Mit Watchmen – Die Wächter wird versucht, einen angeblich unverfilmbaren Comic zu verfilmen.

Ein Meisterwerk der Comicgeschichte

Es gibt nur wenige Comics, die einen Ruf wie Donnerhall haben. Die bei nahezu allen Comicfans als das Nonplusultra gilt, was Comicserien und Graphic Novels angeht. Es handelt es sich um Alan Moores und Dave Gibbons Meisterwerk aus dem Jahr 1986, Watchmen. Ein Comic, der zeigt, was mit diesem Medium der bunten Bilder möglich ist. Und der leider auch für große Kontroversen sorgen sollte.

Denn eigentlich hatte das Kreativteam mit dem Verlag DC Comics einen Vertrag, dass sobald die Graphic Novel nicht mehr gedruckt wird, die Rechte an der Serie wieder an sie zurückfallen würden. Doch seitdem bleibt die Reihe ständig im Print und ist immer noch ein Mega-Erfolg, selbst jetzt, Jahrzehnte nach dem ersten Erscheinen. Für den Verlag gut, für die Kreativen nicht so sehr. Vor allem Alan Moore, ein Mann mit festen Prinzipien, nahm dies zum Anlass, 1989 öffentlich mit DC zu brechen und nie mehr wieder direkt für den Verlag zu schreiben. Im Laufe der nachfolgenden Jahre sollten dem Autoren noch weitere Ungerechtigkeiten widerfahren, so dass er sich 2019 komplett aus dem Medium zurückzog. Womit der Welt der bunten Bilder ein genialer Comicautor verloren gegangen ist, wie es ihn nur selten gibt.

Mindestens ebenso lange, wie der Comic existiert, gab es auch Versuche, ihn zu verfilmen. Doch bis dies wirklich gelingen sollte, vergingen viele Jahre.

Durch die Hölle

Den ersten Versuch Watchmen zu adaptieren gab es direkt zum Release. Genauer gesagt kauften die Produzenten Lawrence Gordon und Joel Silver 1986 im Auftrag von 20th Century Fox die Filmrechte an dem Werk. Der Drehbuchautor Sam Hamm wurde für das Skript angeheuert, der allerdings dann das komplizierte Ende neu schrieb und dabei unter anderem eine Zeitreise und einen Attentatsplot einbaute. Doch bis 1991 sollte keine Verfilmung passieren, so dass Warner Bros. Pictures sich dem Projekt annahm und Terry Gilliam als Direktor und Charles McKewon für die Drehbuchüberarbeitung anheuerte. Die allerdings ebenfalls glücklos bleiben sollten. So meinte Gilliam später, als er das Projekt schließlich verließ, das Werk sei unverfilmbar.

Im Laufe der nächsten Jahre war das Vorhaben, die Graphic Novel zu verfilmen, in der Development hell. Namenhafte Regisseure und Drehbuchautoren, sowie Filmstudios gaben sich gefühlt gegenseitig die Klinke in die Hand. Unter anderem waren im Laufe der Jahre zum einen oder anderen Zeitpunkt Michael Bay, Darren Aronofsky und Revolution Studios mit involviert. Doch aus diversen Gründen konnten die Beteiligten das Projekt nicht realisieren.

Erst im Jahr 2005 sollten sich die Geschicke von Watchmen langsam zum Besseren wenden. Das fingt damit an, dass Warner Bros., beeindruckt durch Zack Synders Regie-Arbeit bei dem Comicverfilmung 300, ihn für die Adaption anheuerte. Ebenso überarbeitete der Drehbuchautor Alex Tse das Skript und kehrte das Setting wieder zurück in die Zeit des Kalten Kriegs, nachdem es in früheren Drehbuchversionen in die Gegenwart versetzt worden war. Außerdem wurden die Kampfszenen verlängert und es wurde ein Subplot um eine Energiekrise mit eingebaut.

Wenn die Vorlage das perfekte Storyboard ist

Zack Snyder nutzte den Comic als Storyboard, so dass man im Laufe des Films viele Einstellungen und Dialoge wieder erkennen konnte, die direkt aus der Vorlage stammten. Der damalige Zeichner Dave Gibbons wurde zum Berater, nach dem Alan Moore, unter anderem bedingt durch seine schlechten Erfahrungen mit den Verfilmungen seiner Werke Liga der außergewöhnlichen Gentlemen und V wie Vendetta, mit dem Projekt nichts zu tun haben wollte, wobei er trotzdem später noch etwas Lob für Alex Tses Drehbuch abgab.

Bei den Darstellern setzte Watchmen – Die Wächter, wie der Film auf Deutsch heißen sollte, auf damals nicht ganz so bekannte Schauspieler. Die Riege der Hauptdarsteller setzte sich zusammen aus: Malin Åkerman als Laurie Jupiter, die zweite Silk Spectre, Billy Crudup als John Osterman aka Doctor Manhattan, Matthew Goode als John Veidt aka Ozymandias, Jackie Earle Haley als Walter Kovacs, aka Rohrschach sowie Patrick Wilson als Daniel Dreiberg, Nite Owl II. Von den weiteren Darstellern waren noch Carla Gugino als Sally Jupiter, die erste Silk Spectre und Jeffrey Dean Morgan als Edward Blake, der Comedian, wichtig.

Die Dreharbeiten verliefen komplikationslos. Gedreht wurde überwiegend in Vancouver, Kanada, wo Sound Stages für Appartements und Büros genutzt wurden, derweil die Szenen, die auf dem Mars oder in der Antarktis stattfanden, vor einem Greenscreen gefilmt wurden. Billy Crudup, dessen Filmcharakter ein blau leuchtender Übermensch ist, trug während der Filmarbeiten einen weißen Anzug mit blauen LEDs. Der Körper seines alter Egos war der des Fitness Modells und Schauspielers Greg Plitt, auf dem der Kopf von Crudup dann in der Nachproduktion digital verpflanzt wurde. Da der Dreh sehr viele Computertricks benötigte, waren am Ende zehn verschiedene Trickfirmen involviert. Und 20th Century Fox, die ja ursprünglich den Comic verfilmen wollten, verklagten Warner Bros., um den Release zu blockieren. Doch das Verfahren wurde gegen eine Vorabzahlung sowie eine prozentuale Beteiligung am weltweiten Verdienst des Films und etwaigen Spinoffs beigelegt.

Viel übernommen, einiges weggelassen und etwas hinzugefügt

Edward Blake wird ermordet. Was allerdings niemand weiß, ist, dass es sich bei ihm um den ehemaligen Vigilanten der Comedian handelt. Nur Rohrschach, ein illegal agierender Vigilant, findet es heraus. Und startet seine Ermittlungen.

Parallel dazu erinnert sich Doctor Manhattan, das einzige Superwesen dieser Welt, an seine Vergangenheit und an die mit dem Comedian. Er selbst entfremdet sich immer mehr und mehr von der Menschheit. Und selbst seine aktuelle Geliebte Laurie Jupiter kann das nicht verhindern. Doch am Ende werden sie und andere auf die eine oder Art in die Aufklärung des Verbrechens involviert, bei der Ereignisse aus der Vergangenheit eine wichtige Rolle spielen.

Wer die Comicvorlage kennt und sie mit dem Film vergleicht, dem wird auffallen, dass Watchmen – Die Wächter einerseits vieles aus der Vorlage übernommen hat. Bestimmte Einstellungen und Dialoge, inklusive des berühmten „Ihr seid mit mir eingesperrt“ von Rohrschach, wurden eins zu eins kopiert. Aber andererseits wurde ebenso vieles weggelassen, wie beispielsweise der Comic im Comic Tales of the Black Freigther oder die Szenen am Zeitungsstand. Teilweise wurden diese dann spätestens im Ultimate Cut eingefügt. Und wiederum hatte der Film ebenfalls Passagen, die im Comic nicht auftauchten, wie eben der Plot um die Energiekrise, sowie das im Vergleich zur Vorlage radikal veränderte Ende.

Unübertragbar

Als Fan des Comicoriginals, fällt es selbstverständlich schwer, an diesen Film neutral ranzugehen. Denn der Comic war und ist grandios. Allein schon wegen der packenden Geschichte, wegen den vielen Details, die so natürlich nicht in eine Verfilmung rübertransportiert werden können und wegen der graphischen Opulenz. So ist zum Beispiel das fünfte Kapitel der Graphic Novel komplett symmetrisch aufgebaut, was sich naturgemäß so nicht in die Adaption übertragen lässt.

Trotzdem muss man Zack Snyder Respekt zollen, weil er es zumindest versucht hat, eine glaubwürdige Watchmen-Verfilmung zu erschaffen. Und überwiegend gelingt ihm das auch. Dass das Ergebnis nicht komplett überzeugt, liegt am Ende daran, dass der Regisseur irgendwann zu mutig geworden ist.

Um es so auszudrücken: So lange sich Watchmen – Die Wächter ganz nahe an der Vorlage orientiert, ist der Film grandios! Man merkt, dass die Graphic Novel als Storyboard diente, da – wie schon gesagt – ganze Einstellungen und Dialoge aus dieser übernommen wurde. Es ist im Prinzip für das Kreativteam von Alan Moore und Dave Gibbons eine Art Ritterschlag, dass ihr Werk dann wirklich so werksgetreu adaptiert wurde.

Was für ein misslungenes Finale

Dementsprechend stimmen die Charakterisierungen. So ist zum Beispiel Jeffrey Dean Morgan als der Comedian ist ein glaubwürdiger, zynischer alter Bastard, der egal, was geschieht, seinen Spaß daran hat. Auch Jackie Earle Haley kann überzeugen. Sein Rohrschach ist ein im Grunde mental kaputter Vigilant, dessen eisernen Prinzipien mit der Realität nur bedingt kompatibel sind und die am Ende ebenso der Grund für seinen Tod sind. Und natürlich darf ebenfalls Billy Crudup nicht vergessen werden, dem man abkauft, dass sein Alter Ego Doctor Manhattan im Laufe der Zeit der Menschheit immer entrückter wird, je mächtiger er wird. Hier muss man übrigens auch den Filmemachern Respekt aussprechen, dass sie es wagen, in einem amerikanischen Film den Penis dieses Überwesens deutlich zu zeigen.

Doch sobald Watchmen – Die Wächter sich von der Vorlage entfernt, sobald Zack Snyder und die anderen Verantwortlichen etwas zur Story hinzufügen, was ursprünglich nicht in ihr vorhanden war, da merkt man, wie es dem Film schadet und er ins Stolpern gerät. Der Plot um die Energiekrise, der vor allem fürs Ende von Bedeutung ist, läuft nur nebenbei und wird nicht gerade sonderlich wichtig hervorgehoben.

Am meisten ärgert jedoch das Finale des Films, wo die Macher sich vollständig von der Vorlage entfernt haben. Mit dem Argument, dass sie 15 Minuten Filmzeit gebraucht hätten, um das ursprüngliche Ende des Comics zu erklären, weil es ansonsten zu verrückt gewirkt hätte, wird stattdessen ein komplett neues eingebaut. Eines, dass sich allerdings mit der Story und der Erzählweise völlig beißt.

Was für ein Klischee

Es ist vor allem die Tatsache, dass dieses neue Finale von Watchmen – Die Wächter gefühlt komplett aus Klischees besteht. Etwas, was die Story vorher eigentlich vermieden hat. So sieht man, wie Nite Owl den Tod von Rohrschach mit erlebt und deswegen theatralisch zusammenbricht. Nur um dann später sich auf Ozymandias zu stürzen und ihn zu verprügeln. Ebenso fehlt der ominöse Abschied Doctor Manhattans, der die Erde mit einer kryptischen Bemerkung zu Ozymandias verlässt.

All dies sind Elemente, an denen man merkt, dass hier im Vergleich zum Original etwas hinzugefügt wurde, was da ursprünglich nicht war. Und was einfach nicht glaubwürdig wirkt, weil es sich mit der überwiegenden Erzählweise beißt. Was auch mit der Grund ist, dass dieser Film zwar eine durchaus adäquate Adaption ist. Aber keine, die der Vorlage wirklich gerecht wird. Womit diese weiterhin den Nimbus der Unverfilmbarkeit besitzt.

 

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Götz Piesbergen
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