Ein Versehen sorgt für eine folgenschwere Entwicklung.
Der Gott der Mintakaner – Who Watches the Watchers?
Staffel 3, Folge 4 – Sternzeit: 43173,5
Worum geht es?
Die Enterprise empfängt einen Notruf der antrophologischen Forschungsstation auf dem Planeten Mintaka III. Diese ist von der Föderation eingerichtet worden, um die Bewohner des Planeten, welche sich auf den technischen Stand der Bronzezeit befinden, zu beobachten. Hierzu verfügt sie über eine Tarnvorrichtung, damit sie von den Mintakanern nicht entdeckt werden kann. Nachdem diese jedoch infolge einer Explosion ausgefallen ist, wird einer der Forscher aus der Station geschleudert und von dem Mintakaner Liko und dessen Tochter aufgefunden.
Als die Enterprise am Ort des Geschehens eintrifft und ein Außenteam auf die Oberfläche beamt, um dem bewusstlosen Crewmitglied zu helfen, stürzt Liko, als er sieht wie die Fremden scheinbar aus dem Nichts erscheinen, vor Schreck von einem Felsvorsprung und wird dabei schwer verletzt.
Dr. Crusher lässt Liko daraufhin, unter Missachtung der Obersten Direktive, auf die Krankenstation der Enterprise beamen, um seine Wunden zu versorgen. Während der Behandlung wird dieser kurz wach und sieht Captain Picard, wie er sich mit Crusher darüber berät, wie man sein Gedächtnis löschen kann, damit er sich nicht mehr an seinen Aufenthalt auf der Enterprise erinnert.
Doch nachdem man Liko zurück in sein Heimatdorf verbracht hat, stellt sich heraus, dass die Löschung nicht erfolgreich war: Er kann sich an alles erinnern und glaubt, dass es sich bei Captain Picard um ein göttliches Wesen handelt, das ihm das Leben durch ein Wunder gerettet hat.
Liko versucht die Bewohner seines Dorfes – die schon vor langer Zeit den Glauben an Götter verloren haben – davon zu überzeugen, dass „der Picard“ wirklich existiert und sie sich seinem Willen beugen müssen.
Um zu verhindern, dass die Mintakaner damit anfangen ihn als einen Gott anzubeten, beschließt Picard Nuria – die Anführerin von Likos Dorf – auf die Enterprise zu holen, und ihr klar zu machen, dass auch er nur ein normales, sterbliches Wesen ist, das den Tod nicht zu besiegen vermag.
Die Kehrseiten des Glaubens
Star Trek und die Religion, das war schon immer ein recht heikles Thema. Es ist ja bereits hinlänglich bekannt, dass Gene Rodenberry jeden direkten Kommentar zu spirituellen Fragestellungen in seiner Serie vermeiden wollte. Anders als etwa Star Wars besitzt Star Trek keinerlei mythischen Elemente, vor allem da Roddenberry selbst kein besonders religiöser Mensch war. Wenn es doch einmal eine Episode gab, die sich mit entsprechenden Themen auseinandersetzte, dann waren diese stets religionskritisch, und zwar egal in welcher der vielen TV-Inkarnationen des Franchises dies der Fall war.
Die Episode Der Gott der Mintakaner aus der dritten Staffel von Star Trek – The Next Generation macht dabei keine Ausnahme. Der Glaube an die Existenz göttlicher Mächte wird hier ganz klar als Folge einer primitiven Sicht der Welt dargestellt, welche die Frauen und Männer der Sternenflotte längst hinter sich gelassen haben, während hingegen die Mintakaner auf ihren Entwicklungsstand noch für den Glauben an übernatürliche Wesen, die über ihr Schicksal bestimmen empfänglich sind.
Wie Captain Picard im Gespräch mit Nuria jedoch unmissverständlich deutlich macht, werden die Mintakaner höchstwahrscheinlich irgendwann selbst ins All reisen und jene Technologien entwickeln, die ihnen im Moment noch so fantastisch und wundersam erscheinen. Doch wird dies eben auch den Verlust des Glaubens an Götter mit sich bringen.
Die Episode lässt keinen Zweifel an den vielen negativen Aspekten, den der Glaube an eine willkürliche, allmächtige Gottheit mit sich bringt, vor allem die Angst vor der Strafe, wenn die Gläubigen sich gegen deren Willen stellen oder gar anfangen an ihrer Existenz zu zweifeln. Wie man es von Star Trek kennt, zeigt die Folge auf, dass in allen denkenden Wesen im Universum das Potential schlummert, über sich selbst hinauszuwachsen und das All mit seinen Wundern und Geheimnissen zu erforschen. Dass dieser Vorgang auch mit den Tod der Religion einhergeht ist eine Botschaft der Episode, die für manch frommen Zuschauer wahrscheinlich schwer zu schlucken sein wird. Aber es ist unbestreitbar, dass der Fortschritt der Wissenschaften in der Geschichte der Menschheit immer mehr dafür gesorgt hat, dass die klassischen Religionen an Einfluss verloren haben, da vieles, was wir über das Universum herausgefunden haben in krassen Widerspruch zu den Inhalten der heiligen Schriften der großen Weltreligionen steht.
Doch Der Gott der Mintakaner stellt dieses Loslösen von althergebrachten Glaubenssystemen als einen Akt der Befreiung dar. Er ermöglicht es den Mintakanern erst, ihre Fähigkeiten zu erkennen und zu begreifen, dass auch sie eines Tages in der Lage sein werden, ihren Planeten zu verlassen. Sie haben damit denselben Weg vor sich, den die Menschen bereits gegangen sind und dadurch die utopische Gesellschaft aufgebaut haben, wie wir sie in den verschiedenen Versionen von Star Trek sehen. Die Episode zeigt mit einer seltenen Deutlichkeit auf, dass die Abschaffung der Religion ein wichtiger Baustein auf den Weg hin zu einer solchen Gesellschaft ist. Daher ist die Episode Star Trek in Reinkultur: Sie stellt eine Analogie auf unsere reale Welt dar und beschäftigt sich allegorisch mit einem Problem, welches gerade in unserer heutigen Zeit von brennender Aktualität ist. Die Geschichte lehrt, dass religiöser Fundamentalismus in jeglicher Form schon immer ein Hindernis für den kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritt der Menschheit darstellte. Insofern beweist die Folge einmal mehr, dass Star Trek eben mehr ist als bloßes Entertainment. In ihren besten Momenten hat die Serie in der Tat eine erzieherische Funktion, indem sie gerade auch die jüngeren Zuschauer für komplexe gesellschaftliche, soziale und politische Themen sensibilisiert.
Auf den Weg in eine bessere Zukunft(?)
Dies lässt sich auch daran ablesen, dass sich Der Gott der Mintakaner einmal mehr mit der Problematik der Obersten Direktive auseinandersetzt. Dieses Handlungselement ist zwar seit den Tagen der Originalserie immer wieder eingesetzt worden, – so oft, dass es manchen Fan vielleicht schon zum Halse raus hängt – jedoch entfaltet es in dieser Folge ihr ganzes dramatisches Potential, denn sie zeigt was für wahrlich weltbewegende Konsequenzen es haben kann, wenn sich die Sternenflotte mit ihrer überlegenden Technologie in die Angelegenheiten primitiverer Völker einmischt. Man kann gar nicht oft genug betonen wie groß die Verantwortung ist, welche die Sternenflotte hat, wenn sie im Namen der Wissenschaft den Kontakt mit fremden Zivilisationen sucht. Da Verantwortungsbewusstsein eine Eigenschaft ist, die den Mächtigen unserer realen Welt in zunehmenden Maße abhanden zu kommen scheint, ist es umso wichtiger, dass auch fiktionale Formate wie Star Trek verdeutlichen, wie wichtig es ist sich der Verantwortung zu stellen, die das Erlangen von Macht durch den wissenschaftlichen Fortschritt mit sich bringt.
Die Menschen des 24. Jahrhunderts haben diese Lektion gelernt und es bleibt zu hoffen, dass dies auch den Mintakanern gelingt. Vor allem jedoch ist es uns Menschen des 21. Jahrhunderts zu wünschen, dass es uns gelingt die Ketten, in die uns der Aberglaube und der Fundamentalismus gelegt haben zu sprengen und für unsere Kinder eine Zukunft zu erschaffen, in denen wir das Leben und unsere Neugierde auf die Welt jenseits des Himmels als die wichtigsten Werte betrachten, die wir haben.
Fun Facts
Dies ist eine der ersten TNG Episoden, in denen Außenaufnahmen zu sehen sind. Diese entstanden an den berühmten Vasquez Rocks, in denen auch schon mehrere Folgen der Originalserie und auch einzelne Szenen für die neuste Serie Star Trek Picard gedreht wurden.
Der Titel bezieht sich auf ein Zitat des römischen Dichters Juvenal.
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