Wie hat Kirk seinen Vorgänger Captain Pike aus dem Weg geräumt und warum hat die Allianz gegen das Terranische Imperium gewonnen?

Star Trek Comicband 1 – SpiegelbilderZwei Geschichten aus dem Spiegeluniversum

Die Hauptstory erzählt, wie Commander Kirk seinen Captain beerbt hat. Christopher Pike hat gerade erst einen Planeten für das Imperium unterworfen sowie dessen Bevölkerung versklavt, da wird sein Shuttle in die Luft gesprengt. Ein Anschlag, den er nur knapp überlebt. Hinter der Tat vermutet er sogleich Kirk, doch kann er den noch nicht ausschalten, da der junge Commander einen lukrativen Deal mit den Orionern eingefädelt hat.

Der Tausch einiger Phasergewehre gegen eine Ladung Dilithium ist für alle Seiten lukrativ. Am meisten profitiert jedoch Kirk davon, denn das Geschmeide dreier orionischer Sklavenmädchen besteht aus Bauteilen einer heimtückischen Waffe, die er von Scotty in seinem Quartier installieren lässt. Bevor das außerirdische Gerät einsatzbereit ist, schickt Captain Pike seinen Kontrahenten auf eine tödliche Mission. Kirk soll den Computerkern eines abgestürzten klingonischen D7-Kreuzers von einem unwirtlichen Eisplaneten bergen. Henshaw hat den Auftrag, Kirk auf dieser Mission zu töten, doch das Außenteam wird von wilden Eingeborenen attackiert, sodass Henshaw damit beschäftigt ist, sein eigenes Leben zu retten.

Zurück an Bord steht Kirk als Held des Imperiums da und obendrein ist Scotty mit der Installation seiner Geheimwaffe fertig. Als Pike seinen Sicherheitsoffizier Lee ausschickt, Kirk zu erledigen, löst sich dieser in Rauch auf. Pike lässt daraufhin Dr. McCoy foltern, da dieser ein enger Vertrauter des Commanders ist. Unter Schmerzen berichtet dieser von dem Gerät, welches Kirk an Bord schmuggeln lassen hat.

In der Kabine des Commanders kommt es zum Showdown zwischen Kirk und Pike. Im Zweikampf gewinnt der Captain die Oberhand, doch am Ende rettet Henshaw Kirk, sodass dieser das außerirdische Gerät gegen Pike einsetzen kann. Kirk wird zum neuen Captain der I.S.S. Enterprise und Spock zu seinem Ersten Offizier, denn auch der Vulkanier war Teil der Intrige. Er hat die Ermittlungen gegen Kirk sabotiert und Pike in falscher Sicherheit gewogen.

Unterbrochen wird die Haupthandlung durch ein Zwischenspiel, welches rund 70 Jahre später spielt. Das Terranische Imperium ist durch Spocks Reformen stark angeschlagen. Vulkanische Offiziere haben durch ihre scheinbar logischen Entscheidungen Schwäche demonstriert und damit der Allianz aus Klingonen und Cardassianern einen Vorteil verschafft. So auch der Captain der I.S.S. Starbreaker, der das Schiff und seine Besatzung unnötig in Gefahr bringt, indem er auf Verhandlungen setzt und viel zu spät die Waffen sprechen lässt.

Bevor die Starbreaker zerstört wird, greift Lt. Jean-Luc Picard zu seinem Dolch und tötet den Captain. Mit dem berühmten Picard-Manöver kann er die vier gegnerischen Schiffe lange genug täuschen, um die Starbreaker in Sicherheit zu bringen. Die Mannschaft feiert daraufhin seine Machtübernahme, doch steuern sie in eine unsichere Zukunft.

Rezension von Spiegelbilder

Das Besondere an diesem Comic ist, dass er komplett im Spiegeluniversum spielt und sich gänzlich auf die alternativen Versionen der bekannten Charaktere konzentriert. Anders als in den TV-Serien gibt es keine Besucher aus dem Primäruniversum, womit der Blickwinkel ein anderer ist. Angesiedelt ist die Geschichte zudem noch vor dem ersten Kontakt beider Universen. Allerdings gibt es durchaus einen Bezug zur Classic-Episode Ein Parallel-Universum, in der Kirk feststellen muss, dass seine Spiegelversion Captain Pike ermordet hat, um selbst Captain der Enterprise zu werden. Wie genau dies geschah, ist Thema des Comics, der damit ein Prequel zur TV-Folge darstellt.

Die Handlung beginnt mit einem Anschlag auf Pike, den dieser nur knapp überlebt. Obwohl er bereits einen Verdacht hegt, hält er sich zurück. Er vertraut auf das Urteil von Spock, der jedoch von Anfang an falsch spielt und längst einen Pakt mit Kirk geschlossen hat. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung ist der Handel mit den Orionern, den Kirk eingefädelt hat. Da im Spiegeluniversum das Geld nicht abgeschafft worden ist, gibt es immer noch Korruption und jeder will einen guten Schnitt machen. Warum Pike aber unbedingt noch mehr Dilithium eintauschen will, obwohl er gerade einen Planeten erobert hat, der reich an dieser Ressource ist, ergibt nicht unbedingt viel Sinn.

Kirk hat es jedenfalls auf etwas ganz anderes abgesehen, nämlich auf ein außerirdisches Gerät, welches ihm unglaubliche Macht verleihen wird. Da Sulu längst ein Auge auf ihn hat, kann er es nicht an Bord beamen und schmuggelt es mit drei Sklavenmädchen in sein Quartier. Diese sind dann auch die einzigen Überlebenden vom Orioner-Schiff, welches Kirk mit einem überladenen Phasergewehr sprengt. Immerhin muss er seine Spuren verwischen. Was später aus den drei Orionerinnen wird, bleibt indes offen.

Während Scotty, der neben McCoy und Spock zu seinen engsten Vertrauten zählt, das tödliche Gerät einbaut, versucht Pike ihn auf einer gefährlichen Mission loszuwerden. Diese überlebt sein Kontrahent jedoch und schafft es überdies, den Attentäter Henshaw auf seine Seite zu ziehen. Dessen Hilfe hat Kirk am Ende jedoch nur nötig, weil er Pike nicht gleich zusammen mit Lee erledigt. Warum er nur Pikes Vollstrecker verschwinden lässt und den Captain zunächst verschont, ist absolut unbegreiflich. Dadurch ist dieser nunmehr vorgewarnt.

Obendrein erhält Pike die Chance, Informationen aus Dr. McCoy heraus zu foltern. Er erfährt von Kirks Geheimwaffe, welche dieser auch noch unbewacht in seinem Quartier zurücklässt. Der anschließende Faustkampf wäre vermeidbar gewesen, aber Kirk begeht hier gleich zwei unfassbare Logikfehler hintereinander! Und das nur, um die Spannung zu erhöhen und etwas Action zu präsentieren. Das hätte durchaus anders gelöst werden können.

Kirk hatte die volle Kontrolle und sie dann für einen Moment ohne Not aufgegeben. Wobei es schon etwas seltsam ist, dass er mit dem außerirdischen Gerät jeden überwachen kann. Doch wie? Nimmt das Gerät Zugriff auf die Überwachungskameras der Enterprise? Und gibt es überhaupt solche Kameras? Denn das Gerät zeigt ja auch Kirks Quartier, wo Scotty die Mordmaschine jedoch unbemerkt einbauen konnte. Miniüberwachungsdrohnen sind ebenfalls keine zu sehen, also woher kommen die Aufnahmen auf dem Bildschirm?

Dieser Logikfehler ist aber nicht das Verschulden der Comicautoren, sondern wurde aus der Serie übernommen. Immerhin hat der Bildschirm nunmehr eine Zielvorrichtung, denn in der Episode Ein Parallel-Universum stellte sich zusätzlich die Frage, woher das Gerät weiß, welche auf dem Bildschirm angezeigte Person es verschwinden lassen soll? Wie genau dieser McGuffin funktioniert, wird wohl immer ein Mysterium bleiben. Zumindest funktioniert aber die Geschichte halbwegs. Abgesehen von ein paar Logikfehlern bietet sie einen interessanten Einblick ins Parallel-Universum.

Das trifft ebenso auf das Zwischenspiel zu, was aus unerfindlichen Gründen die Haupthandlung unterbricht. Im Prinzip handelt es sich gar nicht um ein Zwischenspiel, sondern um ein Nachspiel der TV-Episode. In dieser überredet der Kirk aus dem Primäruniversum den Spiegel-Spock, einen anderen Weg einzuschlagen, und offenbart ihm zudem das außerirdische Tötungsgerät. Welche Folgen das nach sich gezogen hat, haben mehrere Spiegeluniversums-Episoden der Serie Deep Space Nine gezeigt. Die Schwäche des Terranischen Imperiums haben Klingonen und Cardassianer ausgenutzt, um die Menschheit zu unterwerfen. Eigentlich waren daran auch noch die Bajoraner beteiligt, doch die kommen im Zwischenspiel nicht vor.

Die Geschichte ist während Jean-Luc Picards Zeit auf der Stargazer angesiedelt, welche hier Starbreaker heißt. Noch ist er ein unbedeutender Steuermann, der nichts vom diplomatischen Verhalten seines vulkanischen Captains hält. Als dieser das Schiff in Gefahr bringt und das Leben der Crew aufs Spiel setzt, platzt Picard der Kragen und er lässt die alte Tradition der Selbstbeförderung neu aufleben. Viel ausrichten kann er jedoch ebenfalls nicht gegen die vier Kreuzer der Allianz. Da bleibt nur die Flucht.

Warum er zunächst einen kurzen Warpsprung durchführt, um seine Gegner zu verwirren, nur um die Starbreaker dann mit einem erneuten Warpsprung in Sicherheit zu bringen, ergibt keinerlei Sinn. Hier wollten die Autoren offensichtlich auf Biegen und Brechen das Picard-Manöver unterbringen. Doch während es in der TNG-Serie dazu führte, dass Picard die Ferengi besiegen konnte, hat es in dieser Geschichte keinen erkennbaren Nutzen und wirkt hier völlig deplatziert.

Was an der Geschichte gut funktioniert, ist zum einen die Rahmenhandlung über den Niedergang des Terranischen Imperiums und zum anderen Picards Aufstieg zum Captain. Es wäre interessant gewesen, wie es nun für die Crew der Starbreaker weiter geht. Doch leider bleibt die Geschichte nur ein Zwischenspiel mit offenem Ausgang. Zumindest für die deutschen Comicleser, denn auf dem englischen Markt gibt es längst weitere Abenteuer im Spiegeluniversum, in denen Picards Raumschiff jedoch I.S.S. Stargazer heißt.

Ein durchwachsener Zeichenstil

Grafisch bietet der Comic einige Höhen und Tiefen. Zu den Schwächen gehören die Figuren, die mal mehr, mal weniger gut zu erkennen sind. Am besten ist noch Captain Christopher Pike getroffen und zuweilen auch Dr. McCoy. Sulu wird nur sparsam eingesetzt, hat aber bereits seine markante Gesichtsnarbe. Schade, es wäre interessant zu erfahren gewesen, wie er zu selbiger gekommen ist. Der Fokus liegt jedoch auf James T. Kirk, welcher sein Aussehen von Bild zu Bild stark wandelt. Schwester Chapel hat den geringsten Wiedererkennungswert, was nicht nur an der neuen Friseur liegt.

Die meiste Mühe hat sich der Zeichner mit den drei Orionerinnen gegeben, die auch schon mal nackt zu sehen sind. Natürlich wird dabei nicht zu viel offenbart, der Comic muss ja schließlich jugendfrei bleiben. Dennoch sind bei einer der Damen die Nippel durch das Oberteil zu sehen. Bei den restlichen Damen gibt es nur bauchfreie Tops und das auf beiden Zeitebenen. Picard ist einigermaßen gut getroffen, aber natürlich deutlich verjüngt und mit einen Rest von kurzgeschorenem Haar. Ansonsten sind im Zwischenspiel wieder die Aliens am besten gelungen, allen voran der cardassianische Captain.

Die cardassianischen Raumschiffe sind das größte Highlight des Comics. Der Detailgrad ist enorm und die Linienführung wesentlich akkurater als bei allem anderen. Die I.S.S. Starbreaker kann sich ebenfalls sehen lassen, wirkt vom Maßstab allerdings etwas zu klein. Die Klingonenkreuzer sehen derweil ganz passabel aus, allerdings stimmen die Brückenaufbauten nicht mit den Modellen der Serien überein. Das ist umso auffälliger, da die schematische Darstellung des D7-Kreuzers auf dem Bildschirm des Besprechungsraumes korrekt ist. Dafür ist wohl eine Umrisszeichnung aus dem Internet verwendet und eingefärbt worden.

Auf den Bildschirmen fallen weiterhin die fremdartigen Schriftzeichen auf. Diese ergeben wieder einmal überhaupt keinen Sinn, denn die Sternenflotte des Spiegeluniversums verwendet dieselben lateinischen Buchstaben wie im Primäruniversum, das ist deutlich bei den Aufschriften der Enterprise und des Shuttles zu sehen. Eine Nachricht, die Captain Pike vom Sternenflottenkommando erhält, ist ebenfalls in lateinischen Lettern verfasst. Offenbar wollte man sich hier einfach die Arbeit sparen, Texte für die Monitore zu verfassen. Diese Faulheit ist wirklich schlecht verschleiert worden.

Weiterhin stören die Wandmusterungen, bestehend aus Linienbündeln, die kreuz und quer in alle Richtungen gehen. Spocks Bart besteht aus einem ähnlichen Muster, was in dem Fall noch grauenhafter aussieht, da Barthaare eigentlich alle in nur eine Richtung gehen. Abgesehen von Spocks Bart sind diese Muster offenbar dazu gedacht, Schatten zu erzeugen. Ein Schritt, der heutzutage eigentlich von der Koloration übernommen wird.

Was für eine passende Überleitung zu den Farben, die überwiegend gut gewählt sind. Nur der Lichteinfall ist nicht immer optimal. Zuweilen zeigen Haut und Uniformen Lichtreflexe, aber meist sind die Verläufe sehr geradlinig. An Leuchteffekten mangelt es dagegen nicht, wobei vor allem Photonentopedos überzeugen können. Die Sternenhintergründe sind schlussendlich hervorragend und wesentlich realistischer als alles andere.

Um wie viel besser der Comic hätte sein können, zeigt die Covergalerie. Die Zeichnungen von Joe Corroney sind schlichtweg atemberaubend! Die Charaktere sind zu 100% getroffen und auch die I.S.S. Enterprise sieht hervorragend aus. Hinzu kommt eine fast schon fotorealistische Koloration. Ohne David Messinas Arbeit schlechtreden zu wollen, das Auge verweilt länger hier deutlich länger. Die Motive von Corroney würden sich gut als Wandposter machen.

Fazit: Spieglein, Spieglein an der Wand…

…welcher ist der schönste Comic im Land? Nun ja, hässlich ist dieser Comic nicht, aber über einen guten Mittelwert kommt er nicht hinaus. Dennoch hat er einige Schauwerte zu bieten. Die Storys sind durchaus von Bedeutung, da sie Lücken in der Geschichte des Parallel-Universums füllen. Trotz so mancher beklagenswerter Logikfehler ist dieser Comic durchaus lesenswert.

Der Spiegelbilder-Band ist bei Cross Cult auch als Hardcover-Variante erschienen, allerdings inzwischen verlagsvergriffen. Die Qualität leidet nur etwas darunter, dass das Papier eine recht grobe Oberflächenstruktur hat, wodurch Feuchtigkeit weit schneller einzieht als bei glattgestrichenem Papier. Außerdem haften immer wieder Papierschnitzel vom Beschnitt an den Seiten.

Info

Autoren: Scott & David Tipton
Zeichner: David Messina
Farben: Ilaria Traversi & Giovanna Niro
Verlag: Cross Cult
Sonstige Informationen: Produktseite

warpshop

Lust, unser Team zu unterstützen? Dann schaut doch mal auf unsere MITMACHEN Seite.

Warpskala

Warpskala
7 10 0 1
  • Story
    7/10
  • Zeichenstil
    5/10
  • Kolorierung
    8/10
7/10
Total Score
Letzte Artikel von Sebastian Bach (Alle anzeigen)

Kommentar verfassen