Widerstand ist nicht zwecklos – Picard rettet die Zukunft
Star Trek: Der erste Kontakt – Star Trek: First Contact
USA 1996
111 Minuten
Irgendwas mit Zeitreisen und Borg
Anfang 1995 wurde die Produktion eines achten Star Trek-Films für das kommende Jahr beschlossen. Der 30. Geburtstag von Star Trek stand an. Produzent Rick Berman war für eine Zeitreise und die beiden Drehbuchautoren Brannon Braga und Ronald D. Moore wollten die Borg mit dabei haben. Erste Überlegungen sahen Zeitreisen in die römische Antike, den amerikanischen Bürgerkrieg oder die Renaissance vor, wo man dann irgendwie auf die Borg getroffen wäre.
William Shatner, der wohl noch immer nicht von seiner Kirk-Rolle loslassen mochte, reichte einen Storyentwurf ein, in dem Kirk durch Romulaner und Borg wiedererweckt wird.
Schließlich kam Ronald D. Moore auf die Idee, die Zeitreise im 21. Jahrhundert spielen zu lassen, in die Zeit des ersten Kontakts zwischen Menschen und Vulkaniern. Das hatte den Vorteil, dass man sowohl den dramaturgischen Reiz von Zeitparadoxa hatte, als auch aus Sicht der Zuschauer:innen zeitlich in der Zukunft bleiben konnte. 1996 fanden dann die Dreharbeiten statt, und noch im selben Jahr wurde der Film uraufgeführt. Der Star Trek-Geburtstag hatte sein Highlight.
Die Borg greifen die Erde an. Auch die neue Enterprise nimmt an der Raumschlacht teil. Schließlich wird der Borgwürfel zerstört. Aber ein kleines Beiboot kann entkommen und springt in die Vergangenheit. Plötzlich existiert die Föderation nicht mehr, die Erde wird von Borg bewohnt. Die Enterprise folgt dem Schiff und findet sich im Jahre 2063 wieder. Das war ein wichtiges Jahr für die Menschheit. 2063 unternahm Zefram Cochrane (James Cromwell) den ersten bemannten Warpflug. Das führte zum ersten Kontakt mit einer außerirdischen Spezies, den Vulkaniern. Dafür wird er auch im 24. Jahrhundert noch verehrt. Die Borg wollen offenbar diesen ersten Warpflug verhindern. Sie greifen sofort den Startplatz von Cochranes „Phoenix“ an. Zwar kann die Enterprise den Angriff abwehren, aber Cochrane braucht Hilfe bei Reparaturen.
Während Riker (Jonathan Frakes) und Troi (Marina Sirtis) mit ihm Kontakt aufnehmen, sind auf der Enterprise Borg eingedrungen, die nach und nach Besatzungsmitglieder assimilieren. Captain Picard (Patrick Stewart) muss mit Lily (Alfre Woodard), einer Mitarbeiterin Cochranes, gegen die Borg kämpfen. Diesen gelingt es, Data (Brent Spiner) zu entführen, der Zeuge wird, wie eine Borgkönigin (Alice Krige) zusammengesetzt wird. Der Versuch der Königin, Data auf ihre Seite zu ziehen, misslingt. Die Borg werden besiegt und Cochrane macht den ersten Warpflug und begrüßt anschließend die eintreffenden Vulkanier. Die Zukunft ist gerettet und die Enterprise kehrt in ihre Zeit zurück.
Stewart hat ein Wörtchen mitzureden
Patrick Stewart hatte für seine Mitwirkung neben einer Gage von 5 Millionen $ ein Mitspracherecht für seine Rolle und das Drehbuch erhalten. Zunächst sollte Picard mit Lily auf der Erde sein, während Riker und Troi gegen die Borg kämpfen. Das fand Stewart in Anbetracht von Picards Hass auf die Borg unpassend und so wurden die Positionen der Paare verschoben. Außerdem sollte sich Picard in Lily verlieben, was auch wegen Stewarts Einspruch gestrichen wurde. Er meinte, das würde gerade in der Situation nicht zu Picard passen. Die Mitwirkungsrechte haben dem Film gutgetan. Stewart konnte offenbar seine Figur besser einschätzen als die Drehbuchautoren.
Wie schon bei Treffen der Generationen stand Captain Picard im Mittelpunkt der Geschichte. Zu Beginn der Fernsehserie war Picard gar nicht für die Action-Elemente konzipiert worden. Er sollte als ruhiger Pol an Bord bleiben. Der Erste Offizier Riker sollte als Kirk-Nachfolger die Action und die Frauen bekommen. Aber schon in der Serie war es Patrick Stewart gelungen, Picard zur treibenden Kraft zu machen. Diesmal verhält sich Picard wie ein besessener Captain Ahab, der seinen weißen Wal jagt. Schließlich zitiert er sogar einige Zeilen aus dem Buch und folgt damit Ricardo Montalban, der auch in Star Trek II aus dem Buch zitiert hat. Eineinhalb Jahre später spielte Patrick Stewart tatsächlich Captain Ahab in der zweiteiligen TV Verfilmung von Moby Dick.
Eigentlich sollte wieder David Carson die Regie führen, aber der stand nicht zur Verfügung. Rick Berman gab dann Jonathan Frakes den Job. Frakes hatte schon in vielen Star Trek-Folgen Regie geführt. Star Trek – Der erste Kontakt war sein Regie-Debut bei einem Kinofilm. Das hatte er wohl entscheidend Patrick Stewart zu verdanken, der sich für ihn eingesetzt hatte. Frakes Regie ist bei Fans immer sehr beliebt, denn es gelingt ihm auch aus schwachen Drehbüchern einiges herauszuholen. Er führte in bisher allen Star Trek-Realfilm-Serien seit The Next Generation Regie, zuletzt bei Star Trek: Discovery und Star Trek: Picard. Außer in Star Trek: Discovery hatte Frakes in allen Serien mindestens einen Auftritt als Riker – in Deep Space Nine allerdings als sein Bruder Thomas Riker und in Lower Decks nur mit seiner Stimme. Er ist damit der Star Trek-Schauspieler mit den häufigsten Gastauftritten in anderen Star Trek-Serien. Gefolgt von Marina Sirtis, die Gastauftritte in Voyager, Enterprise, Picard und Lower Decks hatte.
Zefram Cochrane tauchte erstmals in der Star Trek-Originalserie auf. In Metamorphose treffen Kirk und Spock auf einen Schiffbrüchigen, der sich als Cochrane herausstellt, den Erfinder des Warp-Antriebs.
Zefram Cochrane sollte ursprünglich von Tom Hanks gespielt werden, der ein großer Star Trek-Fan ist. Aber dieser führte gerade Regie bei That Things You Do und stand nicht zur Verfügung. So wurde James Cromwell engagiert. Cromwell war ein vielbeschäftigter Gaststar in Fernsehserien und auch bei Star Trek – The Next Generation und Deep Space Nine hatte er insgesamt vier Mal mitgespielt. Die Rolle in First Contact brachte seine Karriere erst so richtig in Schwung. Die Zeit der kleinen Gastauftritte in Serien war vorbei. Er tauchte jetzt in vielen Kinoproduktionen auf und wenn er im Fernsehen zu sehen war, dann meist in Hauptrollen.
In den Drehbuchentwürfen wirkten die Borg eher wie Zombies, also anonyme ungesund aussehende Wesen, durch deren Kontakt man selbst zu so einem Wesen wird. Damit war Paramount nicht glücklich und so sollte eine Königin eingeführt werden, die den Borg mehr Persönlichkeit gibt. Erst durch die Königin konnte man mit den Borg kommunizieren. Sie wurde gespielt von Alice Krige. Auch für sie war Der erste Kontakt ein Booster für ihre Kariere. In Star Trek Voyager nahm sie die Rolle der Borgqueen in der Abschiedsfolge noch einmal auf.
Alfre Woodard spielte Lilly. Hier war es wieder Patrick Stewart, der darauf Wert gelegt hat, die Rolle mit einer Afroamerikanerin zu besetzen. Den Karriereschub, den Cromwell und Krige durch den Film erhielten, wiederholt sich bei Woodard leider nicht. Sie wurde zwar eine vielbeschäftigte Schauspielerin, aber ihr Name fällt nicht auf, wenn sie irgendwo mitspielt. Leider, denn in Der erste Kontakt hat sie wirklich gute Arbeit geleistet. Patrick Stewart lehnte zwar eine Liebelei zwischen Lily und Picard ab, aber man kann sich gut vorstellen, wenn die beiden mehr Zeit gehabt hätten, dass es irgendwann gefunkt hätte.
Der erste Kontakt wurde zum erfolgreichsten der Star Trek-Filme mit der Original-Crew und der Next Generation-Crew. Jonathan Frakes hatte sich vor der Inszenierung mit den Alien-Filmen beschäftigt. Tatsächlich erinnert die Stimmung auf der Enterprise, wenn Picard und Lily durch die Gänge schleichen und immer wieder auf Borg treffen, an ähnliche Momente in den Alien-Filmen. Dazu trägt auch das Aussehen der Borg selbst bei, das von Maskenbilder Michael Westmore stark verändert wurde und an Wesen von Alien-Schöpfer H.R. Giger erinnert.
Leiht uns den Worf, dafür bekommt ihr unsere Uniformen
Da der Erste Kontakt parallel zu zwei Star Trek-Serien spielt, musste man sich überlegen, wie er am besten eingebettet wird. Worf war zu dieser Zeit nämlich schon auf Deep Space Nine, und da Michael Dorn vertraglich ein Recht hatte, in einem TNG-Film mitzuspielen, musste man sich überlegen, wie man Worf auf die Enterprise bekommt. Die Lösung war ganz einfach: Worf war mit der Defiant im Sol-System und kämpfte gegen den Borgkubus. Er musste jetzt nur noch an Bord der Enterprise gebeamt werden.
Umgekehrt mussten die neuen Uniformen auch zu Deep Space Nine gebracht werden. Ursprünglich waren die Uniformen aus Deep Space Nine für Stationspersonal gedacht und die Uniformen aus The Next Generation für Schiffsbesatzungen. Für Voyager wollte man nun aber die gleichen Uniformen wie in Deep Space Nine, damit die beiden Serien einheitlicher wirkten. Also mussten sich alle Schiffsbesatzungen umziehen. Nachdem man in Treffen der Generationen diesen Uniformwechsel vollzogen hatte, schien es jetzt so, dass Schiffsbesatzungen und Stationsbesatzungen der Sternenflotte einheitliche Kleidung trugen. Aber irgendwie wurde das bei DS9 nicht konsequent durchgehalten. Immer wieder tauchten auf der Station Sternenflottenoffiziere in den alten TNG-Uniformen auf.
Für Der erste Kontakt sollte es nun wieder neue Uniformen geben. Das war in erster Linie dem Merchandising geschuldet. Aber zumindest hatte man jetzt noch einmal die Möglichkeit, die Sternenflottenuniformen zu vereinheitlichen. Anders gesagt: Die neuen Uniformen im Film mussten auch in Deep Space Nine getragen werden, sonst wäre es unglaubwürdig gewesen. Dort werden sie erstmals in der Folge Heilige Visionen getragen. Auf die Besatzung der Voyager hatte der erneute Kleiderwechsel natürlich keinen Einfluss, denn man war ja isoliert im Deltaquadranten. Der gemeinsame Dresscode der beiden Fernsehserien war nach zwei Staffeln also wieder vorbei.
Die neue Enterprise sah äußerlich sehr schön aus. Aber auf der Brücke fehlte erstmals der obligatorische Bildschirm. Außenansichten und Kommunikation sollten künftig holografisch dargestellt werden. Auch in der Serie Deep Space Nine wurde auf der Defiant diese neue Technologie eingeführt. Das kam aber so negativ an, dass nach einiger Zeit der Bildschirm zurückkehrte.
So gut der Film an sich auch ist, ganz ohne Logikfehler geht es auch hier nicht: Das zweite Mal kam es in einem Star Trek-Kinofilm zu einer Zeitreise. Und wie schon bei Star Trek IV – Zurück in die Gegenwart zeigte die Enterprise-Crew wenig Vorsicht beim Handeln in der Vergangenheit. Redselig erzählen LaForge, Troi und Riker dem staunenden Cochrane, was die Zukunft bringen wird, warum er so berühmt ist. Niemand macht sich Sorgen darüber, dass Cochrane durch sein Wissen über die Zukunft den Lauf der Geschichte ändern könnte. Und dabei ist die Enterprise gerade deshalb in dieser Zeit, um den Lauf der Geschichte zu retten. Immerhin: Cochrane hat richtig erkannt, das die Leute „auf so einer Art Star Trek sind“. Lob an die Synchro an dieser Stelle.
An anderer Stelle hat die Synchro leider versagt:
Die deutschen Fans mussten sich nämlich an neue Stimmen für Riker und LaForge gewöhnen. Riker wurde bisher von Detlef Bierstedt gesprochen, LaForge von Charles Rettinghaus. Beide wünschten eine Gagenerhöhung, aber diese wurde nicht gewährt. Stattdessen wurden die Rollen mit neuen Sprechern besetzt. Tom Vogt sprach Riker und Bernd Vollbrecht übernahm LaForge. Es ist schade, dass man die Synchronsprecher:innen immer erst dann erwähnt, wenn es zu Wechseln bei den Stimmen kommt. Das haben sie eigentlich nicht verdient.
Der erste Kontakt wurde in einer Enterprise-Folge der 2. Staffel fortgesetzt, als man auf der Erde Überreste der Borg findet. Diese werden reaktiviert und fliehen. Die Enterprise soll die Unbekannten aufhalten, aber es gelingt den Borg, einen Ruf in Richtung Delta-Quadrant zu senden.
Der große Erfolg von Der erste Kontakt führte dazu, dass bei der Fernsehserie Star Trek – Voyager eine Borg in die Crew aufgenommen wurde: Seven of Nine, die zu einer der beliebtesten Star Trek-Figuren wurde. Und schließlich war auch schnell klar, dass es einen neunten Film geben würde.
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