Unheimliche Begegnung der dritten Art war für Steven Spielberg ein Herzensprojekt.
Inhalt
Ein Pick-up Truck fährt des nachts auf einer einsamen Landstraße, über die sich ein wunderschöner Sternenhimmel erstreckt. Der Fahrer des Wagens hat jedoch keinen Blick für das mit abertausenden Lichtpunkten gesprenkelte Himmelszelt. Er hat sich verfahren und hält an einen Bahnübergang, um einen Blick auf seine Straßenkarte zu werfen. Unvermittelt setzt der Motor seines Trucks aus und die Innenbeleuchtung des Führerhauses schaltet sich ganz von allein ab.
Plötzlich erstrahlt ein helles Licht, so grell, als hätte Gott persönlich einen Suchscheinwerfer auf den Truck gerichtet. Gleichzeitig ertönt ein dumpfes Brummen. Der Fahrer erschrickt und blickt aus dem Seitenfenster nach oben, um den Ursprung des unheimlichen Leuchtens zu ergründen, aber er wird davon so stark geblendet, dass er nichts erkennen kann. Ein paar Sekunden später ist der Spuk schon wieder vorbei. Das Licht erlischt, das Brummen verstummt und zurück bleibt ein ratloser Mensch, der zum ersten Mal in seinem Leben eine Begegnung mit der Welt außerhalb seiner ihm wohl bekannten Alltagserfahrung gemacht hat …
Das bisher durch und durch normale Vorstadtdasein des Kraftwerksingenieurs Roy Neary wird durch diese beunruhigende Erfahrung völlig durcheinander gebracht. Roys Ehefrau und seine drei Kinder erkennen ihn fortan nicht mehr wieder. Er beginnt, eine regelrechte Besessenheit für UFOs zu entwickeln, die ihn völlig vereinnahmt. Gleichzeitig hat Roy immer wieder Visionen von einem rätselhaften Berg, welche offensichtlich mit seiner UFO-Sichtung zusammenhängen.
Zur selben Zeit beschäftigen sich der französische Wissenschaftler Claude Lacombe und sein Team mit der Untersuchung mysteriöser Ereignisse auf der ganzen Welt: So tauchen in der mexikanischen Wüste seit Jahrzehnten vermisste Flugzeuge der U.S. Air Force plötzlich wieder auf, jedoch ohne eine Spur von deren Crew. Wenig später wird mitten in der Wüste Gobi ein ebenfalls seit langer Zeit verschollenes Frachtschiff aufgefunden, ohne dass sich jemand erklären kann, wie es dort hin kam. Schließlich empfangen die Forscher um Lacombe mit einem Radioteleskop scheinbar sinnlose Abfolgen von Zahlen, von denen sich schließlich herausstellt, dass es sich um die geographischen Koordinaten des Devils Tower handelt, einem Tafelberg im U.S. Bundesstaat Wyoming.
Unterdessen nimmt Roy Nearys UFO-Manie immer groteskere Züge an. Er glaubt die markante Form des Berges aus seinen Visionen an allen möglichen Orten zu sehen und macht seiner Familie damit zunehmend Sorgen. Als er schließlich damit beginnt, ein riesiges Modell des Berges aus Abfallresten mitten im heimischen Wohnzimmer zu errichten, hat seine Frau die Nase endgültig voll, schnappt sich die Kinder und verschwindet.
Als Roy im Fernsehen einen Bericht über ein Zugunglück in der Nähe des Devils Tower sieht, erkennt er ihn sofort als „seinen“ Berg. Als er sich dort hinbegibt, muss er feststellen, dass die Umgebung des Berges vom Militär hermetisch abgeriegelt und evakuiert wurde, da bei dem Zugunglück angeblich für Menschen hochgefährliche Chemikalien in die Umwelt geraten sind. Außerdem trifft er auf die junge Mutter Jillian Guiler aus seiner Heimatstadt. Ihr kleiner Sohn Barry wurde von den UFOs entführt. Auch Jillian hatte Visionen vom Devils Tower und hat sich in der Hoffnung, hier Hinweise auf Barrys Verbleib zu finden, auf den Weg dorthin gemacht.
Die beiden finden heraus, dass noch viele andere Menschen aus dem ganzen Land an diesem Ort gekommen sind, die ähnliche Erlebnisse hatten.
Es gelingt den beiden schließlich den Berg zu besteigen. Sie gelangen zu einem Plateau, auf dem das Militär eine riesige Basis aufgebaut hat. Es sieht so aus, als ob Lacombe und sein Team irgendetwas Bestimmtes erwarten …
Rezension
Anfang der 50er Jahre, irgendwo in den USA: Ein kleiner Junge namens Steven Spielberg wird mitten in der Nacht von seinem Vater mit der Ankündigung geweckt, dass er ein Abenteuer mit ihm vor hat, und ohne weitere Erklärungen ins Auto geschleppt. Sie fahren zu einem abgelegenen Feld, auf dem sich bereits zahlreiche andere Menschen versammelt haben. Nach kurzer Zeit wird die Menge Zeuge eines spektakulären Meteorschauers. Hunderte kleiner Sternschnuppen schießen innerhalb weniger Minuten wie Leuchtspurgeschosse über den Himmel. Dieses Erlebnis prägte den kleinen Steven für sein ganzes Leben, denn zum ersten Mal wurde er in jener Nacht mit den Weiten des Universums konfrontiert.
Ein Vierteljahrhundert später hatte sich Spielberg durch seinen Überraschungshit Der weiße Hai einen Ruf als Hollywoods neues Wunderkind erworben. Dadurch wurde es ihm möglich, als nächstes einen Film über ein Thema zu drehen, welches ihn seit seinem Kindheitserlebnis beschäftigte: die friedliche Kontaktaufnahme von überlegenen außerirdischen Wesen mit der Menschheit.
Bis zu jener Zeit wurden Aliens im Science-Fiction Kino überwiegend als Aggressoren dargestellt, welche die menschliche Zivilisation versklaven bzw. gleich ganz ausrotten wollten. Spielberg wählte jedoch einen völlig anderen Ansatz für sein Projekt: Seine Weltraumbesucher sind der Menschheit friedlich gesinnte Freunde.
Für den Star-Regisseur war die Realisierung dieses Films ein Herzensprojekt, was besonders an der Darstellung der Hauptfigur Roy Neary zu erkennen ist, die ganz eindeutig ein Spiegelbild von ihm selbst ist. Seine außergewöhnliche Erfahrung weckt das Kind in ihm, was sich in einer Sehnsucht nach dem Übernatürlichen ausdrückt, die ihn von seiner „normalen“ Umwelt mehr und mehr entfremdet.
Spielberg erklärte einmal, dass die Hauptfiguren seiner Filme stets eine gewisse charakterliche Ähnlichkeit mit ihm selbst haben. Als Sohn eines Air-Force Offiziers fiel es ihm in seiner Kindheit stets schwer, Freunde zu finden, da die Familie immer wieder von einem Ort zum anderen zog. Durch sein nächtliches Erlebnis mit dem Meteorschauer entstand jedoch in ihm ein Bewusstsein für die Weite des Universums, das es ihm erleichterte, mit seiner Einsamkeit zurechtzukommen, und auch sein bis heute anhaltendes Interesse an Astronomie und UFOs weckte.
Den gleichen Bewusstseinswandel macht auch die Figur des Roy Neary durch. Seine UFO-Sichtung führt ihn in eine Isolation, die hauptsächlich aus dem Unverständnis seiner Familie resultiert. Nur Jillian ist in der Lage, Roys Obsession nachzuvollziehen, da sie als einziger Mensch in seiner unmittelbaren Umgebung dieselbe Erfahrung mit einer fremden Welt gemacht hatte wie er. Clevererweise vermeidet es Spielberg jedoch, eine Liebesbeziehung zwischen den beiden Charakteren zu etablieren. Es geht ihm stattdessen einfach nur darum, zwei Menschen zusammenzuführen, die aufeinander angewiesen sind, um hinter das Geheimnis ihrer außergewöhnlichen Erfahrungen zu kommen.
Die Suche nach diesem Geheimnis konfrontiert sie beide schließlich mit dem ultimativen Fremden. Die Kontaktaufnahme der Wissenschaftler um Lacombe mit den Außerirdischen wird von Spielberg wie eine quasi-religiöse Offenbarung inszeniert, welche von den beiden Hauptfiguren mit dem ehrfürchtigen Staunen zweier Kinder beobachtet wird.
Es gelingt dem Regisseur auf geniale Weise zu vermitteln, wie der Horizont des Menschen durch den Erstkontakt mit diesen Wesen erweitert wird. Spielberg nutzt die UFO-Besessenheit seiner Protagonisten, um die Sehnsucht des Menschen nach einem höheren Sinn im Leben aufzuzeigen, die wir alle von Natur aus in uns tragen, die aber im Laufe unseres Erwachsenwerdens bei den meisten von uns wieder verloren geht. Indem wir durch familiäre und berufliche Verpflichtungen dazu gezwungen sind, uns stets mit kleineren und größeren Alltagsproblemen herumzuschlagen, verkümmert die uns angeborene Fähigkeit des Staunens über die Welt, in der wir leben.
Wir beginnen irgendwann unweigerlich, Dinge als selbstverständlich anzusehen, die eigentlich ganz und gar nicht selbstverständlich sind.
Unheimliche Begegnung der dritten Art konfrontiert uns wieder mit dieser Sehnsucht. Seine nächtliche UFO-Sichtung erinnert Roy Neary daran, dass es in seinem Leben eine Lücke gibt, die sich mit dem Älterwerden auftat. In gewisser Weise ist er ein erwachsen gewordener Elliott, dem Jungen, der in Spielbergs nachfolgender Hitproduktion E.T. – Der Außerirdische Bekanntschaft mit einem auf der Erde gestrandeten Außerirdischen macht. Für Roy ist sein Entschluss, das außerirdische Raumschiff zu besteigen und die Erde für immer zu verlassen, der erste Schritt in ein neues Leben, in dem alles fremd und neu ist, so wie unsere eigene Welt, als wir noch Kinder waren, für uns fremdartig und im eigentlichen Sinn des Wortes erstaunlich gewesen ist.
Steven Spielbergs Film ist daher für alle empfehlenswert, die sich daran erinnern wollen, wie wichtig es ist, über die Wunder, die uns umgeben, zu staunen und auf das Fremde neugierig zu sein. Er zeigt uns, dass es keinen Grund gibt, Angst vor dem Unbekannten zu haben, und dass wir unsere Welt vielleicht zu einem besseren Ort machen könnten, wenn wir uns dieser uns allen angeborenen Offenheit für alles Neue besinnen würden …
Darsteller:
Richard Dreyfuss als Roy Neary
Francois Truffaud als Claude Lacombe
Melinda Dillon als Jillian Guiler
Cary Guffrey als Barry Guiler
Bob Balaban als Robert Loughlin
Teri Garr als Ronnie Neary
Team:
Drehbuch & Regie: Steven Spielberg
Produktion: Julia Phillips & Michael Phillips
Kamera: Vilmos Zigmond
Musik: John Williams
Schnitt: Michael Kahn
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