Ein Faultier als Serienkiller – kann das funktionieren?
An diesem Faultier ist was faul
Von Wilderern eingefangen, wird ein Faultier in die USA verschleppt. Zunächst landet es beim Tierhändler Oliver (Stefan Kapičić), der in einer Einkaufsmall zufällig Emily Young (Lisa Ambalavanar) über den Weg läuft. Er bietet ihr das Faultier zum Verkauf an und wirbt damit, dass es ihr in den sozialen Medien hohe Klickzahlen bringen wird. Die junge College-Studentin lehnt zunächst ab, doch als sie darüber nachdenkt, für die Präsidentschaftswahl ihrer Schwesternschaft anzutreten, könnte sie ein Maskottchen gebrauchen.
Als Emily Oliver aufsucht, ist dieser schon nicht mehr am Leben. Obwohl sie seine Leiche nirgendwo sieht, schnappt sie sich das Dreifinger-Faultier zum Fünf-Finger-Rabatt. Die Mehrheit im Verbindungshaus ist von dem Mitbringsel derart angetan, dass das Faultier per Abstimmung als Maskottchen akzeptiert und das Haustierverbot aufgehoben wird. Lediglich die aktuelle Verbindungspräsidentin Brianna (Sydney Craven) und eine Handvoll ihrer Getreuen stimmen dagegen. Aber auch Emilys beste Freundin Madison (Olivia Rouyre) ist wenig davon angetan, dass sie ein exotisches Wildtier mitgebracht hat und meint, dass es zurück in den Urwald gehört.
Dank des Faultiers, das sie auf den Namen Alpha tauft, reitet Emily jedoch auf einer Erfolgswelle. Zunächst scheint mit Alpha alles normal zu sein, doch dann häufen sich die Todesfälle. Kaum ist Young zur Präsidentin gewählt, verwandelt sich die Villa der Schwesternschaft in ein Schlachthaus und es beginnt ein Kampf ums (bek)nackte Überleben.
Stirb langsamer
Schon allein der Titel des Films klingt nach einem herrlich durchgeknallten Spaß. Es handelt sich um ein Wortspiel aus „Sloth“ (Faultier) und „Slaughterhouse“ (Schlachthaus). Auf dem deutschen Mediabook wird dies durch den Spruch „Nur keine Eile, stirb langsam.“ ergänzt, was im Englischen leider nicht funktioniert, da die Stirb langsam-Filmreihe im Original Die Hard heißt. Zumindest zeigen solche Wortspiele aber, dass man den Witz des Films auch hierzulande verstanden hat.
Wirklich langsam ist das Faultier aber gar nicht, denn wie der Händler Oliver mutmaßt, spielt seine Spezies uns nur etwas vor. Anfangs erweckt es noch den Anschein von Trägheit, als es in seiner Heimat von einem Krokodil vom Baum gepflückt wird. Doch wenig später schwimmt das tote Reptil mit dem aufgeschlitzten Bauch nach oben im Fluss. Alpha verhält sich auch sonst eher untypisch. Das Faultier sitzt am Pool und trinkt Bier, es benutzt Smartphones und Laptops, um seine Opfer auszukundschaften, und es fährt sogar Auto, um die arme Madison im Krankenhaus heimzusuchen. Diese wurde von einem anderen Auto angefahren, als sie versucht hat, Alpha in ein Tierheim zu bringen. Aus Rache wird sie dafür mit einem Kissen erstickt.
So ganz realistisch ist das Szenario natürlich nicht. Sowohl was das Faultier angeht, das am Ende sogar sprechen kann, als auch bezüglich seiner Opfer. Madison überlebt zum Beispiel den Mordanschlag und taucht plötzlich zu Emilys Rettung im Verbindungshaus auf. Wie ist sie vom Krankenhaus dorthin gekommen? Zumal sie noch am Tropf hängt, den sie mit sich führt. Wer hier einen ernstzunehmenden Slasher erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden.
Slotherhouse erhebt jedoch gar nicht den Anspruch, ein ernster Horrorfilm zu sein. Es handelt sich vielmehr um eine Slasher-Komödie, welche die Absurdität eines tierischen Serienkillers auf die Spitze treibt. Und das funktioniert wunderbar! Der Streifen ist ein wahres Gag-Feuerwerk, bei dem man nie weiß, ob man das Faultier nun niedlich finden oder sich vor ihm fürchten soll.
Irgendwie ist es ja auch ein tragischer Charakter. Alpha wurde ihrer Heimat entrissen und mies behandelt. Ihr erstes Opfer sind der Tierhändler und eine Studentin, die das Maskottchen im Auftrag von Brianna aussetzen soll. Es wehrt sich also anfangs nur gegen seine Feinde. Gegen Emily stellt es sich erst, als es auf ihrem Smartphone ein Selfie von ihr mit Oliver findet. Am Ende empfindet man einen Hauch von Mitleid für Alpha. Ihre blutigen Taten sind hingegen weniger erschreckend, sondern höchst amüsant, weil sie so vollkommen abwegig sind.
Im Prinzip ist Alpha die wahre Protagonistin des Films, weil sie in mehrfacher Hinsicht ein Opfer ist. Ein Opfer von Wilderern und von einer Egoistin, die das Faultier missbraucht, um auf Social Media Accounts Klickzahlen zu generieren und Präsidentin einer Studentinnenverbindung zu werden. Die amtierende Präsidentin Brianna ist ebenfalls ein Musterbeispiel an Arroganz und Oberflächlichkeit. Selbst die gutmütige Zenny (Bianca Beckles-Ros), die als Einzige nicht dem Schönheitsideal entspricht, will trotz ihres fortgeschrittenen Alters einfach nur dazu gehören. Einen Rest Verstand scheint nur Madison zu besitzen, die sich als Tierschutzaktivistin versucht.
Macht diese Oberflächlichkeit den Film platt? Nicht unbedingt. Denn hier lässt sich eine Kritik an all jenen Vertretern der Generation Z herauslesen, denen allein ihre Fame in den sozialen Netzwerken wichtig ist. Es geht um Influencer, die nicht selten Tiere oder gar ihre eigenen Kinder für maximale Likes öffentlich vorführen. Es hat schon eher etwas von epischer Gerechtigkeit, wenn sich die Natur an ihnen rächt und sie nicht wegen vorehelichen Geschlechtsverkehrs niedergemetzelt werden, wie damals in den 1980ern, wo Serienkiller noch die Vollstrecker der konservativen Sittenwächter waren.
Slow-Budget-Produktion
Das Budget von Slotherhouse lag gerade einmal bei 350.000 $ und gedreht wurde in Serbien, nicht in den USA, wo der Film spielt. Der Cast besteht aus wenig bis gar nicht bekannten Darstellerinnen. Lediglich Stefan Kapičić war schon in größeren Produktionen zu sehen, darunter als Colossus in den beiden Deadpool-Filmen. Alle anderen spielen, so gut sie eben können, ihre überwiegend stereotypen Charaktere. Diversität und intellektueller Anspruch? Größtenteils Fehlanzeige!
Aber tut das alles irgendwas zur Sache? Nein! Denn im Zentrum der Handlung steht ohnehin Alpha, die Mädels im Studentinnenwohnheim sind lediglich Ziele ihres Zorns. Beim Faultier haben sich die Verantwortlichen glücklicherweise für animatronische Puppen entschieden und nicht für CGI. Ein computeranimierter Serienmörder wäre bei dem niedrigen Budget mit Sicherheit zu einem Reinfall geworden. Die Puppen hingegen sind auf eine skurrile Weise perfekt in Szene gesetzt. Alpha macht einfach Spaß und der mitfühlende Score von Sam Ewing lässt den Killer immer wieder harmlos wirken.
Im Soundtrack gibt es zudem einige Anspielungen auf Filmklassiker wie Psycho, wobei die Duschszene in Slotherhouse bewusst in die Irre führt und damit nicht zur billigen Kopie verkommt. Wer ein Auge für Details hat, dem werden noch mehr Anspielungen auffallen. So heißt der Pizzalieferservice „Dante’s“, was auf den Regisseur Joe Dante verweist, dessen Humor aus Filmen wie Gremlins man sich offenkundig zum Vorbild genommen hat.
Fazit von Slotherhouse: Ein Faultier zum totlachen!
Die meisten Kritiken sind weit weniger wohlwollend, um nicht zu sagen vernichtend. Wer hier jedoch einen Tierhorror im Stile von Der weiße Hai oder einen Slasher wie Freitag der 13. erwartet, hat das Konzept des Films einfach nicht verstanden! Alpha ist weder ein hirnloses Raubtier noch ein psychopathischer Killer wie Jason Voorhees oder Michael Myers. Im Gegenteil hat das Faultier sogar mehr Persönlichkeit als seine Opfer. Und es schauspielert sogar besser, denn es kann sich hervorragend verstellen, sodass man es einfach knuddeln möchte.
Das Ergebnis ist eine witzige Horrorkomödie, die als solche hervorragend funktioniert. Das Konzept ist natürlich nicht neu, denn eine Kombination aus Tierhorror und Komödie gab es im selben Jahr schon mit Cocaine Bear, der es sogar hierzulande in die Kinos schaffte. Dieser Film präsentierte jedoch einen wilden Bären, der auf einer Überdosis Kokain lediglich seinen animalischen Trieben nachgab. Wirklich lustig war der Film nicht. Das ist bei Slotherhouse anders, weshalb er durchaus eine Empfehlung wert ist. Nimmt man ihn als das, was er ist, macht er von Anfang bis Ende Spaß!
Info
Originaltitel: Slotherhouse
Drehbuch: Cady Lanigan & Bradley Fowler
Regie: Matthew Goodhue
Erscheinungsjahr: 2023
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