Das Ende einer Ära – Die Crew der Enterprise verabschiedet sich.

Star Trek VI – Das unentdeckte Land – Star Trek VI – The undiscovered Country
USA 1991
113 Minuten

Kirk: Glaubst du immer noch, dass wir am Ende sind?
McCoy: Mehr als je zuvor!

Am 8. September 1966 wurde die erste Star Trek-Folge im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt und somit war 1991 der 25. Geburtstag der Serie. Das war für Paramount Grund genug, einen 6. Film zu planen, der dem Geburtstag angemessen ist. Allerdings war der 5. Film ein großer Misserfolg gewesen. Produzent Harve Bennett hatte die Idee von Star Trek Academy, ein Film über die Akademiejahre von Kirk, Spock, McCoy und Scotty. Er schrieb mit David Loughery ein Drehbuch:

Kirk, in Iowa aufgewachsen ist ein stürmischer junger Mann, der jede Menge Unsinn im Kopf hat. Er will aber auf die Sternenflottenakademie, um die Sterne zu bereisen. Auf Vulkan entscheidet sich auch Spock für die Akademie und als beide in die Akademie aufgenommen werden, werden sie schnell Freunde. Auch McCoy hat gerade angefangen und ist Kirks Zimmergenosse.

Da Kirk befürchtet, eine Prüfung zu verhauen, geht Spock mit ihm eine Gedankenverschmelzung ein und teilt so sein Fachwissen mit ihm. Der Betrugsversuch wird entdeckt und Kirk und Spock müssen auf der Erde bleiben, während McCoy auf die Enterprise versetzt wird. Diese wird angegriffen und da es kein Schiff gibt, das zu Hilfe kommt, stehlen Kirk und Spock ein Museumsschiff und dank Scottys Erfindung des Dilithiumwarpantriebs haben sie ganz schnell die Enterprise eingeholt und können den Angreifer abwehren. Am Ende werden die Freunde auf unterschiedliche Schiffe versetzt und beginnen ihre Sternenflottenkarrieren.

In einer Rahmenhandlung sollte McCoy die Geschichte jungen Kadettinnen und Kadetten erzählen, in einer Alternativfassung war es Kirk. Immerhin konnte man so auch die hohen Gagen für die Altstars sparen. Es gab aber einige, die mit dieser Richtung gar nicht einverstanden waren. Das waren zum einen die Schauspieler:innen selbst und ganz besonders Gene Roddenberry. Roddenberry hatte sich ja schon bei Star Trek III gegen eine Idee von Harve Bennett zur Wehr gesetzt, als dieser nach der Zerstörung der Enterprise die Excelsior zum neuen tragenden Raumschiff machen wollte. Damals sorgte eine Fankampagne dafür, dass man diese Idee fallen ließ. Und auch jetzt gab es wieder Fanreaktionen auf die geleakten Informationen. Als es dann bei Paramount zu Veränderungen auf der Chefetage kam, fielen einige Entscheidungen: Harve Bennetts Film sollte zwar gedreht werden, aber vorher sollte es einen Film mit den originalen Stars geben. Anders gesagt: Der Seriengeburtstag, wie ihn Harve Bennett plante, sollte nicht stattfinden. Bennett bekam 11 Monate Zeit, das Konzept komplett umzuarbeiten, aber dazu sah er sich nicht in der Lage. Und ob sein Filmkonzept tatsächlich einmal in Produktion gehen würde, war für ihn fraglich. Deshalb verlängerte er seinen auslaufenden Vertrag nicht mehr und verabschiedete sich von Paramount.

Sehr viele Elemente des Films finden sich später in J.J. Abrahams Film Star Trek von 2009 wieder. Und bei aller Kritik an jenem Film: Abrahams blieb weitaus näher am Canon, als es Harve Bennett war. Bennett plante zwar einen ersten Kommandanten für die Enterprise, dieser hieß aber Captain Thorne und nicht Pike. Kirk betrügt zwar bei einer Prüfung, aber es ist nicht der Kobayashi-Maru-Test. Und schließlich machte er Scotty zum Erfinder des Dilithiumbetriebenen Warpantriebs.

Neuer Ausführender Produzent für Star Trek VI wurde Leonard Nimoy. Das war das erste Mal, dass eine Person aus dem Maincast in die Star Trek-Chefetage aufrückte. Leonard Nimoy hatte die Idee, den Wandel im Ostblock für Star Trek zu thematisieren. Er verzichtete darauf, die Regie zu führen, vermutlich aus Rücksicht auf die Befindlichkeiten von William Shatner, und holte Nicholas Meyer zurück, den Regisseur von Star Trek II, der auch beim Drehbuch von Star Trek IV mitgewirkt hatte. Nimoy und Meyer entwickelten die Story des Films und Meyer schrieb dann mit Denny Martin Finn das Drehbuch.

Gorkon: „Trinken wir auf das unentdeckte Land … die Zukunft!“

Praxis, ein klingonischer Mond, explodiert. Dieser Unfall hat zur Folge, dass im klingonischen Reich ein Umdenken beginnt. Man sucht Frieden mit der Föderation. Spock vermittelt ein Treffen des klingonischen Kanzlers Gorkon und des Präsidenten der Föderation. Die Enterprise soll Gorkon zum Treffen eskortieren.

Plötzlich scheint es so, als würde die Enterprise auf das klingonische Schiff feuern. Dort bricht die künstliche Schwerkraft zusammen, und in dem aufkommenden Durcheinander beamen zwei Attentäter an Bord und töten den Kanzler. Steckt Kirk dahinter? Immerhin haben die Klingonen seinen Sohn getötet. Um den Frieden zu retten, stellen sich Kirk und McCoy den Klingonen. Sie werden vor Gericht gestellt und zu Zwangsarbeit auf der Strafwelt Rura Penthe verurteilt.

Spock versucht inzwischen, die Umstände zu klären, und sucht nach Hinweisen, wie das Attentat auf den Kanzler abgelaufen ist. Auf der Enterprise hat offensichtlich jemand Verrat verübt. Die Enterprise befreit Kirk und McCoy. Kirk erkennt, dass Valeris die Verräterin ist, eine Vulkanierin. Sie gehört zu einer Gruppe von Sternenflottenoffizieren und Klingonen, die den Frieden nicht akzeptieren wollen. Und sie planen schon das nächste Attentat bei den Friedenverhandlungen. Die Enterprise fliegt schnell weiter nach Khitomer, um den Terroranschlag zu verhindern. Dabei kommt auch die Excelsior unter Captain Sulu rechtzeitig zu Hilfe.

Star Trek 6 Das unentdeckte Land

Gorkon: „Sie werden Shakespeare erst richtig genießen, wenn Sie ihn im klingonischen Original lesen!“

Leonard Nimoy ließ Nicholas Meyer fast völlig freie Hand bei der anschließenden Umsetzung des Drehbuchs. Den Titel des Films Das unentdeckte Land stammt aus Shakespears Stück Hamlet. Dort war aber nicht die Zukunft gemeint, sondern der Tod. Ursprünglich hatte Nicholas Meyer schon Star Trek II so nennen wollen. Aber damals konnte er sich nicht durchsetzen.

Meyer hatte außer durch die Filme, an denen er mitgearbeitet hatte, rein gar nichts mit Star Trek zu tun. Das schien eigentlich kein Handicap zu sein, immerhin waren die Ergebnisse immer sehr erfolgreich gewesen. Und auch Star Trek VI wurde ein Erfolg. Es wurde sogar der erfolgreichste der ersten sechs Filme.

Nicholas Meyer hatte schon bei Star Trek II angefangen, die Vision von Gene Roddenberry auf seine Weise zu interpretieren. Roddenberry hatte einmal Kirk mit dem Romanhelden Hornblower verglichen. Hornblower ist Offizier der britischen Marine in der Zeit Napoleons. Die Romane verfolgen seine Karriere vom einfachen Fähnrich bis zum Admiral. Roddenberry bezog den Vergleich auf den Charakter Kirks mit dem von Hornblower. Insbesondere das „sich für die Untergebenen verantwortlich fühlen“ ist etwas, das Kirk mit Hornblower verbindet. Diesen Aspekt übernahm Nicholas Meyer und baute ihn aus. Vor allem bezog er den Vergleich aber auf das Leben an Bord, das Leben auf einem Kriegsschiff. Das hatte zur Folge, dass aus der Enterprise auch ein reines Kriegsschiff wurde. Mit engen Gängen, engen Kabinen und jeder Menge militärischem Drill. Beispielsweise gibt es auf Meyers Enterprise Mehrbettkabinen, wohingegen schon in der Serien-Enterprise jedes Besatzungsmitglied eine Einzelkabine hatte.

Auch die Kultur der Klingonen wurde neu ausgerichtet. Alles, was über sie in bis dahin schon vier Star Trek – The Next Generation Staffeln gesagt wurde, galt nicht mehr. Gerade in der Doppelfolge Der Kampf um das klingonische Reich von der 4. zur 5. Staffel, wurde sehr viel über die Klingonen gesagt. So hatten Frauen im Hohen Rat keinen Zutritt und konnten entsprechend nie Anführerinnen des Hohen Rates werden. Das galt für Nicholas Meyer nicht mehr. Mit der Selbstverständlichkeit einer Monarchie wurde Gorkons Tochter die Kanzler-Nachfolgerin.

Wie schon bei Star Trek II baute Meyer Löcher und Widersprüche in die Handlung ein, nur um bestimmte Effekte erzielen zu können. Diese Effekte sind zwar witzig und unterhaltsam, machen aber überhaupt keinen Sinn.

Wieso muss Uhura in Wörterbüchern blättern, um auf klingonisch antworten zu können? Die Klingonen würden den Übersetzungscomputer bemerken und Verdacht schöpfen? Aber wenn Uhura sinnloses Kauderwelsch von sich gibt, schöpfen sie keinen Verdacht?

Dass es auf der Enterprise eine Küche gibt, obwohl man doch repliziertes Essen zu sich nimmt, ist nicht falsch. Vielleicht fallen die Replikatoren mal aus oder vier, fünf Leute wollen zusammen etwas kochen. Aber wieso gibt es in der Küche einen Waffenschrank mit Phasern? Nur damit Valeris auf einen Kochtopf feuern kann?

Die Explosion von Praxis sollte die klingonische Variante des Reaktorunglücks in Tschernobyl sein. Dass beim Tschernobyl-Gau viele Menschen an der Strahlung starben, dürfte klar sein. Aber warum sollte die Vernichtung eines Mondes eine ähnliche ökologische Wirkung auf das gesamte klingonische Reich haben? Und wieso bringt die Explosion eines Lichtjahre entfernten Mondes die Teetassen der Excelsior dazu zu klappern und herunterzufallen?

Chang: taH pagh taHbe (klingonisch für Sein oder Nicht Sein)

Gorkon wurde von David Warner gespielt, der schon in Star Trek V einen unbedeutenden Auftritt als Föderationsbotschafter hatte. Gorkon sollte eine Art klingonischer Abraham Lincoln werden und die Maske wurde so gestaltet, dass Lincolns Merkmale, wie zum Beispiel der Bart, recht offensichtlich wurden. Über das Aussehen hinaus hatte Gorkon aber nichts mit Lincoln gemeinsam. Weder befreite er eine versklavte Bevölkerung, noch führte er Krieg gegen Separatisten. Wenn schon ein Vergleich zu einem irdischen Politiker gemacht werden sollte, dann wäre Gorbatschow sicher passender gewesen.

Die Vulkanierin Valeris hatte ursprünglich wieder Saavik sein sollen. Es war wohl sogar bei Kirstie Alley angefragt worden, aber sie hatte keine Zeit und Robin Curtis fand Nicholas Meyer zu unpassend. Und Kim Catrall und Meyer waren sich wohl einig darin, dass nun keine dritte Schauspielerin eine bestehende Figur übernehmen sollte. So wurde aus Saavik Valeris. Man merkt aber noch an vielen Stellen, wie ähnlich sich die beiden Figuren sind.

Es ist schon sonderbar: Star Trek VI bietet so viele Kritikpunkte – und doch ist er einer der besten Star Trek-Filme – mit Sicherheit der beste Star Trek-Film mit der originalen Crew. Aber so ist das bei Fans eben. Etwas zu kritisieren gibt es immer, wenn es das nicht gäbe, würde das Fan-Sein ja keinen Spaß machen. So geht es jedenfalls mir.

Chekov: „Welcher Kurs, Captain?“
Kirk: „Der zweite Stern von rechts, bis zum Morgengrauen. Direkter Kurs.“

Star Trek VI – Das unentdeckte Land sollte endgültig der letzte Film mit Kirk, Spock und McCoy sein. Ein siebenter Film würde dann ein Next Generation-Film werden. In der letzten Logbucheintragung bereitet Kirk den Übergang vor:

»Dies ist die letzte Reise des Raumschiffs Enterprise unter meinem Kommando. Dieses Schiff und seine Geschichte werden bald in die Obhut einer neuen Mannschaft übergeben. Ihnen und ihren Nachkommen vertrauen wir unsere Zukunft an. Sie werden die Reisen fortsetzen, die wir begonnen haben, und mutig zu all den unentdeckten Ländern vorstoßen, wo noch kein Mensch, wo noch niemand zuvor gewesen ist.«

Anschließend werden die Unterschriften aller Stammschauspieler:innen eingeblendet, womit sie sinnbildlich diesen letzten Logbucheintrag mit unterschreiben. Diese Verabschiedung gewinnt noch an Bedeutung, da am 24. Oktober 1991, knapp zwei Monate vor der Uraufführung des Films, Gene Roddenberry gestorben ist. Er hatte aber noch Gelegenheit, ihn zu sehen. Sein letzter Verdienst war vielleicht, dass er half, den Star Trek Academy-Film zu verhindern. Star Trek VI – Das unentdeckte Land wurde ihm gewidmet.

 

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Dirk Wilkens-Hagenkötter
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