Als Science-Fiction-Filmfan gehört der H. G.-Wells-Klassiker Things to Come aka Was kommen wird von 1936 zum Pflichtprogramm. In unserer Retrospektive erklären wird euch, warum.

Eine kurze Vorgeschichte von Things to Come

Der Name H. G. Wells elektrisiert seit nunmehr über 130 Jahren Fantastikfreunde auf der ganzen Welt. Zahlreiche seiner Werke wie The Time Machine (Die Zeitmaschine, 1895), The Island of Dr. Moreau (Die Insel des Dr. Moreau, 1896), The Invisible Man (Der Unsichtbare, 1900) oder eben The Shape of Things to Come (Was kommen wird, 1933) wurden verfilmt und zu unvergesslichen Klassikern der Geschichte des bewegten Bildes.

Dabei gestaltete sich vor allem die Geburt der Adaption von Things to Come weniger erbaulich, als Wells sich dies gewünscht hätte. Doch bevor wir näher darauf eingehen, blicken wir zunächst auf die Intention hinter der Entstehung des Romans. Als erklärter Pazifist war für den Schriftsteller Hitlers Machtergreifung äußerst besorgniserregend, zumal der nach dem ersten Weltkrieg eingerichtete Polnische Korridor ein Dorn im Fleisch der Nationalsozialisten darstellte. Wells war deshalb der Ansicht, dass die künstlich von den Alliierten gezogene Trennlinie bald mitverantwortlich für den Beginn des Zweiten Weltkriegs sein würde. Hier setzte er an und ließ seine Geschichte 1940 beginnen. Tragischerweise irrte sich der geniale Autor nur um ein Jahr, denn Deutschland überfiel Polen am 1. September 1939 und brach den bis dato schrecklichsten Krieg der Menschheitsgeschichte vom Zaun.

Die Produktionsgeschichte

Im Roman reicht die Zeitspanne bis ins Jahr 2106, in der Filmumsetzung kürzte Wells ihn jedoch um 70 Jahre auf 2036. Warum die Änderung vorgenommen wurde, ist heute nicht hinreichend geklärt, das Skript von Things to Come geriet allerdings zu einem genialen Werk. Leider jedoch hatte Wells wenig bis überhaupt keine Kontrolle über die Fertigstellung seines Herzensprojektes, was für die damalige Zeit beinahe beispiellos war. Um den Streifen ins Kino zu bekommen, arbeitete er mit Alexander Korda zusammen, der einige der bekanntesten Stummfilme der Ära zu verantworten hatte (Prinz und Bettelknabe, 1920; Herren der Meere,1922; Samson und Delila, 1922).

Korda war indes dafür bekannt, das Ruder nicht gerne aus der Hand zu geben, was auch in diesem Fall geschah. Wells 130 Minuten lange Fassung wurde auf 110 Minuten gekürzt. Das führte dazu, dass viele wichtige Szenen im Endprodukt nicht vorhanden waren, was retrospektiv betrachtet sehr schade ist. Die Regie führte übrigens William Cameron Menzies, der später in The Thief of Bagdad (Der Dieb von Bagdad, 1949) erneut mit Korda zusammenarbeitete und dem wir den 1953 entstandenen B-Movie-Klassiker Invaders from Mars (Invasion vom Mars) zu verdanken haben.

Abschließend zu dieser Einführung sei noch die Musik von Arthur Bliss (Christopher Columbus, 1949) erwähnt, deren Entstehung eine kleine Besonderheit aufweist. H. G. Wells hatte ursprünglich vorgesehen, erst den Score komponieren zu lassen und sich beim Schreiben des Drehbuchs daran zu orientieren. Diese Herangehensweise erwies sich aber unter anderem schnitttechnisch als schwer durchführbar, weshalb man sich dafür entschied, die Musik gleichzeitig zum Dreh fertigzustellen. Das Einweben in den finalen Film gestaltete sich allerdings am Ende dann doch recht konventionell.

Zum Inhalt von Things to Come

Kommen wir damit zum Inhalt. Wir schreiben das Jahr 1940 in der fiktiven Stadt Everytown. Es droht Krieg. Die Wissenschaftlerfamilien Cabal und Passworthy sowie der angehende Mediziner Harding feiern das Weihnachtsfest. Plötzlich ertönt Fliegeralarm. Der zweite Weltkrieg ist ausgebrochen. Alle drei werden eingezogen, Cabal als Jagdflieger. Giftgas und Bomber bestimmen den Alltag der Zivilisten. Everytown wird schwer bombardiert und liegt in Trümmern, die Menschen versuchen irgendwie zu überleben. Doch der Krieg will nicht enden und die Waffen werden immer schrecklicher. Nach Jahrzehnten weiß schließlich niemand mehr, warum er einst begann, und der Niedergang beginnt. Die Soldaten verkommen, Panzer und Flugzeuge gibt es keine mehr und das Wissen darum, wie sie gebaut werden, geht immer mehr verloren.

Die Überlebenden vegetieren in den ausgebombten Städten vor sich hin, bis eine Seuche 1960 die Hälfte der Menschheit auslöscht. Dr. Harding, der in Everytown blieb, ist nicht in der Lage, etwas gegen die schreckliche Krankheit zu unternehmen. So bleibt den gesunden Einwohnern keine Wahl, als jeden Kranken zu erschießen. 1970 leben die Menschen in der Stadt schließlich auf Mittelalter-Niveau, regiert von einem Warlord, dem „Chief-Boss“. Es gibt keine Fahrzeuge, keine Fabriken und kaum noch funktionierende Technologie, Kriege führen die Menschen jedoch nichtsdestotrotz. Ein Warlord bekämpft den anderen, um an dessen Ressourcen zu gelangen. Und jeder „Führer“ propagandiert den totalen Krieg, um Frieden zu schaffen.

Doch die Hoffnung naht in Things to Come: Eines Tages wird am Himmel ein fliegendes ultramodern aussehendes Flugzeug gesichtet, das kurz drauf in Everytown landet. Ein schwarz gekleideter Mann entsteigt der Maschine und verkündet das Ende des Elends und den Anfang des Friedens. Alle Versuche des „Chief-Boss“, den fremden Mann, der in Wirklichkeit Cabal ist, dazu zu bringen seine alten Flugzeuge zu reparieren, scheitern. Denn schon längst wurde in Basra die Organisation „Wings Over The World“ gegründet, eine technokratisch organisierte Gesellschaft, die das Wissen der Menschheit über alles stellt. Cabal wird befreit und kann seine Vision einer perfekten Gesellschaft nun als erstes Ratsmitglied ausleben. 2036 hat sich eine Technokratie etabliert und man lebt in fortschrittlichen, futuristischen Städten unter der Erde. Doch noch immer gibt es Menschen, die mit dem Erreichten nicht zufrieden sind. Wird die Gewalt schließlich doch über den Geist siegen? …

Rezension

Things To Come ist ein Film, der vielen gestandenen Genrefans zurecht am Herzen liegt.  H. G. Wells war ein großartiger Science-Fiction-Autor, der ein Gefühl dafür hatte, vorausschauend zu denken. Im Lichte der politischen wie technologischen Entwicklungen der 30er Jahre sah er einen weiteren Weltkrieg voraus, in dem, anders als im 1. Weltkrieg, Flugzeuge und Panzer eine entscheidende Rolle spielten. Doch Wells ging noch einen Schritt weiter und scheute sich nicht davor, realistische futuristische Technologien zu erdenken. Darunter befinden sich Flachbildfernseher, riesige Monitore, Hubschrauber und sogar Railguns.

Allerdings macht nicht nur das den Streifen zu einem grandiosen Werk, vielmehr zeichnet sich Things to Come vor allem durch eine Geschichte aus, die eine technokratisch positivistische Entwicklung der Menschheit zeigt, durch die die Menschheit aus dem Dunkel einer Dystopie ins Licht einer klassischen Utopie geführt wird.

Zu modern für seine Zeit?

Wells konnte sich sicherlich niemals ausmalen, wie sehr wir heute von Technologien beherrscht werden und wie antiquiert viele seiner Ideen aus heutiger Sicht wirken mögen. Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – regt das Werk auch nach beinahe 80 Jahren noch zum Nachdenken an. Things to Come bzw. Was kommen wird gehört eben zu den ganz großen SciFi-Klassikern, der darüber hinaus noch über ungewöhnlich moderne Bühnenbauten und für die damalige Zeit außergewöhnliche Tricktechniken verfügt. Insofern kann man auch heutzutage nur über die weitsichtige Modernität des Werkes staunen und den Schauspielerinnen und Schauspielern, die teilweise noch sehr in den Standards der Stummfilmzeit verhaftet scheinen, ein großes Kompliment für ihre herausragende Arbeit aussprechen.

Was kommen wird wurde aufgrund seiner unverkennbaren Leistungen ein für das ganze Science-Fiction-Genre prägender Film, der bis heute rezipiert wird. Natürlich sind sowohl die technologischen Ideen als auch die Geschichte des Streifens in vielen Bereichen schon längst von der Realität überholt worden, das liegt in der Natur der Dinge. Ohne Zweifel zeigt der Film uns aber immer noch, wie erschreckend nah die Science-Fiction der Realität bisweilen kommt, vor allem in Bezug auf die Erfindung und den Einsatz schrecklicher Waffensysteme. Denn eins ist klar: Ähnlich wie in Things to Come wird uns ein weiterer Weltkrieg mit großer Sicherheit um Jahrhunderte zurückwerfen. Die Frage, ob sich aus der dann folgenden nuklearen Asche die Menschheit noch einmal erheben wird, müssen wir hoffentlich niemals beantworten.

Kauftipp:  Die Ray Harryhausen Special Edition 3 DVD-Box

Wer sich überhaupt nicht mit der originalen Schwarz-Weiß-Fassung des Films anfreunden kann, dem sei die kolorierte und restaurierte ungeschnittene Bearbeitung empfohlen, die seit einigen Jahren erhältlich ist. Eine günstige Gelegenheit, das Werk in beiden Versionen zu ergattern, bietet übrigens die Ray Harryhausen Special Edition 3 DVD-Box, die neben Things to Come aka Was kommen wird auch die weltbekannten Klassiker SHE (ebenfalls in schwarz-weiß und in Farbe) sowie The Most Dangerous Game, der als einer der ersten Tonfilme des Horrorgenres gilt, enthält. Die Kompilation ist unter anderem für 9,95 € bei Amazon erhältlich.

Titel: Things to Come/Was kommen wird
Produktionsjahr: 1936
Genre: Science-Fiction, Utopie
Drehbuch: H. G. Wells/Lajos Biró
Regie: William Cameron Menzies
Produktion: Alexander Korda
Kamera: Georges Périnal
Schnitt. Charles Crichton
Musik: Arthur Bliss

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Reinhard Prahl

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