nicht einmal mit Lichtgeschwindigkeit. Die Druckwelle wäre aber ohnehin das geringste Problem. Eine echte Gefahr durch eine Supernova würde in einem Gammablitz bestehen, der sich tatsächlich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Damit blieben Romulus immer noch einige Jahre Zeit für die Evakuierung, je nachdem, in welchem Abstand sich der Hobus-Stern befindet. Zwischen unserer Sonne und Proxima Centauri liegen über vier Lichtjahre, also gehen wir mal von einem Mindestabstand von fünf Lichtjahren aus. Die Romulaner und die Remaner hätten also ausreichend Zeit, ihre Welten zu evakuieren.

Dennoch kommt Nero zu spät und muss mit ansehen, wie Romulus pulverisiert wird. Dabei sollte die Druckwelle doch sogar laut des Comics besagte drei Wochen benötigen. Aber kaum macht die Nachricht von der Explosion der Hobus-Supernova die Runde, ist Romulus auch schon hinfort gefegt.  Gerade einmal der Senat ist entkommen, fällt aber ausgerechnet Nero in die Hände. Bei der Evakuierung hat der Prätor eine zeremonielle Waffe gerettet, die Nero an sich bringt und die später im Kinofilm zu sehen ist. Damit reißt er quasi die Macht an sich und wird zum Diktator, der die gesamte Galaxis in Brand setzen will.

Spätestens hier wird der Grund für die Namenswahl offensichtlich, obgleich sich Historiker inzwischen einig sind, dass der römische Kaiser Nero Rom gar nicht eigenhändig in Brand gesteckt hat. Überhaupt wirkt der Name Nero für einen Außerirdischen sehr unpassend. Die Romulaner werden zwar aufgrund ihrer Gesellschaftsform von den Menschen so genannt, doch ihre Eigenbezeichnung lautet Rihannsu. Nero ist dagegen kein Spitzname und definitiv kein typisch romulanischer Name. Seine Eltern müssten sich schon mit irdischer Geschichte beschäftigt haben, um darauf gekommen zu sein. Das ist im Vergleich zu den anderen inhaltlichen Sünden aber noch zu verschmerzen.

Allen voran wurde hier das romulanische Gesellschaftsmodell kurzerhand auf die Vulkanier übertragen, die neuerdings auch einen Senat und einen Prätor haben. Eine imperialistische Staatsform auf einer Föderationswelt? Aber das ist noch gar nichts im Vergleich zum unlogischen Verhalten der Vulkanier. Ihr Misstrauen gegenüber den Romulaner mag ja noch verständlich sein, immerhin haben diese vor nicht allzu langer Zeit versucht, Vulkan zu erobern. Ihre Totalverweigerung, den Romulanern und damit auch allen anderen Völkern in der unmittelbaren Umgebung des Hobus-Sterns zu helfen, grenzt allerdings schon an einen indirekten Genozid durch unterlassene Hilfeleistung.

Außerdem müssten die Vulkanier den Romulanern die rote Materie gar nicht übergeben, womit sie ihnen tatsächlich eine gefährliche Waffe aushändigen würden. Die Föderation könnte die Mission durchführen und letztendlich macht Spock ja genau das. Dumm nur, dass seine Hilfe für Romulus zu spät kommt, und da Nero bei der Zerstörung seiner Heimatwelt seine schwangere Frau verliert, schwört er Rache. Warum er sich aber ausgerechnet an Spock rächen will, obwohl dieser ihm als Einziger helfen wollte, ist nicht nachvollziehbar. Ebenso ist sein Wunsch, ganz Vulkan und auch die Erde zerstören zu wollen, ein Anzeichen von Wahnsinn. Einzig die vulkanische Führung trifft eine Mitschuld an der Katastrophe, bei der es sich aber genau genommen um eine Naturkatastrophe handelt, die niemand absichtlich verursacht hat.

Um das logische Denkvermögen ist es bei Nero noch schlechter bestellt als bei den Vulkaniern. So zerstört er in blindem Eifer einen Hilfskonvoi der Föderation, der die wenigen Flüchtlinge von Romulus hätte retten können. Kaum hat er die Narada mit Borgtechnologie gepimpt, die sein Schiff nahezu unverwundbar macht, marodiert er durch den romulanischen Raum und meuchelt jeden, der kein Romulaner ist. Wobei der romulanische Senat ebenfalls dran glauben muss. Zumindest dessen Exekution ist aber noch einigermaßen nachvollziehbar.

Die Schlacht mit den Klingonen ist derweil völlig überzogen und unrealistisch. Zum einen fragt man sich, warum das klingonische Imperium nur eine Handvoll Birds of Prey schickt und keine größeren Schlachtkreuzer. Allerdings müssten selbst die entsandten Raumschiffe zumindest etwas Schaden anrichten. Wie aus Star Trek: Der erste Kontakt bekannt ist, sind Borgkuben mitnichten unzerstörbar, und Worf kennt von seinem ehemaligen Captain die Schwachstellen. Zumindest die Besatzung ist eine Schwachstelle, und so infiltriert General Worf mit einem Enterkommando die Narada. Weit kommen sie jedoch nicht, und Worf wird von einem Bohrkabel aufgespießt. Wie er das längere Zeit überleben kann, bis er gnädigerweise auf die Enterprise gebeamt werden darf? Ein Wunder!

Ebenso verwunderlich ist, dass Nero die Enterprise in einem Stück lässt, weil er es eilig hat, Spock abzufangen. Die paar Sekunden, um eine Salve Torpedos auf das Flaggschiff der Föderation zu feuern, hätte er durchaus noch erübrigen können. Datas Wiederauferstehung von den Toten wird im Übrigen mit dem Androidenkörper von B4 erklärt. Tatsächlich stellte sich am Ende von Star Trek: Nemesis heraus, dass einige von Datas Erinnerungen in seinem Bruder überlebt haben, doch war dessen Positronengehirn nicht ausgereift genug. Mit anderen Worten: B4 war schwachsinnig, wohingegen der wiedergeborene Data nicht nur die Persönlichkeit seines Bruders komplett überschrieben hat, sondern innerhalb normaler Parameter funktioniert.  Welch unwahrscheinliche Häufung von Wundern!

Der gröbste Schwachsinn kommt aber noch, denn der Hobus-Stern verhält sich nicht wie eine normale Supernova. Nach der Explosion bleibt nicht etwa ein weißer Zwerg, umgeben von einer Gas- und Staubwolke zurück. Nein, die Supernova explodiert immer weiter und droht, die gesamte Galaxis, ja sogar das Universum selbst zu zerstören. Das ist wieder einmal eine von Abrams’ typischen Übertreibungen, die hier allerdings auf das Konto von Orci und Kurtzman geht. Eine gewöhnliche Supernova ist nicht spektakulär genug, nein sie muss gleich das komplette Universum bedrohen! Immerhin braucht Spock nach der Zerstörung von Romulus noch einen Anreiz, mit der roten Materie ins romulanische Territorium zu fliegen und dort ein schwarzes Loch zu erzeugen. Das hätte sich nach der Supernova-Explosion ja im Normalfall erübrigt.

Dieser Comic ist eine Beleidigung für jeden Astrophysiker und selbst Hobbyastronomen ohne Uniabschluss könnten die himmelschreienden Logiklöcher mit Leichtigkeit widerlegen. Und wo wir schon mal bei Löchern sind, ergibt das schwarze Loch am wenigstens Sinn. Mal von dem Quatsch mit der roten Materie abgesehen, verhält sich die Singularität zunächst wie man es erwarten würde und verschlingt die Materie der Supernova. Anschließend verschwinden aber auch die Narada und Spocks Qualle darin, ohne spaghettisiert zu werden.  Eine Zeitdilatation scheint es ebenfalls nicht zu geben, dafür reisen die beiden Raumschiffe durch die Zeit. Das entspricht eher den Charakteristika eines Wurmlochs und wie ein Wurmloch löst sich das schwarze Loch schlussendlich auch auf. Schwarze Löcher können zwar über Jahrmilliarden verdampfen – ein Prozess, den Stephen Hawking vorhergesagt hat. Doch die Singularität im Comic schließt sich einfach. Und wo die Materie der Supernova hin ist, wenn es sich um ein Portal handelt? Wen juckt es!

Die Autoren haben sich hier nicht im Mindesten Mühe gegeben, sich etwas mit Astrophysik zu beschäftigen. Sie vermischen stattdessen zwei unterschiedliche Phänomene und liefern im Akkord wissenschaftlichen Nonsens ab. Nun erwartet man von einem Sci-Fi-Comic vielleicht nicht, dass er astronomische Phänomene bis ins kleinste Detail aufschlüsselt und verständlich macht. Aber dieser unfassbare Blödsinn hält nicht einmal einer oberflächlichen Betrachtung stand und zeugt davon, dass die Autoren nicht einmal ein Minimum an Recherche aufgebracht haben. Schon ein kurzes Überfliegen eines Wikipedia-Eintrags hätte hier schon viel zur Glaubwürdigkeit beitragen können. Aber nein, selbst das scheint zu viel verlangt. Im Prinzip hätte man auch gleich Harry Potter einen Cameo-Auftritt gönnen können, damit er die Supernova wegzaubert und Spock sowie die Narada in die Vergangenheit schickt.

Auch grafisch kein Meilenstein

David Messinas Stil ist von Detailarmut, dicken Außenlinien und wilden Strichen für Schatteneffekte im Hintergrund geprägt. Dennoch lässt sich eine gewisse Entwicklung ablesen, die sich hier noch ganz am Anfang befindet. Die Charaktere sind gerade so wiedererkennbar, wobei Spock noch am besten abschneidet. Der Rest ist mal mehr, mal weniger gut getroffen. Interessanterweise sind die Romulaner zu Beginn noch nicht tätowiert, wobei sich der Zeichner diesbezüglich ohnehin nur an die Vorgaben hält. Die Autoren haben sich dafür eine neue Tradition aus den Fingern gesaugt, um diese Wandlung zu erklären.

Die Raumschiffe sehen überwiegend grauenhaft aus. Insbesondere die klingonischen Birds of Prey sind gerade noch so als solche zu erkennen. Die remanischen Raumschiffe erinnern ebenfalls nur entfernt an Shinzons Scimitar und sind obendrein viel zu klein. Es herrscht überdies allgemein ein beklagenswerter Mangel an Details. Das ursprüngliche Design der Narada ist okay, wobei der  Zeichner hier freie Hand hatte. Am besten schneidet noch das Quallenschiff ab, obwohl dieses einer Qualle nicht mal annähernd ähnlich sieht. Laut diesem Comic ist es von Geordi LaForge gebaut worden, der dadurch einen kleinen Auftritt erhält.

Die sonstigen Föderationsraumschiffe sind von unterschiedlicher Qualität. Ein Modell der Enterprise-D ist gerade einmal schemenhaft mit willkürlich platzierten Fenstern. Die Enterprise-E, die im Comic 26 statt 24 Decks hat, wirkt oft unproportioniert und verzerrt. Lediglich auf der letzten Seite sieht sie wirklich hervorragend aus. Ansonsten trifft diese Beschreibung nur auf die Lazarettschiffe der Olympic-Klasse zu.

In Botschafter Picards Quartier auf Vulkan gibt es schlussendlich ein kleines Easter Egg. Auf Seite 48 ist ein kleiner Roboter zu sehen, dessen Form dem Logo von Bad Robot entspricht, der Produktionsfirma von J. J. Abrams.

Die Kolorierung holt noch das Beste aus den Bildern raus, wobei die Abstufungen zwischen Hell und Dunkel sehr klar abgegrenzt sind. Auf den Raumschiffen und Gebäuden gibt es weichere Übergänge und Marmorierungen. Die Leuchteffekte sind gut und geradezu fotorealistisch sind die Sternenhintergründe.

Fazit: Countdownfall

Der Auftakt zu Abrams’ Neuinterpretation von Star Trek krankt bereits daran, dass er die TNG-Ära mit dem Reboot vermischt. Aber das ist bei Weitem nicht das Schlimmste. Der wissenschaftlich unhaltbare Blödsinn, der einem hier aufgetischt wird, ist ein Angriff auf den gesunden Menschenverstand. Grafisch ist das Ganze jetzt auch kein Hochgenuss, aber immerhin einige Panels sind durchaus sehenswert und gut koloriert. Dennoch ist der Comic nur etwas für hartgesottene Kelvinisten. Wer sich dazu zählt, muss allerdings nach gebrauchten Exemplaren Ausschau halten, denn sowohl der Hardcover-Band als auch die Softcover-Version sind bei Cross Cult verlagsvergriffen.

Info

Story: Roberto Orci & Alex Kurtzman
Autoren: Mike Johnson & Tim Jones
Zeichner: David Messina
Farben: Giovanna Niro
Verlag: Cross Cult
Sonstige Informationen: Produktseite

 


Lust, in unserem Team mitzumischen? Dann schaut doch mal auf unsere MITMACHEN Seite.

Warpskala

Warpskala
2 10 0 1
  • Story
    1/10
  • Zeichenstil
    5/10
  • Kolorierung
    8/10
2/10
Total Score

Kommentar verfassen