In X-Men Origins: Wolverine erhält der beliebte, krallenbewehrte Mutant eine Ursprungsstory.
Ambitionierte Pläne
Von Anfang war der von Hugh Jackman dargestellte Wolverine einer der, wenn nicht sogar der Lieblingsmutant in der ersten X-Men-Filmtrilogie. Dementsprechend war es auch kein Wunder, dass trotz der Enttäuschung, die X-Men: Der letzte Widerstand darstellte, 2009 ein Solofilm in die Startlöcher trat. Dabei sollte dieses Filmabenteuer gleichzeitig ebenso der Auftakt zu einer Filmserie sein, in deren Mittelpunkt die Ursprünge einzelner Mutanten standen.
Von Anfang an war dabei der Drehbuchautor David Benioff involviert, der schon im Oktober 2004 angeheuert wurde, ein Skript zu schreiben. Was für ihn die Erfüllung eines großen Wunsches war, da er sich bereits vorher stark um das Projekt bemühte. Als Inspirationsquellen zog er die Weapon X-Storyline, sowie die Origins-Miniserie heran. Später wurde auch der Hauptdarsteller Hugh Jackman involviert, mit dem gemeinsam er ein Skript produzierte, das düster und brutal war, mit dem Ziel, dass der Film ein R-Rating erhalten würde. Das ist allerdings eine Alterseinstufung, die die meisten US-Studios vermeiden, weil sie der Meinung sind, dass sich das negativ auf die Einspielergebnisse auswirkt.
In das Drehbuch zu X-Men Origins: Wolverine baute Benioff die Comicfiguren Deadpool und Gambit ein. Bei Deadpool war lange Zeit vorher bereits ein Solofilm geplant, der dann allerdings auf Grund von Hauptdarsteller Ryan Reynolds Mitwirkung in Blade Trinity flachfiel. Bei Gambit war es hingegen so, dass er die ganze Zeit in die X-Men-Trilogie hatte eingebaut werden sollen, wozu es jedoch nie gekommen war.
Probleme hinter der Kamera
Im Juli 2007 wurde schließlich der Regisseur Gavin Hood angeheuert. Er selbst war kein Comicfan, fand allerdings die Figur Wolverine interessant. Und eine Änderung, die er sofort zu Beginn durchsetzte, war die Tatsache, dass in dem Film die Titelfigur und Sabretooth richtige Blutsverwandte waren. Ebenso wollte er seinem Werk einen anderen Look verpassen als den vorherigen X-Men-Filmen. Dabei war klar, dass das Leinwandabenteuer chronologisch vor der Filmtrilogie stattfand.
Gedreht wurde X-Men Origins: Wolverine anfänglich in Australien und Neuseeland, ehe die Dreharbeiten danach in die USA umzogen, genauer gesagt nach New Orleans, Lousiana. Die Produktion hatte dabei einige Probleme zu überwinden. So widersprach die Bezirksregierung von Queenstown, Lake District in Neuseeland der Entscheidung des Arbeitsministeriums, Fox – die den Film ja vertrieben und finanzierten – zu erlauben, Explosivstoffe in einer lokalen Eislaufbahn zu lagern. Beigelegt wurde dies erst, als das Unternehmen die gefährlichen Materialien in ein anderes Gebiet verlagerte.
Wesentlich problematischer war die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Dreharbeiten in Australien das Drehbuch noch nicht fertig war. Was mitunter dazu führte, dass teilweise in der Nacht vor einem neuen Drehtag neue Skriptseiten geschickt wurden. Das sorgte beim Regisseur Gavin Hood für leichte Missstimmung. Und es sollte nicht das letzte Mal sein, dass ein Vorgehen oder eine Entscheidung von Fox dafür sorgte, dass der Filmemacher unzufrieden war.
Donner to the Rescue
So sorgte vor allem die Entscheidung, was für ein Film gedreht werden sollte, für heftige Streitereien zwischen dem Filmemacher und der Produktionsfirma. Gavin Hood wollte einen düsteren, ernsten Kinofilm drehen, in der Wolverine unter anderem an einer posttraumatischen Stressstörung litt. Fox lehnte das mit dem Argument ab, dass dies niemanden interessieren würde. Am Ende war der Konflikt zwischen beiden Parteien so groß, dass die Firma bereits zwei Ersatzregisseure in der Hinterhand hatte, falls sie Gavin Hood wegen des Disputs feuern sollten. Doch dazu kam es nicht. Es war der berühmte Regisseur und Produzent Richard Donner, Ehemann der Produzentin des Films Lauren Shuler Donner, der extra nach Australien flog, und die Wogen bei X-Men Origins: Wolverine glätten konnte.
Beim Casting gab es die eine oder andere Überraschung. Zwar war von Anfang an klar, dass Hugh Jackman die Titelrolle wieder darstellen würde. Doch war er der einzige von allen Schauspielern der Filmtrilogie, der dauerhaft zurückkehrte. So hoffte zwar Tyler Mane, der Sabretooth im allerersten X-Men-Film spielte, dass er erneut die Rolle wieder aufnehmen könnte, doch zum Glück für die Zuschauer übernahm stattdessen Liev Schreiber die Darstellung des Charakters. Er und Hugh Jackman hatten bereits in der romantischen Komödie Kate & Leopold zusammengearbeitet und stachelten sich während der Dreharbeiten gegenseitig dazu an, immer mehr und mehr Stunts selber zu machen. Liev Schreiber legte für seine Darstellarbeit extra 18 Kilo an Muskelmasse zu und meinte später, dass dies die monströseste Rolle war, die er jemals gespielt hatte.
Bei William Stryker entschied man sich ebenfalls für einen neuen Darsteller, auch wenn Brian Cox gehofft hatte, die Figur in X-Men Origins: Wolverine wieder schauspielen zu können. Doch die Casting-Entscheidung fiel auf Danny Huston. Der berühmte Musiker will.i.am übernahm die Rolle des teleportierenden Mutanten John Wraith, derweil Lynn Collins den Part von Wolverines Indianerfreundin Kayla Silverfox erhielt. Ihr Casting sorgte für Kontroversen, weil sie alles ist, nur keine amerikanische Ureinwohnerin. Kevin Duran kriegte die Rolle des unzerstörbaren und leicht unterbelichteten Fred Duke und Taylor Kitsch die des Diebes Remy LeBau aka Gambit. Dominic Monaghan konnte man in der Rolle des elektrizitätmanipulierenden Mutanten Chris Bradley bewundern, während Daniel Henny als zielsicherer Agent Zero im Film regelmäßig für Ärger sorgen sollte. Der letzte Schauspieler des Maincasts war niemand Geringeres als Ryan Reynolds, der zu Wade Wilson wurde. Was mit seiner Figur am Ende geschah, sorgte im Fandom für enorme Kontroversen.
Wenn die Vergangenheit einen wieder einholt
Im Jahr 1845 entdeckt der junge James Howlett auf tragische Weise, dass er ein Mutant ist und dass Victor Creed sein Halbbruder ist. Zusammen fliehen sie von zu Hause und erleben im Laufe der nächsten Jahrzehnte viel gemeinsam. Dank ihrer Heilungskräfte überleben sie so manchen Krieg. Und während des Vietnamkriegs werden sie Teil einer geheimen Einheit, die aus Leuten bestehen, die wie sie über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen. Doch James Howlett ist des Tötens und Mordens müde, anders als sein Blutsverwandter, der daran jede Menge Gefallen findet. Nach einer kontroversen Auseinandersetzung verlässt er die Truppe.
Sechs Jahre später lebt Logan, wie er sich inzwischen nennt, als Holzfäller in Kanada und hat eine glückliche Beziehung mit der Blackfoot-Indianerin Kayla Silverfox. Doch die Vergangenheit lässt ihn nicht los und wiederholt hat er Alpträume von seinen früheren Taten. Eines Tages versucht William Stryker, sein ehemaliger Kommandant, ihn wieder zurück in den aktiven Dienst zu holen, Wolverine lehnt dies allerdings ab. Dann tötet Victor Creed jedoch seine Geliebte und Logan willigt ein, Teil eines gefährlichen Experiments zu werden, das für ihn alles verändert.
X-Men Origins: Wolverine fängt stark an und lässt dann im Laufe der Spielzeit langsam aber sicher nach, sodass das Finale des Films einen nicht unterhält, sondern im Gegenteil sogar mehr aufregt.
Ein Biest von einem Monster
Doch der Reihe nach. Wie gesagt ist der Anfang des Filmabenteuers sehr stark geworden. Ganz wie in dem Comic Origin sieht man – wenn auch hier enorm zusammengefasst – wie Logan seine Kräfte und seine wahre Herkunft entdeckt. Nur um dann von zu Hause zu fliehen. Danach wird in den Anfangscredits eine geniale Montage präsentiert, die zeigt, wie er und Creed im Laufe der Zeiten in diversen Kriegen kämpfen, wie sie immer wieder verletzt werden und wie am Ende Logan den Kampf verabscheut. Es ist einfach nur grandios, der große Höhepunkt dieses Kinofilms. Und leider auch der einzige.
Dabei war die Entscheidung, die Rolle von Victor Creed aka Sabretooth in X-Men Origins: Wolverine neu zu besetzen, genau die richtige. Tyler Mane, der erste Darsteller, hätte längst nicht so gut dieses maliziöse Gefallen an Gewalt und Grausamkeit rüberbringen können wie Liev Schreiber. Letzterem kauft man ab, wie sehr sein Charakter es mag, zu töten und andere leiden zu lassen. Man hasst ihn für das, was er tut, wie er mit seinen Opfern spielt und wie intelligent er vorgeht. Einfach nur Spitzeklasse.
Eine ähnliche schauspielerische Glanzleistung ist auch die Darbietung von Daniel Henny. Genau wie Victor Creed ist sein Agent Zero ebenfalls ein sadistischer Mörder, der auf seine Fähigkeiten stolz ist und sie nur allzu gern im Auftrag von William Stryker einsetzt. Der Augenblick, wo seine Figur endlich ins Gras beißt, ist eine Genugtuung für den Zuschauer.
Es fehlt das nötige Etwas
Und natürlich darf auch die darstellerische Leistung von Hugh Jackman nicht vergessen werden. Erneut zeigt der gebürtige Australier in X-Men Origins: Wolverine, wieso ausgerechnet er von allen X-Men derjenige ist, der einen Solofilm erhält. Seine Motivation wird deutlich rübergebracht. Und der Augenblick, wo er, nachdem sein Skelett mit Adamantium überzogen wurde, aus dem Becken, wo dieser Vorgang stattfand, aufspringt, ist ikonisch. Und man kauft ihm ebenso ab, dass er sich in Silverfox verliebt hat und dass er überall Freunde hat, die ihm beistehen. Auch seine komödiantische Seite kann er ausspielen, als er, nachdem er bei Bekannten untergekommen ist, seine Krallen ausprobiert und dabei aus Versehen deren Badezimmer zerlegt.
Doch das große Problem des Films lautet William Stryker. Danny Huston gibt sich redlich Mühe, den Charakter mit eigenem Leben zu füllen. Jedoch muss er sich gegen die Darstellung von Brian Cox aus X-Men 2 behaupten und die ist einfach besser. Es fehlt Huston das nötige Quentchen Charisma, um zu überzeugen. Sein William Stryker wirkt wie ein Bürokrat, der die Schlüssel zu einer mächtigen Waffe erhalten hat und bereit ist, dafür alles zu tun. Dass er in Wahrheit Mutanten nicht sonderlich mag, sondern sie nur als Werkzeug ansieht, wird erst im finalen Akt deutlich gemacht. Was zu spät ist.
Auch Lynn Collins als Kayla Silverfox schafft es in X-Men Origins: Wolverine nicht, zu überzeugen. Was allerdings weniger an ihrer schauspielerischen Darbietung liegt, sondern vielmehr an dem Material, mit dem sie arbeiten musste, bzw. dem Mangel an diesem. Es wäre besser gewesen, ihren Auftritt wirklich nur auf den Anfang des Films zu beschränken und sie nicht nochmal später erneut auftreten zu lassen, dieses Mal mit einem Plottwist, der forciert und nicht sonderlich gut aufgebaut wirkt. Auch die Erklärung für ihre Taten kann nicht so recht überzeugen, da die Motivation hierfür nur in einzigen Szene wirklich gezeigt und nicht nur von erzählt wird.
Das soll ein ernstzunehmender Gegner sein?
Wobei sie nicht die Einzige aus dem Maincast ist, die am Ende enttäuscht. Will.i.am ist definitiv ein besserer Musiker als Schauspieler und Taylor Kitsch als Gambit fällt im Vergleich zu den anderen Darstellern enttäuschend und blass aus. Seine Figur sollte eigentlich jede Menge Charisma besitzen, doch spürt man dies bei ihm nicht. Nur Kevin Duran kann überzeugen, wobei seine Rolle auch eher als Comedy Relief konzipiert ist.
Letzten Endes fällt X-Men Origins: Wolverine im finalen Akt völlig auseinander. Was auch teilweise die Schuld von Ryan Reynolds Figur Deadpool ist, der hier als der ultimative Killer auftreten soll. In Wahrheit führt sie allerdings eher zu Lachanfällen seitens des Zuschauers, weil sein ganzes Aussehen so lachhaft und dämlich wirkt. Auch der finale Kampf gegen ihn am Rand eines Kühlturms eines ehemaligen Atomkraftwerks wirkt so dermaßen lächerlich, dass es schon fast nicht mehr zu glauben ist.
Wobei Reynolds an dem schlechten Material, das der von ihm dargestellten Figur nicht mal im Ansatz gerecht wird, völlig unschuldig ist. Dass er es besser kann, wird er einige Jahre später beweisen, wenn Deadpool seine eigenen Filme kriegt, die dieses Mal dem Charakter wirklich gerecht werden.
Ein unbefriedigendes Ende
Was außerdem auch noch stört, ist das, was am Ende des Kampfes gegen Deadpool in X-Men Origins: Wolverine zwischen Logan und Victor Creed geschieht. Dafür, dass Letzterer jede Menge Mutanten getötet hat, ist sein Schicksal unbefriedigend. Natürlich muss er überleben, da er ja in dem ersten X-Men-Film chronologisch gesehen wieder auftritt. Aber trotzdem ärgert es, dass sein Ende hier einfach nur flach ausfällt.
Was auch für das Ende gilt, wo gezeigt wird, wodurch Logan sein Gedächtnis verloren hat und was mit William Stryker geschieht. Das wirkt alles lächerlich und nicht sonderlich überzeugend. Und vor allem bei Stryker macht sich bemerkbar, dass hier unbedingt auf X-Men 2 zugearbeitet werden musste. Was das Gefühl des Unbefriedigtseins noch verstärkt.
Und so ist X-Men Origins: Wolverine zwar kein Totalausfall. Aber eben auch nicht komplett überzeugend. Er ist eher Mittelmaß, mit vielen guten Ansätzen, allerdings nur selten wirklich gelungene Aspekten. So waren nachvollziehbar die Einspielergebnisse enttäuschend und das Konzept, dass in dieser Reihe jedes Mal der Ursprung einer anderen Figur gezeigt werden würde, wurde mit Magneto fallengelassen, weil dieser Teil sich in der Development Hell befand. Für Wolverine war dies nicht das Ende der Filmkarriere, da der Charakter einige Jahre später ein weiteres Filmabenteuer erleben sollte. Und Weg des Kriegers sollte die Fehler dieses Teils vermeiden …
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Warpskala
WarpskalaPositiv
- Hugh Jackman
- Liev Schreiber
- Sehr starkes Intro
Negativ
- Fällt im Finale völlig auseinander
- will.i.am und Taylor Kitsch bleiben blass
- Lächerlich aussehender Deadpool
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