Alles ist möglich, sogar dass die Wiedervereinigung der Föderation und Ni’Var an Kleinigkeiten scheitert.
Teambildung katastrophal
Da die DMA aktuell keine Welten bedroht, kümmert sich die Discovery um eine andere Sache. Sie wurde nach Ni’Var beordert, wo die Captains Burnham (Sonequa Martin-Green) und Saru (Doug Jones) helfen sollen, den Wiederbeitritt der einstigen Gründungswelt der Föderation in eben jene wieder zu ermöglichen. Denn der steht auf Grund einer gewissen Klausel auf der Kippe.
Parallel dazu begibt sich Lieutenant Tilly (Mary Wiseman) mit Adira Tal (Blu del Barrio) auf eine Teambildungsmission. Sie soll eine Gruppe von Sternenflottenakademieneulingen helfen, zueinander zu finden. Doch nachdem das Team auf einem lebensbedrohlichen Planeten eine Bruchlandung gebaut hat, scheint dies fraglicher denn je.
Ein Vorwurf, den vor allem Fans des alten Star Treks dem neuen immer wieder gerne machen, ist, dass die heutigen Serien viel zu sehr auf eine übergreifende Story fokussiert sind und dementsprechend das Feeling und die Highlights der damaligen Zeit nicht wieder vorkamen. Ein Argument, das zumindest die Lower Decks-Reihe stellenweise entkräftete, dessen Folgen ja ein beliebter Steinbruch an Ideen und Homagen ist. Doch damit bildete die Zeichentrickserie eine Ausnahme. Zumindest bis jetzt.
Ist dies etwa … Old School?
Denn Alles ist möglich ist die vielleicht oldschooligste Discovery-Episode überhaupt. Die beiden Hauptplots, die diese Folge bestimmten, verwendeten Elemente wieder, wie man sie aus den alten Star Trek-Serien her kennt. Es geht um einen Konflikt, der auf diplomatischen Weg gelöst wird. Und um eine Teambildungsmaßnahme, die anders verläuft, als geplant. Und es handelt sich um Handlungen, die mit der eigentlichen Haupthandlung, der mysteriösen Anomalie, überhaupt nichts zu tun haben.
Es ist ein Novum in dieser Serie, dass sie sich traut, einfach mal eine Folge zu haben, die überhaupt nichts mit dem folgenübergreifenden Plot der aktuellen Season am Hut hat. Bislang war es ja immer so, dass jede Episode in der einen oder anderen Art und Weise mit zum Haupthandlungsfortschritt beitrug. Was hier nicht der Fall ist und was, um ehrlich zu sein, ungewohnt ist, weil man das zuletzt in den klassischen Star Trek-Serien erlebt hatte.
Und doch sorgt das dafür, dass Alles ist möglich mit eine der besten Episoden der Serie überhaupt ist. Denn dadurch, dass die Existenz der DMA nur kurz zu Beginn vorkommt, aber ansonsten ignoriert wird, kann sich diese Folge auf andere Sachen fokussieren. Nämlich die Figuren weiterzuentwickeln und sie teilweise in Situationen zu bringen, die sie nicht gewohnt sind und die sie vor großen Herausforderungen stellen.
Keine einseitige Darstellung
Im Falle von Michael Burnham ist es die diplomatische Arbeit, in der ihre „mit dem Kopf durch die Wand“-Taktik nicht funktioniert. Stattdessen muss sie zuhören und mit den Leuten reden, ehe sie weiter agiert. Zum Glück hat sie Saru an ihrer Seite, der ja schon in der dritten Season beweisen konnte, dass er das Zeug zu einem großartigen Diplomaten hat. Dementsprechend viel wird in dieser Episode geredet. Und man langweilt sich dabei keine Sekunde.
Denn das ist das Schöne von Alles ist möglich: Es wird hier auf eine einseitige Darstellung verzichtet. Man kann beide Seiten verstehen – wieso die Föderation diese Sonderklausel ablehnt, die Ni’Var diese aber nachvollziehbar wünscht. Und die Lösung, die dann am Ende gefunden wird, ist ebenso einfach wie genial.
Dabei profitieren von dieser Handlung eben nicht nur Michael Burnham und Saru, sondern ebenso die jeweiligen Staatsoberhäupter der Föderation und der Ni’Var. Beiden merkt man an, dass sie zwar jeweils über Einiges an Macht verfügen, sich aber gleichzeitig auch an Regeln und Vorgaben halten müssen, die ihren Handlungsspielraum eingrenzen. Wie sie damit umgehen, ist ein wahres Highlight dieser Folge.
Warnung vor dem Spoiler
Auch der zweite Hauptplot von Alles ist möglich ist gelungen. Hier erlebt man eine Tilly, die einmal mehr beweist, was für ein großartiger kommandierender Offizier sie ist. Zu erleben, wie sie trotz der turbulenten Ereignisse einen kühlen Kopf bewahrt und gleichzeitig versucht, ihre Untergebenen zu retten, und ihre Mission weiterverfolgt, ist super.
Dabei erfährt man endlich, wieso sie sich in den letzten Folgen so merkwürdig verhalten hat. Wieso sie versucht, künstlich eine Veränderung durchzuführen, sich selber zu testen. Und es passt zu dem, was man über ihre Vergangenheit weiß, die ja auch teilweise in der Short Treks-Folge Entlaufen vorkam. Die Konsequenz, die sie am Ende aus diesen Erfahrungen zieht, ist dabei radikal.
An dieser Stelle muss ich eine Spoilerwarnung aussprechen. Wer diese Rezi liest und jetzt Alles ist möglich noch nicht gesehen hat, der sollte dies nachholen und dann danach hier wieder weiterlesen.
Ein guter Abgang
Am Ende hat Tilly herausgefunden, was sie will. Und nimmt deshalb das Angebot von Kovich (David Cronenberg) an, Lehrerin an der Sternenflottenakademie zu werden, womit sie das Schiff verlässt. Wobei sie das Versprechen abgibt, dass sie nie komplett fort ist.
Es ist ein Abgang, den man so nicht hat kommen sehen. Und sie ist damit das zweite Besatzungsmitglied der Discovery nach D. Nhan, die sichtbar das Raumschiff verlässt. Während allerdings das Ausscheiden der letztgenannten in Die Bewährungsprobe ein Ärgernis war, weil die Schauspielerin eben erst zu einem festen Mitglied des Casts befördert worden war und so sehr viel Entwicklungspotential liegen gelassen wurde, ist es hier anders. Es ist ein runder Abschied, einer der passt. Man hat in den letzten dreieinhalb Seasons miterlebt, wie sich Tilly von einem nervigen und dauernervösen Ensign zu einer kompetenten Offizierin entwickelte. Ihr Argument, wieso sie jetzt diesen ungewöhnlichen Schritt wagt, ist dabei logisch. Und anders als bei Nhan glaubt man ihr, dass sie wieder zurückkommen kann. Es ist ein Verlust, ja. Aber kein großer, weil es sich für sie als eine die nächste Entwicklungsstufe anfühlt.
Womit wir zu Adira Tal kommen. Auch bei denen bemerkt man, wie der Charakter sich weiterentwickelt. Als dey mit auf die Mission beordert wird, ist dey zunächst unwillig. Doch dann sieht man, wie dey im Laufe des Unternehmens sich zu einem Teamplayer entwickelt. Ebenso wird dey mehr wie ein/e Trill dargestellt, weil dey immer wieder auf die Erfahrungen und Erinnerungen der früheren Wirte des Tal-Symbionten zugreift. Am Ende hat dey neue Freunde gefunden, wobei dey weiterhin auf der Discovery bleibt. Was aber daran liegen mag, dass Gray Tal immer noch an Bord ist, wenn auch in einem neuen, eigenen Körper.
Stark? Stark!
Außerdem erlebt man in Alles ist möglich mit, wie Hugh Culber (Wilson Cruz) Booker (David Ajala) hilft, mit seiner Trauer ein für alle Mal fertig zu werden. Auch dies ist ein wichtiger Plot, denn am Ende wird angedeutet, dass der Schiffsarzt selber ebenfalls seine Probleme hat, die er bewältigen muss. Was diese sind, ist allerdings noch unklar.
In jedem Fall ist dies die bislang stärkste Folge der aktuellen Discovery-Season.
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