Jakow Protasanow hat die Filmindustrie eines gesamten Landes mitgegründet.
Verwirrend
Wenn man sich oberflächlich mit Jakow Alexandrowitsch Protasanow (andere Schreibweisen: Jakov Aleksandrovič Protazanov, Yakov Protazanov) beschäftigt, dann stößt man schnell auf zwei verschiedene Geburtstage. Laut der einen Quelle ist er am 23. Januar 1881 geboren, laut der anderen am 4. Februar desselben Jahres. Welches ist jetzt das richtige Datum? Die Antwort lautet, dass der berühmte sowjetische Filmemacher im Februar zur Welt kam. Die Verwirrung entsteht dadurch, dass das Januar-Datum auf dem julianischen Kalender basiert, derweil das Februar-Datum sich auf den heutzutage weltweit genutzten gregorianischen Kalender bezieht.
Es sind solche verwirrende Angaben, die deutlich machen, dass er einer jener Leute war, die eine Zeitenwende miterlebt haben. Er war das Kind zweier Menschen, die für die damalige Zeit gut gebildet waren und der sozialen Schicht der Händler angehörten. Ihr Sohn sollte in ihre Fußstapfen treten, weshalb er im Jahr 1900 seinen Abschluss an der Moskauer Handelsschule machte.
Allerdings war Jakow Protasanow mit der ihm auferlegten Berufswahl nicht glücklich. Er arbeitete zwar als Verkäufer, brach jedoch 1904 auf, um sich für die nächsten Jahre in Frankreich und Italien selber weiterzubilden. Dort kam er erstmals mit der Kinematografie in Berührung. Als er 1906 wieder zurück nach Russland kam, gab er seine Arbeit auf und schloss sich der Gloria Filmgesellschaft in Moskau als Drehbuchautor und Co-Produzent an. Das war für ihn insofern ein Glücksfall, als dass er in jener Zeit auch seine spätere Ehefrau Frida Wasiljewna Kennika, eine Deutsche, kennenlernte.
Eine produktive Zeit
Seine ersten offiziellen Schritte im Filmgeschäft unternahm er im Jahr 1909. Er schrieb das Drehbuch zu Bachtschysaraiskij fontan (dt.: Die Fontäne von Bachtschyssaraj), welches auf dem gleichnamigen Gedicht des berühmten russischen Dichters Alexander Puschkin basierte. Es war auch das erste Mal, dass er Regie führte, wobei er dazu meinte, dass er damals ebenso alle anderen Aspekte des Filmemachens kennenlernte, darunter ebenfalls die Buchhandlung.
Auch als Schauspieler machte Jakow Protasanow erste Erfahrungen, als er in Smert Ioanna Groznogo (dt.: Der Tod von Iwan dem Schrecklichen), das auf einem Stück von Alexander Tolstoi basierte, eine Rolle innehatte. Doch im Laufe seines Lebens sollte man ihn nur selten vor der Kamera sehen. Eine der wenigen Ausnahme stellte 1911 der Film Pesnja katorschanina (dt.: Das Lied des Sträflings) dar, wo er nicht nur mitspielte, sondern ebenfalls auf dem Regiestuhl saß, das Skript verfasste und ebenso Produzent war. Was eine der wenigen Male war, wo er letztere Aufgabe innehatte.
In dieser Zeit war er zunächst Teil der Kinofabrik von Paul Thiemann und Friedrich Reinhardt, ehe er 1914 Joseph N. Ermolieffs Filmstudio beitrat. Es war in diesen Jahren, wo er seine produktivste Epoche hatte. Für 80 Filme schrieb er die Drehbücher oder führte in Filmen Regie, darunter auch einem seiner berühmtesten Werke, dem Horrorfilm Pique Dame von1916.
Ein Meisterwerk der Science-Fiction-Filmgeschichte
Doch 1920 verließ er seine Heimat. Der Erste Weltkrieg war vorbei und in Russland war der Bürgerkrieg im vollen Gange, der zur Gründung der Sowjetunion führte. Während seines Exils arbeitete Jakow Protasanow an Filmproduktionen in Frankreich und Deutschland, zum Beispiel der französischen Komödie Ein beunruhigendes Abenteuer.
1923 kehrte er in seine Heimat zurück. Ein Jahr darauf drehte er den SciFi-Film Aelita – Der Flug zum Mars. Dieser basierte auf einer Novelle von Alexei Tolstoi und war einer der ersten Kinofilme, der einen Weltraumflug sowie eine außerirdische Gesellschaft darstellten. Nicht ohne Grund gilt es als einer der Must-See-SciFi-Werke aller Zeiten.
Protasanow war in jener Zeit zwar nicht mehr ganz so produktiv wie früher. Dennoch konnte er viele bekannte sowjetische Filme drehen und viele berühmte Schauspieler und Macher entdecken. Er drehte beispielsweise 1927 Tschelowek is restorana (dt. Titel: Der Kellner aus dem Palasthotel), wo er ebenfalls das Drehbuch schrieb. Die Komödie Das Fest des heiligen Jürgen aus dem Jahr 1930 gilt als einer seiner besten Filme. Und auch 1937 war er mit Das Mädchen ohne Mitgift erfolgreich.
Mehrere gesundheitliche Schläge, die zum Tode führen
Doch dann brach der Zweite Weltkrieg auch in der Sowjetunion aus und Jakow Protasanow wurde, wie viele andere Filmschaffende, nach Taschkent evakuiert. In dieser Zeit begann sich allerdings seine Gesundheit zu verschlechtern, weshalb er unterwegs einen Herzinfarkt erlitt. Er konnte sich zwar davon halbwegs erholen, doch schaffte er es nur noch einen Film zu drehen. Das war 1943 Nasreddin in Buchara.
Als sein einziger Sohn in einer der letzten Kämpfe des Zweiten Weltkriegs starb, war dies ein weiterer Schlag für seine Gesundheit. Er arbeite in seinen letzten Tagen an einer Adaption von Alexander Ostrowskis Komödie Wölfe und Schafe und hatte noch weitere Pläne. Doch er verschied schließlich am 8. August 1945 und wurde auf dem Nowodewitschi-Friedhof beigesetzt. Seine Frau Frida und seine drei Schwestern überlebten ihn.
Jakov Protasanow im Web
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