Hinter dem Hulk-Film aus dem Jahr 2003 steht zwar ein großer Name. Doch das Ergebnis fällt nicht entsprechend aus.
Ein großes, grünes Vorbild
Hulk ist nicht irgendeine Comicverfilmung. Der grüne Gigant war lange Zeit, ehe mit Blade 1998 eine bis dato anhaltende, überwiegend erfolgreiche Serie an Realverfilmungen begann, das Maß aller Dinge, was solche Verfilmungen angeht. Seine Fernsehserie, die in den USA von 1977 bis 1982 lief, war exzellente Unterhaltung. Und die ab 1988 anschließenden Fernsehfilme konnten den Erfolg fortsetzen, bis die Figur 1990 in The Death of the Incredible Hulk starb.
Der Erfolg beruhte damals auf zwei Schauspielern. David (Bruce) Banner wurde von dem leider 1993 verstorbenen Bill Bixby dargestellt, derweil der Hulk selbst von einem grün angemalten Bodybuilder namens Lou Ferrigno geschauspielert wurde. Die Special Effects sehen zwar aus heutiger Sicht lachhaft aus. Trotzdem konnten die Abenteuer begeistern und die Aussage „You wouldn’t like me, when I’m angry“ wurde zur Catchphrase der Figur.
Die Produktionsarbeit an einem Remake begann bereits 1990, also das Jahr, wo der Hulk im Fernsehen starb. 1992 übernahm Universal Pictures die Filmrechte an dem Charakter. Was folgte war eine lange und komplizierte Vorproduktionsphase, in der es verschiedene Drehbuchautoren und Regisseure gab. Jonathan Hensleigh, der bis dahin nur ein Drehbuchverfasser war, sollte mit dem Film sein Regiedebüt geben, doch daraus wurde am Ende nichts. 1997 wurde offiziell die eigentliche Vorproduktionsphase gestartet, in der jede Menge Prothesen und Computeranimationen erstellt wurden. Ebenso wurden die ersten Schauspieler gecastet. Dann allerdings trat Universal 1998 auf die Bremse und pausierte die Produktion, nachdem das Budget von 100 Millionen immer mehr eskalierte und allein 20 Millionen für Drehbuchentwicklung und Special Effects ausgegeben worden waren, ohne dass überhaupt irgendwas gefilmt worden war.
Ein sensationeller Coup!
Jonathan Hensleigh versuchte schließlich das Drehbuch in der Hinsicht zu überarbeiten, dass der Film am Ende weniger Budget kosten würde, verließ aber die Arbeit nach wenigen Monaten. Am Ende gelang es dem Drehbuchautor Michael France Universal davon zu überzeugen, dass er selber das Skript zum nunmehr dritten Mal bearbeiten durfte. Das Ergebnis wurde allgemein als sehr positiv angesehen.
Dennoch wurden danach Michael Tolkin und David Hayter für eine erneute Überarbeitung des Drehbuchs engagiert. Und als der Regisseur Ang Lee gemeinsam mit seinem Produktionspartner James Schamus an Bord des Films kam, war dieser von dem Skript nicht überzeugt und beauftragte seinen Partner es einmal mehr anzupassen. Dabei nannte der berühmte Regisseur als Inspirationsquellen dafür Werke wie King Kong, Doktor Jekyll und Mr. Hyde oder die griechischen Tragödien.
Mit der Verpflichtung von Ang Lee war Universal ein echter Coup gelungen. Denn der gebürtige Taiwanese hatte zuletzt im Jahr 2000 mit seinem Film Tiger and Dragon für Aufsehen gesorgt. Und dafür auch einen Oscar für die beste Regie erhalten. Es war seine zweite Big-Budgetproduktion nach dem 1999er Western Ride with the Devil.
Zwei Oscars an einem Film
Die Hauptrolle des Bruce Banner übernahm Eric Bana, der zur damaligen Zeit durch das Krimidrama Chopper berühmt geworden ist. Seine Kollegin und Ex-Freundin Betty Ross wurde durch Jennifer Connelly dargestellt, die 2001 den Oskar für die beste Nebendarstellerin in A Beautiful Mind erhielt. Die Hollywood-Legende Sam Elliot (Lifeguard) übernahm den Part von Bettys Vater Thaddeus „Thunderbolt“ Ross, derweil Josh Lucas (American Psycho) der opportunistische Glenn Talbot wurde. Abgerundet wurden die Hauptdarsteller durch Nick Nolte (Nur 48 Stunden), der Bruces psychotischen Vater David Banner darstellte. Stan Lee, einer der Schöpfer des Hulk-Charakters, und Lou Ferrigno, der Hulk-Darsteller der 70er und 80er Jahre, hatten einen Cameoauftritt als zwei Wachen.
Die Dreharbeiten fingen am Ende im März 2002 an. Überwiegend wurde Hulk in der San Francisco Bay Area gedreht. Der Score sollte ursprünglich von Mychael Danna (Life of Pi) komponiert werden. Doch da er den Soundtrack sehr ungewöhnlich mit afrikanischen Trommeln und arabischen Gesängen gestaltete, wurde seine Arbeit von den Köpfen des Studios abgelehnt. Stattdessen wurde Danny Elfman (Batman) angeheuert, der von Ang Lee dazu animiert wurde, seine Kompositionen nicht wie die Soundtracks anderer Superheldenverfilmungen zu gestalten.
Ang Lee selbst übernahm das Motioncapturing für den Hulk. Und laut Eric Bana herrschte am Set eine unglaublich ernste und schon fast morbide Stimmung. Der Regisseur versuchte den Film wie ein Comicbuch zu gestalten, weshalb es viele Splitscreen-Einstellungen gab, die technisch wesentlich aufwendiger waren, als bei einem normalen Kinofilm.
Das Erbe des Vaters
Der Wissenschaftler Bruce Banner (Eric Bana) hat eine traumatische Vergangenheit, die er verdrängt hat. Sein Vater David Banner (Nick Nolte) hat in den 1970er Jahren verbotene Experimente an sich durchgeführt, die er unwissentlichen an seinem Sohn genetisch vererbte. Als er sein Kind wenige Jahre nach dessen Geburt töten wollte, konnte die Mutter Edith (Cara Buono) dies verhindern, bezahlte es allerdings mit ihrem Leben.
Gemeinsam mit seiner Kollegin und Ex-Freundin Betty Ross (Jennifer Connelly) arbeitet Bruce an Nanobots, die den menschlichen Körper regenerieren. Doch dann läuft etwas schief und er rettet in letzter Sekunde Betty und einen anderen Kollegen, wird aber dabei mit Gammastrahlen beschossen. Das, in Kombination mit seiner besonderen DNA, führt dazu, dass, wenn er sich aufregt, zu einem großen, grünen Monster namens Hulk wird.
Und an dieser Kreatur zeigen verschiedene Leute Interesse. Bettys Vater Thaddeus „Thunderbolt“ Ross (Sam Elliot) will ihn aufhalten, damit er seine Tochter nicht gefährdet. Glenn Talbot (Josh Lucas), ein Vertreter eines Militärkonzerns ist an den Möglichkeiten des Hulks als Waffe interessiert. Und sein Vater David, der nach langer Zeit zurückgekommen ist, will ihn für seine eigenen Zwecke nutzen. Am Ende muss der Hulk nicht nur um sein Leben kämpfen, sondern auch um das von Betty…
Eine komplett andere Ästhetik
Wenn man Hulk mit den Superheldenverfilmungen vergleicht, die davor und danach kamen, sticht der Film hervor. Ang Lee hat mit der Comicverfilmung ein visuell einzigartiges Werk erschaffen. Sein Versuch, die Ästhetik der Vorlage mit zu übernehmen, durch die Paralleleinstellungen oder Überblenden, ist faszinierend. Dadurch hat die Verfilmung etwas besonderes, was dazu führt, dass man ihn auch heute gerne immer wieder sieht.
Auch wenn man gleichzeitig weiß, dass abgesehen davon, es ebenfalls nicht so prickelnde Aspekte gibt. Denn der Film ist mit 138 Minuten viel zu lang. Und das Finale ist….
Aber der Reihe nach. Ich will nicht zu sehr vorgreifen. Sondern mich zunächst auf das fokussieren, was Hulk gut macht. Und das ist durchaus einiges.
Fast wie in den Comics
Zunächst ein Mal wurde sich bei einem wesentlichen Element des Films an den Comics orientiert. Genau wie in der Welt der bunten Bilder, bildet die Basis für das, was aus einer Person wird, wenn er zu einem Gammawesen wird, das Innere Selbst. Im Falle von Bruce waren es die unterdrückten Erinnerungen, die dazu führten, dass, wenn er wütend wird, zum Hulk wird. Ebenso passt die Erläuterung, wieso David Banner zum Absorbing Man wird, auch wenn dieser Name im Film nicht fällt, hierzu.
Natürlich gibt es ebenfalls Unterschiede im Vergleich zur Vorlage. So wird der Hulk, wenn er noch wütender wird, nicht bloß stärker. Sondern auch größer. Und, anders als in der Vorlage, redet er nicht. Er kommuniziert durch Grunzer und Geräusche, die nicht an die gesprochene Sprache erinnern. Mit diesen Differenzen kann man als Comicfan allerdings leben.
Der Charakter von David Banner wurde hingegen von Grund auf komplett neu erschaffen. Zwar war er auch in den Comics kein guter Mensch. Doch war er da kein Wissenschaftler, der indirekt die Möglichkeiten für die Hulkwerdung seines Sohnes erschuf. Noch wurde er dort zum Schurken, der die Eigenschaften anderer Objekte absorbiert. Diese Fähigkeit stammt von Crusher Creel, dem Absorbing Man, der später in der Fernsehserie Agents of S.H.I.E.L.D. auftauchte.
Eine Frau verliert ihre Selbstständigkeit
Auch die Leistung der Schauspieler muss man überwiegend loben. Vor allem Nick Nolte stiehlt mit seinem Abgleiten in den Wahnsinn seinen Kollegen die Show. Man nimmt ihm ab, dass er ein verrückter Wissenschaftler ist, der opportunistisch vorgeht. Eric Bana stellt hingegen einen überzeugenden Bruce dar, der wiederholt ein Opfer der Umstände ist und seine Zuneigung zu Betty nur schlecht verstecken kann. Sam Elliot gibt einen, im Vergleich zur Vorlage, deutlich positiver charakterisierten Thaddeus „Thunderbolt“ Ross, der hauptsächlich aus Sorge um seine Tochter angetrieben wird.
Doch was den Rest der Darstellerriege angeht, können die nicht wirklich überzeugen. Bei Jennifer Connelly hat man den Eindruck, dass ihre anfänglich gut dargestellte Intelligenz im Laufe des Films immer mehr abnimmt und sie dabei auch nach und nach ihre Selbstständigkeit verliert. Bis sie schließlich im Epilog komplett unter der Kontrolle ihres Filmvaters steht. Ihre Figur ist dann am Ende nur noch ein Werkzeug, das von diversen Leuten dazu eingesetzt wird, um den Hulk zu kontrollieren.
Und was Josh Lucas angeht: Sein Charakter ist der Schwachpunkt des Films. Zu keinem Zeitpunkt wird man mit seiner Figur warm. Stattdessen entwickelt er sich schnell zu einem nervigen Kleinschurken, der dann auch noch in einem lächerlichen Special Effect stirbt.
Was für ein (langweiliges) Spektakel
Und das bringt mich zu der ursprünglichen Kritik. Der Film ist zu lang und zieht sich teilweise wie Kaugummi. So gut Ang Lee das zwischenmenschliche Drama darstellen kann, hier leidet es durch die Filmlänge. Besser wäre es gewesen, wenn beispielsweise die Szenen mit Glenn Talbot rausgeschnitten und der Film allgemein gestrafft worden wäre.
Der finale Kampf ist der nächste große Schwachpunkt des Films. Es ist ein Specialeffekttheater, das nicht überzeugen kann. Die Auseinandersetzung wirkt konfus, weil man stellenweise den Überblick darüber verliert, wo jetzt David Banner ist und wie er aussieht. Außerdem fehlt hier die zwischenmenschliche Komponente, die zuvor viele Hulkszenen gerettet haben. Gemeint ist damit, dass man den Hulk entweder gegen Menschen oder aber in der Gegenwart von Menschen auftreten ließ. Wodurch der Charakter quasi geerdet wurde. Der Endkampf ist hingegen nur ein pures CGI-Spektakel, das definitiv nicht die Stärke von Regisseur Ang Lee ist.
Immerhin kann die letzte Szene nochmal etwas versöhnen. In dieser sieht man Bruce Banner im Dschungel und die bekannte Catchphrase wird ausgesprochen. Eine kleine, aber feine Hommage an die Version von damals.
Ein Flop mit nahezu drastischen Konsequenzen
Übrigens merkt man dem Soundtrack nicht an, dass Danny Elfman kurzfristig eingesprungen ist. Die Melodien aus der Feder des Routiniers sind gelungen. Und vor allem das Hulk-Thema an sich ist großartig. Umso ärgerlicher ist es, als dann zum Abschluss in den Credits Set me Free von den Velvet Revolver ertönt. Es ist ein akustischer Bruch, der einen komplett irritiert, weil das nicht zu dem Film passt.
In Sachen Special Effects ist der Film überwiegend gut gealtert. Die mutierten Hunden wirken zwar lachhaft, die Explosion in der Glenn Talbot ums Leben kommt nicht überzeugend rüber und der Endkampf ist zu konfus geraten. Doch der Rest ist gut gelungen.
Als Hulk in die Kinos kam, war er für Universal ein kleiner Flop. Er schaffte es noch nicht mal das Doppelte seines Budgets einzuspielen, weshalb auch ein ursprünglich geplantes Sequel flach fiel. Erst Jahre später wurde ein neuer Versuch gewagt, den grünen Giganten neu zu verfilmen. Allerdings ohne Ang Lee, der nach dem Hulk-Misserfolg ernsthaft erwog, seine Filmkarriere zu beenden.
Man muss unterm Strich Ang Lee zu Gute halten, dass er sich bemühte, der Comicvorlage gerecht zu werden und gleichzeitig auch seinen eigenen Stil beizubehalten. Doch am Ende war er vielleicht nicht der geeignete Regisseur für so eine Comicverfilmung.
You know what scares me the most? When it happens, when it comes over me… and I totally lose control, I like it.
-Bruce Banner
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