Ein Wiedersehen mit alten Bekannten auf Nepenthe bringt Picard und Soji näher.

Staffel 1 – Folge 7
„Nepenthe“

Die Folge startet wieder einmal mit einem Rückblick, dieses Mal drei Wochen zurück. Wir erfahren, was während des Treffens in Das Ende ist der Anfang von Commodore Oh (Tamlyn Tomita) und Dr. Agnes Jurati (Alison Pill) passiert ist.

Opener – Dr. Jurati und Commodore Oh

Lange wurde darüber spekuliert, ob Oh eine Romulanerin ist, denn sie trägt hier eine Sonnenbrille. Oh ist obendrein kein typisch vulkanischer Name, Frauen beginnen normalerweise mit „T“ und Männer mit „S“ – allerdings ist das vulkanische Wort für Acht „Ohkuh“ – und die Konklave der Acht wurde bereits in Keine Gnade erwähnt. Ob es da wohl einen Zusammenhang gibt?

Wie dem auch sei, Oh verschmilzt ihre Gedanken mit Jurati und zeigt ihr eine Vision der totalen Zerstörung. Das reicht Agnes offenbar, um als eine Art Schläferagent zu agieren. Warum sie allerdings den Tracker direkt in den Mund steckt, noch bevor man ihr gesagt hat, dass er gekaut werden muss, wird nicht klar. Ist halt so. Und ein wenig gemein ist es ja auch schon, dass Oh erst verrät, was sie von Jurati will, nachdem diese den Tracker bereits intus hat, und kaum eine andere Wahl hat, als mitzumachen. Was sie will, sahen wir bereits in Keine Gnade.

Auf dem Kubus

Das Artefakt hatten wir in der letzten Folge verlassen, als sich Elnor (Evan Evagora) und Hugh gerade den romulanischen Angreifern stellten. Hier springen wir direkt ein wenig weiter, Elnor  ist verschwunden und Hugh wird von Narissa Rizzo (Peyton List) verhört. Sie droht damit, die xBs zu töten, wenn Hugh (Jonathan Del Arco) nicht kooperiert. Das macht er natürlich nicht und so werden seine xBs alle getötet. Laut eines ominösen Vertrags darf Hugh wohl nicht für seine xBs einstehen, die Romulaner aber sehr wohl die xBs töten und Hugh ebenso, als er sich gegen dieses Handeln wehren will. Elnor kommt ihm zwar zur Hilfe, kann ihn aber doch nicht retten – Schuld hat da seine Naivität. Einem Agenten der Zhat Vash zu trauen, nur weil er sagt, dass Qowat Milat und Zhat Vash so nicht kämpfen, ist wirklich sehr blauäugig. So findet Hugh also sein Ende und Rizzo kann fliehen. Elnor ist nun alleine auf dem Kubus und er aktiviert das Notsignal der Fenris-Ranger, das Picard offenbar bei seinem Besuch dort verloren hat. Welch gütiger Zufall.

Narek (Harry Treadaway) heftet sich derweil an die Verfolgung der La Sirena, die nur knapp dem Kubus entkommt.

An Bord der La Sirena

Zu dritt macht man sich auf den Weg nach Nepenthe, früh bemerkt Rios (Santiago Cabrera) aber, dass sie verfolgt werden. Nur knapp innerhalb der Sensorreichweite merkt er an, aber auf unserem heimischen Bildschirm wirkt es wie nur ein paar Meter. Als Narek sie immer wieder aufspürt, vermutet er, dass Raffi (Michelle Hurd) einen Tracker bei sich hat. Agnes hingegen ist kurz vor einem Nervenzusammenbruch, sie fordert regelrecht hysterisch, dass die La Sirena zur Erde zurückkehrt und Picard (Patrick Stewart) sich selbst überlässt. Raffi nimmt sich ihrer an und Agnes überfuttert sich regelrecht mit Kuchen, sodass sie sich übergeben muss. Ist dies ein erster Versuch, den Tracker loszuwerden?

Wenn ja, dann ist das äußerst kurz gedacht, denn wenn man diesen Tracker kauen muss, kommt er ins Verdauungssystem – und würde dort dann nach drei Wochen schon längst wieder draußen sein. Zumindest, wenn man ihn durch simples Erbrechen loswerden könnte, was für einen Tracker aber auch komplett unlogisch wäre. Aber so ist unsere Wissenschaftlerin eben. Genial, aber naiv.

Nachdem sie bemerkt hat, dass alles nicht hilft, fasst sie einen Entschluss – sie injiziert sich selbst ein Mittel, das den Tracker aufhalten soll, und fällt ins Koma. Unklar ist, ob das Koma oder ein Suizidversuch ihre Absicht war oder sie einfach nur ein Mittel genommen hat, das in der Lage ist, den Tracker aufzuhalten, und ihre eigene Gesundheit dabei nebensächlich war. Das führt allerdings zu weiteren Fragen. Woher weiß eine Kybernetikerin über den Aufbau solcher Tracker? Sie wusste nicht mal, dass man sie kauen musste, weiß aber, wie man sie stoppen kann? Wer sagt ihr, dass der Tod den Tracker abschaltet?

Zum Glück schaltet sich das MHN dann noch an und kann zumindest irgendetwas für sie tun – oder auch nicht, denn das wird ebenfalls übergangen. Lobenswert ist aber auf jeden Fall die Darstellung von Alison Pill – diese bringt den inneren Konflikt wirklich gut rüber und schafft es, dem bisher doch recht eintönigen Charakter neue Facetten hinzuzufügen.

Star Prek Picard Nepenthe

Auf Nepenthe

Kurz nach ihrer Ankunft auf Nepenthe erfährt Soji (Isa Briones) bereits, dass sie ein Androide ist. Picard war da nicht besonders glücklich mit dem Timing, er hätte Kestra (Lulu Wilson) nicht sofort erzählen müssen, dass der Vater von Soji Commander Data (Brent Spiner) ist. Kestra begrüßt sie auf dem Planeten mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Sie führt sie zu ihren Eltern: Will Riker (Jonathan Frakes) und Deanna Troi (Marina Sirtis).

Ab hier ungefähr nehmen die Szenen auf Nepenthe den Alt-Trekkie mit auf eine emotionale Reise voller Nostalgie. Natürlich nimmt dies einen enormen Anteil Momentum aus der Haupthandlung, ist in dieser Situation aber auch goldrichtig. Soji glaubt natürlich niemandem und geht von weiteren Psychospielchen aus. Es benötigt Deanna, um Picard darauf hinzuweisen, dass Soji erst Vertrauen entwickeln muss, denn alles, was sie bisher zu wissen glaubte, ist für sie auf einmal nicht mehr existent. Es ist Kestra, die mit komischen Fragen nach Spucke und Rotz Soji langsam auftauen lässt. Sie verzichtet sogar auf Titel und Familienname, da diese nicht real sind.

Wir erfahren auch, warum Riker und Troi sich auf Nepenthe niedergelassen haben. Ihr Sohn Thaddeus wurde schwer krank und hätte nur mit einer positronischen Matrix geheilt werden können, die allerdings waren verboten worden. Der Boden des Planeten hat regenerative Fähigkeiten, deswegen zog man hier her. Es half leider nichts und ihr Sohn starb. Das ist natürlich eine wundervolle Hintergrundgeschichte und eine absolut plausible Erklärung für den Austritt aus der Sternenflotte. Ich selbst sagte zu meiner Frau: „Da würde ich auch nicht weggehen wollen.“ Der Planet wirkt idyllisch, aber durch Kleinigkeiten eben auch wieder außerirdisch.

Dies täuschte aber nicht über zwei Fragen hinweg, die sich mir beim Rewatch stellten. Wieso genau verbietet man so rigoros eine Technik, das dann nur dazu führen wird, dass Menschen sterben? Ja, das Virus ist selten, aber das Verbot verurteilt alle, die daran erkranken zum Tode. Mir ist schon klar, dass dies einfach noch mal betonen sollte, wie unsinnig dieses Verbot ist und dass es ein Fehler war, die Synth überhaupt zu verbieten.

Wenn mein Kind aber nicht geheilt werden kann – wieso suche ich dann nicht den Planeten Ba’ku aus Star Trek – Der Aufstand auf? Die metaphasische Strahlung dort heilt Krankheiten und hat sogar Geordis Blindheit kuriert. Mag ja sein, dass diese Strahlung dem Virus nichts entgegensetzen kann, aber hätte man diese offensichtliche Lösung nicht zumindest in einem Satz erwähnen können?

Sehr schön fand ich, wie Riker sich die Herkunft von Soji selbst zusammenreimt. Allerdings fand ich das mit der Kopfbeugung dann doch wieder ein wenig übertrieben, denn bisher hat keiner der beiden Androiden exakt diese Kopfbeugung gezeigt.

Riker zitiert das vierte Newtonsche Gesetz der Thermodynamik – „No good deed goes unpunished“. Das war mir bisher nicht bekannt, da es doch arg philosophisch klingt und Newton und Thermodynamik irgendwie gar nicht dazu passt. Wäre es nicht besser gewesen, die gleichlautende Erwerbsregel der Ferengi zu zitieren?

Übrigens: Nett für die Kontinuität – Soji trägt bei der Ankunft auf Nepenthe keine Schuhe, die musste sie für das Ritual nämlich ausziehen.

Vermutungen

Normalerweise mutmaße ich nicht, wie es weitergehen wird, aber heute muss ich damit ein wenig brechen. Denn die Szene mit Elnor auf dem Kubus, als er den Tod von Hugh betrauert, scheint etwas ausgelöst zu haben. Ich vermute, er wird sich den Fenris-Rangern anschließen, die er am Ende der Folge ja ruft. Diese könnten mit ihm auf dem Kubus aufräumen und ihm eine neue Aufgabe geben, vor allem eine dauerhafte. Obendrein wird Seven of Nine (Jeri Ryan) die xB sein, die die Kammer der Königin für Elnor öffnet.

It seems weird to make an android with mucus and saliva, but I guess Data would do it like that.
-Kestra

Fun Facts

  • Die Kzinti, von denen Riker spricht, sind aus der TAS Folge Das Geheimnis der Stasis-Box.
  • Die Namen der Kinder von Deanna und Will sind Namen von Verwandten. Kestra ist der Name der verstorbenen Schwester Deannas (TNG: Ort der Finsternis) und Thaddeus ist ein Vorfahre von Will aus dem Ersten Weltkrieg (VOY: Todessehnsucht).
  • Jonathan Frakes ist der einzige Schauspieler, der in fünf Star Trek Serien (TNG, DSN, VOY, ENT, PCD) zu sehen war.
  • Frakes und Sirtis sind die einzigen Schauspieler, die ihre Hauptrollen in vier Star Trek Serien (TNG, VOY, ENT, PCD) gespielt haben.
  • Diese Folge bleibt knapp unter einer Stunde, schlägt die Vorgängerepisode aber trotzdem in der Laufzeit.
  • Unfair: Frakes wird im Vorspann als Special Guest erwähnt, Sirtis nur im Abspann.
  • Captain Crandall könnte ein Easter Egg auf die Titan-Buchreihe sein oder ein Gag auf die Disney Serie Teamo Supremo.
  • Der Hornhase, den Kestra jagt, heißt im Original Bunnycorn.

Der Titel

Hier hat man deutlich in die Trickkiste gegriffen. Klar, die Folge heißt wie der Planet, auf dem der Hauptteil der Handlung spielt. Aber Nepenthe bedeutet viel mehr, so kommt der Begriff eigentlich aus der Odyssee von Homer. Übersetzt aus dem Altgriechischen heißt es so viel wie „gegen Kummer“ – eine wunderbare Metapher für die Bedeutung des Planeten. Die Familie Troi-Riker sucht hier nach Heilung von den tiefen Wunden, die der Verlust des Erstgeborenen Thaddeus mit sich brachte.

Und Soji findet hier eine Atempause, nachdem gerade ihre gesamte Welt zusammengebrochen und sie schwer traumatisiert ist.

Fazit

Eine wirklich tolle Folge, die natürlich trotzdem ein paar Plotholes hat, was aber Jammern auf hohem Niveau ist. Diese „Pause“ auf Nepenthe bringt den Hauptplot nur wenig nach vorn, sorgt aber dafür, dass man Soji zumindest ein paar Stunden gibt, sich an die Situation anzupassen. Für die wenige Action sorgt Elnor, der Tod von Hugh ist noch überflüssiger als die Tode von Maddox und Icheb. Trotzdem: Mir gefällt, in welche Richtung Picard sich gerade entwickelt.
Die Kritik, die ich äußere, sind Details, die man übersehen oder wegen des Plots eingebaut hat.

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Marco Golüke

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