Thunderbirds los!
Selige Kindheitserinnerungen
Wer wie ich ein Kind der 80er ist, der saß oft nachmittags am Fernseher, um das Kinderprogramm zu sehen. Viele Reihen von damals sind mir noch in guter Erinnerung geblieben. Darunter vor allem eine Serie: Thunderbirds!
Als kleiner Junge wusste ich nicht, dass die Reihe damals bereits einiges an Zeit auf dem Buckel hatte. Sie entstand schließlich schon in den 60er Jahren. Doch genau wie bei den Bud Spencer & Terence Hill-Filmen hatte sie etwas Zeitloses an sich. Etwas, das mich damals wie heute faszinierte. Etwas… Großartiges!
Thunderbirds war eine Marionettenserie. Allerdings komplett anders als die Augsburger Puppenkiste. Bei den Donnervögeln setzte man vor allem auf die Darstellung futuristischer Technologie. Vor allem die titelgebenden Fahrzeuge wurden unglaublich gelungen dargestellt. Und dazu dann noch der Soundtrack..!
Deutschland als Inspirationsquelle
Aber der Reihe nach. Die Serie war das kreative Kind des britischen Ehepaars Gerry und Sylvia Anderson. Er wurde am 14. April 1929 in West Hampstead, London geboren. Sie kam am 25. März 1927 in Camberwell, London zur Welt. Beide waren allerdings vor ihrer Ehe schon einmal verheiratet gewesen, beziehungsweise endete Gerry Andersons Ehe, als er mit Sylvia eine Affäre einging. Nach seiner Scheidung heirateten die beiden 1960. Es war eine fruchtbare Beziehung, da während ihrer Zeit gemeinsam viele der Serien entstanden, für die die Andersons berühmt wurden.
Ihre Serien wurden mit dem Begriff „Supermarionation“ beworben, eine Mischung der Wörter „Super“, „Marionet“ und „Animation“. Es war Gerry Anderson, der das Kunstwort erfand. Gemeint war damit, dass die Marionetten elektronisch gesteuert waren, sprich, sich ihre Unterlippe im Einklang mit vorab aufgenommen Sprachausgaben bewegten, was durch ein Solenoid genanntes Magnetfeld in der Brust oder im Kopf erzeugt wurde. Allerdings konnten die Figuren sich nicht glaubwürdig bewegen, weshalb sie standardmäßig entweder überwiegend saßen oder standen. Sollte eine Aktion in Nahansicht gezeigt werden, wurde einfach eine reale Hand gefilmt, die dies machte.
Die Inspiration für die Thunderbirds-Serie erhielt Gerry Anderson, als er 1963 von dem Grubenunglück von Lengede las. Davon inspiriert, konzipierte er die Reihe, die sich um die Erlebnisse einer geheimen, unabhängigen, internationalen Organisation dreht, die sich „International Rescue“ nennt. Der Handlungszeitpunkt der Serie war zwischen den Jahren 2065 und 2067 angesiedelt.
Rettung in letzter Not
International Rescue wurde von dem verwitweten, amerikanischen Industriellen und Ex-Astronauten Jeff Tracey geleitet. Seine fünf Söhne bilden die Agenten und Piloten der Organisation, die die Fahrzeuge lenken und persönlich die Rettungsaktionen machen. Zu den Vehikeln zählt unter anderem Thunderbird 1, eine Überschallrakete, die häufig als erstes am Einsatzort ankommt, um sich dort einen ersten Eindruck über die Lage zu verschaffen, sowie eine Kommunikation vor Ort aufzubauen. Oder Thunderbird 4, ein Unterseeboot, das von Gordon Tracey gesteuert und häufig von Thunderbird 2 transportiert wurde. Brains ist der Ingenieur der Truppe, derweil Lady Penelope in London ein Netzwerk von Agenten lenkt, die international Rescue unterstützen.
32 Folgen plus zwei Kinofilme lang durfte man erleben, wie die Traceys allerlei Katastrophen verhindern und Menschenleben retten. Diese Vorfälle konnten entweder durch Sabotage oder schlichtweg Unfälle geschehen sein. Die Rettung kam in allerletzter Minute. Gleichzeitig gab es in Form The Hood einen Gegenspieler, der durch schwarze Magie und Hypnose der Organisation das Leben schwer machte.
Was Thunderbirds so besonders machte, war, dass die Folgen so spannend inszeniert waren und der grandiose Soundtrack von Barry Gray. Das Opening Theme, der Thunderbirds March, ist ein Ohrwurm, den man nicht vergisst. Und auch sonst ist die jeweilige musikalische Unterhaltung super!
Wiederbelebung am anderen Ende der Welt
Die Fernsehserie an sich mag 1966 in Großbritannien ausgelaufen sein und durch die nicht minder geniale Serie Captain Scarlet and the Mysterions ersetzt worden sein. Doch ihre Auswirkungen bestanden und bestehen bis heute fort. Damit ist nicht nur gemeint, dass die Reihe auch heute noch Jung und Alt fasziniert, sondern ebenso, dass es Versuche gab, die Serie im Laufe der Jahrzehnte wiederzubeleben, mit wechselndem Erfolg.
Übrigens, wer hier in Deutschland die alte Thunderbirds-Serie heute nochmal gucken möchte, der muss leider auf eBay nach den DVDs gucken. Sie wurde damals auf zehn dieser Silberlinge gesammelt. Eine Neuauflage auf Blu-ray gibt es hier ebenso wenig, wie dass sich ein Streamingdienst mal der Reihe annimmt. Es lassen sich einige Episoden auf YouTube aufspüren, doch die Qualität reicht von bis. In Großbritannien kann man sie auf dem Video-on-Demand-Dienst Britbox gucken, derweil die USA sie auf dem Streamingservice ShoutfactoryTV sehen können. Im englischen Sprachraum kam 2008 auch eine Blu-ray mit allen Folgen heraus.
Die alte Thunderbirds-Serie war also vorbei. Doch sollte sie weiterleben. Von 1965 bis 1967 wurden 19 Audiodramen von der Reihe produziert und zwischen 1980 und 1982 wurden drei Filme herausgebracht, in denen jeweils zwei der Folgen der ursprünglichen Serie zusammeneditiert wurden. Und in einem anderen Teil der Welt sollte dann die Reihe wiederbelebt werden. Denn 1982 lief in Japan die Fernsehserie Thunderbirds 2086.
Besser gut bedient als falsch geklaut
Allerdings lief die Reihe, ohne dass der originale Serienerfinder Gerry Anderson in irgendeiner Form mit involviert gewesen wäre. Stattdessen bediente sie sich sehr frei der Vorlage. Hier war International Rescue eine große Organisation mit verschiedenen Zweigen. Von den Traceys gab es keine Spur, als Ersatz vertraten sie Figuren aller Herren Länder. Die Serie drehte sich um den Konflikt zwischen International Rescue und einer unabhängigen Gruppierung, die sich Shadow Axis nennt und von dem mysteriösen Star Crusher angeführt wurde. Es wurde angedeutet, dass dieser kein Mensch sei.
Thunderbirds 2086 umfasste 24 produzierte Episoden, von denen 18 ausgestrahlt wurden. Interessanterweise bediente sich die Serie in Sachen Musik und Soundeffekten frei bei zahlreichen anderen Gerry Anderson-Werken. Quellen waren unter anderem seine Produktionen Stingray und Space 1999. Ach ja, und wie beim originalen Thunderbirds gibt es hierzulande auch nur DVDs und kein Streamingservice interessiert sich für die Reihe.
Der nächste Versuch, die Reihe wiederzubeleben, geschah 1994. Fox strahlte damals die Ur-Serie in den USA aus. Doch „inspiriert“ von dem Erfolg der Power Rangers-Fernsehserie, bearbeitete man das grundlegende Material erheblich. Sie erhielt ein neues Opening, neue Musik, neue Stimmen und komplett neue Dialoge. 13 Folgen gab es von diesem Experiment zu sehen, das keine zweite Staffel bekam. Stattdessen übernahm im selben Jahr das United Paramount Network das Produkt, taufte es in Turbocharged Thunderbirds um und versuchte es in eine Comedyreihe mit Life-Action-Szenen zu verwandeln. Zu sagen, dass Gerry Anderson davon nicht sehr amüsiert war, ist noch untertrieben. Es war der Tiefpunkt in der Geschichte der Thunderbirds.
An den Fans vorbei gedreht
Sprung ins Jahr 2004. Dieses Mal kümmerte man sich wieder in Großbritannien um das Projekt. Und heuerte mit Jonathan Frakes einen Regisseur an, der zuvor schon durch solide Arbeit überzeugen konnte. Der Mann war lange Zeit hauptsächlich Schauspieler, ehe er sich auch auf dem Regiestuhl beweisen konnte. Man kennt ihn vor allem von Star Trek – The Next Generation. Interessanterweise sollte Gerry Anderson ursprünglich als Creative Consultant mitwirken, wurde dann allerdings von dem StudioCanal nicht berücksichtigt, weil diese das Gefühl hatten, dass das Kreativteam schon aus zu vielen Leuten bestehen würde.
Die Neuauflage interpretierte die Vorlage sehr frei. Im Mittelpunkt stand John Traceys jüngster Sohn Alan, der davon träumte, ein Thunderbird-Pilot zu werden. Doch dann greift The Hood Tracy Island an und… na ja, es wird ein großes Abenteuer, bei dem die diversen Merkmale des Vorbildes abgearbeitet und abgehakt werden.
Der Film ist leider nicht besonders gut. Er erhielt durch die Bank weg mittelmäßige bis negative Bewertungen, vor allem von den Fans der alten Serie, die sich daran störten, dass hier auf Zwang versucht wurde, ein Action-Abenteuer für Kinder und Jugendliche zu machen. Auch Gerry Anderson zeigte sich enttäuscht, derweil seine Ex-Frau Syliva Anderson, die für die Entwicklung der Charaktere verantwortlich war, den Film deutlich positiver sah. Falls sich jemand dieses Desaster anschauen möchte: Man kann ihn sich via Amazon Prime kostenlos ansehen. Und ansonsten gibt es ihn auch noch gebraucht auf DVD und Blu-ray zu kaufen.
Eine unverhoffte Wiederbelebung
Gerry Anderson versuchte all die Jahre wiederholt, seine erfolgreichste Serie wiederzubeleben. Doch er hatte erst wieder 2011 Erfolg, als ITV Global Entertainment und Pukeko Pictures die Rechte erhielten. Es sah für die Fernsehserie allerdings nicht gut aus, als ihr ursprünglicher Schöpfer am 26. Dezember 2012 im Alter von 83 Jahren verstarb. Doch 2013 wurde die Reihe schließlich offiziell angekündigt.
Sie hieß Thunderbirds Are Go! und war eine computeranimierte Serie. 78 Folgen wurden zwischen 2015 und 2020 ausgestrahlt. Dabei hielten sich die Macher der Reihe zwar an die Vorlage, modernisierten sie jedoch da, wo es für sie nötig war. Es blieb die Prämisse der Tracy-Brüder, die mit Unterstützung diverser Helfer International Rescue bildeten und mit den Thunderbirds weltweit da zur Hilfe eilten, wo Katastrophen drohten. Was anders war, war, dass ihr Vater Jeff Tracey als tot vermutet wurde. Außerdem wurde jede der drei Seasons in verschiedene Teile aufgesplittet ausgestrahlt.
Die Serie war ein voller Erfolg und kam bei Fans und Kritikern gleichermaßen positiv an. Wer sie sehen möchte, der kann dies über Amazon Prime tun und sich selbst ein Bild machen.
Man feiert Jubiläen, wie sie kommen
Übrigens hatte ITV Global Entertainment 2015 anlässlich 50 Jahre Thunderbirds eine grandiose Idee. Finanziert über Kickstarter wurden drei Anniversary Specials produziert. Diese Spezialfolgen wurden von einer Mannschaft produziert, in der sowohl Veteranen der alten Reihe wie auch Neulinge zusammenarbeiteten. Und die drei im alten Stil gedrehten Folgen sind mittlerweile fester Bestandteil der ursprünglichen 32 Episoden.
Es ist schön zu sehen, dass die Thunderbirds auch heute noch ihre Fans haben. Und man darf gespannt sein, wie die Zukunft aussehen wird, jetzt, wo die Zeichentrickserie vorbei ist. Denn das muss nichts bedeuten.
In diesem Sinne: Thunderbirds Are Go!
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