99 Freunde retten Jessica Jones Leben.

Seelische Wunden

Während Jessica (Krysten Ritter) und Patricia Walker (Rachael Taylor) auf jeweils ihre eigene Art versuchen, mit den Ereignissen der letzten Episode fertigzuwerden, kriegt die Privatdetektivin einen neuen Fall. Sie soll den Mann einer Schmuckdesignerin des Fremdgehens überführen. Doch etwas an dem Auftrag lässt ihre innere Alarmglocke läuten.

Wobei sie allgemein noch abgelenkt ist. Sie versucht, die Person ausfindig zu machen, die sie ständig heimlich fotografiert. Und ihre Anwältin Hogarth  (Carrie-Ann Moss) organisiert eine Selbsthilfegruppe von Leuten, die von Killgrave manipuliert worden sind. Jessica soll dabei eine große Rolle spielen.

99 Freunde zeigt, dass in Jessicas Leben viel los ist. Neben der Arbeit muss sie sich auch um den Fallout von Killgraves Rückkehr kümmern. Wobei dieses Ereignis bei ihr viele seelische Wunden offengelegt hat, die sie ebenfalls noch beschäftigen.

Traumatabehandlung

Man erlebt also in dieser Episode eine Jessica Jones, die viel mit sich selbst zu tun hat. Und trotzdem auch noch versucht, für die Leute da zu sein, die ihr wichtig sind. Wie beispielsweise Patricia Walker oder den Polizisten, der sie in der letzten Folge angegriffen hatte. So vielbeschäftigt hat man die Detektivin noch nie zuvor gesehen.

Dabei zeigt 99 Freunde, dass sie nicht die Einzige ist, die unter Killgrave leidet oder gelitten hat. Der Auftritt der anderen Geschädigten, ihre jeweilige Leidensgeschichte und Erfahrungen ist hierbei ein geschickter Kunstgriff. Denn auf diese Weise wird nochmal verdeutlicht, dass man es hier mit einem perversen und ekelhaften Monster von Mann zu tun hat, dem es gefällt, andere Leute nach eigenem Gusto zu manipulieren. Und das, ohne dass er persönlich auftreten muss. Wozu auch? Seine Fingerabdrücke sind überall wahrnehmbar.

Und doch zeigt diese Folge auch, wie man mit den emotionalen Wunden umgehen und sich davon erholen kann. Das sieht man exemplarisch am Beispiel von Patricia Walker und dem Polizisten Will Simpson, der ja noch in der letzten Episode versucht hatte, sie unter dem Einfluss von Killgrave zu töten. Am Anfang leiden beide noch erheblich unter den Folgen dieses Ereignisses. Doch dann fangen sie an, miteinander zu reden, ihre Erfahrungen auszutauschen, und begeben sich so auf eine Art Weg der Besserung.

Auch Nebenplots sind wichtig

Ob dieser am Ende dann auch wirklich erfolgreich sein wird, wird sich zeigen. Allerdings stellt sich bei dieser Plotentwicklung in 99 Freunde die Frage, wieso Jessica Jones nicht diesen Weg geht. Wieso sie sich abweisend und ekelhaft gibt. Liegt es vielleicht daran, dass ihre Traumata erheblich stärker sind, als die ihrer Adoptivschwester? Schließlich war sie wesentlich länger in der Gewalt von Killgrave als die Radiomoderatorin, was sicher Spuren hinterlassen hat.

Gleichzeitig erlebt man auch eine Titelheldin, die sich vor allem mit der Frage beschäftigt, wer sie ständig im Auftrag von Killgrave fotografiert. Dabei sieht man in dieser Episode, wie sie auf die Lösung des Falls wirklich detektivisch hinarbeitet, auch wenn die Auflösung eher zufällig herbeigeführt wird. Trotzdem wird auf diese Weise ihre Intelligenz, Akribie und Willensstärke betont. Wobei das Ende des Plots eine enorme Überraschung ist, die einen umso mehr auf die kommende Folge gespannt sein lässt.

Das schöne an 99 Freunde ist, dass hier auch eher geringe Nebenplots nicht vergessen werden. So wird beispielsweise Hogarths Eisblütigkeit nicht nur im Berufs- sondern ebenso im Privatleben thematisiert. Und wie es ihr nicht gefällt, dass ihre Scheidung von ihrer Ehefrau nicht so verläuft, wie sie es sich vorstellt. Auch hier entsteht jede Menge Neugierde, wie sich das weiterentwickelt.

Schwäche

Doch ausgerechnet im aktuellen Auftrag von Jessica Jones schwächelt die Folge. Hier wird versucht zu zeigen, dass die Paranoia der Titelheldin manchmal auch durchaus gerechtfertigt ist. Dass sie auf Sachen stößt, die ihren Verdacht, dass an dem Fall etwas verkehrt ist, bestätigen. Doch im Prinzip entwickelt sich dieser Plot längst nicht so befriedigend wie die anderen Handlungsfäden. Man ahnt von Anfang an, dass hier etwas falsch ist. Und auch, wenn es am Ende ein netter Querverweis zu den Geschehnissen des MCUs ist, überzeugt diese Handlung bis zum Schluss überhaupt nicht.

Womit 99 Freunde leider die erste Folge der Serie ist, die nicht so wirklich überzeugen kann.

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Warpskala

Warpskala
8 10 0 1
8/10
Total Score

Positiv

  • Auch Nebenplots werden weiterentwickelt
  • Intelligenz von Jessica wird betont
  • Traumatabewältigung bei Patrica Walker

Negativ

  • Aktueller Fall in dieser Episode
Götz Piesbergen
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