Die Stargazer ist der Auftakt zu einem neuen Abenteuer in Star Trek – Picard.
Das Leben ist gut?
Anderthalb Jahre sind vergangen, seitdem Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) eine romulanische Verschwörung aufdeckte, erneut Abschied von Data nahm und einen neuen Körper erhielt. Seit diesen Ereignissen hat der einstige Captain der Enterprise wieder mehr zu sich gefunden. Er führt jetzt ein erfolgreiches Weingut, genießt wieder ein hohes Ansehen in der Sternenflotte und scheint allgemein aktiver am Leben teilzunehmen. Doch gleichzeitig wird auch klar, dass er im Grunde genommen ein einsamer alter Mann ist, ohne eine Frau an seiner Seite. Vermutlich, weil er es so wollte.
Parallel dazu öffnet sich im Beta-Quadrant eine Anomalie, aus der ein Signal empfangen wird. Die U.S.S. Stargazer unter dem Kommando von Cristòbal Rios (Santiago Cabrera) kann es soweit entschlüsseln, dass klar wird, dass hier nach Picard gerufen wird. Also eilt der alte Mann an den Ort des Geschehens. Und wird Zeuge, wie ein alter Feind wieder auftaucht.
Von allen neueren Star Trek-Serien kam und kommt Picard eine besondere Rolle zu. Sie sollte nicht nur neue Fans ansprechen, sondern ebenfalls die alten aus der TNG-Ära abholen, die ansonsten mit dem neuen Star Trek nur wenig anzufangen wussten. Ein Plan, bei dem sich im Laufe der ersten Season erwies, dass er nicht glückte. Nicht umsonst wurde die Serie nach dem Ende der ersten Staffel auch hier bei uns als eine der schlechtesten Trek-Reihen überhaupt tituliert.
Wiedergutmachung
Mit Die Stargazer startet jetzt die zweite Season, von der man hoffen kann, dass sie die Fehler der ersten nicht wiederholen wird. Und so muss der Auftakt nicht nur die Handlung für die neue Staffel vorbereiten, sondern ebenso ein wenig die enttäuschten Zuschauer wieder zurückholen. Eine ziemliche Herausforderung, die diese Episode jedoch dadurch meistert, indem sie die Kontroversen von damals gar nicht erst anspricht oder sie nur kurz streift. Und noch dazu eine spannende Handlung erzählt, die einen jedoch gleichzeitig auch nachdenklich zurück lässt.
Das heißt auch, dass die Tatsache, dass Jean-Luc Picard jetzt einen Androidenkörper hat, wenn überhaupt nur nebenbei erwähnt wird. Und es gibt eine Szene, in der man einen Massenauflauf verschiedener „Sternenflotten“-Schiffe beobachten kann. Hier hat man das Gefühl, dass sie vor allem deswegen eingebaut wurde, um die ähnliche, aber komplett missglückte Szene aus Et in Arcadia Ego, Teil 2 wieder wettzumachen. Mit Erfolg, weil dieser eine kurze Augenblick einen enorm vielfältigen Massenauflauf der unterschiedlichsten Raumschiffe und Schiffsklassen darstellt. Darunter auch einige, die interessanterweise ihre Premiere ursprünglich in Star Trek Online feierten.
Die Stargazer schlägt dabei ein gemächliches Tempo an. Ein Großteil der Folge wird natürlich dem Titelcharakter gewidmet und wie sein Alltag ist. Doch gleichzeitig erfährt man auch, was mit den Protagonisten der ersten Season geschehen ist. So sieht man, dass Seven of Nine das Raumschiff von Cristóbal Rios übernommen hat und die Galaxie durchstreift, um Gutes zu tun. Der ehemalige Captain ist wiederum, wie ebenfalls Raffaela Musiker (Michelle Hurd) und Elnor (Evan Evagora), jetzt Teil der Sternenflotte geworden. Agnes Jurati (Alison Pill) scheint eine Beraterin des Captains der neuen Stargazer zu sein, derweil Soji Asha (Isa Briones) als Botschafterin für die synthetischen Lebensformen unterwegs ist. Es sind kurze Momente, die nicht wirklich erklären, wie es dazu gekommen ist, die aber trotzdem zufriedenstellen, weil die entsprechenden Persönlichkeiten, die man aus der ersten Season her kennt, immer noch vorhanden sind.
Wiedersehen mit guten Bekannten
Das Leben scheint für den Titelcharakter also in Ordnung zu sein. Doch wiederholt wird die Tatsache angesprochen, dass er niemanden an seiner Seite hat, keine Frau. Interessant ist da sein Umgang mit seiner Haus- und Hofhälterin Laris (Orla Brady), die sich zu ihm hingezogen fühlt. Hier sieht man, wie schnell, ja schon fast wie automatisch, Picard die aufkeimende Beziehung unterbindet. So, als ob er sich bewusst vor Jahren dagegen entschieden hat und das bis heute eisern durchzieht. Ob seine Kindheit was damit zu tun hat? Hier wird vieles angedeutet.
Doch gleichzeitig macht ein Gespräch mit Guinan in Die Stargazer klar, dass wohl mehr dran ist als gedacht. Dass Picard sich ebenfalls unsicher ist, was seine Zukunft bringen wird. Übrigens ist es schön zu sehen, dass Whoopi Goldberg wieder in ihre alte Rolle zurückkehrt. Genial ist ebenso, dass erklärt wird, wieso sie älter aussieht, obwohl El Aurianer langsamer altern als ein normaler Mensch. Es ist eine Erläuterung, die Sinn ergibt und deshalb auch so gelungen ist.
Natürlich ist Whoopi Goldberg nicht die einzige Bekannte, die zurückgekehrt ist. Von Beginn an wurde die zweite Staffel von Picard mit dem Auftauchen Jean-Lucs liebster Nervensäge beworben, nämlich Q (John De Lancie). Und der tritt am Ende der Folge auf, wobei er sofort die Szene stiehlt.
Unglücklich gewählt
Doch bis es so weit ist, dauert es noch etwas. Und auch, wenn die Handlung von Die Stargazer sich eher gemächlich weiterentwickelt, nimmt sie gegen Ende ziemlich Fahrt auf. Nämlich als man erfährt, was bzw. wer hinter dem Signal steckt. Langjährige Zuschauer von Star Trek sowie Kenner des Trailers zur zweiten Season werden schon erahnen, wer da auftaucht.
Allerdings hat man das Gefühl, dass die Anomalie sich auch auf die Intelligenz und das Leistungsvermögen der Sternenflottenoffiziere auswirkt. Zum einen reagieren sie sehr, sehr, sehr langsam. Und zum anderen agieren sie doch sehr naiv, obwohl alles, was man sieht und hört, klar macht, wer hinter diesem Phänomen steckt.
Doch ist das nur ein kleines Manko von Die Stargazer, die ansonsten ein guter Auftakt ist. Allerdings ist der deutsche Titel etwas unglücklich gewählt. Hier wurde sich am englischen Episodennamen orientiert. Das Problem ist jedoch, dass The von sich aus im Englischen kein Geschlecht hat. Und Stargazer kann in dieser Folge eben nicht nur das Raumschiff sein, sondern ebenso Picard selber, der in einer Kindheitserinnerung von seiner Mutter als ein solcher Sternengucker bezeichnet wird. Hier wurde ein im Original wunderbar vieldeutiger und vielschichtiger Titel im Deutschen auf die falsche Weise zu eindeutig.
Wertung
WertungPositiv
- Alte Fehler werden vermieden oder wieder gut gemacht
- Wiedersehen mit alten Bekannten
- Charakterisierung von Picard
Negativ
- Anomalie scheint sich auf Reflexe und Intelligenz der Sternenflottenoffiziere auszuwirken
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