Mit The Spirit verfilmt ein berühmter Comickünstler eine bekannte Comicfigur. Was kann da schief gehen?
Legenden am Werk
Comickünstler gibt es viele. Jeden Monat erscheinen in den USA Tausende von verschiedenen Serien, die in den verschiedensten Stilen von eben diesen illustriert werden. Doch nur wenige dieser Künstler schaffen es, sich dauerhaft zu etablieren. Und noch weniger von diesen Leuten werden zu wahren Legenden. Jack „King“ Kirby war eine solche Person. Will Eisner war ein weiterer Vertreter.
Will Eisner hatte es im Laufe seines Lebens geschafft, auch im Mainstream zu Ruhm zu kommen. Vor allem seine Graphic Novels wie A Contract with God oder Das Komplott sorgten für Furore. Kein Wunder, dass der nach ihm benannten Eisner-Award eine der größten Auszeichnungen für Comics überhaupt ist. Ein Preis, an dessen Verleihung er bis zu seinem Tod 2005 auch noch regelmäßig teilnahm.
Eine seiner ersten eigenen Comickreationen war The Spirit. Die Figur hatte im Juni 1940 ihren allerersten Auftritt. Es handelte sich dabei um das Alter Ego des Detektivs Denny Colt, der vorgeblich ermordet wurde. Doch in Wahrheit überlebte er den Mordanschlag und beschloss von da an, als maskierter Vigilant das Verbrechen zu bekämpfen.
Vielfältig und bunt
Was die Abenteuer dieses Charakters so besonders machte, waren diverse Merkmale. Zum einen wurde das Logo seiner Serie stets auf die unterschiedliches und kreative Art und Weise in die Geschichte eingebaut. Und zum anderen ließen sich die Stories nie wirklich auf ein Genre eingrenzen, waren nie typisch Superhelden-Action. Mal waren sie Noir-Stories, mal leichtfüßige und humorige Erlebnisse, nur um wiederum ein anderes Mal regelrechter Horror zu sein. Ebenso gab es auch Geschichten, in denen die Titelfigur nur am Rande auftrat und die sich stattdessen auf das Leben von normalen Bürger in der Stadt fokussierten.
Interessanterweise wurde The Spirit sogar in den 1980er Jahren schon einmal verfilmt. Das ist insofern bemerkenswert, als dass Hollywoods enormes Interesse an den diversen Abenteuern aus der vielfältigen Welt der Comics erst ein relativ junges Phänomen ist. Des Weiteren war es so, dass – wenn es in jener Zeit zu Filmen kam – man sich vor allem auf bekannte Heroen von Marvel und DC fokussierte, einfach, weil diese der breiten Masse geläufiger waren, als es bei Will Eisners Figur der Fall war. Zumal der Charakter in jenen Jahren außerdem keine neuen Abenteuer erlebte, sondern der damalige Verlag Kitchen Sink Press seine Abenteuer nach dem zweiten Weltkrieg „einfach“ nur neu herausbrachte.
Das Interessante an jenem Fernsehfilm ist aus heutiger Sicht vielleicht, dass mit Nana Visitor eine Schauspielerin mitwirkte, die Phantastik-Fans heutzutage vor allem als Kira Nerys aus Star Trek – Deep Space Nine geläufig sein dürfte. Der Film sollte als Pilotfilm für eine geplante Fernsehserie dienen, aus der dann am Ende nichts wurde.
Ein beeindruckender Cast
Ein weiterer Anlauf, The Spirit zu verfilmen, wurde in den 1990ern gestartet, als Michael Uslan, Benjamin Melniker und Steven Maier die Filmrechte erhielten. Uslan selbst versprach Will Eisner, dass er nicht zulassen würde, dass jemand an dem Projekt arbeiten würde, der es nicht verstehen würde. 2004 kaufte das Studio OddLot Entertainment die Rechte, und die Produzenten Gigi Pritzker und Deborah Del Prete stießen zu dem bereits existierenden Produktionstrio hinzu. Will Eisner meinte kurz vor seinem Tod noch, dass er daran glaubte, dass sie seine Figur nahe der Vorlage adaptieren würden.
Der berühmte Künstler verstarb am 3. Januar 2005 im Alter von 87 Jahren. Und im April desselben Jahres trat Michael Uslan an die lebende Comiclegende Frank Miller (Daredevil, Sin City, 300) heran, ob der nicht Interesse hätte, den Comic für den Film zu adaptieren. Zu jener Zeit war bereits dessen Regiedebüt Sin City – den er gemeinsam mit Robert Rodriguez drehte und die auf seiner gleichnamigen Comicserie basierte – in die Kinos gekommen und sehr erfolgreich. Und Frank Miller sagte nach ein wenig Überlegungszeit zu. Für ihn wurde dies das erste Solo-Projekt als Drehbuchautor und Regisseur.
Für The Spirit wurde ein eindrucksvoller Cast zusammengestellt. Die Hauptrolle übernahm Gabriel Macht, für den dies die erste Hauptrolle in einem Film war. Samuel L. Jackson hingegen wurde für den Part des Schurken Octopus gecastet, derweil Scarlett Johansson zu Silken Floss, seiner Sekretärin, wurde. Eva Mendes wurde zur Anti-Heldin Sand Saref und Sarah Paulson zur Chirurgin Ellen Dolan. Womit der Maincast zusammen war.
Ein wilder Mix
Danny Colt ist der Spirit, der Beschützer der Stadt. Eines Tages hat er eine weitere Auseinandersetzung mit seinem Erzfeind, dem Octopus. Doch er kann nicht verhindern, dass dieser einen Polizisten tötet und der Diebin Sand Saref eine Kiste stiehlt, die sie ihrerseits kurz vorher gestohlen hat.
Schon bald wird klar, dass das, was auch immer in den Kisten ist, mit der Entstehung und den Kräften von The Spirit im Zusammenhang steht. Also macht sich dieser, unterstützt von der Polizei und einigen Alliierten, auf die Suche nach der Wahrheit. Wobei er aufpassen muss, wem er vertrauen kann.
Mein erster Instinkt, als ich mir The Spirit ansah, war, mir zu denken, dass Frank Miller sich sehr frei an der Vorlage bedient hat. Anders konnte ich mir diesen wilden Mix aus verschiedenen Genres nicht erklären. Doch als ich mich mit dem Quellenmaterial beschäftigte, wurde mir klar, dass dies perfekt zu dieser passt, die sich ja ebenfalls nicht auf ein Genre eingrenzen ließ.
Jede Menge Femme Fatales
Und man merkt dem Film an, dass die Darsteller ihren Spaß hatten. Samuel L. Jackson spielt mit Wonne den durchgeknallten Schurken Octopus, derweil Scarlett Johansson seine geistig etwas gesündere Assistentin darstellt. Und bei Eva Mendes wird viel Aufwand damit betrieben, ihre Kurven in Szene zu setzen. Sie kombiniert dabei ihre ganze Sexiness mit der Darstellung einer Frau, die auf Rache aus ist.
Womit sie nicht die einzige gefährliche Frau im Film ist. Ganz so, wie man es aus den Comics kennt, ist der Titelheld von jeder Menge Femme Fatales umgeben. Wobei längst nicht alle so sexy in Szene gesetzt werden wie Sand Saref.
Dennoch ist The Spirit kein Meisterwerk. Im Gegenteil: Zu jeder Sekunde macht sich bemerkbar, das Frank Miller nur überschaubare Erfahrungen als Drehbuchautor und Regisseur besitzt. Seine filmische Interpretation der Vorlage als „seltsam“ zu bezeichnen, wäre schon euphemistisch ausgedrückt.
Übertrieben Noir-haft
Es fängt bereits mit der Optik dar. Wer Sin City und 300 gesehen hat, der kennt diesen speziellen Look, der hier präsentiert wird. Es wurde dieselbe digitale Hintergrundtechnologie verwendet wie bei den anderen Miller-Verfilmungen. Was hier allerdings nur bedingt funktioniert.
Es ist klar, dass der Regisseur und Drehbuchautor versuchte, einen Noir-Look zu erschaffen. Und so wird die Darstellung in The Spirit überwiegend nur von Schwarz/Weiß und Grautönen dominiert, mit ein paar Farbklecksen, wie der roten Krawatte des Titelhelden. Doch das beißt sich mit der Vorlage, die zwar mitunter auch düster sein mag, aber ansonsten eben bunt war, wie der markante blaue Anzug, den die Titelfigur in den Comics trägt und dessen Abwesenheit sich hier schmerzlichst bemerkbar macht.
Auch herrscht eine extreme Diskrepanz zwischen Dialogen und Geschehnissen. Die Figuren schwadronieren lange über die merkwürdigsten Dinge, wie etwa die Polizistin Morgenstern, die ausführlich darüber redet, dass Sand Saref unter einem Elektra-Komplex leidet. Oder die langen Monologe des Spirits zu Beginn des Films. Oder die Dialoge zwischen Octopus, Silken Floss und ihren geklonten Henchmen Phobos, Pathos, Ethos (Es gibt noch viele mehr, doch aus Platzgründen, werden nur die ersten drei genannt) … Oder, oder, oder … Man hat einfach das Gefühl, dass hier jemand am Werk war, der kein Ohr für natürliche Gespräche hat. Oder dessen Gespür dafür zu sehr von seinem eigenen Meisterwerk beeinflusst wurde, wo es besser passte. Hier wirkt es … merkwürdig und unpassend.
Hier passt nicht wirklich alles zusammen
Was ebenso auf die Ereignisse allgemein passt. Auch hier entsteht in The Spirit der Eindruck, dass die Dinge nicht so ganz zueinander passen. So als hätte Frank Miller lauter Versatzstücke und Ideen genommen und daraus ein Puzzlewerk erschuf, wo am Ende die einzelnen Teile nicht zueinander passten. Da hat man es mit dem Angel of Death zu tun, dem der Titelheld ständig widerstehen muss. Da hat man die grandiosen und übertriebenen Auftritte von Octopus, mal als Samurai, mal in einem von einem Western beeinflussten Outfit und leider auch einem Nazi-Kostüm, was an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten ist. Und irgendwo dazwischen hat man noch einen Plot, wo es um Rache geht oder das Blut des Herakles. So ganz genau scheint sich der Film da nicht entscheiden zu können.
Am Ende ist dies daher ein Film, der zwar nette Ansätze hat und wo man auch merkt, dass die Darsteller ihren Spaß hatten. Doch unterm Strich überwiegen die Schwächen die Stärken. Was diese Comicverfilmung zu einer der schwächsten überhaupt macht.
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Warpskala
WarpskalaPositiv
- Schauspieler sind gut drauf
Negativ
- Story ergibt nicht wirklich Sinn
- Sehr farbarmer Film
- Merkwürdige Dialoge
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