Mit Blade änderte sich für Superheldenverfilmungen alles.
Die Geburt eines Helden
Eric ist der Name eines Jungen, dessen Mutter vor seiner Geburt von einem Vampir gebissen wurde. Als er schließlich zur Welt kommt, stirbt sie an den Folgen des Bisses. Und nur er überlebt.
Als Erwachsener nennt er sich Blade (Wesley Snipes) und ist unter den Vampiren gefürchtet. Durch seine Mutter wurde er zu einem Halbvampir, der alle Stärken der Vampire und nur eine einzige Schwäche, den Blutdurst, besitzt. Deswegen wird er von anderen Vampiren auch Daywalker genannt.
Er hat es besonders auf Deacon Frost (Stephen Dorff) abgesehen, einen ehrgeizigen, erfolgreichen und einflussreichen Blutsauger, der für den Tod seiner Mutter verantwortlich ist. Eines Tages greift er eine Untergrunddisko der Vampire an und tötet dort nahezu alle Untoten. Kurze Zeit später rettet er das Leben der Hämatologin Dr. Karen Jenson, die von einem Vampir gebissen wurde und den Angriff knapp überlebt. Als er sie blutend und hilflos am Boden liegen sieht, fühlt er sich an seine Mutter erinnert.
Ein blutiges Thema
Sein Erzfeind Deacon Frost ist derweil mit dem aktuellen Status quo seiner Rasse unzufrieden. Seiner Meinung nach sollten die Vampire den Menschen den Krieg erklären und sie unterjochen. Doch der herrschende Rat, der nur aus natürlich geborenen und daher „reinblütigen“ Blutsaugern besteht, spricht sich dagegen aus. Und da Deacon Frost ein erschaffener Vampir ist, also jemand, der erst durch den Biss zu einem wurde, hat seine Meinung keine Chance. Wie auch allgemein auf seinesgleichen von den älteren Untoten herabgesehen wird, was ihn und die anderen ärgert.
Da gelingt es Frost, das Buch Erebus, die Heilige Schrift seiner Art, zu übersetzen. Da drinnen entdeckt er eine Prophezeiung, die von der Erweckung des Blutgottes La Magra spricht. Und dafür braucht er neben den reinblütigen Vampiren auch das Blut von Blade, dem Daywalker.
Der hat inzwischen eigene Probleme. Das Serum, das seinen Blutdurst unterdrückt, verliert immer mehr an Wirksamkeit. Und sein väterlicher Mentor Whistler hat Krebs (Kris Kristofferson) und wird daran früher oder später sterben. Deshalb will er Deacon Frost so schnell wie möglich ausschalten. Gemeinsam mit Dr. Jenson findet er das Archiv der Vampire und erfährt von der Prophezeiung.
Blutgott allein reicht auch nicht aus
Als er kurze Zeit später unterwegs ist, um sich mit neuem Serum zu versorgen, greift Deacon Frost das Versteck von ihm und Whistler an. Karen Jenson wird entführt und Whistler gebissen. Bei seiner Rückkehr bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinem Mentor eine Pistole zu geben. Damit tötet sich dieser, kurz bevor er zu einem Vampir wird.
Derweil hat Deacon Frost die Macht an sich gerissen. Er hat einen der Reinblütler getötet und die anderen entführt. Er plant ein Ritual, um La Magra heraufzubeschwören. Wofür er das Blut des Daywalkers braucht. Tatsächlich gelingt es ihm, diesen in eine Falle zu locken und gefangen zu nehmen.
Das Ritual wird durchgeführt und Deacon Frost wird zum Blutgott. Dr. Karen Jenson gibt einem geschwächten Blade ihr Blut, wodurch er gestärkt den Kampf gegen Frost und dessen Handlanger antreten kann. Nach einer hart geführten Auseinandersetzung schafft er es, seinen Widersacher zu besiegen. Doch noch immer existieren Vampire im Rest der Welt, die er töten muss und will.
Hier sieht man etwas Besonderes
Als Blade 1998 in die Kinos kam, sah es mit Superheldenverfilmungen in den vorherigen Jahren eher mau aus. Zuletzt kamen 1997 Batman & Robin und Steel heraus, über deren Qualität man besser den Mantel des Schweigens legt. Bei Marvel hingegen war in Sachen Verfilmungen sowieso tote Hose. Viele Projekte waren angefangen worden, ebenso viele landeten in der Produktionshölle und kamen deshalb nicht wirklich vorwärts. Über die Pilotfilme fürs Fernsehen wie Nick Fury, Agent of S.H.I.E.L.D. mit David Hasselhoff in der Hauptrolle, der ebenfalls 1997 im Fernsehen lief, verliert man besser auch nicht allzu viele Worte.
Was Blade so besonders machte, war die Tatsache, dass der Kinofilm von Marvel selbst mit produziert wurde. Es war der erste Film von Marvel Enterprises, die daran gemeinsam mit den Produktionsfirmen Amen Ra Films und Imaginary Forces arbeitete, derweil sich New Line Cinema um den Vertrieb kümmerte.
Der Film befand sich bereits seit 1992 in der Entwicklung. Damals war noch LL Cool J für die Rolle des Vampirjägers vorgesehen, doch daraus wurde nichts. Stattdessen wurde, als es endlich konkret wurde, Wesley Snipes der Hauptdarsteller, nachdem sich dessen ursprüngliche Idee, Black Panther zu verfilmen, zerschlagen hatte. Das Drehbuch zum Film stammte derweil von David S. Goyer. Regie führte Stephen Norrington, dessen zweite Regiearbeit dies war.
Kennt man den Comic?
Wesley Snipes war nicht nur der Darsteller des Titelhelden, sondern ebenso ein Mitproduzent und der Kampfkoordinator des Films. Den väterlichen Mentor Whistler stellte der berühmte Country-Sänger und Schauspieler Kris Kristofferson dar. Die weibliche Hauptrolle übernahm N’Bushe Wright, derweil der Hauptantagonist Deacon Frost von Stephen Dorff dargestellt wurde. Der weitere Hauptcast wurde durch Udo Kier, Donal Logue und Arly Jover abgerundet. Das ehemalige Pornostarlett Traci Lords hatte einen Gastauftritt als weiblicher Vampir Racquel, die von Blade gleich im ersten Akt umgebracht wurde.
Mit ein Teil des Erfolges von Blade mag darin gelegen haben, dass die Comicvorlage zum Zeitpunkt des Films sogar für viele Comicfans sehr obskur und unbekannt war. Zwar erschien damals zuletzt von 1995 bis 1996 eine Blade: The Vampire Hunter-Serie. Doch die hielt nur zehn Ausgaben lang, ehe sie eingestellt wurde.
Und so konnten sich die Macher des Films völlig frei der Vorlage bedienen und sie entsprechend interpretieren. So war Blade zu jener Zeit in den Comics noch ein Mensch, der nur mit Schwertern und anderen spitzen Gegenständen agierte. Erst nach dem Kinofilm wurde er auch in den Comics zum Daywalker. Deacon Frost war damals schon sein Gegenspieler, allerdings kein jugendlicher Vampir.
Martial Arts trifft Intelligenz
Übrigens wurde der Charakter von Marv Wolfman und Gene Colan 1972 erschaffen. Sein allererster Auftritt geschah in einem damals zeitgenössischen Outfit, komplett mit Afro und Holzpflöcken, die er sich in einem Gürtel um die Schultern drapiert hatte. Marv Wolfman versuchte vergeblich nach Filmrelease Marvel, New Line und Time Warner zu verklagen. Doch da der Charakter unter einem „Work for Hire“-Vertrag erschaffen wurde, wurde die Klage abgewiesen. Immerhin wurden er und Gene Colan als Schöpfer der Figur in den Filmcredits gelistet.
Der Film kann von den ersten Minuten an durch jede Menge gute Ideen überzeugen. So sieht Blade mit Sonnenbrille und Lederklamotten einfach nur cool aus, was durch seine beeindruckenden Kampfaktionen nur noch mehr betont wird. Auf der anderen Seite werden seine Widersacher als Gen Xler dargestellt, die eher an sich selbst und ihren Bedürfnissen interessiert sind, anstatt einen Wert auf alte Traditionen zu setzen.
Deacon Frost ist auch ein guter Gegenspieler. Dabei wird vor allem auf den üblichen Kontrast aus der Welt der Comics gesetzt. Dort Blade, der aktiv ist, selber Vampire tötet und vorwiegend alleine unterwegs ist, mit nur wenig Unterstützung im Hintergrund. Dort Frost, intelligent und durchtrieben, der vor allem seine Handlanger losschickt und nur dann selber zuschlägt, wenn er klar im Vorteil ist. Dabei ist es eben diese Mischung aus Intelligenz und Durchtriebenheit, die dafür sorgt, dass er als Antagonist bis zum Finale hervorragend funktioniert. Seine Trümpfe fallen ihm allerdings nicht in den Schoß, sondern er erarbeitet sie sich. Das sieht man unter anderem in den Szenen, wo er das Buch Erebus übersetzt und so die Prophezeiung zusammenpuzzelt.
Ein besserer Prügelknabe
Seine Handlanger werden vor allem durch zwei Personen repräsentiert. Den eher glücklosen Vampir Quinn, der im Prinzip nur ein besserer Prügelknabe für Blade ist und sich trotzdem jedes Mal wieder aufrappelt. Sowie die schöne und schnelle Mercury, die erst im finalen Akt ebenfalls handgreiflich werden darf.
Udo Kiers Auftritte als der Vampirälteste Gitano Dragonetti sind kurz gehalten und dienen hauptsächlich dem Zweck, den Konflikt zwischen den erschaffenen Vampiren, symbolisiert durch Deacon Frost, und den natürlich geborenen Blutsaugern darzustellen. Dementsprechend darf er, als diese Auseinandersetzung zu Gunsten der Gruppe um Frost geklärt ist, sich spektakulär in der Sonne zersetzen.
Auf der Heldenseite hat man Abraham Whistler, der durch einen gut aufgelegten Kris Kristofferson hervorragend dargestellt wird. Er ist der väterliche Mentor, der Mechaniker, manchmal etwas knurrig drauf, aber ansonsten freundlich zu Blade und Doktor Jenson.
Keine Liebe im Spiel
Bei der Darstellung der Ärztin muss der Film gelobt werden. Zu keinem Zeitpunkt versuchen die Produzenten, sie als Love Interest für den Titelhelden aufzubauen. Stattdessen wird sie als eigenständige Person charakterisiert, die zwar einerseits oft vom Hauptcharakter gerettet werden muss, aber nie übertrieben schwach dargestellt wird. Im Gegenteil: Im Finale darf sie schließlich mit einem kühlen Kopf vor einem Zombie fliehen, Blade helfen und am Ende sogar einen der Haupthelfer von Deacon Frost eliminieren.
Und Blade selbst? Wird umgangssprachlich ausgedrückt als coole Sau dargestellt. Als ein Kampfkünstler, der zu Beginn eine ganze Disko an Vampiren vernichtet. Gleichzeitig werden aber auch seine Schwächen gezeigt, vor allem seine Abhängigkeit von einem bestimmten Serum, mit dem er seine Vampirseite, seinen Blutdurst unterdrückt. Er ist ein typischer Marvelheld mit Stärken und Schwächen, was ihn nahbar und nachvollziehbar macht.
Der Film funktioniert über weite Strecken hervorragend. Der grundlegende Konflikt wird aufgebaut und beide Seiten mit ihren jeweiligen Sichtweisen und Problemen dargestellt. Dabei liegt der Vorteil überwiegend bei der Gruppe um Deacon Frost, weil er Blade dazu bringt zu reagieren, anstatt zu agieren. Erst gegen Ende dreht sich das Verhältnis um.
Vorsicht, Logiklücke!
Doch zum Finale hin wird der Plot immer schwächer und es tun sich viele Logiklücken auf, über die man als Zuschauer stolpert. Blades Abhängigkeit vom Serum wird heruntergespielt und irgendwie scheinen er und andere Charaktere über schier unendliche Mengen an Blut zu verfügen. Doktor Jenson zaubert aus dem Nichts ein Heilmittel gegen Vampirismus aus dem Hut, kurz nachdem sie festgestellt hat, dass sie selber kurz davor steht, zu einem Blutsauger zu werden. Auch irritiert, dass für das Ritual zwölf Vertreter der alten Vampirblutlinien benötigt werden, Mercury aber in einem Anfall von Wut einen von diesen einfach so eliminiert, ohne dass es den Prozess später spürbar beeinflusst.
Trotzdem funktioniert der Film. Wegen der genialen Action, aber auch wegen den Horroreffekten, die hier eingesetzt werden. Vor allem die Splattereffekte funktionieren heute immer noch. Etwa zum Beispiel, wenn ein Vampir auf ein spezielles Serum überreagiert und sich so sehr aufbläst, dass er in einer spektakulären Blutfontäne explodiert. Allgemein ist der Film in Sachen Spezialeffekte gut gealtert. Nur einige Computereffekte wirken heutzutage antiquiert und merkwürdig.
Schade ist, dass einige Szenen mit interessanten Cameoauftritten geschnitten worden sind. Der später obligatorische Stan Lee-Auftritt war hier bereits vorhanden, hatte es dann aber nicht in die finale Version geschafft. Ebenso hätte auch Regisseur Stephen Norrington einen Kurzauftritt als Michael Morbius gehabt, was gleichzeitig ein nettes Easteregg als Anspielung auf die Marvel Comics gewesen wäre. Angeblich waren diese Szenen auf der DVD des Films vorhanden. Doch in der Blu-ray-Fassung, die die Grundlage für diese Rezension bildet, waren sie nicht vorfindbar.
Auch wenn der Film zum Finale hin immer schwächer wurde, so ist seine Bedeutung für die kommenden Superheldenverfilmungen nicht zu unterschätzen. Mit Blade wurde gezeigt, dass es möglich ist, eine Comicvorlage adäquat umzusetzen, ohne dass es peinlich wirkt. Der Erfolg gab dem Kinofilm recht, sodass es später zwei Fortsetzungen sowie eine Fernsehserie basierend darauf gab. Ebenso wird es einen Reboot mit Mahershala Ali in der Hauptrolle geben, der Teil des Marvel Cinematic Universe werden wird.
You give Frost a message from me. You tell him it’s open season on all suckheads.
– Blade
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Wertung
WertungPositiv
- Einer der ersten modernen Superheldencomicsverfilmungen
- Blade ist cool
- Karen Jonson nicht Love Interest des Heldens
Negativ
- Plotschwächen im Finale
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