Von Balladen, Betrug und blutigen Blättern handelt die erste Folge der The Witcher: Blood Origin-Miniserie.
Eine Änderung mit Folgen
The Witcher ist für Netflix eine bedeutsame Serie. Basierend auf den Romanen von Andrzej Sapkowskis konnte die Reihe mit Henry Cavill in der Hauptrolle sehr gute Zuschauerzahlen verbuchen. Für den Streamingdienst war dies natürlich Anlass, auf Grundlage der Fantasy-Serie diverse Spinoffs in Auftrag zu geben. The Witcher: Blood Origin ist dabei das neuste Produkt.
Ursprünglich war diese Miniserie im Juli 2020 mit sechs Folgen vorgestellt worden. Declan de Barra, der bereits bei The Witcher einige Drehbücher verfasste, wurde als Showrunner angeheuert. Und ursprünglich sollte Jodie Turner-Smith die weibliche Hauptrolle übernehmen. Doch wegen Terminkonflikten stieg sie bald aus und ihren Part als Éile übernahm Sophia Brown. Laurence O’Fuarain wurde zu Fjall und mit Michelle Yeoh als Scían gelang den Verantwortlichen ein wahrer Casting-Coup.
Die Dreharbeiten liefen von August bis November 2021, wobei Joey Batey als Rittersporn als Bindeglied zur originalen The Witcher-Serie mitwirken sollte. Doch in der Produktionszeit veränderte sich die Anzahl an Episoden. Anstatt sechs, sollte The Witcher: Blood Origin nur noch vier Folgen umfassen. Was, wie man bereits in Von Balladen, Betrug und blutigen Blättern feststellen sollte, erhebliche Konsequenzen haben würde.
Der Versuch einer epischen Geschichte
Rittersporn (Joey Batey ) wird in einer blutigen Schlacht von einem mysteriösen Wesen mit dem Namen Seanchai (Minnie Driver) gerettet. Sie will, dass er als Barde niederschreibt, was damals während der Konjunktion der Sphären wirklich geschah. Und welche Rolle dabei sieben Personen spielten, die schon bald zu Helden werden sollten.
Vor 1.200 Jahren lebten auf der Welt noch keine Menschen, sondern hauptsächlich nur Elfen, die allerdings in verschiedene Königreiche zersplittert waren. König Alvatir (Mark Rowley) von Xin’trea will das ändern. Doch es gibt Mächte, die an einem Frieden kein Interesse haben und deshalb alles tun, um seine Pläne aufzuhalten. Wozu auch das Töten von Personen gehört, die ihnen gefährlich werden könnten, wie der exilierte Fjall (Laurence O’Fuarain) und die Bardin Éile (Sophia Brown).
Man merkt Von Balladen, Betrug und blutigen Blättern an, dass hier versucht wird, eine epische Geschichte zu erzählen. Eine Story, die eine narrative Lücke im The Witcher-Universum füllt. Und gleichzeitig dabei auch beleuchtet, wie das Leben zu jener Zeit war, als die Menschen noch nicht die dominierende Spezies auf der Welt waren, ja überhaupt noch nicht vorhanden waren.
Gewohnt derb
Wie es sich für eine Serie basierend auf dem Geschichtenkosmos von Andrzej Sapkowski gehört, geht es hier deftig und blutig zur Sache. Hier wird gevögelt, Nasen blutig geschlagen oder Leute gleich ganz umgebracht. Hier braucht sich Blood Origin nicht vor der großen Bruderserie zu verstecken.
Doch das allein kann nicht ausreichen, um den Zuschauer vor dem jeweiligen Bildschirm zu fesseln, über den er sich die Prequelreihe anguckt. Dazu gehören noch Charakterisierungen und ein wichtiges Mysterium, damit am Ende der ersten Episode Von Balladen, Betrug und blutigen Blättern noch genügend Fragen offenbleiben, um den Zuschauer zum Weiterschauen zu animieren. Wenn es also allein von den bloßen Zutaten her geht, müsste die Reihe im Prinzip ein großer Erfolg sein.
Doch bereits die erste Episode verursacht einen Haufen an Problemen. Die sich mitunter darauf zurückführen lassen, dass die Reihe eben anstatt sechs nur vier Folgen hat. Und wenn man bedenkt, dass diese in der Hauptreihe häufig so zwischen 45 und 60 Minuten dauern, dann dürfte einem klar werden, dass hier jede Menge Zeit fehlt, die die übrigen Episoden nicht auffangen können.
Zwei großartige Hauptcharaktere
Im Prinzip kann Von Balladen, Betrug und blutigen Blättern immer dann glänzen, wenn sie sich auf die beiden Hauptfiguren konzentriert. Fjall ist der Sohn des Anführers des Hundeclans, der deshalb verstoßen wird, weil er seinen Schwanz in die falsche Vagina steckte. Man lernt ihn als jemanden kennen, der seine Taten zwar bereut, sich aber mit seinem neuen Leben abgefunden hat.
Éile hingegen ist jemand, der über einen starken Gerechtigkeitssinn verfügt und deshalb auch schonmal einen Mann in einem Wirtshaus verprügelt, weil der eine Frau begrabscht hat. Es wird angedeutet, dass sie vor allem ihresgleichen zugetan ist und mit ihrer Familie im Prinzip nichts zu tun haben möchte, ehe anschließend eine Prophezeiung sie doch noch dazu bringt, sich ihrer Schwester anzuschließen, die sie heimholen möchte. Was dann der Auslöser für eine ganze Kette an Ereignissen ist.
Auch Michelle Yeoh kann in Von Balladen, Betrug und blutigen Blättern begeistern. Wobei sie hier im Prinzip nur ihre Paraderolle der letzten Jahre spielt: Nämlich die der weisen Älteren, die den beiden Jungspunden den Weg zeigt. Was allerdings nicht abwertend gemeint ist, da sie als solche durchaus überzeugen kann.
Ein Mangel macht sich bemerkbar
Doch während die Charakterisierungen der drei Hauptfiguren auf der Heldenseite überzeugen können, lässt die Darstellung der Gegenseite zu wünschen übrig. Hier macht sich deutlich bemerkbar, dass der Serie auf einmal Zeit fehlte. Dass beispielsweise eine Intrige, die zu einer schicksalhaften Veränderung führen sollte, von jetzt auf gleich auftaucht und mal eben in deren Verlauf der König von Xin’trea und die anderen Oberhäupter der Elfenreiche umgebracht werden. Nur Königin Alvatir überlebt, wobei sich dann herausstellt, dass sie ebenfalls in die Planungen involviert war.
Balor, der anscheinend der Hauptverantwortliche für diese Vorkommnisse in Von Balladen, Betrug und blutigen Blättern ist, kriegt nur wenige Szenen, in denen er ausgebaut wird. Man erfährt im Prinzip nur, dass er sich jede Menge Macht wünscht und dafür mit Wesen paktiert, die nicht von dieser Welt sind. Und so geht es mit jedem weiteren Vertreter der Antagonisten-Seite fort.
Wobei auch die Heldenseite von den Auswirkungen nicht verschont bleibt. So entpuppt sich ein Mädchen, auf das Éile trifft, auf einmal als eine Art Orakel, ohne dass es davor Hinweise gab. Oder ihre Schwester wird von jetzt auf gleich umgebracht, weil der Plot es anscheinend verlangt, um ihr eine zusätzliche Motivation zu geben, zu dem Rachefeldzug aufzubrechen.
Verkürzt
Es wirkt hier in Von Balladen, Betrug und blutigen Blättern vieles verkürzt, vermutlich, um alles auf die kürzere Episodenanzahl zu bringen. Und wenn sich dies schon in der ersten Folge rächt, dann will man nicht wissen, wie es in den folgenden Episoden aussehen wird. Denn schließlich bilden die Ereignisse von dieser hier die Grundlage für alle kommenden Geschehnisse.
Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Reihe sich weiter entwickeln wird. Aber der Auftakt ist schonmal keiner nach Maß.
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Warpskala
WarpskalaPositiv
- Michelle Yeoh
- Fjall und Éile
Negativ
- Der Mangel an zwei weiteren Folgen macht sich bemerkbar
- Dinge geschehen, weil er für den Plot nötig ist
- Antagonistenseite wird kaum charakterisiert
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