In Ladies Night wird Jessica Jones mit ihrer Vergangenheit konfrontiert.
Eine relativ neue Figur
Mit der Daredevil-Serie war Marvel auf Netflix ein Riesenhit gelungen. Die Reihe konnte von der ersten bis zur letzten Episode überzeugen, mit nur wenigen Ausreißern nach unten. Und nachdem mit Daredevil die finale Folge der ersten Staffel ausgestrahlt wurde, war die Erwartungshaltung an Jessica Jones enorm.
Dabei handelte sich bei der Titelheldin um eine im Marvel-Comic-Universum eher neue Figur. Der Charakter wurde 2001 in der Comicserie Alias das erste Mal von Brian Michael Bendis eingeführt. Die Comicreihe war außerdem einer der Launchtitel des sich eher an erwachsene Leser orientierenden Imprints Marvel Max und ein voller Erfolg.
Eine Serienadaption war schon seit Langem (seit 2010, um genau zu sein) in Planung und sollte ursprünglich auf dem Fernsehsender ABC ausgestrahlt werden. Doch der Sender verlangte Änderungen, mit denen die Produzenten nicht einverstanden waren. Die Reihe wurde daraufhin überall woanders angeboten, ehe Netflix den Zuschlag machte und sie mit in sein geplantes Marvel-Serienuniversum aufnahm.
Mit Ladies Night sollte die Serie starten. Und dafür musste natürlich noch ein Cast zusammengestellt werden. Derweil der große Antagonist der Reihe, Killgrave, in der Auftaktfolge nur zu hören und nicht zu sehen war, wurde für die Titelheldin Krysten Ritter (Breaking Bad) gecastet. Rachael Taylor (Man-Thing) wurde zu ihrer Adoptivschwester Patricia „Trish“ Walker. Ursprünglich sollte die Rolle wie in den Comics Carol Danvers sein, doch da die Figur für das Marvel Cinematic Universe geplant war, wurde daraus nichts. Eka Darville (Power Rangers RPM) wurde zu Jessicas drogensüchtigem Nachbar Malcolm Ducasse, derweil Mike Colter als Luke Cage und Erin Moriarty als Hope Shlottman ebenfalls noch mit zum Cast hinzustießen. Und mit Carrie-Ann Moss als die Anwältin Jeri Hogarth gelangt der Serie ein richtiger Coup.
Die Vergangenheit taucht wieder auf
Jessica Jones ist eine alkoholabhängige Privatdetektivin mit einer traumatischen Vergangenheit. Sie verfügt über Superkräfte und lebt in einem heruntergekommenen Apartment und von Fall zu Fall. Die einzige Person, die sie regelmäßig anheuert, ist die Anwältin Jeri Hogarth.
Doch dann holt sie ihre Vergangenheit wieder ein, als sie von den besorgten Eltern der verschwundenen Studentin Hope Shlottman engagiert wird. Bei den Ermittlungen findet sie heraus, dass diese von jemanden entführt wurde, mit dem sie bereits früher zu tun hatte. Killgrave ist wieder zurück, womit der schlimmste Alptraum der Detektivin wahr geworden ist.
Notwendige Änderungen
Der Auftakt zur Jessica Jones-Serie Ladies Night gibt für Comicfans einen ersten Hinweis darauf, wie nahe oder eben nicht die Reihe sich an der Vorlage orientiert. Das Grundszenario wurde übernommen: Man hat es hier mit einer ehemaligen, alkoholabhängigen Privatdetektivin mit Superkräften zu tun, deren traumatische Vergangenheit sie wieder einholt. Stellenweise wurden ganze Panels oder gar Szenen mit in die Serie adaptiert.
Aber andererseits interpretiert die Reihe die Comicvorlage sehr frei. Patricia Walker ist hier eine Adoptivschwester der Protagonistin, die mit der Comicfigur außer dem Namen nichts gemeinsam hat. Ebenso wurden auch andere Charaktere für die Netflix-Serie im Vergleich zur Vorlage umgeändert, wie beispielsweise, dass sie ein anderes Geschlecht erhielten.
Doch unterm Strich sind dies notwendige Änderungen, die am eigentlichen Sehvergnügen und Bekenntnis zu den Wurzeln nichts verändert. Das beweist Ladies Night, wenn sie, wie bereits erwähnt, Panels aus der Comicvorlage in die Verfilmung übernimmt. Und das auf eine Art und Weise, die es nicht wie einen Fremdkörper wirken lassen.
Was ist geschehen?
Die Serie ist dabei eine Detektivserie mit Thrilleranleihen in einem Universum, wo auf das MCU zwar Bezug genommen wird. Doch ansonsten steht sie für sich alleine und präsentiert eine spannende Geschichte. Eine, in der vor allem die Titelheldin im Fokus steht.
Die Jessica Jones, die man in Ladies Night kennenlernt, ist eine Frau, die sich kratzbürstig und sarkastisch gibt. Sie lässt niemanden an sich heran, sondern hält selbst die Personen, die ihr relativ nahe stehen, auf Armeslängedistanz. Was vor allem auch daran liegt, dass sie auf eine traumatische Vergangenheit zurückblickt.
Was genau geschehen ist, das wird nur angedeutet. Es gibt eine Szene, die vielsagend ist. Wo die Detektivin auf der Suche nach dem verschwundenen Mädchen in ein Restaurant kommt und dort Flashbacks kriegt. Die sie hübsch gestylt und in einem wunderhübschen Kleid mit Schmuck zeigen. Was zu dem Jeans- und Lederjackenoutfit, das sie eigentlich trägt, so überhaupt nicht passt, ebenso wie ihr erzwungen wirkendes Lächeln.
Alte Traumata kommen wieder hoch
Ein weiterer Hinweis auf ihre vergangenen Traumata ist ihre Alkoholsucht. Alles Andeutungen darauf, dass sie versucht, ihre Vergangenheit zu begraben, um nicht daran zu denken, was mit ihr früher geschehen ist. Sie versteckt sich förmlich hinter ihrer Aura, ihrer Ablehnung gegenüber anderen. Und wenn sie sich, wie man es in Ladies Night sieht, so besäuft, dass sie mit anderen ins Bett steigt, dann bereut sie es am Ende sehr.
Deshalb kann man auch verstehen, wieso die Wiederkehr von Killgrave sie so in Aufregung versetzt. Seine Rückkehr bedeutet schließlich ebenso das Aufreißen von alten Wunden, das Wiederauftauchen von früheren Traumata. Und damit nichts Gutes.
Kein Wunder also, dass sie, als ihr Feind auftaucht, in Ladies Night versucht zu fliehen. Sie flieht dabei nicht nur vor dem noch unsichtbaren Antagonisten, von dem man nur sein schreckliches Werk sieht, sondern auch vor den Problemen, die er ihr verursacht. Bis sie am Ende dann zu einem Entschluss kommt, der ihr Verhalten für die restliche Reihe verändern dürfte.
Ein Highlight
Gleichzeitig werden in der Auftaktfolge auch einige Nebenfiguren beleuchtet und ausgebaut. Wie beispielsweise die lesbische Anwältin Jeri Hogarth, die die Privatdetektivin trotz ihrer Probleme immer wieder anheuert und sich eiskalt gibt. Gleichzeitig betrügt sie ihre bessere Hälfte mit einer jüngeren. Oder der drogenabhängige Nachbar, der Jessica Jones auf die Nerven geht.
Ein wahres Highlight der Reihe ist dabei das Intro, bei dem Illustrationen des Comic-Künstlers David Mack als Vorlage dienten. Womit, genau wie bei Daredevil, die Serie etwas Einzigartiges kriegt. Etwas, was sie hervorstechen lässt.
Ladies Night ist ein grandioser Auftakt.
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Warpskala
WarpskalaPositiv
- Das Intro
- Krysten Ritter als Jessica Jones
- Die Nebenfiguren
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