Die Blauen bekommen manchen Figuren nicht besonders gut.

Das erste Mal auf der Stelle treten

Jessica Jones (Krysten Ritter) ist auf der Suche nach dem Körper des Polizisten Clemons. Sie treibt sich dabei selbst an und verzichtet sogar auf Schlaf. Was sich später rächt, als sie quasi schlafwandelnd angefahren wird.

Dabei erinnert sie sich an früher. Als sie nach dem Unfalltod ihrer Familie von Patrica Walker (Rachael Taylor) und deren Mutter aufgenommen wurde. Doch die Mama des späteren Stars erweist sich als jemand, der sein Kind ständig missbraucht. Wodurch es zu einer Konfrontation kommt, in deren Verlauf Jessica das erste Mal ihre Kräfte gegen andere einsetzt.

Die erste Staffel von Jessica Jones umfasst 13 Episoden. Und bislang war die Geschwindigkeit, mit der sich die Gesamthandlung weiterentwickelt hat, relativ ordentlich. Es gab immer wieder Folgen, wo der Handlungsfortschritt eher gering ausfiel. Allerdings hatte man nie das Gefühl, dass er auf der Stelle tritt. Die Blauen ist die erste Episode, wo dieser Eindruck aufkommt.

Langweilig!

Es scheint fast so, als ob den Machern der Serie relativ spät aufgegangen ist, dass ihr Pacing dazu führen würde, dass sie mit der Hauptstory schon wesentlich früher fertig wären, als geplant. Weshalb sie jetzt auch extrem auf die Bremse gestiegen sind. Mit der Folge, dass dies eine Episode ist, die einfach nur langweilt.

Zwar ist es so, dass man in Die Blauen die ganze Zeit über das Wirken von Killgrave im Hintergrund spürt. Schließlich sind es die Konsequenzen seiner Gefangenschaft und Flucht in 1000 Schnitte, die zu den Ereignissen dieser Folge führen. Doch das macht die Geschehnisse nicht wirklich besser.

Das große Problem ist, dass die meiste Zeit Jessica gefühlt von Leichenhalle zu Leichenhalle stolpert, um zunächst den toten Körper von Killgraves Vater zu suchen und dann den des von Will Simpson ermordeten Polizisten. Währenddessen wird sie immer müder und müder, was sich auch auf den Zuschauer auswirkt, der ebenfalls fast einschläft.

Höhepunktearm

Interessant sind dabei in Die Blauen die Rückblenden, in denen man sieht, wie Jessica von den Walkers adoptiert wird und ihre Kräfte entdeckt, wie sie auf ihre Adoptivschwester Patricia reagiert und dann schließlich mitkriegt, dass jene von ihrer Mutter missbraucht wird. Diese Szenen tragen mit dazu bei, das gute Verhältnis zwischen Jessica und Trish zu erklären. Es ist definitiv ein Höhepunkt dieser Episode.

Die ansonsten höhepunktearm ist. Wie gesagt, die meiste Zeit sieht man nur, wie Jessica Jones durch die Straßen stolpert, auf der Suche nach Leichenhallen, wo sie die toten Körper findet, wobei sie immer müder und müder wird. Was schließlich dazu führt, dass sie angefahren und verletzt wird.

Und auf exakt diesen Moment hat Die Blauen hingearbeitet. Denn die Titelheldin hat den Unfall relativ gut überstanden. Nur eben etwas angeschlagen, was für den zweiten wichtigen Plot dieser Folge interessant wird.

Wenn einem eine Figur auf die Nerven geht

Denn parallel sieht man, wie Patricia Walker mit dem offensichtlich immer unzurechnungsfähigeren Will Simpson umgeht. Und dieser war bereits in der letzten Episode der Schwachpunkt.

In Die Blauen geht er einem am Ende nur noch auf die Nerven. Weil seine Unzurechnungsfähigkeit die meiste Zeit für alle klar sichtbar ist. Was sogar soweit geht, dass er zwei Agenten, die ihn begleiten, vor den Augen von Patricia Walker erschießt. Was wohl auch beim Zuschauer Entsetzen hervorrufen soll.

Das würde vielleicht funktionieren, wenn die Figur einem nicht nach den Ereignissen der letzten Episode völlig egal wäre. Ja, er ist unzurechnungsfähig. Ja, er ist gefährlich, weil er auf speziellen Drogen ist. Doch am Ende schafft es der Charakter nicht, dass man als Zuschauer großartig neu Interesse für ihn erhält.

Ein vielversprechendes Ende

Letzten Endes kommt es zur Konfrontation zwischen ihm und Jessica Jones, wo er auf Grund ihrer Verletzung im Vorteil ist. Der Kampf, bei dem auch Patricia irgendwann mitmischt, ist leidlich interessant. Wichtig ist nur der Moment, wo Trish ihm seine Pillen stiehlt und selber Die Blauen einnimmt, wodurch sie ihn bezwingen können. Mit Konsequenzen, die sicherlich noch wichtig werden.

Was diese Folge am Ende vor dem Gesamtabsturz rettet, ist das Finale, in dem Luke Cage erneut auftaucht und Killgrave wieder aktiv wird. Wodurch die kommenden, letzten Episoden noch sehr interessant werden dürften.

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Götz Piesbergen
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