Shenmue II schildert Ryo Hazukis Zeit in Hong Kong.
Handlung
Ryo Hazuki ist in Hong Kong angekommen. Er macht sich direkt auf die Suche nach Lishao Tao. Dabei trifft er erneut allerhand Personen, die ihm nicht nur auf seiner Reise helfen. Er lernt viele Kampfkunstmeister kennen, die ihm neue Techniken beibringen und auch einige üble Gesellen, die ihm ans Leder wollen. Doch dann trifft er eine junge Frau, die ihm schon im ersten Teil im Traum erschienen ist…
Rezension
Fangen wir gleich mal mit einem coolen Pluspunkt an. Wir können den Spielstand aus dem Vorgänger übernehmen, was uns etliche Gegenstände, Geld (umgerechnet von Yen in Hong Kong Dollar) und auch die Spielzeuge bringt. Außerdem fängt das Spiel dann datumstechnisch zur korrekten Zeit an. Wie bei Shenmue erwähnt, ist die Spielereihe auf Kapitel ausgelegt, während wir im ersten Teil nur das erste Kapitel spielen, spielen wir hier die Kapitel 3 bis 5. Das zweite Kapitel ist die Bootsfahrt nach Hong Kong, welche nur als Comic verfügbar ist. Das ist sehr schade, denn so gehen einige Referenzen verloren. Diesen Comic kann man zwar freischalten, in dem man Schnappschüsse von bestimmten Charakteren macht, aber das kann man dann erst am Ende des Spiels sehen.
Shenmue II ist aber definitiv eine Verbesserung zum Vorgänger, was so ziemlich alle Bereiche betrifft. Wir haben nun eine Karte, können Zwischensequenzen überspringen, die Spielwelt ist größer und lebendiger, es gibt viel mehr Abwechslung im Alltag und natürlich auch mehr Kapselspielzeuge zum Sammeln. Das einzige, was verschlechtert wurde, ist die Arbeit, der Ryo kurz nachgeht. Statt mit einem Gabelstapler zu fahren, trägt er nun Kisten (oder Buchstapel) und muss zwischendurch QTE bewältigen. Die sind im zweiten Teil präsenter und an manchen Stellen auch wirklich nervig, aber im Großteil fallen sie kaum auf. Die Kämpfe fühlen sich flüssiger an und endlich haben wir auch eine Lebensanzeige des Gegners. Da Ryo meistens gegen mehrere Gegner kämpft, wechselt diese die Farbe, je nachdem wem er gerade einen auf die Glocke gibt.
Der größte Kritikpunkt zeigt gleichzeitig aber auch die große Stärke des Spiels. Wer einfach nur der Story folgen will, der merkt schnell, wie repetitiv das Gameplay ist. Person A finden, die weiß wo Person B ist, die wiederum weiß, wer Person C ist. Der Reiz und der Charme des Spiels liegt aber in der Spielwelt selbst. Diese ist so akribisch unserer Welt nachempfunden, dass es immer irgendwo was zu tun gibt. Dafür wurde der erste Teil schon in Japan hoch gelobt, denn er war genau das, was in Japan so im Alltag ablief. Für uns in der westlichen Welt war es ein wundervoller Einblick in eine fremde Kultur und der zweite Teil überbietet dies anhand der schieren Größe (für 2001) noch einmal.
Dem Spiel bekam es wohl leider nicht, dass es zum einen auf der „falschen Konsole“ erschienen ist, die Dreamcast war zwar ihrer Zeit um einiges voraus, floppte aber leider und war der Untergang SEGAs als Konsolenhersteller. Und zum anderen erschien nur ein Monat später GTA III, welches eine ganz andere Art von Open World zeigte. Für den Verlauf der Grand Theft Auto Reihe war es nur konsequent, wieder auf Verbrechen zu setzen, mit all den fragwürdigen Entscheidungen, die man dabei treffen kann. GTA III bot im Prinzip einen riesigen Spielplatz, der uns eine andere Welt, angelehnt an Gangster-Filme, zeigte. Und eben nicht unsere eigene, wenn auch eine fremde Kultur. Ich muss nicht erwähnen, wie groß die Reihe danach wurde, es gab etliche Klone wie Saints Row und True Crime, die ein ähnliches Konzept verfolgten – und auch dabei gut funktionierten.
Shenmue wurde aber nie wirklich kopiert, was dazu führte, dass es einfach unter dem Radar der meisten Gamer flog und sich diese Art von Open World – FREE (Full-Reactive-Eyes-Entertainment) nicht durchgesetzt hat. Schade eigentlich, denn diese Open World transportiert eine ganz andere Botschaft, als die von GTA. Heute erwarten wir unter Open World eine möglichst freie Entscheidung über alles. Ich kann ohne Probleme in Fallout einen NPC töten, habe eventuell dann einen Kampf an der Backe, den ich nicht gewinnen kann, aber ich kann mich so entscheiden. Und diese Wahl habe ich in fast allen Spielen dieser Art. Ich kann in Assassin’s Creed und GTA so ziemlich jeden Passanten töten, einfach so. Aber mit den wenigsten kann ich reden. Ich kann ihnen zuhören, was sie so auf der Straße erzählen, aber das war es dann meistens auch. Bei Shenmue II (und auch dem Vorgänger) ist es aber genau der gegenteilige Fall. Ich kämpfe, wenn ich es muss, nicht wenn ich will. Und ich kann mit fast jedem NPC interagieren.
Nicht falsch verstehen, ich habe wirklich jeden GTA Teil, fast alle Assassin’s Creed Spiele und zumindest Fallout 3, 4 und New Vegas gespielt – und mochte sie alle. Darum geht es nicht. Es geht mir nur darum, dass der Eskapismus den Realismus besiegt hat. Es gibt keine Koexistenz, man kann maximal sagen, dass sich auch dieser Art von Open World die Walking Simulatoren entwickelt haben.
Obwohl die ersten beiden Teile von Shenmue Kultstatus genießen und von der Fachpresse hoch gelobt wurden, waren sie kommerzielle Misserfolge. Ein dritter Teil erschien erst 2019 nach einer Crowdfunding-Kampagne, der zu einem späteren Zeitpunkt besprochen wird.
Fazit zu Shenmue II
Alles richtig gemacht mit diesem zweiten Teil. Im Spiegel der Zeit muss ich allerdings einen Punkt abziehen, denn gut gealtert ist Shenmue II leider nicht, genau wie der Vorgänger. Dies liegt vor allem an der Steuerung und den QTEs.
Info
System: Dreamcast, Xbox, Xbox One, PlayStation 4, Windows
Veröffentlichung: 06. September 2001
Freigabe: ab 12
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