In Mu Sargais Diensten – das Treffen mit einem Auserwählten
Titel: Der Kammerpage der Kosmokratin
Autor: Christian Montillon
Zeichner: Swen Papenbrock
Erschienen: Freitag, 25. März 2022
Worum geht es in diesem Roman?
Atlan nimmt endlich die Einladung in die Yodorsphäre an und trifft dort zusammen mit Iwan/Iwa Mulholand auf den Kammerpagen der Kosmokratin Mu Sargai.
Der Leseeindruck
Es passiert selten. Mit zunehmender Leseerfahrung noch seltener, aber es passiert. Ab und an schleicht sich ein Dune-Moment ein. Man ließt einen Roman, stutzt und denkt sich, jetzt nochmal ganz langsam von vorne. Man merkt, hier verlässt man das Gebiet der Gebrauchsliteratur und betritt eine andere, eine höhere Ebene.
Manche Romane sind eher was für Genießer als einfache Pageturner. Es wäre schade, einfach über die vielen feinen Nuancen hinwegzulesen. Lange Rede, kurzer Sinn: Christian Montillons Roman hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Wir erleben aus der Perspektive eines Dieners der Kosmokraten, was es wirklich bedeutet, in Diensten der Kosmokraten zustehen. Mit Erantor, dem Kammerpagen der Kosmokratin Mu Sargai, erleben wir die unsagbar langen Abschnitte, in denen man einfach nur wartet, nur kleinste Informationshäppchen bekommt und am langen Arm von seinen Vorgesetzten endlose Geduld und endlosen Gleichmut eingebläut bekommt. Um dann urplötzlich für einen kurzen Moment die Wunders des Kosmos schauen und erleben zu dürfen. Das war aus dieser Perspektive unglaublich feinfühlig und lebendig von Christian Montillon geschildert. Selten gab es einen dermaßen intensiven Blick hinter die Kulissen.
Besonders wenn dann im Kontrast zu den doch sympathisch erscheinenden Kosmokraten-Bedienstenen dann ein absolut kalter und vollkommen empathieloser Roboter wie der Hafenmeister auftritt.
Aber auch Atlan und Iwan/Iwa Mulholland kommen sehr sympathisch rüber, das hat mir ausgesprochen gut gefallen, auch wenn natürlich die meiste Zeit nur geredet wird und die eigentliche Handlung aus den Rückblenden in das Leben des Kammerpagen besteht.
In der Qualität wird sich das wahrscheinlich nicht jedesmal wiederholen lassen, aber ich bin froh, diesen Quantensprung des Autors Christian Montillon miterleben zu dürfen. Damit hat er sich zumindest in meine ewigen Ruhmeshallen geschrieben.
Das war ganz großes Kino!
Die Punktevergabe
Immersion (max. 4 Punkte für einen Roman, der einen die Zeit vergessen lässt): Rein formal kann ich an dieser Stelle nur 2 Punkte vergeben, da ich diesen Roman nicht einfach wegbingen konnte, er brauchte Zeit und Muße. Aber keine Angst, die Punkte bekommen wir an anderer Stelle wieder herein.
Der Sense-of-Wonder Anteil (max. 2 Punkte): Wer bei diesem Ausflug zu dem Kosmokraten keinen Sense-of-Wonder verspürt, ist wahrscheinlich tot. Ich vergebe hier ohne irgend ein schlechtes Gewissen volle Punkte, plus einen Zusatzpunkt, also 3 Punkte.
Die Zyklushandlung (max. 2 Punkte), bzw. der übergeordnete Spannungsbogen: Wir erhaschen einen Blick hinter die Kulissen, einige Puzzlesteine fügen sich zusammen und es geht in der Handlung voran, hier kann ich nicht meckern und vergebe volle 2 Punkte.
Die Leistung des Autors, d. h. Sprache und Ausdruck (max. 2 Punkte): Andreas Eschbach sagt auf seiner Webseite: Alle 10.000 Seiten macht ein Autor einen Sprung auf eine höhere Ebene, und ich denke, wir sind hier Zeuge eines solchen Quantensprungs geworden. Weniger als 3 Punkte würden dieser Leistung nicht gerecht, da diese den Rahmen des Üblichen eindeutig sprengt.
In Summe also vollverdiente 10 von 10 Punkte. Das war Perfektion.
Wer neugierig geworden oder vollkommen anderer Meinung ist, dem sei natürlich neben der Lektüre des Romans selbst noch die YouTube-Version der Rezension empfohlen.
Wertung
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