Was hat Nero eigentlich die rund 25 Jahre erlebt, in denen er auf Spock warten musste?

Star Trek NeroDie verlorenen Jahre

Nachdem Spock dabei versagt hat, Romulus vor einer Supernova zu retten, durch welche die Frau von Nero gestorben ist, hat es die beiden durch ein schwarzes Loch ins 23. Jahrhundert verschlagen. Zwischen der Ankunft von Nero und der von Spock liegt jedoch ein Vierteljahrhundert. Das ist jede Menge Zeit, die der rachsüchtige Romulaner irgendwie totschlagen muss. Zunächst hat er aber erst einmal den Captain der U.S.S. Kelvin getötet, woraufhin James T. Kirks Vater das Schiff in Neros Narada gerammt hat. Hier setzt die Handlung ein.

Die Schilde der Narada sind durch den Aufprall unten und auch die Waffen sind nicht mehr voll funktionsfähig. Obendrein wollen einige seiner Crewmitglieder zurück nach Romulus, da ihre Heimatwelt in dieser Zeit noch existiert. Er lässt sie zunächst ziehen, vernichtet dann aber ihr Shuttle. Die Torpedos hätte er sich mal lieber aufheben sollen, denn kurz darauf wird die Narada von fünf klingonischen Schlachtkreuzern aufgebracht und geentert. Nero und seine loyalen Mitstreiter werden nach Rura Penthe gebracht, wo sie mehr als 20 Jahre schmoren bzw. frieren.

In der Haft spricht Nero kein Wort, lernt aber, mit seinem Getreuen Ayel via Telepathie zu kommunizieren. Ayel übernimmt fortan für ihn das Reden und verhandelt mit einem menschlichen Gefangenen namens Clavell, der meint, er könnte Nero helfen. Als Kartograph kennt er sich etwas mit Astrophysik aus und glaubt, den Ankunftszeitpunkt von Spock berechnen zu können. Nach Jahrzehnten hat sich außerdem die Narada regeneriert und fährt ihre Systeme wieder hoch. Von alleine eröffnet sie das Feuer auf das Straflager, was Nero und seine Anhänger nutzen, um zu entkommen.

Zurück im Schiff hat Nero jedoch keinerlei Kontrolle darüber. Die Narada setzt selbstständig einen Kurs auf den Rand des Delta-Quadranten. Dort erwartet sie eine Entität, die ebenso nach Nero ruft. Es handelt sich um V’GER, eine alte Raumsonde von der Erde, die dank einer Maschinenzivilisation ein eigenes Bewusstsein erlangt hat und nun mit einem gigantischen Schiffskörper auf dem Weg zurück zur Welt ihres Schöpfer ist.

V’GER schickt zunächst eine Sonde aus, die alle Daten aus dem Computer der Narada kopiert. Als Clavell ihr zu nahe kommt, stirbt er. Nero wird hingegen aufgelöst, kommuniziert aber weiter telepathisch mit Ayel. Er weist seinen Freund an, die Narada in das Innere von V’GER zu fliegen, wo er vor der ursprünglichen Raumsonde steht. Die Superintelligenz hat für Nero den Ankunftspunkt von Spock berechnet, eine Verschmelzung mit dem Maschinenwesen lehnt er im Gegenzug jedoch, sodass sich ihre Wege wieder trennen.

Außerdem muss sich Nero beeilen, denn Spock ist schon fast da und er muss sich beeilen, den Vulkanier abzufangen. Als er dessen Schiff eingefangen hat, stiehlt er ihm die rote Materie, welche er als Superwaffe gegen die Föderation einzusetzen gedenkt. Nero erklärt Spock, dass er jede einzelne Föderationswelt zu zerstören gedenkt und mit Vulkan beginnen wird. Für den Vulkanier hat er indes andere Pläne. Er setzt ihn auf der Eiswelt Delta Vega aus, von wo aus Spock den Untergang seiner Heimat mit ansehen soll. Ab diesem Punkt setzt wieder die Filmhandlung ein.

Rezension von Nero

Da die Comichandlung in die Filmhandlung eingebettet ist, sind selbstverständlich alle himmelschreienden Logikfehler des Jar-Jar-Versums übernommen worden. Angefangen bei dem schwarzen Loch, welches Nero und später Spock durch die Zeit zurück ins 23. Jahrhundert katapultiert. Nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen, auf die Star Trek früher Wert gelegt hat, sind schwarze Löcher aber weder Portale noch lösen sie sich einfach in Nichts auf, nachdem man hindurch gereist ist. Ein Wurmloch wäre hier schlüssiger gewesen. Obendrein verhalten sich die schwarzen Löcher, die später im Film durch die rote Materie erschaffen werden, durchaus wissenschaftlich korrekt und zerreißen erst Vulkan und dann die Narada.

Die rote Materie ist wiederum ein McGuffin der schlimmsten Sorte. Was ist sie, wie funktioniert sie und wo kommt sie her? Im Comic wird lediglich erwähnt, dass Spock sie erfunden hat. Auf den muss Nero aber erst einmal ein Vierteljahrhundert warten. Zum Glück haben Romulaner eine lange Lebenserwartung und altern langsamer als Menschen, sonst hätte man für den Film zwei Make-Ups gebraucht. Die klingonischen Make-Ups hat man sich gleich ganz gespart, denn die Szenen auf Rura Penthe sind für den Film gestrichen worden. Dafür erzählt nun der Comic von den verlorenen Jahren.

Obwohl Nero und seine verbliebene Crew fast die gesamten 25 Jahre im Gefängnis verbringen, macht dieser Abschnitt nur die Hälfte des Comics aus. Viel zu erzählen gibt es ja auch nicht, außer Folterungen, Verhören, Zwangsarbeit und sonstigen Schikanen. Die Wachen hetzen auch schon mal die Hunde auf den Romulaner und schließen Wetten ab, wer überlebt. Das Ganze findet im Freien statt, was etwas merkwürdig ist, da es auf Rura Penthe eigentlich so kalt ist, dass nichts an der Oberfläche überleben kann. Deshalb war der Gefängniskomplex in Star Trek VI: Das unentdeckte Land auch komplett unterirdisch und hatte keinen Hof, wie er im Comic gezeigt wird.

Abgesehen von den Romulanern scheint der klingonische Knast zudem ziemlich leer zu sein. Es gibt nur eine Handvoll Aliens und einen Menschen namens Clavell. Der geht weiter seiner Kartografentätigkeit nach, was ihm harte körperliche Arbeit erspart. Nebenher will er sich um die Berechnungen kümmern, um die Nero ihn bittet. Wie auch immer er das ohne Taschenrechner, geschweige denn Computer anstellen will. Wie zu erwarten, ist er nicht so hyperschlau, dass er das im Kopf berechnen könnte. So ist er zwar beim Ausbruch dabei, stirbt aber kurz darauf. Clavell ist schlichtweg überflüssig und obendrein gehört er im Film nicht mehr zu Neros Crew, also hinfort mit ihm.

Bevor es so weit ist, gelingt es ihm aber, mit Nero und dessen Leuten zu fliehen. Als die Narada erwacht und die Strafkolonie bombardiert, ist die Gelegenheit günstig, ein Shuttle zu stehlen und damit in den Orbit zu gelangen. Gerade noch rechtzeitig, bevor die Narada sich auf und davon macht. Für den Comic sind dem Bergbauschiff ein Bewusstsein sowie regenerative Fähigkeiten angedichtet worden. Sogar mit Borgtechnologie soll es aufgerüstet worden sein.

Der Grund dafür, dass es eigenmächtig einen neuen Kurs an den Rand des Delta-Quadranten festlegt, hat allerdings mit einem äußeren Einfluss zu tun. V’GER hat die Narada gerufen und auch Nero kann, ähnlich wie Spock in Star Trek – Der Film, die fremde Präsenz spüren. Wie das auf die deutlich höhere Distanz funktionieren kann, ist Fantasy. Ebenso erklärungsbedürftig ist die Geschwindigkeit der Narada, welche die Strecke bis zum Delta-Quadranten binnen kürzester Zeit zurücklegt. Vielleicht hat man ihr ja eine Transwarpspule der Borg eingebaut?

Beim Verhalten von V’GER gibt es ebenfalls ein paar Ungereimtheiten, vor allem gegenüber dem ersten Star Trek-Kinofilm. So tötet eine seiner Sonden ohne Grund Clavell, statt ihn in Datenmuster umzuwandeln. Nero wird derweil aufgelöst, kehrt aber nicht als Sonden-Kopie zurück, sondern befindet sich plötzlich im Nervenzentrum der Maschinenentität. Die fragt nicht etwa nach ihrem Schöpfer, sondern bietet Nero an, sich mit ihr zu vereinen. Obwohl er ablehnt, führt V’GER die gewünschten Berechnungen für den Romulaner durch. So hilfsbereit kennt man V’GER gar nicht.

Spock trifft natürlich exakt zu dem Zeitpunkt ein, zu dem es die Narada gerade noch im Eiltempo zu den Koordinaten schafft. Im Film entsteht der Eindruck, als habe Nero schon einige Zeit auf seinen erklärten Feind gewartet, doch im Comic wirkt alles wie auf die Sekunde genau arrangiert. Kaum ist Spock an Bord des Bergbauschiffes, wird dieses von einer Klingonenarmada aus 47 Schiffen angegriffen. Da die Narada inzwischen vollständig regeneriert ist, verursachen die Klingonenkreuzer nicht mal einen Kratzer im Lack, sondern werden ihrerseits völlig zerlegt. Woher die Narada plötzlich so viel Munition hat? Scheinbar wird diese in Massen aus dem Nichts repliziert. In Abrams Neuinterpretation von Star Trek wird geklotzt und nicht gekleckert, Da muss der Gegner gefühlt unbesiegbar sein und ganze Planeten zerstören können, egal wie unglaubwürdig das ist.

Bei der Gelegenheit werden auch gleich noch sämtliche physikalischen Gesetze gebrochen. So setzt Nero seinen Gefangenen auf Delta Vega aus, damit dieser von dort die Vernichtung seiner Heimatwelt mit ansehen kann. Im Film wirkt das dann so, als sei Vulkan der Mond von Delta Vega, denn Spock kann die Zerstörung mit bloßem Auge in Echtzeit betrachten. Zwischen seinem Exil und seiner Heimat liegen jedoch Lichtjahre, sodass er selbst mit einem Teleskop Jahre lang warten müsste, um Vulkans Ende sehen zu können. Der Comic versucht, diesen Logikfehler mit der Umlaufbahn von Delta Vega um seine Sonne zu erklären, was jedoch vollkommener Mumpitz ist. Da bräuchte es schon eine fiktive Technologie wie ein Subraumteleskop, um sich nicht vollständig lächerlich zu machen.

Der Comic endet jedenfalls damit und lässt einen irgendwie unbefriedigt zurück. Am interessantesten ist noch der Gefängnisaufenthalt. Der Rest erscheint arg konstruiert und kann die schwarzen Logiklöcher des Films nicht im Mindesten stopfen.

Eine finstere Atmosphäre für eine düstere Story

Vergleicht man Nero mit den Vorgänger-Comics Spiegelbilder und Spock, läuft David Messina hier zur Höchstform auf. Der Detailgrad ist recht hoch und die Charaktere sind gut getroffen. Etwas daneben wirkt lediglich ein Alien mit drei Gesichtern, der im Hangar von Rura Penthe arbeitet. Biologisch macht das überhaupt keinen Sinn und sieht einfach nur furchtbar aus. Die Hunde auf der Gefängniswelt sehen zudem nicht aus, wie in Star Trek VI. Was dagegen die kahlgeschorenen Romulaner mit ihren Gesichtstattoos betrifft, hält sich der Zeichner hier lediglich an die Vorgaben, verbrochen haben das die Macher des Films, allen voran J. J. Abrams.

Gleiches gilt für die Narada, die weder romulanisch aussieht, noch nach einem funktionalen Bergbauschiff. Es wirkt eher wie ein Alptraum von H. R. Giger und nicht einmal die angebliche Einbeziehung von Borgtechnologie erklärt dieses willkürliche Design mit organischen Einschlägen. Die Narada sieht wie eine bizarre Gothic-Variante von Moya auf Farscape aus. Und welchen Zweck die gigantischen Abgründe haben, erschließt sich ebenfalls nicht. Außer man will jemanden hinunter stürzen. Im Comic sieht man stattdessen Nero gewaltige Distanzen überspringen wie Neo in Matrix. Ob das an der Namensähnlichkeit liegt? An der Einhaltung physikalischer Gesetze jedenfalls nicht!

Nichtsdestotrotz ist die Narada sehr detailliert gezeichnet und gleiches gilt für die klingonischen Schlachtkreuzer, die optisch absolut überzeugen können. Das doppelseitige Bild von der Einkreisung des romulanischen Bergbauschiffes ist eine wahre Augenweide. Hier wird der Blick schon mal etwas länger gefesselt. Ebenso gelungen sind die klingonischen Shuttles, wobei hier in Ermangelung einer Jar-Jar-Versum-Variante das Shuttle aus der TNG-Doppelfolge Der Schachzug als Vorlage diente.

V’GER sieht derweil exakt so aus, wie man ihn aus dem Film kennt. Allerdings scheint hier nur die Narada tatsächlich gezeichnet worden zu sein, denn V’GER fehlen die Konturen. Das gigantische Maschinenwesen wirkt eher wie ein eingefügter Hintergrund. Offenbar wurden hier einfach nur Screenshots aus dem Film mit einem Filter versehen und anschließend mit den Zeichnungen der Narada zusammenfügt.

Ansonsten kann die Koloration aber durchaus überzeugen. Die Farben sind gut gewählt und der Lichteinfall passt. Nahezu fotorealistisch sind allerdings nur die Leuchteffekte und die Sternenhintergründe. Besonders die Weltraumszenen sind daher ein echtes Highlight.

Fazit: Ein Lückenfüller mit Logiklücken

Neros Gefangenschaft bei den Klingonen gehört zum Kanon der Kelvin-Zeitlinie und ist daher durchaus von Interesse. Der Ausflug zu V’GER wirkt dagegen arg konstruiert und die Maschinenentität verkommt zum McGuffin. Und das auch nur, weil der vorherige McGuffin Clavell versagt hat. Das Ende arbeitet dann wieder auf die Filmhandlung hin und verstärkt dabei noch die Logikfehler, statt sie zu beheben.

Wenigstens grafisch macht der Comic durchaus was her. Es gibt einige wirklich gute Zeichnungen, die selbst dann ihre Wirkung entfalten, wenn man kein Fan des Jar-Jar-Versums ist. Der Nero-Band ist bei Cross Cult auch als Hardcover-Variante erschienen, allerdings inzwischen verlagsvergriffen. Als Bonus gibt es nebst einer Cover-Galerie und Tuschezeichnungen von David Messina auch ein dreiseitiges Interview mit Eric Bana. In diesem spricht der Australier vor allem über seine Leidenschaft für Autorennen.

Info

Idee: Robert Orci & Alex Kurtzman
Autoren: Mike Johnson & Tim Jones
Zeichner: David Messina
Farben: Giovanna Niro
Verlag: Cross Cult
Sonstige Informationen: Produktseite

warpshop

Lust, unser Team zu unterstützen? Dann schaut doch mal auf unsere MITMACHEN Seite.

  • Story
    5/10
  • Zeichenstil
    8/10
  • Koloration
    8/10
6/10
Total Score
Letzte Artikel von Sebastian Bach (Alle anzeigen)

Kommentar verfassen