Im Jahr 1973 erschien die erste Ausgabe der Reihe Gespenster-Krimi. Der Protagonist: John Sinclair.
Der Schöpfer
Den Namen Jason Dark kennt wahrscheinlich so ziemlich jeder, der sich ein wenig mit deutscher Literatur auskennt. Hinter dem Pseudonym steckt der in Dortmund geborene Helmut Rellergerd, der nach der Bundeswehr seinen ersten Roman schrieb. Dieser wurde abgelehnt, aber in der Krimiserie Cliff Corner konnte er 1967 mit Im Kreuzfeuer des Todesdrachen seine erste Geschichte veröffentlichen. 1973 wechselte er vom Krimi zum Gespenster-Krimi, mit Die Nacht des Hexers hatte er die Ehre, die neue Reihe einzuläuten. Fünf Jahre später sollte der Schotte John Sinclair seine eigene Serie bekommen, die zur erfolgreichsten Gruselheftreihe Deutschlands avancierte. 2018 wurde ihm für sein Lebenswerk der Vincent Preis verliehen.
Wer ist John Sinclair ?
John Sinclair ist Oberinspektor bei Scotland Yard und befasst sich mit dem Paranormalen. Seine Abenteuer sind nicht in bestimmte Zyklen aufgeteilt, wie es zum Beispiel bei Perry Rhodan der Fall ist, sondern laufen einfach immer weiter, mit mehreren Handlungssträngen gleichzeitig, die Geschichten sind aber weitestgehend abgeschlossen, nur der rote Faden läuft mit. Die Charaktere und die Beziehungen untereinander verändern sich, so wird aus dem guten Freund Will Mallmann einer seiner erbittertsten Gegner. Regelmäßig bekommt es John auch mit Superfeinden zu tun, die größere Pläne verfolgen, so kommt es z. B. in der Hölle zu Machtkämpfen unter den Dämonen. Der Spuk, einer der mächtigsten Dämonen, hat sogar einen Waffenstillstand mit Sinclair geschlossen.
John kann auf ein kleines Team zurückgreifen. Sein Partner bei Scotland Yard ist der Chinese Suko, ein gemeinsamer Freund der beiden ist der Reporter Bill Connolly. Die Privatdetektivin Jane Collins, die Sekretärin Glenda Perkins und viele andere wiederkehrende Charaktere helfen ihm im Kampf gegen Zombies, Vampire, Werwölfe und andere Dämonen.
Auch die Gegnerscharen sind vielseitig, selten hat es John und das Team Sinclair nur mit einem Gegner oder einem schwachen Feind zu tun. Luzifer ist, wie schon im christlichen Glauben, das absolute Böse. Er besteht aber aus drei Gestalten, die autonom handeln können. Asmodis ist der Herrscher der Hölle, Baphomet ist der Anführer der bösen Templer und Beelzebub bleibt meistens eher im Verborgenen. Erst in Band 2000 tritt Luzifer selbst auf den Plan und wird zum Hauptgegner. Asmodina ist die Tochter von Asmodis; sie erweckt Dr. Tod wieder zum Leben, damit er Sinclair beseitigen kann, wird von ihm aber betrogen. Der Schwarze Tod ist ein riesiges Skelett mit einer Sense, der Spuk ist der letzte der Großen Alten, mächtige Dämonen, die schon seit vielen Jahrtausenden existierten.
Beiden Seiten stehen für den Kampf gegeneinander mächtige Artefakte und Waffen zur Verfügung. Team Sinclair trägt standardmäßig mit geweihten Silberkugeln geladene Schusswaffen mit sich, die für niedere Dämonen meistens ausreichend sind. Die mächtigste Waffe Sinclairs ist ein silbernes Kreuz, welches ihm von einer Zigeunerin übergeben wurde und ihn zum Sohn des Lichts macht. Gegen dieses Artefakt sind nur wenige Dämonen resistent, John kann es obendrein aktivieren, indem er die Namen der vier Erzengel ruft, was gewaltige Energien freisetzt. Außerdem ist das Team im Besitz eines silbernen Bumerangs, der Dämonenpeitsche und des Stabes des Buddha, mit dem man die Zeit für fünf Sekunden anhalten kann. Auf der Gegenseite existieren das Höllenkreuz, die Flammenpeitsche, das Buch der grausamen Träume, der Blutstein oder der Würfel des Unheils. Allesamt mächtige Artefakte, die aber meistens von beiden Seiten genutzt werden können.
Der Name John Sinclair geht laut Jason Dark übrigens auf die Serie Die Zwei zurück, in welcher Roger Moore Brett Sinclair spielte.
Romane
Insgesamt erschienen 50 Romane mit John Sinclair in der Reihe Gespenster-Krimi, der letzte Auftritt dort war in Heft 215, welches am 25. Oktober 1977 erschien. Sinclair erfreute sich so großer Beliebtheit, dass auf den letzten sechs Abenteuern „mit John Sinclair dem Geisterjäger“ vermerkt wurde. In späteren Auflagen seiner eigenen Reihe wurden die 50 Ausgaben der Hauptreihe vorangestellt, sodass Im Nachtclub der Vampire erst Band 51 war.
Am 17. Januar 1978 war es dann soweit: Der Inspektor von Scotland Yard bekam mit Geisterjäger John Sinclair seine eigene Serie, die bis heute läuft. Anfangs schrieb fast nur Jason Dark die Geschichten, im Laufe der Jahre kamen aber immer mehr Gastautoren hinzu, die heute auch namentlich genannt werden. Bereits 1980 startete die zweite Auflage, die dritte im Jahr 1985 und die vierte im Jahr 1991. Die fünfte Auflage bekam den Untertitel Sammleredition und erschien 1996. die Jubiläumsbände sind vergleichbar mit den Silberbänden von Perry Rhodan und eine inoffizielle sechste Auflage mit jeweils acht Romanen. Sie wurden ab 2006 in die Themenbände umgewandelt, die vier Hefte zu einem bestimmten Thema beinhalten.
Zusätzlich erschienen Taschenbücher mit den Geschichten rund um John Sinclair. Seit 2017 gibt es unter John Sinclair Classics eine erneute Neuauflage der alten Geschichten. Im Laufe der Serie gab es immer wieder Crossover mit anderen Protagonisten aus dem Hause Bastei Lübbe – Professor Zamorra, Tony Ballard, Damona King und Mark Baxter. Später kam noch Dämonenkiller Dorian Hunter dazu, zum Jubiläum erschien erstmals ein Crossover über drei Serien – Band 2360 von John Sinclair, Band 1288 von Professor Zamorra und Band 134 von Dorian Hunter.
Im Jahr 2015 gab es ein kurzweiligen, englischsprachigen Reboot der Reihe unter dem Titel John Sinclair – Demon Hunter. Hier wurden etliche Hintergrundgeschichten geändert, so ist Sinclair nun ein Afghanistanveteran. Die 12 Bände wurden von Gabriel Conroy verfasst und endeten bereits 2016 wieder.
Mittlerweile sind alle Romane auch als eBook erhältlich.
Der erste Auftritt von Sinclair wäre übrigens fast nie produziert worden – der Verlag stimmte dem Druck von Die Nacht des Hexers nur zu, weil sonst nichts fertig war. Der verkaufte sich so gut, dass Dark ab da monatlich einen Roman schrieb, mit der eigenen Serie dann vier Hefte und ein Taschenbuch pro Monat.
Hörspiele und Hörbücher
Vom Tonstudio Braun erschienen von 1981 bis 1991 insgesamt 107 Folgen einer Hörspielreihe, die nicht der Chronologie folgte, sondern die Geschichten nach der Eignung für ein Hörspiel auswählten. Diese waren auch nicht durchgehend nummeriert, sondern nach der Heftnummer, was zu ordentlich Chaos führte, denn die Geschichten entstammten den Gespenster-Krimis, der Heftreihe und den Taschenbüchern, die alle eigenständige Nummerierungen hatten. Erst später wurden die Folgen durchnummeriert, wobei die Folge Das Horrorschloss im Spessart die Nummer 1 bekam, obwohl sie erst 1983 erschienen war, die wirklich zuerst produzierte Folge Die Nacht des Hexers, was auch der erste Roman mit John Sinclair war, wurde zur Nummer 38. Das führte auch dazu, dass die Sprecher der Charaktere hin und her wechselten und Verstorbene plötzlich wieder lebendig waren. Nach einem Rechtsstreit mit Bastei Lübbe durften die Wiesbadener nur noch die produzierten Kassetten verkaufen, aber keine neuen produzieren. So endete die Serie zwar mit einem Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde als erste Hörspielserie, die 100 Folgen überschritten hatte, aber auch mit einem Zweiteiler, der nach dem ersten Teil nicht beendet wurde. Erst Jahrzehnte später machte sich Lübbe Audio, die mittlerweile die Hörspiele des Tonstudio Braun vermarkten, daran, die Serie zu beenden. Zwei weitere Hörspiele, die noch geplant waren, aber für die noch nichts produziert war, blieben aber unveröffentlicht.
Im Jahr 2000 erschien dann eine Art Reboot der Hörspiele. Angefangen mit dem ersten Heft der Heftreihe, wurden die Geschichten auf Modern getrimmt und schon in der ersten Episode wurde der Schwarze Tod vorbereitet, dem ersten Supergegner der Heftreihe und somit auch der Hörspiele. Hier erscheint fast monatlich ein neues Hörspiel, dazu gibt es Sonderepisoden und die Classics, welche die alten Gespenster Krimis vertonten. Auch ein Crossover mit der Hörspielreihe Dorian Hunter ist entstanden, Folge 83 der Edition 2000 ist inhaltsgleich mit der Episode 21 von Dorian Hunter, lediglich die Perspektive ändert sich jeweils zum Protagonisten der Serie.
In der alten und der neuen Hörspielreihe treten auch Professor Zamorra und Damona King, andere Bastei-Helden im Kampf gegen das Übernatürliche, auf.
Als Hörbuch erschienen die Ausgaben 1700 bis 1749, sie wurden alle von Carsten Wilhelm gelesen. Das Buch Die Rückkehr des Schwarzen Todes erschien 2003 als inszenierte Lesung, Frank Glaubrecht las den Teil von John Sinclair und Joachim Kerzel den Rest. Zum Jubiläum 2023 lesen fünf Promis (Hennes Bender, Oliver Kalkofe, Urban Priol, Lisa Feller und Oliver Rohrbeck) ihren jeweiligen Lieblingsroman. Die ersten drei Ausgaben sind bereits erschienen, im Januar und Februar 2024 folgen die letzten.
Verfilmungen
Bei dem riesigen Erfolg waren Filme und Serien eigentlich vorprogrammiert. Da Sinclair aber nur in Deutschland eine große Nummer ist, kam nicht Netflix oder gar Hollywood auf die Idee, sondern RTL. Die Dämonenhochzeit erschien 1997 und bekam eine Menge Kritik. Fans bemängelten Änderungen an Figuren und das Fehlen von wichtigen Charakteren. Die Effekte, vor allem die Animation des Schwarzen Todes, wurde ebenfalls kritisiert. Sinclair wurde von Florian Fitz gespielt.
Trotzdem scheint der Film erfolgreich genug gewesen zu sein, oder die Lizenz zu teuer, dass man sich noch zu einer Serie entschloss. Neun Episoden, inklusive dem Pilotfilm, wurden produziert und ab dem 13. Januar 2000 wöchentlich ausgestrahlt. Noch vor der Ausstrahlung der neunten Folge Der Gerechte brach RTL die Ausstrahlung ab, erst RTL Crime zeigte 2011 die komplette Serie, nachdem sie 2009 schon komplett auf DVD erschienen war. Die Kritik zur Serie war identisch mit der zum Film, den die Serie ignoriert. Sinclair wurde gespielt von Kai Maertens, der hier seine erste Hauptrolle hat.
Spin-Offs, Comics, Videospiele und mehr…
Mit der Sinclair Academy versuchte man jüngere Leser anzusprechen, im Fokus stand ein Team von Neulingen, die bereits Erfahrungen mit dem Übernatürlichen gemacht hatten. Die Reihe schaffte nur 13 Bände. Besser lief da das Johnny Conolly Spin-Off Dark Land, welches auf 42 Bände kam und die Abenteuer des Sohnes von Bill und Sheila Conolly in einer anderen Dimension schildert.
John Sinclair erschien auch in Comicform in der Reihe Gespenster Geschichten in insgesamt sechs Fünfteilern. Auch eine eigene Comic Reihe bekam er 2004 spendiert, diese wurde aber nach nur 6 Bänden eingestellt. 1998 kam ein ein Adventeure mit dem Namen John Sinclair: Evil Attacks für den PC auf den Markt. Während das Magazin PowerPlay durchaus lobend mit 77% wertet, greift die PC Games zu vernichtenden 30% und bemängelt vor allem den langsamen Spielablauf und die nicht zeitgemäße Grafik. Wer mag kann sich auf YouTube mal umschauen, dort gibt es einige Videos dazu. Erfolgreicher und besser bewertet wurde dafür das seit 2009 erhältliche John Sinclair – Das Abenteuerspiel aus dem Ulisses Spieleverlag, trotzdem wurde auch dieses irgendwann eingestellt und ist nur noch auf dem Zweitmarkt zu beziehen.
Am 5. November 2016 fand die erste 1. John-Sinclair-Convention in Köln zur Feier von Band 2000, 2018 gab es eine zweite. Seit 2020 gibt es auf YouTube einen von Hannes Bender moderierten John Sinclair Night Talk, mit Interviews der Macher und Rückblicke auf die Seriengeschichte. Zum diesjährigen Jubiläum erschien Villa Wahnsinn, welches neben dem eigentlichen Roman auch Fotos, Interviews, Kurzgeschichten und Hintergrundinfos beinhaltet.
Und die Zukunft?
Helmut Rellergerd ist 1945 geboren, seine aktiven Jahre sind also abzählbar. Er ist aber schon längere Zeit kürzer getreten und überlässt nun auch anderen Autoren das Feld, die anders als früher auch genannt werden. Ob es aber wirklich weitergeht, wenn Jason Dark, der sich übrigens nach Jason King aus der gleichnamigen britischen Serie benannt hat, steht natürlich in den Sternen und wird auch mit den Verkaufszahlen zu tun haben. Sollte die Serie aber eingestellt werden, hat Dark auch schon ein Ende geplant. “Der kommt besoffen aus einem Pub, übersieht ‘nen offenen Gulli und ist tot.”
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