Sonya Kantor ist das Poster Girl.
(K)ein totes Genre
Sonya Kantors Leben war einst gut. Sie war Teil einer für die Delegation, so der Name des damals herrschenden Regimes, wichtigen Familie. Und sie wurde für ein Poster ausgewählt, dass das Motto der damaligen Regierung „Was Recht ist, ist richtig“ verbreitete. Doch seitdem hat sich alles geändert. Das Regime wurde gestürzt, ihre Familie ist tot und sie ist eingesperrt in einem abgesonderten Gebiet mit anderen Überlebenden wichtigen Mitgliedern der Delegation.
Doch dann ändert sich alles. Ein Mädchen wird vermisst und sie soll herausfinden, was mit ihm geschehen ist. Für sie wird dies eine Reise in die Vergangenheit, wo sie sich unbequemen Wahrheiten über sich und ihre Familie stellen muss.
Es gab mal eine Zeit, wo dystopische Romane überaus beliebt waren. Viele Verlage brachten diese, inspiriert durch die Hunger Games, Bücher heraus. Doch wie bei so vielen Trends flaute auch dieser Hype irgendwann ab. Dennoch ist das Genre nicht tot, wie Veronica Roths Poster Girl beweist.
Brotkrumen an Informationen
Die Autorin ist US-Amerikanerin, die 1988 in New York City zur Welt kam. Ihr Vater ist Deutscher, ihre Mutter ist Polin. Sie studierte an der Northwestern University Kreatives Schreiben und machte 2010 ihren Abschluss. 2011 wurde ihr erster Roman Divergent (Hier in Deutschland Die Bestimmung) veröffentlicht und 2014 verfilmt.
Veronica Roth macht es dem Leser nicht einfach, in Poster Girl einzusteigen. Denn sie hält sich mit Informationen über die Welt und die Vergangenheit ihrer Protagonistin zurück. Stattdessen streut sie nur Brotkrumen über den gesamten Roman aus, aus denen sich der Leser selber ein Gesamtbild machen muss.
Es ist ein ungewöhnlicher Ansatz, der aber erstaunlicherweise gut funktioniert. Eben weil sie sich so mit Details zurückhält, hält sie den Leser bei der Stange. Sie zwingt ihn förmlich dazu, genau darauf zu achten, was sie schreibt und so neue Elemente zu dem hinzuzufügen, was man schon vorher gelesen hatte.
Unheimlich
Dabei lernt man zu Beginn von Poster Girl Sonya Kantor kennen. Eine noch junge Frau, die in einem abgeriegelten Bereich eingesperrt ist, weil sie eine der wenigen Überlebenden von wichtigen Mitgliedern eines vorherigen Regimes war. Sie wird als jemand dargestellt, die sich vieles Wissen durch mühevolle Arbeit selber angearbeitet hat und die deshalb auch nicht klein beigibt. Gleichzeitig umgeben sie die Traumata ihrer Vergangenheit, das Wissen, dass ihre Familie tot ist und nichts mehr so ist, wie sie es einst kannte.
Sie besitzt als einzige noch ein Insight, das in ihr Auge implantiert worden ist. Es wird als eine Art Handyersatz beschrieben, mit vielen unterschiedlichen Funktionen. Darunter die für die Delegation vielleicht wichtigste, nämlich dass jede ihrer Taten überwacht wird und sie dafür automatisch eine Währung erhält oder abgezogen wird.
Anscheinend versuchte die Delegation in Poster Girl seine Bürger zu in ihren Augen moralisch mündigen Menschen zu erziehen. Wer fluchte, dem wurden DesCoins abgezogen, wer hingegen Gutes tat, wie Feinde des Regimes zu identifizieren, der erhielt diese. Es ist ein unheimliches Szenario, das Veronica Roth da beschreibt. Und vor allem eins, dass den Leser auch irgendwo fasziniert.
Viel eingeführt, wenig ausgeführt
Doch wo man über die Delegation und die damalige Lebensweise einiges erfährt, hält sich die Autorin mit Informationen über die Gegenwart sehr zurück. Man kriegt zwar mit, dass es noch Sympathisanten des früheren Regimes gibt und dass die neue Regierung Triumvirat heißt. Doch wie die Gesellschaft jetzt funktioniert, das erfährt man nicht.
Stattdessen beschließt die Autorin irgendwann eine analoge Armee als Terroristengruppe einzuführen. Nur, dass diese nach einer spektakulären Szene keine Rolle mehr spielt. Was schon enttäuschend ist.
Allgemein hat man den Eindruck, dass sich Veronica Roth beim Schreiben von Poster Girl etwas verzettelt hat. Was insofern erstaunlich ist, als dass sie sich mit Details nicht gerade überschlägt. Aber sie fängt einige Handlungsstränge an, wie eben die erwähnte analoge Armee oder die Existenz von rebellischen Jugendlichen in dem Wohnbezirk von Sonya. Führt diese jedoch nicht oder nur unbefriedigend weiter.
Ein Finale, dass einen kalt lässt
Was dazu führt, dass die Handlung im Finale auseinanderfällt. Auf ein Mal stößt ihre Protagonistin auf eine Verschwörung und lernt die Person kennen, die dahinter steckt. Was vermutlich den Effekt von Erstaunen haben sollte, funktioniert aber nicht, weil der entsprechende Charakter vorher nicht auftrat oder sonst wie nennenswert eingeführt wurde.
All das hat zur Konsequenz, dass Poster Girl ein Roman ist, der einen schnell kalt lässt. Man wird ihn zwar durchlesen. Aber er wird einem am Ende nicht in großartiger Erinnerung bleiben.
Info
Autor: Veronica Roth
Titel: Poster Girl – Wer bist du, wenn dir niemand zusieht?
Originaltitel: Poster Girl
Übersetzer: Petra Koob-Pawis
Verlag: Penhaligon
Erschienen: 10/2023
Einband: Broschiert
Seiten: 414
ISBN: 978-3-7645-3271-0
Sonstige Informationen: Produktseite
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