Nach der Interpretation aus der H.-G.-Wells-Comicreihe kommt eine zweite Comicadaption von Der Krieg der Welten aus Deutschland.
Die Handlung
Wer kennt nicht H. G. Wells Krieg der Welten? Der Ich-Erzähler beobachtet zusammen mit Prof. Ogilvy durch dessen Teleskop seltsame Vorgänge auf dem Mars. Wenig später schlagen Meteoriten auf der Erde ein, die sich als marsianische Landekapseln herausstellen. Aus diesen steigen Kampfmaschinen, die sofort über die Menschheit herfallen. Der unglückselige Ogilvy zählt zu den ersten Opfern, während sich der Ich-Erzähler gerade noch in Sicherheit bringen kann.
Auf der Suche nach seiner Frau erlebt der Protagonist die Schrecken der marsianischen Invasion in all ihren grausamen Details. Allerdings haben die Marsianer die Rechnung ohne die irdischen Krankheitserreger gemacht und haben alsbald Grund, ihren Angriff zu bereuen. Für den Ich-Erzähler gibt es derweil ein Happy-End.
Rezension von Der Krieg der Welten
Erzählerisch hält sich dieser Carlsen-Band so nah an die Romanvorlage, wie es nur geht. Als Autor ist H. G. Well persönlich aufgeführt, welcher den Fokus auf den Ich-Erzähler legt, der die Invasion aus seiner Sicht schildert. Dialoge gibt es nur wenige.
Diese Erzählweise ist der Hauptunterschied zur Interpretation von Dobbs, die bei Splitter erschienen ist. In dieser wird die Handlung mehr in Bildern und Dialogen erzählt. Gemeinsam haben die beiden Versionen, dass sie zum Ende des 19. Jahrhunderts spielen, also in der Entstehungszeit der Romanvorlage. Alle wichtigen Handlungselemente sind ebenfalls gleich, allerdings gehen die zwei Splitter-Bände teilweise etwas näher auf die Grausamkeiten wie den schwarzen Rauch oder das Dahinsiechen der Marsianer ein. Der vorliegende Comic konzentriert sich dagegen auf die inneren Monologe des Protagonisten.
Die Zeichenstile weichen derweil erheblich voneinander ab. An der deutschen Interpretation ist dabei erfreulich, dass die Tripoden der Marsianer einen zeitgemäßen Look erhalten haben und nicht den Wächtern aus Matrix nachempfunden sind. Gleiches gilt für die Marsianer, welche im vorliegenden Band als Tentakelwesen ohne Torso dargestellt werden. Damit steckt hier deutlich mehr eigene Kreativität des Zeichners drin als in den Splitter-Bänden.
Nichtdestotrotz sind die Zeichnungen von Vicente Cifuentes um einiges detaillierter und kontrastreicher als jene von Thilo Krapp. Letzterer ist vor allem als Kinderbuchillustrator bekannt und das merkt man seinem Stil deutlich an. Dieser passt einfach nicht so recht zu einem Comic, der sich an ein jugendliches bis erwachsenes Publikum richtet. Die Bilder sind überwiegend recht grob, die Konturen zuweilen etwas hell und unscharf.
Gebäude sehen manchmal ganz okay aus, auf anderen Seiten fehlt den Fassaden wiederum jede Oberflächentextur wie z.B. Mauerwerk. Die Darstellung von Gesichtern schwankt ebenfalls stark. Zuweilen sind die Charaktere gut erkennbar, während ihnen auf dem nächsten Bild schon wieder sämtliche Züge fehlen. Am meisten stört es, wenn die Gesichter nur Knopfaugen haben, was sehr cartoonhaft wirkt.
Eine weitere Problemzone sind die Hände. Häufig pressen die Figuren Mittel- und Ringfinger zusammen, während sie den Zeige- und kleinen Finger weit abspreizen. Soll das eine bewusste Geste darstellen oder haben die Menschen einfach nur verkrüppelte Pfoten? Vielleicht auch ein Unfall mit Sekundenkleber? Jedenfalls wirkt diese Fehlstellung der Finger extrem unnatürlich und wiederholt sich dermaßen oft, dass es unangenehm auffällt.
Die Koloration ist ebenfalls sehr schlicht geraten, die meisten Flächen sind durchgängig in einem Farbton gehalten. Wenn überhaupt mal zwischen Licht- und Schattenseite unterschieden wird, gibt es maximal zwei bis drei Farbtöne. Glanzeffekte sind damit nicht möglich. Leuchteffekte sind ebenso rar gesät und beschränken sich z. B. auf die Scheinwerfer einer Eisenbahn. Explosionen sehen noch ganz gut aus, aber das war’s auch schon an optischen Effekten.
Positiv hervorzuheben ist, dass es im hinteren Teil noch 12 Bonusseiten mit Skizzen von Thilo Krapp gibt, in denen er u. a. erklärt, dass er für die britische Architektur des ausgehenden 19. Jahrhundert direkt vor Ort in England recherchiert hat. Die Skizzen der Gebäudefassaden sehen dabei sogar detaillierter aus als im fertigen Comic. Ziegelsteinfassaden sind hier klar als solche erkennbar. Zum Schluss gibt es noch ein paar persönliche Eckdaten zu Krapp und Wells sowie eine gezeichnete Landkarte der Umgebung von London, in der sich die Handlung abspielt.
Fazit
Die Stärke dieses Comics ist die Nähe zur Romanvorlage sowie die Kreativität bei der Gestaltung der Marsianer und ihrer Maschinen. Leider wirkt das Werk insgesamt eher wie ein Kinderbuch, was bei der Biografie des Zeichners allerdings keine Überraschung ist. Im Vergleich zu Dobbs‘ Interpretation halten sich Plus- und Minuspunkte die Waage.
Info
Autor: H.G. Wells
Zeichnungen & Farben: Thilo Krapp
Verlag: Carlsen
Sonstige Informationen: Produktseite
Warpskala
Warpskala-
Story10/10
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Zeichenstil4/10
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Koloration5/10
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