Mit Zeit in Scherben beginnt das Ende des Star Trek-Litverse.

Star Trek Coda 01 Zeit in Scherben
Cover © Cross Cult

It’s the end of the world, as we know it

Die Zeit gerät aus den Fugen. Etwas oder jemand greift teilweise sogar ganze Universen an, und anscheinend kann nichts und niemand sie aufhalten. Selbst die Reisenden nicht. Weshalb Wesley Crusher sich entschließt, alte Bekannte zu kontaktieren.

Genauer gesagt sucht er Jean-Luc Picard auf, in der Hoffnung, dass sein einstiger Captain ihm helfen kann. Doch schon bald zeigt sich, dass die Gegenspieler zu überlegen sind und der Kampf gegen diese zahlreiche Opfer verlangt. Darunter auch solche aus der Familie des Kommandanten der U.S.S. Enterprise.

Im Grunde genommen war klar, dass das Litverse, so wie es die Fans liebten, nicht mehr weiterexistieren konnte. Es hatte sich in der Zeit, wo kein Star Trek im Fernsehen lief, verselbstständigt und lieferte zum Teil epische Geschichten, die so nur im Romanformat existieren konnten. Man denke nur an die Ereignisse der Destiny-Trilogie oder die Entstehung des Typhon Pacts oder die Enthüllung, wer in Sektion 31 wirklich das Sagen hatte.

Ein Unterschied, der nicht behoben werden kann

Dass da etwas im Busch war, wurde schließlich Dayton Ward früh mitgeteilt, wie er im Anhang des ersten Bandes von Star Trek – Coda, Zeit in Scherben erzählte. Als die Picard-Serie entstand, wurde klar, dass diese sich von ihren dargestellten historischen Ereignissen radikal von der im Litverse präsentierten Geschichte unterscheiden würde. Und anstatt nach einer Möglichkeit zu suchen, jenes Bücheruniversum der Fernsehreihe anzupassen, wurde stattdessen beschlossen, es einzustellen. Die vorliegende Romantrilogie, deren zweiter Roman von James Swallow und der dritte Band von David Mack verfasst werden, ist dieser Abschluss.

Womit mindestens zwei der drei Autoren an der Serie beteiligt waren, die das Litverse einst in Form der Vanguard-Reihe aus der Taufe hoben. Was so gesehen keine schlechten Voraussetzungen sind.

Und in der Tat merkt man Zeit in Scherben an, dass hier jemand zu Gange ist, der das Litverse und seine Geschichte gut kennt. Er schöpft quasi aus dem Vollen, baut jede Menge bekannte Charaktere und Ereignisse ein, sodass es für Fans des Litverse eigentlich ein Vergnügen sein müsste, ihn zu lesen.

Das Unbegreifliche begreiflich machen

Dabei wird von Anfang geklotzt, nicht gekleckert. Von Beginn an wird klargemacht, dass hier mehr auf dem Spiel steht, als „nur“ die Föderation und ihre Verbündeten. Dieses Mal sind gleich ein ganzes Universum, wenn nicht sogar ganze Multiversen in Gefahr. Und man muss dem Autor zu Gute halten, dass er es schafft, scheinbar Unbegreifliches begreiflich zu schreiben.

Es hilft Zeit in Scherben dabei auch, dass er Wesley Crusher verwendet und durch ihn dem Leser dieses schier unbegreifliche Geschehen, den Tod ganzer Universen, begreifbar macht. Hier zeigt sich außerdem, dass selbst ein Profi, wie es der älteste Sohn von Beverly Crusher ist, von den Geschehnissen überwältigt werden kann. Er ist die ganze Zeit gezwungen zu reagieren, statt zu agieren.

Was auch für die übrigen Protagonisten gilt. Nur selten scheinen sie das Heft der Handlung in der Hand zu haben. Zu oft sind sie gezwungen, auf die Aggressoren zu reagieren, statt zu agieren. Wobei wiederholt klargemacht wird, dass diese schier überlegen sind. Was zu einigen heftigen Momenten führt.

Der Tod geht um und hält reiche Ernte

Der Bodycount in Zeit in Scherben ist noch höher und gleichzeitig aber ebenso persönlicher als das, was man in der Destiny-Trilogie gelesen hat. Denn während Dayton Ward beschreibt, wie ganze Universen untergehen, schildert er ebenfalls, wie bekannte Figuren sterben. Viele aus dem Litverse bekannte und liebgewonnene Charaktere wie T’Ryssa Chen oder auch Ezri Dax werden drastisch aus der Handlung geschrieben. Mal zieht sich ihr Sterben hin, ein anderes Mal geschieht es von jetzt auf gleich.

Das hat auch Auswirkungen auf die Atmosphäre des Romans. Selbst in der dunkelsten Stunde der Destiny-Reihe, die ja in Sachen Bedrohung und Todesfälle Maßstäbe setzte, gab es immer noch so etwas wie einen kleinen Hoffnungsschimmer. Die Gewissheit, das es, was auch immer geschehen würde, ein versöhnliches Ende geben würde.

Das fehlt in Zeit in Scherben. Es ist ein gnadenloser Roman, bei dem alle Figuren leiden. Jean-Luc muss beispielsweise mit ansehen, wie sein Sohn René körperlich in Sekunden altert, derweil sein Geist noch jung bleibt. Und damit ist dieser noch einer der Glücklichen. Es herrscht deshalb eine schon fast depressive Atmosphäre innerhalb des Buches, die schier unerträglich ist und sich eigentlich auch mit dem Grundgedanken von Star Trek beißt. Aber es wird eben von Anfang an klargemacht, dass dies das Ende ist und es dementsprechend zur Sache geht.

Rare gute Momente

Es gibt zwar auch gute Momente, wie etwa wenn Julian Bashir durch die Nachricht von Ezris Tod aus seinem katatonischen Zustand gerissen wird. Aber diese Szenen sind selten und der Anlass zu diesem im Prinzip positiven Ereignis ist leider kein besonders guter.

Es fällt mir schwer, eine abschließende Wertung zu Zeit in Scherben abzugeben. Einerseits ist dies ein spannend geschriebener Roman. Aber andererseits macht diese schon fast depressive Atmosphäre vieles zunichte. Ich bin auf den zweiten Teil gespannt, wenn auch weniger, weil ich wissen möchte, wie es weitergeht, sondern vielmehr, weil ich mich schizophrener Weise davor fürchte.

 

Autor: Dayton Ward
Titel: Star Trek – Coda: Zeit in Scherben
Originaltitel: Star Trek – Coda: Book 1: Moments asunder
Übersetzer:  Katrin Aust
Verlag: Cross Cult
Erschienen: 10/2022
Einband: Taschenbuch
Seiten: 429
ISBN: 978-3-96658-941-3
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