Mit einem Lächeln geht es in Jessica Jones zu Ende.

Ein unerwartetes Wiedersehen

Jessica (Krysten Ritter) liefert Luke  (Mike Colter) ins nächste Krankenhaus ein, wo die Ärzte Schwierigkeiten haben, ihn wegen seiner Superkräfte zu behandeln. Am Ende überredet sie Claire Temple (Rosario Dawson), mit ihm zu ihrem Appartment zu fliehen, derweil sie selber zurückbleibt. Denn Killgrave (David Tennant), der seine Fähigkeiten enorm gesteigert hat, wird wieder aktiv.

Sie kann ihm zum Glück entkommen und plant den nächsten Schritt. Unterstützung kriegt sie dabei von ihrer Adoptivschwester Patricia Walker (Rachael Taylor). Gemeinsam machen sie sich daran, den alten Alptraum aus Jessicas Vergangenheit ein für alle Mal zu erledigen.

Mit Lächeln ist jetzt die erste Jessica Jones-Season zu Ende gegangen. Und genau wie es bei Daredevil der Fall war, war Netflix damals mit der Staffel so zufrieden, dass eine zweite in Auftrag gegeben wurde. Doch zuvor mussten natürlich diverse Plots abgeschlossen werden.

Eine schöne Überraschung

Dementsprechend hat man es hier mit einer Episode zu tun, wo es einerseits hoch her geht. Wo einmal mehr verdeutlicht wird, wie gefährlich Killgrave sein kann, wie durchgeknallt er ist. Andererseits nimmt man sich aber auch die nötige Zeit, innezuhalten, ruhige Momente zu präsentieren, wo die Charaktere sich fortentwickeln können.

Ein Highlight von Lächeln ist natürlich, dass dies das unerwartete Wiedersehen mit Claire Temple ist. Die Krankenschwester war zuletzt in der Daredevil-Folge Der rechte Pfad zu sehen, wo sie den Helden verließ, weil sie mit seinem Leben als Vigilant nicht mehr klar kam. Dass sie jetzt in Jessica Jones auftaucht, ist eine wunderschöne Überraschung.

Noch dazu eine, die gelungen ist. Ihr Auftauchen ist ein wunderbarer Kontrastpunkt zu den Geschehnissen und den Charakteren der bisherigen Season. Ihre bodenständige Charakterisierung, die Nonchalance, wie sie, ohne mit der Wimper zu zucken, die Existenz von Killgrave akzeptiert. Und wie sie Einfallsreichtum beweist, um Luke Cage zu behandeln.

Dem Wahnsinn anheim gefallen

All dies sind wichtige Beiträge, so dass ihr Auftauchen in Lächeln nicht einfach nur wie ein nettes Bonbon für Fans der Netflix-Marvel-Serien wirkt, sondern auch seinen Sinn und Zweck hat. Denn am Ende ist es ihre Existenz, ihr Dasein, das ermöglicht, dass sich Jessica Jones Killgrave widmen kann.

Auch dieser kriegt in dieser Folge einige starke Momente, die wunderbar beweisen, wie durchgedreht er mittlerweile ist. Einerseits will er Jessica leiden sehen, will er sie unter seiner Kontrolle haben. Aber andererseits wird ebenso verdeutlicht, dass er sich in Wahrheit einfach nur danach sehnt, sie wieder um sich zu haben. Eine Widersprüchlichkeit, die klarmacht, dass er wegen ihres Widerstands endgültig den Verstand verloren hat.

Und die Titelheldin selbst? Gibt sich in Lächeln so kratzbürstig wie eh und je. Sie legt sich bewusst mit Killgrave an, beleidigt ihn, nur um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und als dies gelungen ist, arbeitet sie daran, ihn zu Fall zu bringen.

Stille und wichtige Momente

Doch es gibt auch die stillen Momente. Die Szenen, in denen man einen Einblick in ihr Seelenleben erhält. Etwa, wenn sie sich zu dem bewusstlosen Luke Cage legt und ihm davon erzählt, dass sie sich ein gemeinsames Leben mit ihm erhofft. Hier sieht man ihre verwundbare Seite, die sie ansonsten so gut es geht unter ihrem Sarkasmus und Zynismus versteckt.

Das Ende von Lächeln verdeutlicht dann jede Menge Dinge. Zum einen, wie enorm Killgraves Kräfte durch das Experiment seines Vaters gewachsen sind. Seine Reichweite ist größer und er kann mehr Menschen auf ein Mal kontrollieren. Wodurch die Gefahr, die er ausstrahlt, nochmal hervorgehoben wird.

Und zum anderen, dass die Beziehung zwischen Jessica Jones und Patricia Walker im Laufe der Season gefestigt worden ist. Weil die Radiomoderatorin für die Titelheldin ihr Leben riskiert und ihr dadurch die nötige Stärke gibt, Killgrave ein für alle Mal zu erledigen.

Das ist zu einfach

Es gibt allerdings ein paar Kritikpunkte an Lächeln. Zum einen ist es zu einfach, dass sich Patricia Walker mit Kopfhörern, lauter Musik und Vermeiden von Blickkontakt Killgraves Kräften widersetzt. Wenn dies so simpel ist, wieso ist das nicht schon vorher geschehen? Und zum anderen wird Jessica Jones’ Fähigkeit zu fliegen ignoriert. Die wurde einmal am Ende von W.W.J.D. eingeführt und danach nicht mehr erwähnt. Und bis zu einer bestimmten Szene hätte man ihre Existenz auch vergessen, ehe dann bei eben jener erwähnten einfällt, dass sie mit der Flugfähigkeit der Protagonistin besser funktionieren würde.

Doch ist dies am Ende Meckern auf hohem Niveau, bei einem ansonsten gelungenem Staffelabschluss.

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Warpskala

Warpskala
8 10 0 1
8/10
Total Score

Positiv

  • Viele Charaktermomente
  • Zusammenarbeit von Jessica und Patricia
  • Auftauchen von Claire Temple

Negativ

  • Jessicas Flugfähigkeit wird ignoriert
  • Blockade von Killgraves Fähigkeit zu einfach
Götz Piesbergen
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