Auf dem Mars kämpfen religiöse Fanatiker und Einsiedler um die Vorherrschaft.

Die die bleibenDie Handlung

Die Lage auf dem Mars eskaliert immer weiter. Während in der Barackensiedlung der Häftlinge ein blutiger Bandenkrieg tobt, haben die Anhänger des Sektengurus Xavier Rojas die Kuppel der freien Siedler unter ihre Gewalt gebracht. Sie versammeln die Menschen in einem Stadion, um sie dort allesamt mit vergiftetem Wasser zu meucheln.

Die Ex-Polizistin Jasmine Stenford kann zwar gemeinsam mit einer Handvoll Einsiedler die Zentrale der Kolonie sichern, aber die Verstärkung steckt noch in einem Sandsturm fest. Als Verbündete kann sie vorerst nur die anwesenden Sicherheitskräfte gewinnen, deren Chefin Sophie Berken noch zwischen den Baracken des Straflagers ums Überleben kämpft. Dabei kommt Jasmine die Idee, dass Berken dort den Hacker Ulfried aufsammeln könnte, denn die aufständischen Synkretisten haben das gesamte Verteidigungsnetzwerk lahmgelegt, welches im Kampf gegen ihre Übermacht hilfreich wäre.

Jasmine und ihr kleinwüchsiger Verbündeter Pietr retten Sophie und Ulfried mittels eines Kampffliegers aus dem Kampfgebiet und setzen den Hacker in der Sicherheitszentrale sogleich an einen Rechner. Zwischenzeitlich ist auch die Verstärkung der Einsiedler angekommen und hat die Kolonisten befreit. Die kleinen Siege währen jedoch nicht lange, denn als der gekaperte Gefangenentransporter der Synkretisten auf dem Mars ankommt, gewinnen diese wieder die Oberhand.

Die religiösen Fanatiker sind nicht nur zahlenmäßig überlegen, sondern haben außerdem jede Menge Nekrodrohnen im Gepäck, die ihnen auch die Luftüberlegenheit geben. Selbst ohne ihren Anführer Rojas, der sich aus Verzweiflung über die Befreiung der Kolonisten bei einem Anschlag auf die Sicherheitszentrale selbst in die Luft gesprengt hat, bleiben seine Anhänger weiterhin gefährlich und drohen, den Mars vollkommen unter ihre Kontrolle zu bringen.

Jetzt kann nur noch Ulfried die Situation retten, indem er die Killerdrohnen ebenfalls hackt. Dies gelingt ihm tatsächlich, doch dann trifft er eine fatale Entscheidung, welche die weitere Besiedelung des Mars für Generationen verunmöglicht. Als die Verstärkung von der Erde eintrifft, kann diese den Mars nicht einmal mehr betreten.

Rezension von On Mars_ 3: Die, die bleiben

Der dritte Band setzt die Handlung des Vorgängers nahtlos fort. Die synkretistische Kirche lässt nunmehr sämtliche Masken fallen und droht, einen Genozid an allen anders- und nichtgläubigen Marsbewohnern zu verüben. Dieser kann zwar verhindert werden, doch am Marshimmel zieht bereits die nächste dunkle Wolke in Form des gekaperten Gefangenentransporters auf. Alles in allem eine scheinbar ausweglose Situation, zumal erst in einigen Wochen mit Hilfe von der Erde zu rechnen ist.

An Spannung mangelt es dem Finale damit wirklich nicht. Ebenso wenig an Action. Was dagegen leider fehlt, sind Ruhepausen, in denen sich die Charaktere weiterentwickeln können. Der Synkretist Josh taucht gar überhaupt nicht mehr auf, obwohl er den Bandenkrieg im vorangegangenen Band überlebt hat. Da er als hilfsbereiter Charakter gezeichnet wurde, wäre es interessant gewesen zu erfahren, wie er zu dem geplanten Massenmord an allen Ungläubigen steht. Hier wird eine Chance verpasst, denn so entwickelt nicht einer von Rojas Anhängern Gewissensbisse, was ein wenig zu pessimistisch erscheint.

Rojas selbst ist derweil ähnlich irre wie ein islamistischer Selbstmordattentäter und sprengt sich schon wegen eines kleinen Rückschlags in die Luft, obwohl die Chancen auf einen Sieg für ihn immer noch günstig stehen. Sektengurus und andere psychopathische Anführer sind jedoch eher dafür bekannt, erst einmal ihre Schäfchen über die Klinge springen zu lassen und erst dann Suizid zu begehen, wenn die Lage für sie absolut ausweglos erscheint.

Gelungen ist dagegen die Auflösung des ganzen Dramas. Für einen kurzen Moment scheint es so, als wäre die Lage unter Kontrolle und die Guten hätten gesiegt. Dann macht die Handlung jedoch einen Sprung um zwei Monate nach vorn. Die Verstärkung von der Erde trifft im Orbit des Mars ein und findet eine entsetzliche Szenerie vor. Dieses Ende kommt wirklich überraschend und könnte nicht drastischer sein.

Das Fazit, welches aus dem Scheitern der Marsbesiedelung gezogen wird, kann ebenfalls überzeugen. Auf 15 zusätzlichen Seiten resümiert die chinesische Präsidentin drei Jahre nach den Ereignissen über den nötigen „Bruch mit dem idiotischen Dogma vom endlosen Wachstum in einer Welt mit endlichen Ressourcen.“ Mit dieser offenen Kapitalismuskritik wird indirekt schon fast die Systemfrage gestellt.

Demgegenüber steht jedoch, dass die chinesische Präsidentin Zhao Yiyan der aktuellen taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen zum Verwechseln ähnlich sieht, und sie obendrein auch explizit als „Präsidentin der Republik China“ genannt wird und nicht etwa der Volksrepublik. Das dürfte in Peking nicht sonderlich gut ankommen. Bei der restlichen Leserschaft könnte es hingegen zumindest für Verwirrung sorgen, steht Taiwan doch für das kapitalistische System und damit für das Dogma des endlosen Wachstums, welches der Comic „idiotisch“ nennt.

Nun mag es ja sein, dass China bis zum Jahr 2136 wiedervereint sein könnte und hier die Synthese des chinesischen Sozialismus mit der westlichen Demokratie impliziert wird. An und für sich ein interessanter Gedanke, aber eine solche Utopie erscheint doch etwas unwahrscheinlich. Man würde den Chinesen zwar mehr Demokratie und Meinungsfreiheit wünschen und der westlichen Welt ein Ende des selbstzerstörerischen Wachstumsmodells, doch von beidem ist die Menschheit momentan noch weit entfernt. Einzig die Formen der modernen Sklaverei, die im Comic beschrieben werden, haben reale Bezüge in der Vergangenheit und Gegenwart.

Realistisch ist weiterhin der Zeichenstil, der auf hohem Niveau bleibt. Vor allem die Gesichter sind dermaßen gut getroffen, dass man sogar erkennen kann, wer bei einigen Charakteren Modell gestanden hat. Die Marslandschaften und Weltraumbilder laden einmal mehr zum Träumen ein und auch das futuristische Mumbai, wo in der Zukunft die UNO ihren Sitz haben soll, bietet eindrucksvolle Perspektiven. Wie schon in den beiden vorangegangenen Bänden ist das Setting in sandigen Farben gehalten, die gut zum Mars sowie zur ausgetrockneten Erde passen.

Fazit

Der Abschluss der Reihe wartet mit einem Schockeffekt auf, der einen sprachlos zurücklässt. Alles läuft auf eine vernichtende Kritik an einem ausbeuterischen System hinaus, welches die Menschen physisch und psychisch zerstört. Das Grab auf dem Mars hat sich die Menschheit selbst geschaufelt und macht sie auf der Erde gleichermaßen weiter so, wird auch diese bald unbewohnbar sein. Obgleich die Botschaft damit sehr politisch ist, wird hier das Genre der Science-Fiction im Kern dazu genutzt, wozu es da ist: vor einer dystopischen Zukunft zu warnen und eine utopische Alternative anzubieten.

Der Grundgedanke der menschlichen Selbstzerstörung findet sich übrigens gleichermaßen in Comicreihen wie Parallel und Reset wieder, die ebenfalls bei Splitter erschienen sind. Leichte Kost ist wohl eher die Ausnahme im Sortiment, aber wer auf anspruchsvolle Sci-Fi steht, wird mit On Mars_ einmal mehr bestens bedient, und nicht zuletzt ist diese Reihe auch optisch sehr eindrucksvoll.

Info

Autor: Sylvain Runberg
Zeichner: Grun
Verlag: Splitter
Sonstige Informationen: Produktseite

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Warpskala

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