Gefühlt geht in Kaer Morhen die zweite The Witcher-Staffel erst richtig los.
Es geht los!
Geralt (Henry Cavill) und Ciri (Freya Allan) kommen in Kaer Morhen an, der Heimat des Hexers. Dort erwarten sie schon seine Freunde und Kollegen, die hier ebenfalls überwintern wollen. Einer von ihnen ist Eskel (Basil Eidenbenz), der davon berichtet, dass er den Kampf mit einem Waldschrat überlebt hat. Laut ihm hat sich die Natur verändert. Als später Prostituierte das Schloss aufsuchen, stellt sich heraus, dass er von der Kreatur infiziert wurde und sich in eine solche verwandelt.
Yennefer (Anya Chalotra) und Fringilla (Mimi Ndiweni) sind Gefangene der Elfen. Es stellt sich heraus, dass sie mit der Anführerin der Elfen, Francesca Findabair (Mecia Simson), die ebenfalls eine Zauberin ist, einen Traum teilen. Und als sie diesem nachgehen, stoßen sie auf ein großes Rätsel, dessen Lösung sich als desaströs erweisen könnte.
Nachdem die erste Folge der zweiten Staffel Ein Körnchen Wahrheit zwar interessant war, sich aber gleichzeitig mehr wie ein Epilog zur ersten Season anfühlte, geht die zweite mit Kaer Morhen jetzt auch offiziell los. Geralt und Ciri sind am Ziel angekommen und dann … geschieht erstmal nichts. Das Überraschungskind steht und sitzt herum, derweil die anderen Hexer sich vergnügen.
Keine Vorlage vorhanden
Dass das so von den Machern der Serie gewollt ist, wird einem spätestens dann klar, als Vesemir (Kim Bodnia), der väterliche Mentor Geralts, diesen fragt, was er nun vorhat. Und der quasi zugibt, das nicht so genau zu wissen. Hier merkt man, dass der Hexer nur bis zum ersten Ziel gedacht hat, nämlich Ciri in seine Heimat zu bringen. Darüber hinaus kam er erst noch gar nicht dazu, weiterzudenken.
Wobei sein Überraschungskind bezüglich ihrer neuen Heimat auch zwiegespalten ist. Einerseits ist Kaer Morhen kein wirklich gastlicher Ort, was sich bemerkbar macht, als sie auf der Suche nach einem halbwegs ordentlichen Zimmer ist und dabei auf eins mit Ratten stößt. Andererseits scheint sie die gemeinsamen Abende zu genießen. Doch klar ist, und das wissen auch Leser der Romanvorlage, dass bald Dinge geschehen müssen.
Wobei das auch ein gutes Stichwort ist. Denn diese Folge ist insofern eine interessante, als dass dies die erste Episode ist, in der die Macher der Serie weder beim A- noch beim B-Plot sich an einer Geschichte oder Roman orientierten. Stattdessen versuchen sie hier eine narrative Lücke zu schließen – was ist mit Ciri passiert, als sie in Kaer Morhen ankam – und gleichzeitig eine eigene Story zu erzählen, nämlich dem Schicksal von Yennefer, das so in den Büchern nicht vorkam.
Alt, aber nicht veraltet
Es ist ein wagemutiger Schritt, der in dieser Folge auch (fast) funktioniert. Dabei erfährt man vor allem viel über Geralt und Vesemir. So scheint der Titelheld ein prinzipientreuer Mensch zu sein, der sich darüber empört, dass, entgegen den Regeln, Prostituierte in die Heimat der Hexer geholt wurden. Später sieht man ihn auch dabei, wie er trainiert oder den Überrest des Waldschrats untersucht, aber nicht wirklich zur Ruhe kommt.
Vesemir hingegen scheint überall zu sein. Er beobachtet amüsant das Geschehen der jüngeren Hexer, spricht mit Geralt und mit Ciri, die er gleichzeitig in die Vergangenheit seines Berufes einführt, als er ihr Objekte präsentiert, die von früheren Großtaten künden. Dass er zwar alt ist, aber nicht veraltet, zeigt sich dann später, als er mit Geralt ein Ungeheuer in den Mauern von Kaer Morhen bekämpft.
Die anderen Hexer werden in Sachen Charakterisierung nur gestreift. Die einzige Ausnahme ist Eskel, der anscheinend bewusst raubeinig auftritt. Die Figur stammt ebenfalls aus den Büchern, wird da allerdings etwas anders dargestellt. Und was dem Charakter in dieser Folge widerfährt, kann nicht ganz überzeugen, da man dies schon hat kommen sehen, so offen wurde es angedeutet.
Ominöse Andeutungen
Im Vergleich dazu ist die Geschichte von Yennefer komplett neu, aber nicht minder interessant. Hier erhält man einen Einblick auf den Widerstand der Elfen, der sich um die Zauberin Francesca Findabair gruppiert. Sie wird als charismatisch dargestellt, die sich um die Belange der ihr Untergebenen kümmert und gleichzeitig versucht, ihr Ziel zu erreichen.
Und kombiniert mit den Visionen von Yennefer und Fringilla entdeckt sie in den Überresten eines elfischen Monolithen den Zugang zu einer potentiellen Hoffnung für ihre Rasse. Dass da ein Haken dran ist, das kann man beim Gucken der entsprechenden Szenen in Kaer Morhen von Anfang an erahnen. Vor allem die Beschreibung eines Hauses ohne Türen, dass sich auf Beinen befindet, erinnert verdächtig an die Sagenfigur der Baba Jaga, einer Hexe aus der slawischen Mythologie.
Die Serie macht es nicht explizit. Stattdessen belässt sie es bei Andeutungen und beim Zeigen der Fähigkeiten dieser vorgeblichen Hoffnung für die Elfen. Und so viel wird beim Schauen der Folge klar: Hier geschieht etwas Übles, etwas, das vermutlich enorme Konsequenzen haben wird. Einen Teil davon erlebt man bereits gegen Ende der Episode, was schon sehr interessant zu werden verspricht.
Kaer Morhen ist eine gute, wenn auch nicht eben überragende Folge.
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