Es ist schier unmöglich, Udo Kier nicht zu kennen.

Eine außergewöhnliche Geburt

Er ist häufig der Schurke. Mal ist er ein Vampir, mal ein klischeehafter Deutscher mit Nazivergangenheit. Er hat stechendblaue Augen und ist in weit über 200 Filmen und Fernsehserien aufgetreten. Und das sowohl in Deutschland als auch in Amerika.

Kein Zweifel: Der am 14. Oktober 1944 zur Welt gekommene Udo Kier ist ein Weltstar. Wenn auch einer, bei dem das Schicksal gnädig war. Denn der spätere Schauspieler wurde in Köln entbunden und die Klinik, in der er geboren wurde, wurde wenige Momente nach seiner Geburt durch ein Bombardement der Alliierten zerstört. Allerdings überlebten er und seine Mutter die Zerstörung und konnten lebendig aus den Trümmern geborgen werden. Er wuchs ohne Vater auf und war in seiner Kindheit Altarjunge und Kantor, ehe er dann im Alter von 18 Jahren nach London zog, um dort Englisch zu lernen.

Seine Schauspielkarriere fing 1966 an. Damals wurde er in dem Kurzfilm Road to Saint Tropez als männlicher Hauptdarsteller gecastet. In den darauffolgenden Jahren war er vor allem auf Horrorfilme gebucht, vor allem solche mit einem eher niedrigen Budget, wie beispielsweise 1970 in Hexen bis aufs Blut gequält. Doch nicht nur im Kino trat er auf, sondern ebenso im Fernsehen, wie zum Beispiel 1973 in Cagliostro, einer Adaption von Alexandre Dumas berühmten Werk, wo er in drei Folgen als Gilbert zu sehen war.

Nationale Höhen, Internationale “Niederungen”

Was die Karriere von Udo Kier ebenfalls auszeichnete, war die Tatsache, dass er nicht nur im Ausland aktiv war, sondern ebenso immer wieder in deutschen Produktionen auftrat. Wie eben 1973 in dem Fernsehfilm Olifant, in dem er den Titelcharakter darstellte. Das war auch das Jahr, wo er das erste Mal in einer Produktion des berühmten Künstlers Andy Warhol zu sehen war.

Allerdings interpretierten sowohl Andy Warhols Frankenstein – wo er die Rolle des Baron Frankensteins innehatte – wie auch Andy Warhols Dracula (1974) – wo er Graf Dracula schauspielerte – die jeweiligen Vorlagen sehr frei und wild. Es war 1977, als er mit dem legendären deutschen Regisseur Rainer Werner Fassbinder zusammenarbeitete. Das war im Fernsehfilm Bolwieser, wo er nicht nur als Schauspieler mitwirkte, sondern ebenso Assistenz-Regisseur wurde. Das war das erste Mal, dass er ebenfalls hinter der Kamera aktiv wurde. Weitere Ausflüge sollten, wenn auch selten, noch folgen. Er selbst meinte über diese Zeit, dass es damals eine – vermutlich ungeschriebene – Regel gab, laut der ein Fassbinder-Schauspieler nicht in einem Werne- Herzog- oder Wim-Wenders-Film auftreten dürfe, weil das sonst wie Spionage wäre. Allerdings hielt sich dieses Gesetz nicht lange, da er schon bald mit den beiden anderen Regisseuren zusammenarbeiten sollte.

Doch von den Höhen in Deutschland ging es wieder in die internationalen B-Niederungen, als er in dem Horrorfilm Suspiria: In den Krallen des Bösen eine Nebenrolle hatte. 1980 wirkte Udo Kier in Rainer Werner Fassbinders Mammutwerk Berlin Alexanderplatz in zwei Episoden mit. Übrigens spielte auch Claus Holm, den Phantastikfans aus Raumpatrouille Orion kennen, in 12 Folgen mit.

Der Mann an der Seite der großen Schauspieler

1984 war er das erste Mal als Produzent, Regisseur und Drehbuchautor aktiv. Das war in dem Kurzfilm The Last Trip to Harrisburg. Ein Jahr darauf spielte er an der Seite der „Schauspielgrößen“ Thomas Gottschalk und Mike Krüger in deren Film Die Einsteiger mit. 1986 hatte er jeweils Gastauftritte in den berühmten Fernsehserien Der Fahnder und Kir Royal. 1989 stellte er in 100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker den Diktator dar.

Es war 1990, als Udo Kier erneut als Assistenz-Regisseur arbeitete. Das war in Christopher Schlingensiefs Das Deutsche Kettensägen-Massaker, wo er natürlich ebenfalls eine Nebenrolle hatte. Die 1990er Jahre waren ebenso die Zeit, wo auch international sein Stern ein wenig anfing zu steigen. So hatte er 1993 in der Michael-J.-Fox-Komödie Ein Concierge zum Verlieben eine Rolle als Mr. Himmelman. Ein Jahr darauf spielte er in der Kultkomödie Ace Ventura – Ein tierischer Detektiv als Camp mit.

1995 stellte er in Vernetzt – Johnny Mnemonic den gut verknüpften Gauner Ralfi dar. Und ein Jahr darauf konnte er mit Pamela Anderson in deren Comicadaption Barb Wire zusammenarbeiten. Er hatte an die Dreharbeiten mit ihr sehr gute Erinnerungen und meinte, dass sie genau wie Arnold Schwarzenegger eine Figur sei, die von Hollywood erschaffen worden sei. Zwei Jahre darauf wirkte er in der Realverfilmung Die Legende von Pinocchio als Lorenzio mit. Die Hauptrolle als Gepetto hatte übrigens niemand Geringeres als Hollywoodlegende Martin Landau inne.

Immer wieder Vampire

Im Jahr 1998 hatte es Udo Kier wieder mit Vampiren zu tun. Denn in der Horrorkomödie Revenant – Sie kommen in der Nacht stellte er einen solchen dar. In demselben Jahr spielte er in Blade als Dragonetti mit, einem alten Vampir, der von den ambitionierten Jüngeren seiner Art im Laufe des Films umgebracht wird. Und auch zwei Jahre später war er in einem Projekt aktiv, dass mit den Blutsaugern zu tun hatte. Das war Shadow of the Vampire, wo er Albin Grau schauspielte. Er gestand später, dass er ein wenig auf John Malkovich neidisch war, der als Friedrich Wilhelm Murnau den Schauspieler darstellte, der Nosferatu vor der Kamera zum Leben erweckte. Dafür wurde Kiers Kollege sogar für den Oskar nominiert.

Udo Kier

Auch in Videospielen wirkte der Darsteller mit. So beispielsweise im Jahr 2000, als er in Command & Conquer: Alarmstufe Rot 2 Yuri darstellte und in In-Game die Psy-Corps sprach. Ebenso konnte man ihn in Zeichentrickserien hören, wie 2002 in „Die Liga der Gerechten“ wo er in zwei Folgen dem Music Master seine Stimme gab. Doch die Vampire ließen ihn nie los, weshalb er 2004 in Dracula 3000 als Captain Varna mitspielte. Über den Film legt man allerdings besser den Mantel des Schweigens, da er mit solch „grandiosen“ Schauspielern wie Caspar Van Dien oder Coolio „glänzte“. Ebenso „legendär“ war die Videospielverfilmung Bloodrayne aus dem Jahr 2005, wo er einen Mönch darstellte. Regie führte übrigens Uwe Boll, was dann auch die Qualität des Endprodukts erklärte.

Zwischendurch hatte Udo Kier allerdings immer noch Zeit für Gastauftritte im deutschen Fernsehen. Wie beispielsweise bei Polizeiruf 110, wo er 2006 in einer Episode mitwirkte. 2007 wirkte er dann in Rob Zombies Fake Trailer Werewolf Women of the S.S. für den Film Grindhouse mit. Und als Kontrastprogramm spielte er von 2005 bis 2007 in der Kinderserie 4 gegen Z den bösen Zauberer Zanrelot. 2011 spielte er für drei Folgen in der US-Serie Borgia in der Rolle von Papst Innocenz VIII mit.

Ein Stammschauspieler

2012 spielte er in der SciFi-Komödie Iron Sky – Wir kommen in Frieden Wolfgang Kortzfleisch. Er nahm die Rolle auch in den Fortsetzungen Iron Sky: The Coming Race – Der Mondführer (2013) – für das er ebenfalls das Drehbuch schrieb – und Iron Sky: The Coming Race (2019) wieder auf. 2012 arbeite er erneut mit Rob Zombie in dessen Horrorfilm The Lords of Salem zusammen. 2022 spielte er in der Amazon-Serie „Hunters“ Adolf Hitler und konnte in demselben Jahr erneut mit Lars von Trier zusammenarbeiten.

Was jetzt in diesem Spotlight nicht wirklich erwähnt wurde, war, dass Udo Kier zu den Stammschauspielern des berühmten dänischen Regisseurs zählte. Er war in fast allen Werken des Filmemachers zu sehen, darunter eben auch dessen Kultserie Geister, die 2022 eine Fortsetzung bekam.

Udo Kier bekennt sich offen zu seiner Homosexualität. Er meint, dass ihn niemand nach seiner Sexualität gefragt hat, sondern dass immer seine schauspielerische Leistung zählte. Er lebt seit 1991 in Palm Springs, USA.

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Götz Piesbergen

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