Spider-Man 3 ist eine Enttäuschung.
Woher kommt diese Enttäuschung?
Als im Jahr 2007 Spider-Man 3 in die Kinos kam, war die Erwartungshaltung der Zuschauer groß, denn schließlich konnte die Filmreihe bislang immer überzeugen. Der Auftakt – Spider-Man – war sehr gute Superheldaction, derweil der Nachfolger Spider-Man 2 eine der besten Superheldenfilme aller Zeiten war. Und deshalb war die Vorfreude enorm. Hinzu kam dann auch, dass anders als bei X-Men 3, es hier keinen Wechsel auf dem Regiestuhl gab und ebenso viele der vorherigen Castmitglieder zurückkehren sollten.
Doch die freudige Erwartung sollte schnell enttäuscht werden, denn in diesem Kinofilm gab es einiges, was nicht so recht zusammenpasste.
Doch der Reihe nach. Dass es Spider-Man 3 geben würde, das wurde direkt nach dem Release von Spider-Man 2 von Verfilmungsrechteinhaber Sony bekannt gegeben. Ursprünglich sollte der Film am 2. Mai 2007 in die Kinos kommen, die Premiere wurde später auf den vierten Mai verschoben. Außerdem wurde im September 2005 ein Vertrag mit einer siebenstelligen Summe mit dem Drehbuchautor Alvin Sagrent komplettiert, der bereits das Skript zum zweiten Teil geschrieben hatte. Er sollte das Drehbuch für Teil 3 verfassen, mit einer Option für ein etwaiges Spider-Man 4.
Jede Menge neue Charaktere
Auch Sam Raimi kehrte zurück und verfasste ein Treatment, in dem stand, was er sich vorstellte, was in dem Film geschehen sollte. So sollte natürlich Harry Osborn zurückkehren, weil der Regisseur seine Storyline vollenden wollte. Doch der Hauptantagonist sollte dieses Mal der Sandman werden, ein klassischer Spider-Man-Schurke, der seinen gesamten Körper in Sand verwandeln konnte.
Allerdings wollte der Regisseur noch einen weiteren Gegenspieler in Spider-Man 3 einbauen. Seine Wahl war zunächst der Geier, und für diese Rolle wurden Verhandlungen mit dem bekannten Schauspieler Ben Kingsley geführt. Doch Produzent Avi Arad überzeugte Sam Raimi, stattdessen Venom zu nehmen, weil er das Gefühl hatte, dass der Filmemacher sich zu sehr auf die klassischen Schurken verließ und nicht auf die Gegenspieler, die die modernen Fans kannten und liebten. Immerhin war die zivile Identität des Bösewichts, Eddie Brock, schon Teil der Story des Films, so dass es ein Leichtes war, die Figur weiter auszubauen und sie am Ende zum Antagonisten werden zu lassen. Auch wurde Gwen Stacy eingebaut als zusätzliches Love Interest und Rivalin zu Mary Jane.
Doch all diese Hinzufügungen, Änderungen und zusätzlichen Charaktere hatten ihre Konsequenzen. Alvin Sagrent hatte Probleme, sie alle unterzubringen, so dass sein Skript irgendwann sehr komplex war. Er überlegte sogar, den Film zu splitten, fand allerdings keinen Ansatzpunkt, wo er die Geschichte hätte aufteilen können, weshalb er sich am Ende auch dagegen entschied.
Viele prominente Neuzugänge
Der Castingprozess verlief reibungslos, was unter anderem daran lag, dass ein Großteil der früheren Schauspieler zurückkehrte. Tobey Maguire, Kirsten Dunst, James Franco, Rosemary Harris und J. K. Simmons nahmen erneut ihre alten Rollen auf. Auch William Dafoe und Cliff Robertson tauchten für einige Szenen wieder auf.
Mit zu den neuen Darstellern zählte Thomas Haden Church, der zu Flint Marko aka dem Sandman wurde. Er akzeptierte die Rolle, obwohl zu dem Zeitpunkt noch kein Skript vorhanden war und trainierte 16 Monate lang, so dass er sich viele Muskeln anlegte und Fett verlor. Topher Grace war ein Comicfan, der den Erstauftritt von Venom als kleiner Junge las. Er wurde zu Eddie Brock, den als er jemanden interpretierte, der unter Drogen stand. Seine Darstellung als Venom war für ihn mit Schmerzen verbunden, da das Gebiss, das er dabei trug, sich an seinem Zahnfleisch rieb. Bryce Dallas Howard übernahm die Rolle von Gwen Stacey, die in diesem Film nur ein weiteres Mädchen war und nicht wie in den Comics Peter Parkers erste Liebe. Sie führte viele ihrer Stunts selbs durch, unwissend, dass sie zum Zeitpunkt des Drehs bereits mehrere Monate schwanger war. Niemand Geringeres als James Cromwell erhielt den Zuschlag für die Rolle des Captain George Stacy, Gwens Vater und Polizeibeamter.
Ein Jahr nach dem Tod von Doktor Otto Octavius will Peter Parker Mary Jane einen Antrag machen. Bei einem Treffen geht in ihrer Nähe ein Asteroid nieder, aus dem eine außerirdische Lebensform kommt, die sich an Peters Motorrad heftet. Gleichzeitig ist der Kleinkriminelle Flint Marko auf der Flucht und gerät in ein Experiment, dass ihn komplett in Sand verwandelt. Und Harry Osborn will sich an Spider-Man rächen. Aus diesem Grund durchläuft er denselben Verwandlungsprozess, der auch seinen Vater zu dem grünen Kobold machte ,und greift seinen einstigen Freund an. Doch bei der Verfolgungsjagd kommt es zu einem Unfall und er entwickelt eine partielle Amnesie, auf Grund derer er vergisst, dass sein bester Kumpel Peter Parker in Wahrheit Spider-Man ist.
Zu viel des Guten
Das Leben von Peter wird zusehends turbulent. Er rettet Gwen Stacy und küsst sie als Spider-Man in aller Öffentlichkeit, wodurch er Mary Jane verärgert. Er erfährt, dass Flint Marko in Wahrheit der Mörder seines Onkels Ben ist. Und die außerirdische Lebensform entpuppt sich als Symbiont, die sein Kostüm übernimmt und, wenn er selbst es trägt, die dunkle Seite seiner Persönlichkeit hervorbringt.
Spider-Man 3 ist ein geeignetes Beispiel für zu viel des Guten. Wenn man sich den Film anguckt, dann versteht man, wieso Drehbuchautor Alvin Sagrent so enorme Probleme mit dem Drehbuch hatte. Der Kinofilm leidet darunter, dass er zu viele Figuren hat, die jeweils ihre eigenen Plots haben, die dann irgendwie mit Spider-Man in Verbindung gebracht werden müssen. Mit der Konsequenz, dass kaum eine Handlung richtig überzeugen kann und dadurch der Film merkwürdig unentschlossen wirkt.
Das macht sich vor allem beim Venom-Plot bemerkbar. Über weite Teile des Films ist diese Handlung präsent und zunächst passt die Darstellung auch. Das neue, schwarze Kostüm von Peter Parker sieht fantastisch aus und die anfängliche, charakterliche Veränderung des Titelhelden wirkt glaubwürdig. Doch dann wird es damit übertrieben und die „enthemmte“ Charakterisierung ist auf einmal zum Fremdschämen. Die Szene, in der ein hemmungsloser Peter Parker in den Straßen tanzt, ist nicht umsonst zu einem Meme geworden.
Es fehlt an Zeit, es fehlt an Platz
Gleichzeitig geschieht die Venomwerdung von Eddie Brock zu spät im Film. Über weite Teile von Spider-Man 3 wird die Figur als Nervensäge aufgebaut, der nur auf Erfolg aus ist. Als er und der Symbiont dann schließlich gemeinsam zu Venom werden, ist das auch die Einleitung des großen Finales, und sein Charakter wird daraufhin nicht weiter ausgebaut.
Besser gelungen ist dabei die Darstellung von Flint Marko. Thomas Haden Church stellt ihn als einen missverstandenen und getriebenen Charakter dar, der unter den Geistern der Vergangenheit leidet. Die Szene, in der er sich nach Erlangen seiner Kräfte wieder zusammensetzt ist mit die beste im Film. Leider leidet diese Handlung am meisten unter den vielen anderen Handlungsfäden des Kinofilms, da der Charakter irgendwann zum bloßen Handlanger von Venom wird und am Ende dann nach einer Entschuldigung an Peter Parker einfach so verschwindet. Es wäre besser gewesen, wenn die Figur mehr Zeit und Platz zum Sich-entfalten bekommen hätte.
Der dritte Antagonist ist Harry Osborn, der jedoch passenderweise im ersten Drittel des Films Amnesie bekommt und seine Erinnerung erst später zurückerhält. Das Ende seiner Story ist tragisch inszeniert, fühlt sich allerdings sehr forciert an. Im Prinzip bleibt die Figur nach dem Gedächtnisverlust die ganze Zeit in Wartestellung darauf, dass er wieder für die Handlung wichtig wird, und darf zwischenzeitlich den guten Freund von Peter spielen, dem sich auch Mary Jane anvertraut. Auch hier hätte mehr Zeit und Platz gut getan, das sich anbahnende Drama zu entwickeln.
Verschwendetes Potential
Der Beziehungsplot zwischen Mary Jane und Peter Parker ist von dem ganzen Film noch der beste. Einfach, weil es zu der Filmreihe passt, dass das Spider-Man-Sein die Beziehung zwischen den beiden enorm strapaziert. Allerdings muss man auch sagen, dass der Einbau von Gwen Stacy als Stein des Anstoßes in Spider-Man 3 enttäuschend ausfällt. Das liegt daran, dass der Name zu sehr mit gewissen Erwartungen verknüpft ist. Hier im Film ist sie am Ende nur ein potentielles Love Interest, ein Hindernis auf dem Weg zum Glück für Peter und Mary Jane – deren Vater zufälligerweise auch noch der ermittelnde Beamte im Mordfall Ben Parker war. Wenn man bedenkt, wieviele Tragödien den beiden in den Comics widerfahren sind, wirkt dies alles jedoch wie verschwendetes Potential. Es hättn ebenso jede x-beliebige andere Figur sein können, die man extra für den Film erfunden hat, aber nicht die Stacys.
Am Ende ist das einfach ein Kinofilm, bei dem dem Zuschauer irgendwann alles egal ist, bei dem schon bald das Gefühl von Ärger überwiegt, weil er zu viel auf einmal versucht und ihm nichts gelingt. Man kann nicht glauben, dass dies von denselben Leuten stammt, die auch Spider-Man 2 gedreht hatten.
Immerhin können die Special Effects überzeugen. Die Kräfte von Sandman werden glaubwürdig inszeniert, ebenso wie die halbflüssige Darstellung von Venom grandios rübergebracht wird. Vor allem die Szene, in denen Peter das Kostüm loswird und der Symbiont am Ende mit Eddie Brock verschmilzt, ist super.
Doch verhindert all dies nicht, dass Spider-Man 3 ein Flop bei den Kritikern war. Zwar war er an den Kinokassen erfolgreich, doch Sony entschloss sich nach reichlicher Überlegungszeit, die Filmserie komplett neu zu starten, mit neuen Schauspielern und einem neuen Regisseur. Denn Sam Raimi, der ja ursprünglich bei einem Spider-Man 4 erneut auf dem Regiestuhl hätte Platz nehmen sollen, war nach der massiven und vielen negativen Kritik nicht zur Verfügung. Er nahm Abstand von weiteren Superheldenverfilmungen, jedenfalls solange, bis er mit „Dr. Strange and the Multiverse of Madness“ eine gelungene Wiederkehr feierte.
Warpskala
WarpskalaPositiv
- Sandman
- Beziehung zwischen Peter Parker und Mary Jane
Negativ
- Zu viele Schurken
- Zu viele Plots
- Verschwendetes Potential bei den Stacys
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