2014 kehrte Godzilla wieder zurück, dieses Mal aus Amerika.

(K)eine Pause

Es war 2004, als das absolut verrückte und doch so gute Godzilla – Final Wars in die Kinos kam. Seitdem herrschte Funkstille, Pause. Toho wollte dem Franchise eine Auszeit gönnen, angesichts immer geringerer Einnahmen und Burnout seitens des Publikums.

Wobei Godzilla nicht wirklich Ruhe gegönnt war. So startete beispielsweise 2004 ein Versuch, einen Godzilla-Imax-Film zu drehen. Der sollte Godzilla 3D to the Max heißen und ein Remake von Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster sein. Der damalige Regisseur Yoshimitsu Banno war auch derjenige, der diesen 3D-Film drehen wollte und sich dafür die Rechte organisierte. 2005 holte er sich Unterstützung aus Amerika mit an Bord und 2007 trat die Firma Kerner Optical bei, die die Technologie hinter dem Film entwickeln sollte. Doch dann geriet diese ein Jahr später in finanzielle Schwierigkeiten, weshalb 2009 ein Vertrag mit Legendary Pictures unterzeichnet wurde, was dazu führte, das zahlreiche Beteiligte nicht mehr involviert waren. Doch das Projekt verlief im Sand und ist seit 2017, seit dem Yoshimitsu Banno verstorben ist, so gut wie tot.

Doch war das nicht das Ende der Beziehung zwischen Godzilla und Legendary Pictures. Denn 2010 wurde bekannt, dass das amerikanische Studio von Toho die Lizenz gekauft hatte, einen neuen Film zu drehen. Und eins wurde von Anfang an klar gemacht: Diese neue Leinwandinterpretation sollte nicht so werden, wie die 1998er Fassung, sondern sich mehr an den japanischen Originalen orientieren, wobei allerdings die Titelkreatur nicht mehr nur ein Kostüm war, sondern komplett am PC entstand, wobei dennoch MoCap-Schauspieler mitwirkten.

Alles, nur nicht wie 1998

Finanziert wurde der Kinofilm zu 75 % von Legendary Pictures, zu 25 % von Warner Bros., derweil das Medienunternehmen RatPac Dune Entertainment ebenfalls einen kleinen finanziellen Teil beisteuerten. Der Film sollte ursprünglich im Jahr 2012 herauskommen und als Regisseur wurde 2011 der Brite Gareth Edwards vorgestellt. Dieser sorgte ein Jahr zuvor durch sein Filmdebüt Monsters für Aufsehen. Und der Filmemacher betonte, dass er ein Fan von Godzilla sei, und um außerdem nochmal hervorzuheben, dass sein Film nicht so werden würde wie die 1998er Version.

2012 kam und ging und von einem Filmrelease gab es keine Spur. Stattdessen drehte Gareth Edwards auf dem Warner-Bros.-Anwesen einen kleinen Teaser, den er in diesem Jahr den Executives von Legendary Pictures sowie auf der San Diego Comiccon präsentierte.

Das erste Skript zum Godzilla-Film stammte aus der Feder von David Callaham, der sich zur Vorbereitung nicht mit der Geschichte des Kaiju-Monsters beschäftigte, sondern sich  Naturdokumentationen und die Pläne der örtlichen Regierung für den Fall von Naturkatastrophen ansah. Als dann Gareth Edwards übernahm, wurde verkündet, dass das ursprüngliche Drehbuch nochmal überarbeitet werden würde.

Wichtige Bedingungen

David S. Goyer (Blade Trilogy) war der erste der Drehbuchautoren, die zur Übearbeitung angeheuert wurden, wobei er nicht allzu viel an dem Skript änderte. Seine Zeit in diesem Filmprojekt war auch eher kurz, und rückblickend bezeichnete er seine Aktivität als die eines Skriptdoktors. Im November 2011 wurde dann zunächst Max Borenstein angestellt, um weiter am Drehbuch zu arbeiten, derweil im Oktober 2012 Drew Pearce fürs Skriptpolishing beauftragt wurde. Frank Darabont überarbeitete dann im Januar 2013 ein letztes Mal das Skript.

Dabei galt es noch ein paar Kleinigkeiten zu berücksichtigen. So machte Toho zu Bedingung, dass die Titelfigur durch einen nuklearen Vorfall entstehen und dass der Film in Japan stattfinden sollte. Auch die U.S. Army hatte Einblick in das Drehbuch und schlug Verbesserungen für die Akkuratheit vor. Im Gegenzug verlangten sie jedoch, dass Referenzen auf die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki gelöscht werden sollten.

Beim Cast wurden einige bekannte Namen angeheuert. Aaron Taylor-Johnson (Kick-Ass) wurde der Hauptdarsteller, U.S. Navy EOD LT Ford Brody. Der Japaner Ken Watanabe (Last Samurai) erhielt den Zuschlag für Dr. Ishirō Serizawa. Elizabeth Olsen (Avengers: Age of Ultron) wurde zur Ehefrau von Ford Brody, Elle Brody. Die berühmte französische Schauspielerin Juliette Binoche wurde zu Fords Mutter Sandra Brody, die bei einem nuklearen Unfall ums Leben kommt. Später bekam sie einen Anruf von niemand Geringerem als Quentin Tarrantino, der gestand, während ihrer Todesszene geweint zu haben, was er sonst bei einem 3D-Blockbuster noch nie getan habe. Sally Hawkins wurde zu Dr. Vivienne Graham, der rechten Hand von Dr. Serizawa. Sie war die letzte Darstellerin, die gecastet wurde, zu einer Zeit, als die ersten Dreharbeiten schon liefen. David Strathairn wurde zu Admiral William Stenz, dem Oberbefehlshaber der United States Navy Task Force im Kampf gegen die MOTUs, wie die Kaijus im Film genannt werden. Und Bryan Cranston (Breaking Bad) wurde zu Fords Vater, der Wissenschaftler Joe Brody. Es gab auch einen Kameoauftritt der Godzilla-Schauspiellegende Akira Takarada als Immigrationsoffizier, doch leider musste Regisseur Gareth Edwards seinen Auftritt herausschneiden, was er als größte Reue bezeichnete.

So getreu wie möglich

Im Jahr 1954 wird Godzilla, ein prähistorischer Alpha-Predator, zum Bikini-Atoll gelockt, um ihn mit einer Nuklearbombe zu töten. Im Jahr 1999 entdecken die Wissenschaftler Serizawa und Graham in einer kollabierten Plutoniummine auf den Philippinen die Skelettüberreste einer Kreatur, ähnlich der Godzillas, sowie zwei Sporen, eine leer, eine jedoch noch intakt. Und in Japan muss der Supervisor Joe Brody mit ansehen, wie seine Frau Sandra bei einem seltsamen nuklearen Vorfall ums Leben kommt.

15 Jahre später ist er ein alter, verbitterter Mann geworden, der unbedingt beweisen will, dass die japanische Regierung die wahren Umstände von damals vertuschen will. Sein Sohn Ford ist bei der US-Armee als Bombenentschärfer aktiv. Er kommt gerade von einem Einsatz zurück, als er schon wieder los muss, um seinen Vater zu befreien. Dabei werden die beiden schon bald Zeuge, wie eine gigantische Kreatur sich aus ihrem Kokon befreit und auf den Weg macht, sich mit einem Partner zu treffen. Was gleichzeitig Godzilla auf den Plan ruft, der dies verhindern will.

Man merkt dem 2014er Godzilla-Film an, dass die Verantwortlichen den Fehler von damals nicht wiederholen wollten. Dieses Mal ist ihr Godzilla dem japanischen Original so getreu wie möglich, ohne sich aber allzu sklavisch daran zu orientieren. Stattdessen hat er genügend eigene Ideen, die sich vor allem im finalen Akt bemerkbar machen.

Was für ein Monster!

Positiv ist das Design der Kaiju. Godzilla ist sogar mit 106,7 m so groß wie noch nie. Ebenso ist seine Mimik so lebendig wie noch nie zuvor. Er sieht allerdings immer noch aus, wie ein Godzilla aussehen sollte, wie ein Riesen-T-Rex, was ja 1998 nicht der Fall war. Die MOTUs, seine Gegenspieler, sehen hingegen völlig bizarr und alienartig aus. Sie wirken wie eine Mischung aus Insekten, Parasiten und Fledermäusen und doch völlig eigenständig. Sie kommunizieren einerseits mit Licht, andererseits aber auch mit Tönen, was sie zu im Godzilla-Franchise völlig einzigartigen Antagonisten macht.

Antagonisten, die Godzilla und allen anderen das Leben schwer machen. Der Film verwendet viel Zeit darauf, sie näher zu bringen. Ihre Angewohnheit, Atommaterial zu essen. Ihre Gliedmaßen, die ein Gelenk mehr aufweisen, als es in der Natur normalerweise der Fall ist. Und die EMP-Wellen auslösen können, die sämtliche Elektrizität in der näheren Umgebung lahmlegt.

Dabei gefällt vor allem der Endkampf zwischen diesen Wesen und Godzilla. Er ist großartig inszeniert. Gareth Edwards spielt hier mit Licht, mit Rauch und mit dem Sound. Zu sehen, wie Godzilla hinter Rauch verschwindet, zu hören, wie er seinen Atomatem auflädt … all dies fasziniert.

Kollateralschaden

Dabei wird im kompletten Film klar gemacht: Die Menschen sind hier nur im Weg und Kollateralschaden. Das letzte Mal, als so gnadenlos klar gemacht wurde, dass die Menschheit gegen die Kaiju keine Chance haben, da diese alles im Weg plattmachen, war gefühlt beim allerersten Godzilla-Film der Fall. Und anders als damals wird dies eben nicht nur ein Mal verdeutlicht. Sondern immer und immer wieder.

Was den Eindruck verstärkt, dass Godzilla kein Held ist, sondern ein Antiheld. Schließlich sorgt auch er für Tod und Zerstörung. Dass ihm am Ende zugejubelt wird, ist einfach nur der Erleichterung zuzuschreiben, dass er die anderen MOTU vernichtet hat.

Doch auch das ist neu. Godzilla hat zwar gewonnen, aber der Kinofilm zeigt, dass der Kampf ihn mitgenommen hat. Er schleppt sich am Ende eher ins Meer, anstatt, wie man es von den anderen Kaiju-Filmen erwarten würde, triumphierend davonzuschwimmen. Noch nie hat man ihn so verwundet und so erledigt erlebt. Absolut großartig.

Wenn die Titelfigur kaum dargestellt wird

Da verzeiht man dem Film auch fast, dass er seine Titelkreatur über Großteile der Laufzeit nicht präsentiert. Aber eben nur fast, weil man bei einem Godzilla-Film deutlich mehr Auftritte erwarten würde als die paar, die es am Ende geworden sind. Da waren die japanischen Godzilla-Filme deutlich besser.

Auch ist der Plot manchmal etwas zu sehr Malen nach Zahlen. Vor allem beim Beginn, bei dem einige Easter Eggs zum originalen Godzilla-Franchise versteckt sind, lässt sich bestens vorhersagen, was als nächstes passiert. Das bessert sich zwar im Laufe des Films, bleibt aber ein stetes Problem, was schade ist.

Immerhin stellt der Kinofilm seine menschlichen Protagonisten nicht als Übermenschen dar. Ford Brody ist ein liebevoller Vater, der jedoch im Laufe des Films mehr als ein Mal kräftig Prügel kassiert und dessen Beitrag zur finalen Rettung denkbar gering ausfällt. Sein Vater Joe Brody wird eindrucksvoll eingeführt, wird dann allerdings nach ungefähr einem Drittel des Films umgebracht, womit viel Potential verloren geht. Und Elisabeth Olsens Rolle ist vor allem die Repräsentantin der zivilen Opfer des Kampfes zwischen Godzilla und den MOTUs, weshalb auch ihre Figur, wie bei so vielen anderen Figuren, nur dürftig charakterisiert wird.

Charisma ist vorhanden

Immerhin wird dieses Manko bei vielen Figuren durch das Charisma der Schauspieler etwas aufgefangen. Vor allem bei Ken Watanabe merkt man, dass wenn er, wie so häufig, mit halboffenem Mund herumsteht, mehr Tiefe ausstrahlt als der Hauptcharakter. Seine Figur wird mit Respekt behandelt und nicht wie ein klischeehafter, ausländischer Wissenschaftler.

Erstaunlich ist, dass Godzilla auf Hurra-Patriotismus verzichtet. Die Armee dient auch nur als Prügelknabe für die eigentlichen Hauptcharaktere. Und leistet sich sogar massive Schnitzer, als sie auf einer Brücke, auf der noch Zivilisten sind, Streitkräfte auffährt, die die Kaiju angreifen sollen. Was natürlich in einer Katastrophe mündet. Und es gelingt Gareth Edwards eine Referenz an Hiroshima einzubauen, was die US-Armee ja verhindern wollte.

Am Ende ist der 2014er Godzilla-Film besser als der 1998er, was allerdings auch kein Kunststück ist. Vergleicht man ihn mit allen anderen Godzilla-Filmen, so ist er kein Überflieger, dafür hat er zu viele Schwächen. Aber er macht trotzdem Spaß. Und er war am Ende sogar so erfolgreich, dass er nicht nur eine Filmreihe in den USA begründete, sondern ebenso eine Wiedergeburt in Japan…!

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Götz Piesbergen
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