In Verrätermond muss Geralt einen ungewöhnlichen Auftrag ausführen.
Nackte Tatsachen
Geralt von Riva (Henry Cavill) kommt in dem Königreich Temerien an, nachdem er erfahren hat, dass sein Kollege Remus (Gudmundur Thorvaldsson) dort von einem Monster getötet worden war. Als er sich der Angelegenheit annehmen will, stößt er allerdings auf vielerlei Hindernisse. Und kommt am Ende einem schrecklichen Familienfluch auf die Spur.
Die Zauberin Yennefer (Anya Chalotra) steht kurz vor der Abschlussprüfung. Doch dann erfährt sie, dass jemand, der ihr nahesteht, ein großes Geheimnis von ihr verraten hat. Woraufhin sie sich zu einem folgenschweren Schritt entschließt.
Ein wenig fühlt man sich beim Sehen von Verrätermond an HBO-Serien wie Game of Thrones erinnert, in denen es häufig viel nackte Haut, explizite Szenen und heftige Gewalt gab. Auch in dieser The Witcher-Folge sind einiger solcher Momente vorhanden, wobei die Reihe es an einer Stelle sogar deutlich weiter treibt.
Ciri? Nicht von Bedeutung
Allerdings existieren diese Augenblicke nicht einfach so, sondern dienen zur Charakterentwicklung. Es wird gezeigt, wie sich Geralt „entspannt“. Und man sieht, Yennefer Istredd (Royce Pierreson) so sehr vertraut, dass sie sogar mit ihm schläft, wenn auch vor einem imaginären Publikum. Es werden zwar keine männlichen Geschlechtsteile präsentiert, aber ansonsten sieht man recht viel.
Doch diese beiden Szenen sind für die Ereignisse von Verrätermond von enormer Bedeutung. In der Handlungsebene von Geralt dient sie dazu, damit seine Handlung anfangen kann. Und bei Yennefer ist der Zweck, ihre finale Entwicklung in dieser Episode vorzubereiten.
Es sind diese beiden Handlungsstränge, mit denen man es hier zu tun hat. Ciri kommt erst am Ende dran, wobei ihr Beitrag zur Folge nur daraus besteht, dass sie wie hypnotisiert in einen großen Wald reinläuft, derweil ihr Begleiter Dara (Wilson Mbomio) angeschossen von einem Pfeil hilflos zurückbleibt. Und wenn diese eine Szene nicht gewesen wäre, dann wäre das Fehlen einer Ciri-Handlung gar nicht aufgefallen. Hier wäre es wünschenswert, dass sich hier endlich wichtige Dinge ereignen. Denn es ist jetzt das zweite Mal hintereinander, dass ihr Plot gefühlt auf der Stelle tritt, auch wenn dies noch längst nicht so extrem missfällt wie bei Geralt.
Ursprung abgeschlossen
Anders sieht es bei Yennefers Plot in Verrätermond aus. Denn mit dieser Folge wird die Darstellung ihres Ursprungs abgeschlossen. Man erkennt, dass sie auf die harte Tour gelernt hat, niemandem zu vertrauen und ihre eigenen Pläne durchzusetzen. Dabei geht sie sogar so weit, etwas Bestimmtes ihrer selbst zu opfern, damit sie am Ende wunderschön aussehen kann.
Hier weicht übrigens die Serie von der Vorlage ab. Während in der Reihe die Schönheit ein Ergebnis einer Art magischen Schönheitsoperation ist, wird in den Romanen angedeutet, dass das bezaubernde Aussehen mehr ein mächtiger Illusionszauber ist, unter dem das ursprüngliche Aussehen eben gut verborgen ist. Wobei das auch nur ein Mal angesprochen wird und danach nie wieder.
Diese Abweichung in Verrätermond geschieht natürlich nicht ohne Grund. Es ist hier ein Beweis dafür, wie weit Yennefer geht, um die Pläne, die das Kapitel der Zauberer mit ihr hat, zu durchkreuzen. Und wenn man die Blicke der anderen am Ende der Episode richtig interpretiert, stößt das nicht auf Gegenliebe. Auf jeden Fall ist aus dem hässlichen Entlein ein schöner Schwan geworden. Ob und inwiefern sie auch weiterhin ihren eigenen Weg gehen wird, müssen dann die kommenden Folgen zeigen.
Monster der Woche reicht nicht
Bei der Geralt-Ebene orientiert sich diese Folge an den Romanen. Genauer gesagt ist jetzt hier die allererste Geschichte Der Hexer aus dem ersten Band Der letzte Wunsch die Vorlage. Und dabei orientieren sich die Macher sogar erstaunlich detailliert an den Ereignissen, wobei sie sie natürlich hier und da mit anderen Details anreichen. Wie beispielsweise dem ersten Auftreten von Triss Merrigold (Anna Shaffer), die in den Romanen eine der wichtigsten Nebenfiguren der gesamten Romanreihe wurde.
Doch so schön diese Nähe an der Vorlage auch ist: Es ändert am Ende nichts daran, dass dies der schlechteste Handlungsfaden von Verrätermond ist. Das Problem ist, dass so großartig die schauspielerische Leistung von Henry Cavill sein mag: Man merkt deutlich, dass hier der rote Faden fehlt. Dass die Geschehnisse einfach so stattfinden, ohne dass ersichtlich ist, wohin sich dieser Charakter entwickeln wird. Denn wo Ciri auf der Flucht ist und Yennefer zur Zauberin wurde, erhält man hier bestenfalls kleine Eindrücke in das Leben eines Hexers. Und das ist auf Dauer nicht genügend. Es muss mehr geschehen, als nur eine Art von „Monster der Woche“!
Trotzdem ist dies Meckern auf hohem Niveau. Denn trotz dieser Kritik ist Verrätermond immer noch eine sehr gute Folge.
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