Eine Dorfromanze und ein Verstoß gegen die Erste Direktive.
Star Trek: Der Aufstand – Star Trek: Insurrection
USA 1998
103 Minuten
Die Welt des ewigen Lebens
Nach dem großen Erfolg von Star Trek – Der Erste Kontakt war es selbstverständlich, dass es einen 9. Star Trek-Film geben würde. Und wieder sollte der Film nur zwei Jahre nach seinem Vorgänger erscheinen. Immerhin gab es jetzt doch schon so manche Stimme, die das für einen zu kurzen Abstand hielt.
Michael Piller, der nach dem Start von Star Trek – Deep Space Nine die Produktion der Next Generation verlassen hatte, kehrte jetzt zu Picard und Co zurück. Er entwickelte mit Rick Berman die Story und schrieb das Drehbuch.
Jonathan Frakes durfte wieder Regie führen und zog so mit Leonard Nimoy gleich, der ebenfalls zwei Mal Regie bei einem Star Trek Film geführt hatte.
Am 11. Dezember 1998 startete Star Trek – Insurrection oder Der Aufstand in den Kinos. Es war der erste Star Trek-Film, dessen Weltraumszenen alle am Computer entstanden waren.
Zur Handlung: Data läuft Amok. Er nimmt die Mitglieder eines Forschungsteams gefangen, das im Geheimen das kleine Volk der Ba’Ku beobachtet. Als Captain Picard davon erfährt, fliegt die Enterprise sofort den Planeten an, um die Geiseln zu befreien und Data notfalls abzuschalten. Als der Androide reaktiviert wird, kann er sich an nichts erinnern. Nach der Geiselname hat die geheime Beobachtungsstation keinen Sinn mehr. Die Ba’Ku wissen nun, dass sie beobachtet worden sind. Es zeigt sich, dass sie gar keine Prä-Warp-Gesellschaft sind, sondern Siedler, die auf dieser Welt gelernt haben, auf Technik zu verzichten. Picard freundet sich mit Anij an, und durch sie erfährt Picard, dass die Ba’Ku offenbar extrem langlebig sind. Eine Substanz aus dem Ring ihres Planeten scheint die Ursache zu sein. Als man dann noch ein getarntes Schiff mit einem Riesen-Holodeck findet, auf dem das Dorf der Ba’Ku nachgebildet ist, begreift Picard die Hintergründe.
Admiral Dougherty hat mit einem anderen Volk, den Son’a ein Zweckbündnis geschlossen: Sie wollen die Ba’Ku umsiedeln, wodurch sie ihre Langlebigkeit verlieren, und dann diese Substanz abbauen.
Picard will diesen eklatanten Verstoß gegen die Erste Direktive nicht dulden und will Widerstand leisten. Während Riker mit der Enterprise Hilfe durch die Sternenflotte holen will, organisieren Picard und die Crew einen passiven Widerstand. Es soll verhindert werden, dass die Ba’Ku gegen ihren Willen von den Son’a weggebeamt werden. Dazu müssen sie sich in Höhlen verstecken. Picard hat herausgefunden, dass die Son’a ursprünglich selbst Ba’Ku waren und einst den Planeten verlassen mussten, da sie sich weigerten, auf Technologien zu verzichten. Ru’afo, der Anführer der Ba’Ku, kann besiegt werden und die Ba’Ku werden von ihren Verwandten wieder aufgenommen.
Die drei Gaststars
Der Aufstand konnte mit drei Gaststars aufwarten. Die unbekannteste war wohl Donna Murphy, die Anji spielte. Sie verkörperte so etwas wie die „Seele“ der Ba’Ku, strahlte die Ruhe und Gelassenheit aus, in der die kleine Kolonie lebt. Picard verguckt sich ein bisschen in sie und im Gegensatz zum vorherigen Film, wo Patrick Stewart noch gegen eine Liebelei mit seiner Filmpartnerin war, hatte er in Der Aufstand nichts dagegen. Er zeigte sich sogar sehr enttäuscht, dass eine gedrehte Kussszene der Schere zum Opfer fiel. Vielleicht sollte man doch erwähnen, dass Donna Murphy 19 Jahre jünger ist als Patrick Stewart. Leider teilt Donna Murphy das Schicksal vieler weiblicher Star Trek Gaststars: Ein Aufwind für ihre Karriere blieb aus.
Anthony Zerbe spielte Admiral Dougherty. Seit den 60er Jahren ist er in zahlreichen US-Serien zu sehen, so zum Beispiel zwischen 1967 und 1971 sechs Mal bei Kobra, übernehmen Sie, wo er auch mit Leonard Nimoy spielte. 1973 war er in Der Omega Mann Matthias, der Gegenspieler von Charlton Heston. Mit Jonathan Frakes hatte er schon in der Miniserie Fackeln im Sturm zu tun, wenngleich sie keine gemeinsamen Szenen hatten. Zerbe spielte dort General Grant. Nach Der Aufstand spielte er in Matrix Reloaded und Matrix Revolutions Councillor Hamann.
Murray Abraham spielte Ru’afo, den Anführer der Son’a. Bei seinen Gesprächen mit Dougherty werden bei ihm ständig plastische Operationen durchgeführt, um ihn zu verjüngen. Das erinnert an Baron Vladimir Harkonnen aus Der Wüstenplanet von 1984. Abraham war sicher der bekannteste der Gaststars, er gewann immerhin schon einen Oscar für seine Rolle als Antonio Salieri in Amadeus. Vorher spielte er den Gegenspieler von Sean Connery in Der Name der Rose, Bernardo Gui. Außer in Der Aufstand hat er in keinem weiteren Science-Fiction-Film mitgespielt, aber in The Orville hatte er einen Gastauftritt.
Ein richtiger Next Generation-Film
Star Trek – Der Aufstand war nach Treffen der Generationen, das vor allem von der Begegnung zwischen Kirk und Picard lebte, und Der erste Kontakt, wo Action angesagt war, der erste wirkliche TNG-Film, der ganz im Stil der Fernsehserie daherkam. Zum ersten Mal war die Erde weder in Gefahr noch begann die Reise von der Erde aus.
Der Stoff, der langlebig macht, und der Versuch, die Ba’Ku von ihrer Welt zu vertreiben, um an diesen Stoff zu kommen, ist eine Allegorie auf die alte Geschichte von der Großmacht, die offen oder versteckt einen Rohstoff erbeuten will und dafür die Einheimischen vertreibt. Hier muss man nur an das Schicksal der amerikanischen Ureinwohner:innen denken. Sie wurden aus ihren Lebensräumen vertrieben, damit Europäer sich dort ansiedeln oder Bodenschätze abbauen konnten. Star Trek war immer dann besonders stark, wenn es Aspekte der menschlichen Geschichte und Gesellschaft in verschlüsselter Weise behandelte. Das war bei den Star Trek-Serien eher die Regel, aber bei den Kinofilmen kam das nur zweimal vor. Das unentdeckte Land spielte auf Gorbatschow und den Wandel in der Sowjetunion an und Der Aufstand eben auf den Landraub der Weißen an den amerikanischen Ureinwohner:innen.
Picard hat sich in Star Trek – The Next Generation schon mehrmals für Personen und Rechte eingesetzt und deshalb ist es nachvollziehbar, dass er sich auch für die Ba’Ku engagiert. Damit rückt er auch ein kleines bisschen in die Nähe jener Sternenflottenoffiziere, die den Maquis gegründet haben. Als die Föderation mit den Cardassianern einen Grenzvertrag schloss, wechselten einige Systeme ihre Besitzer. Menschliche Kolonisten, die sich dort angesiedelt hatten, mussten ihre neue Heimat wieder verlassen. Einige weigerten sich und die Cardassianer gestanden ihnen das Wohnrecht auf den Kolonien zu. Das ging nicht gut, die Menschen fühlten sich von den Cardassianern unterdrückt und abgedrängt. Da bildete sich die Widerstandsgruppe „Maquis“. Captain Picard hatte für diese Widerständler keinerlei Verständnis und war sehr enttäuscht, als sich Ro Laren dem Maquis anschloss. Jetzt verhält sich Picard eigentlich genauso und sollte mehr Verständnis für den Maquis gewonnen haben.
Falsche Machart oder falsches Trek?
Wenn der Film so trekkig ist, sollte er doch eigentlich zu den erfolgreichsten und beliebtesten Filmen gehören. Das war er nicht. Er bleibt der Tradition treu, dass ungerade Star Trek-Filme zumindest einige Probleme hatten und hinter ihren Vorgängerfilmen zurückblieben. Das hat in diesem Fall verschiedene Gründe.
Ein Star Trek-Film ist natürlich nicht nur für Star Trek-Fans gemacht, sondern soll auch Menschen ins Kino locken, die nur sporadisch die Serien schauen – oder sogar gar nicht. Diese Gruppe hat nach Star Trek – Der erste Kontakt vermutlich erwartet, dass die Fortsetzung ähnlich actionreich und düster ist. Und das war er ja nun eben nicht. Wo bei einer Fernsehserie Abwechslung bei den einzelnen Folgen erwartet wird, gilt bei Kinofilmen eben eher „die gleiche Machart wie beim Vorgänger“. Diese Gruppe der Kinobesucher:innen ist für den finanziellen Erfolg eines Films entscheidend, nicht die wirklichen Fans, die ohnehin ins Kino gehen.
Die Fans hatten aber auch einige Probleme mit dem Film.
Picard: „Ihr verfügt über den Warp-Antrieb?“
Anji: „Ja, aber wohin würde er uns bringen? Doch nur weg von hier.“
Der Grundplot der Geschichte brachte einige Elemente zusammen, die in den Star Trek-Serien zuvor schon gezeigt worden waren. Eine unsichtbare Station, um eine Prä-Warp-Zivilisation zu beobachten, war in Der Gott der Mintakaner erstmals zu sehen. In Die oberste Direktive wird eine Prä-Warp-Gemeinschaft auf das Holodeck der Enterprise gebeamt, um sie auf einem anderen Planeten umzusiedeln.
Das Problem bei Der Aufstand war nur: Die Ba’Ku waren keine Prä-Warp-Zivilisation. Sie lehnen schlichtweg jede Technologie ab und das stößt Star Trek-Fans unangenehm auf. Technologie war bei Star Trek immer etwas Positives. Es gab zwar Technologien, die zu Problemen führten, aber diese Probleme wurden beseitigt, die Technologie verbessert. Die Ba’Ku lehnen Technik aber aus „romantischen“ Gründen ab. Diese Haltung lässt der Film kritiklos stehen und zeigt Sympathien für diese Lebensweise. Star Trek hält Technologie grundsätzlich aber für etwas Positives. Aus fortschrittlicher Technologie folgt Gutes: Der Replikator schafft Hunger und Armut ab, der Warpantrieb macht Reisen und Entdecken möglich. Immer dann, wenn in den Star Trek-Serien eine Gruppe auf Technik verzichtet, scheinbar in einer romantischen technikfreien Idylle lebt, waren immer äußere Umstände dafür verantwortlich. Drogen, Gifte, Hypnose, herrschende Computer, Sekten, Dämpfungsfelder oder politische Extremisten. Es galt immer, solche Gruppen zu befreien, damit sie wieder Technik einsetzen konnten. Picard hätte sich also viel eher fragen sollen, ob die Ringe des Planeten, die für die Lebensverlängerung verantwortlich sind, nicht auch eine Beeinflussung des Denkens bewirken.
Wenn Anji meint, der Warpantrieb würde sie doch nur weg von diesem Planeten bringen, dann hätte Picard besser sagen sollen: „Er bringt euch dorthin, wo ihr noch nie gewesen seid.“
Vielleicht wäre der Film runder geworden, wenn die Ba’Ku tatsächlich eine Prä-Warp-Zivilisation gewesen wären und die Son’a einfach nur eine Alienspezies, die es auf die Unsterblichkeit abgesehen hätte. Picard hätte sich trotzdem für das Volk einsetzen können.
An der Stelle kann man aber auch noch fragen, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, eine 600 Personen-Gesellschaft könne eine Prä-Warp-Zivilisation sein. 600 Personen – das schreit doch geradezu nach einer Siedlerkolonie.
Ein Lacher zu viel
Schließlich bleibt ein schaler Geschmack, wenn man sich die Stammcrew der Enterprise in diesem Film anschaut. Immer wieder kommt es zu platten und peinlichen Gags, die in ihrer Häufigkeit nerven. Das fängt mit diesem Band an, das man zu Beginn über Picards Glatze hängt. Worf, dem die klingonischen Pubertätspickel peinlich sind, Data, der sich darin versucht, mit Worf über Busen zu reden, nur weil Troi und Beverly das auch gerade getan haben. Mehr als diese Gags hat die Crew fast gar nicht zu tun. Die Handlung ist ganz auf Captain Picard und Data ausgerichtet. Wobei ich einen Gag im Film behalten möchte: Als Riker seinen Bart abrasiert hat und er Data angrinst und sagt: „Glatt wie ein Androidenpopo!“, streichelt Data über Rikers Wange, schaut ihn mitleidig an und schüttelt den Kopf.
Es war vielleicht ein Fehler, Jonathan Frakes wie den Regisseur bei einer Fernsehfolge zu behandeln. Da wo Nicholas Meyer, Leonard Nimoy und William Shatner beim Drehbuch mitwirkten, musste Frakes ein fertiges Drehbuch übernehmen, ohne noch nennenswerte Änderungen machen zu können. Das ist bei Fernsehserien so üblich, nicht aber bei Kinofilmen. Das Mitspracherecht am Drehbuch hatte nach wie vor Patrick Stewart, nicht Jonathan Frakes. Das muss für den Film nicht gut sein, wenn der Regisseur die Handlung bestimmt, siehe William Shatner, aber zumindest liegt es dann eben am Regisseur, wenn es nicht funktioniert.
So hat Frakes zwar eine gute Regiearbeit hingelegt, muss sich aber trotzdem den Vorwurf gefallen lassen, einen mittelmäßigen oder sogar schlechten Film gemacht zu haben. Immerhin wollte Paramount ihn den nächsten Film dann nicht mehr machen lassen, ihnen war das zu gefährlich. Sie konnten ja nicht ahnen, dass der zehnte Film den Fluch der ungeraden Star Trek-Filme beenden würde. Ein Star Trek-Film mit einer geraden Nummer wird der Filmreihe den Todesstoß versetzen.
Wir brauchen euren Support!
Viele Magazine im Web werden über Werbung finanziert. Wir haben bewusst darauf verzichtet, damit euer Erlebnis auf unserer Seite möglichst ungestört ist. Wir bieten euch News, Reviews, Artikel, Videos und einen Podcast zu mittlerweile fast allen Bereichen der Phantastik. Wir haben keinen Clickbait, keine Fakenews und auch keine Paywall.
Die Kosten steigen, die wenigen Einnahmen sinken, auch dank der derzeitigen Situation. Wir wollen uns keine goldene Nase verdienen, aber es wäre schade, wenn wir die Seite irgendwann deswegen einstellen müssten.
Es ist auch ganz einfach. Ihr könnt uns regelmäßig ab 1 € monatlich bei Steady unterstützen, einmalig per PayPal oder ihr werft einfach mal einen Blick in unseren warpShop. (Die Shirts sind erste Sahne, Ehrenwort!)
Wenn ihr euch für eine Tätigkeit bei uns interessiert, dann ist die Seite MITMACHEN genau richtig.
Für den Fall, dass ihr noch mehr Infos haben wollt, findet ihr diese unter SUPPORT US. Dort findet ihr auch unsere Ref-Links.
Wir danken euch.
- Review: Babylon 5 044 – Ein Pakt mit dem Teufel - 7. Oktober 2021
- Review: Perry Rhodan Storys Galacto City 3 – Endstation Venus - 6. Oktober 2021
- Spotlight: Jeff Conaway - 5. Oktober 2021