Verhaftungen, bevor der Mord begangen wird – was, wenn es Fehler im System gibt?

Minority Report
USA 2002
145 Minuten

Die Handlung:

Washington im Jahre 2054: In der amerikanischen Hauptstadt hat es schon seit Jahren keinen Mord mehr gegeben.

Das wurde möglich durch die drei Pre-Cogs: zwei junge Männer und eine junge Frau. Sie können in die Zukunft sehen und so Mörder:innen schon erkennen, bevor sie oder er den Mord begangen haben. Eine Elite-Einheit der Polizei wertet die Informationen durch die Pre-Cogs aus und nimmt die zukünftigen Mörder:innen fest.
Die Pre-Cogs selber sind durch den Anblick der vielen Bluttaten geistig sehr instabil. Sie liegen in einem mit Flüssigkeit gefüllten Tank. Die Festgenommenen werden per Richter:innenspruch zum Kälteschlaf verurteilt.

John Anderton ist der führende Ermittler bei Pre-Crime. Vor Jahren wurde ihm sein Sohn entführt, den er seitdem nie wiedergesehen hat. Vor allem deshalb hat er mit der Methode von Pre-Crime und der Aburteilung der zukünftigen Verbrecher:innen auch keinerlei Probleme.
Allerdings kommt er ins Grübeln, als sich herausstellt, dass die drei Pre-Cogs nicht immer die gleiche Vision haben. Offenbar kommt es vor, dass eine oder einer der drei eine andere Zukunft sieht. Eine Zukunft, in der ein Mensch keinen Mord begehen wird. Schließlich sehen die Pre-Cogs, dass Anderton selbst einen Mord begehen wird. Er wird einen Mann töten, den er jetzt noch nicht einmal kennt. Nun ist er auf der Flucht. Er entführt die Pre-Cog Agatha, in der Hoffnung, dass es für ihn einen Minderheitenreport gibt, in dem er den Mord nicht begeht.

Eine überwachte Welt

Minority Report basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Philip K. Dick aus dem Jahre 1956. Dick gehört zu den am häufigsten verfilmten SF-Autoren der Welt. Das ist umso bemerkenswerter, als dass er zu Lebzeiten über die Science-Fiction-Szene hinaus kaum bekannt war.

In seinen Romanen und Kurzgeschichten geht es meist um künstliche Erinnerungen und Realitäten, die nicht wirklich Realität sind. Und den Einfluss von Umwelt und vermeintlicher Realität auf die Gesellschaft. Das sind auch die Kernansätze, mit denen sich viele Dick-Verfilmungen beschäftigen, wobei die originale Handlung oft mehr oder weniger ignoriert wird. Nach Blade Runner, Total Recall und Screamers war Minority Report die vierte Philip K. Dick-Verfilmung.

Stephen Spielberg hatte sich die Kurzgeschichte für sein erstes Projekt mit Tom Cruise ausgesucht. Ähnlich wie Paul Verhoeven bei Total Recall, wollte Spielberg Action und Anspruch miteinander verbinden. Das ist bei Minority Report allerdings wesentlich schwieriger, da die Geschichte viel hintergründiger ist als bei Total Recall und man immer wieder dafür sorgen muss, dass die Zuschauer:innen auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht werden. Bei Total Recall reichte es zu wissen, dass sich Arnold Schwarzenegger nicht auf seine Erinnerungen verlassen kann. Dass er wie jemand, der sein Gedächtnis verloren hat, herausfinden muss, wer er ist.

Bei Minority Report geht es neben den zukünftigen Taten auch noch um Fehlinterpretationen und um sozialkritische Konsequenzen daraus. Und wenn man all das verstanden hat, gilt es immer noch, einen Mörder und sein Motiv zu finden.

Schöne neue (Werbe-) Welt

Stephen Spielberg war um eine möglichst realistische Darstellung der Zukunft bemüht. Daher ließ er ein Team von 16 namhaften Futurolog:innen darüber brainstormen, wie die Gesellschaft im Jahre 2054 aussehen könnte. Die Ergebnisse waren, neben diversen Designvorschlägen, die im Film vorkommenden Waffen, Autos, Gebäude und so weiter. Außerdem nahmen die Zukunftsforscher:innen an, dass die Welt in der Mitte des 21. Jahrhunderts sehr stark durch Überwachung und Beobachtung geprägt sein würde.

Auch die Werbung macht sich die Möglichkeit der Überwachung zunutze, indem durch Augenscannen eine Person identifiziert wird, um diese dann ganz gezielt mit Namen anzusprechen und ihr im Vorbeigehen ein Angebot zu unterbreiten. Und so schuf Spielberg in seinem Film ein kaltes, von Überwachung geprägtes Bild. Er hielt sich dabei mit aufdringlicher Zukunftskritik zurück.

Da fängt dann auch eine Schwäche des Films an. Spielberg hat sich so auf die Bilder konzentriert, auf das Design der Zukunft, dass er die Glaubwürdigkeit dabei aus dem Auge verloren hat. Es ist ja glaubhaft, dass die Werbeindustrie die Einmaligkeit des menschlichen Auges zu nutzen weiß, um Menschen auf ihren Wegen gezielt anzusprechen. Aber wenn man aus allen Richtungen Botschaften hört, was man doch gebrauchen und kaufen könnte, dann versteht man die einzelne Botschaft nicht mehr und die Werbung verliert ihre Wirkung. Genauso wirkt es im Film, wenn Tom Cruise mit den Augen eines Anderen ständig dessen Werbebotschaften ausgesetzt ist.

Für so eine Werbemethode wird sich die Werbebranche mit Sicherheit nicht entscheiden. Da ist gezieltes Productplacement sicher effektiver. Wie bei der personalisierten Werbung der Zukunft wird der Kinozuschauer förmlich von platzierter Produktwerbung erschlagen. Der Film erreichte laut Wikipedia dann auch den zweifelhaften Rekord für Produktplatzierung im Wert von 17 Millionen €. Dieser Rekord wurde erst 2012 durch James Bond – Skyfall übertroffen.

Die Bedeutung von Daten ist in den USA, Europa und China sehr unterschiedlich. Während in Europa Daten Privateigentum und in China Gemeineigentum sind, sind sie in den USA ein Wirtschaftsgut. Deshalb sammeln Google, Facebook und andere Daten zum Verkauf und Werbegebrauch. Stephen Spielberg nimmt an, dass sich das 2054 auch nicht geändert hat. Nach wie vor werden Daten von Menschen gesammelt, um ihnen Werbeangebote zu machen, aber eine amtliche Personalienerfassung findet nicht statt. Aufgrund der Datenmenge im Netz ist Pre-Crime in der Lage, in Minuten den Wohnort eines potentiellen Mörders, einer Mörderin und des Opfers zu finden. Aber eine Frau, die wenige Minuten nach einem verhinderten Mordanschlag tatsächlich von einem anderen Mörder umgebracht wird, verschwindet völlig aus dem Erfassungsbereich. Der Staat lässt die geretteten Mordopfer ohne Nachbesprechungen, Betreuungen oder Zeugenbefragungen zurück, sodass ein Verschwinden schon einen Tag später nicht mehr bemerkt wird. Ob unsere Zukunft tatsächlich so aussehen wird, liegt ganz bei uns. Es gibt für unser Schicksal keinen Minderheiten-Report, aber wie Agatha sagt: Wir haben immer noch die Wahl.

 

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Dirk Wilkens-Hagenkötter
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