Sie Leben ist ein Kultklassiker von John Carpenter.
Der Protagonist
John Nada (Roddy Piper) ist seit seiner Kindheit auf der Suche nach einem kleinen Stückchen Glück und Frieden. Er verlangt nicht viel in seinem Leben und wie man arbeitet, weiß er auch! Er verlangt keinen Ruhm oder Reichtum. John ist ein positiver, ja, durchaus etwas naiver, kindlicher junger Mann, der an das Gute im Menschen glaubt, der ein Auge für die kleinen, schönen Dinge im Leben hat und der in allem immer wieder das Positive sieht! Er hat niemals davon geträumt, in einem großen Haus zu wohnen oder einen teuren Wagen zu fahren… im Gegenteil, er schaut mit einem Kopfschütteln auf unsere verschwenderische Gesellschaft. Diese stumpfen reichen Menschen ernten lediglich sein Mitleid! John liebt den Sonnenaufgang, ein gutes Mahl und eine kühle Flasche Bier. Ja, er ist ein Romantiker. Allerdings ein solcher, der gelegentlich auch eine gute Prügelei zu schätzen weiß!
John ist auf der Suche und blickt auf dieser stets fröhlich und frohen Mutes der Zukunft und was diese ihm noch zu bringen hat, entgegen, denn die Vereinigten Staaten von Amerika sind ein weites Land, ein großes Land und ein Land, welches dich mit offenen Armen empfängt, wenn du es bedingungslos liebst!
John ist seit seiner Kindheit auf der Suche… auf der Suche nach einem winzig kleinen Stück von der großen amerikanischen Apfeltorte! Johns Suche ist bald zu Ende… und leider ist er an diesem einen kleinen Stückchen Apfeltorte letztendlich erstickt…
Handlung
John, ein junger Arbeiter Anfang 30, zieht durchs Land auf der Suche nach einem Job! Die Ämter können ihm leider nicht weiterhelfen, weshalb er gezwungen ist, sich nach Schwarzarbeit umzusehen! Da John sein eigenes Werkzeug besitzt, findet er prompt eine Beschäftigung auf dem Bau! Zahltag ist nächsten Donnerstag. Bei der Arbeit lernt er Frank (Keith David) kennen. Zwischen den beiden entsteht eine anfangs noch sehr distanzierte Freundschaft. Frank bietet John einen Schlafplatz sowie eine tägliche warme Mahlzeit in einer kleinen, verarmten Siedlung an. Fortan lebt John dort zusammen mit all den Menschen, zu denen der große amerikanische Geist nicht so barmherzig war! Eines Tages findet John bei einem Spaziergang der etwas neugierigen Sorte heraus, dass die benachbarte Kirche weniger ein Ort von Spiritualität und Ruhe als ein Lagerhaus darstellt, in dem allen Anschein nach auch jemand wissenschaftliche Experimente durchführt! Urplötzlich wimmelt es nur so von Polizeibeamten, die beginnen, die ganze Nachbarschaft ordentlich auseinanderzunehmen. John entkommt den Tumulten mit einem Haar, kehrt zur Kirche zurück und schnappt sich einen der dort noch übrig gebliebenen Kartons.
Er flüchtet in eine ruhige Seitenstraße und öffnet den Karton! Sonnenbrillen? Im Ernst? Lächerlich! Nun ja, es ist ein sonniger Tag und es kann ja auch nicht schaden, deshalb setzt er gleich mal eine auf und wirft die restlichen hundert in eine Mülltonne.
Was John dann bei seinem Spaziergang durch die Straßen von LA sieht, verändert sein Leben. Nicht nur, dass er nicht weiter von der Sonne geblendet wird, nein, die Brille lässt ihn erkennen, dass wir Menschen nicht mehr allein sind und die Besucher, die er hinter den Fassaden der Menschen erkennt, scheinen schon lange keine Fremden mehr zu sein! Sie sind überall und sie halten uns müde und beschäftigt. Sie sind wir, doch wir schlafen und sie sind wach…. denn Sie Leben!
Der Kult
Was macht diesen Film so unvergleichlich? Was macht ihn so zeitlos? Ist es das Zusammenspiel aus Musik und Atmosphäre? Gewiss! Wie auch bei seinen anderen Werken komponiert John Carpenter auch hier wieder den kompletten Score selbst! Wer könnte die Filmmusik zu seinem eigenen Film besser komponieren als der Regisseur!? Die Musik trägt den Film von Anfang an wie auf Schwingen bis hin zum Ende. Eine teils entspannt bis bedrohliche Stimmung ist permanent präsent, unauffällig wie eine endlose, kleine Melodie, jedoch tragisch und erdig wie ein Blues. Der Film plätschert in feinster Westernmanier vor sich hin! Ständig lauert etwas im Verborgenen und es scheint jederzeit auszubrechen!
Aber nicht nur die Musik oder Carpenters Regiearbeit macht Sie Leben zu einem solch besonderen Film! Carpenter lässt uns den ganzen Film durch Johns Augen sehen und durch dessen Wahrheit, enttarnt durch die Sonnenbrille… und das Bindeglied zwischen John Carpenter und jedem Zuschauer, der sich diesem Meisterwerk verbunden fühlt heißt: “Rowdy” Roddy Piper! Piper muss hier nichts spielen! Man merkt ganz deutlich, dass er die Rolle des Einzelgängers, der hinter menschliche Mauern blicken kann, kennt und lebt. Piper, der in seiner gesamten Karriere mehr vor der Wrestling-Kamera als beim Film gestanden hat, konnte sich mit dieser Rolle ein absolutes Denkmal setzen.
Doch was steckt hinter dieser Geschichte? Was soll uns dieses Orakel sagen? Nun, aktueller denn je, zeigt uns John Carpenters Sie Leben den langsamen Verfall der sozialen Mittelschicht! Es gibt nur noch arm oder reich! Du bist entweder ganz oben an der Spitze oder ganz unten bis ans Ende deines Lebens! Nimm diesen großen Traum! Nimm ihn, ergreife ihn und halte ihn fest umschlungen, denn du bekommst nur eine Chance und wenn du dir diese entgehen lässt, bleibt dir nur noch die Mittelmäßigkeit. Eine Mittelmäßigkeit, die von den Strippenziehern, von den Reichen, von Politikern und Geldhaien, den Menschen, die du nun hinter der Fassade erblicken darfst, bereits vor langer Zeit zur Strecke gebracht wurde. Eine mittelmäßige Welt, die ersetzt wurde durch einfache menschliche Bedürfnisse, durch Schlaf und Gehorsam, durch Konsum und Fortpflanzung! Glaube wird in dieser neuen Welt geduldet, Entfaltung und Meinungsfreiheit muss allerdings weichen! Und was passiert, wenn es da jemanden gibt, für den die alten Werte noch existieren? Wenn Menschen Fragen stellen und auf die Straße gehen und beginnen, für ihre Werte zu kämpfen? Der Film ist schonungslos ehrlich. Auf der einen oder der anderen Seite wird immer etwas passieren. Der Betrachter hat die Wahl und die unterschwellige Botschaft von Sie Leben lautet nicht etwa: Schlafe und gehorche. Sondern: Erwache, Mensch, und kaufe dir besser ausreichend Päckchen Bubble Gum!
White line’s in the middle of the road, that’s the worst place to drive.
Höhepunkte
Einer der Höhepunkte des Filmes ist die Prügelei zwischen Frank und John! Nicht nur, dass John zeigt, für wie ernst er die Lage hält und wie wichtig es für ihn ist, Frank auf seine Seite zu bekommen, sondern auch, weil diese Szene einfach perfekt gedreht ist! Im Film ist eine waschechte Prügelei zwischen zwei Schauspielern zu sehen, denen es an keinerlei Erfahrung im theatralischen Straßenkampf fehlt! Teilweise macht es den Anschein, die zwei hätten sich einfach authentisch und ohne Absprache, Choreografie oder Pausen geprügelt! Und verdammt hatten sie einen Spaß dabei. Des Öfteren sieht man Piper während des Kampfes lachen und man erkennt die Echtheit dieses Lachens! Dass diese Szene so aussagekräftig und effektiv ist, wie sie ist, verdanken wir zusätzlich der brillanten Regiearbeit von John Carpenter!
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Gute Rezension, die auch die Botschaft des Films vermittelt – ohne dabei direkt zu spoilern.
Schöne Wortwahl, schön geteasert so dass man direkt Bock auf einen Rewatch des Films bekommt.
It‘s time to kick Ass and chew Bubblegum